TE OGH 1989/7/12 9ObA113/89

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Veröffentlicht am 12.07.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Rudda und Franz Ovesny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Agnes W***, Pensionistin, Wien 10, Favoritenstraße 141/1/16, vertreten durch Hermann P***, Leitender Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Wien 1, Deutschmeisterplatz 2, dieser vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Margarete W***, Inhaberin der prot. Firma Rudolf S*** Nfg. W*** & Co, Wien 11, Gänsbachergasse 2, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 182.079,68 brutto sA und S 494,-- netto sA (Streitwert im Revisionsverfahren S 182.079,68 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. November 1988, GZ 34 Ra 86/88-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 17. Dezember 1986, GZ 3 Cr 196/84-17, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.029,80 (darin S 1.338,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs. 1 Z 9 ZPO liegt nicht vor. Die diesbezüglichen Einwände der Beklagten treffen keinen Mangel an Feststellungen, sondern vor allem die in dritter Instanz unanfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen und die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes. Auch die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sind nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 ZPO). Da das Berufungsgericht eine gänzliche Beweiswiederholung durchführte, konnte es auch zusätzliche und von der ersten Instanz abweichende Feststellungen treffen.

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage der Berechtigung der Entlassung der Klägerin und ihrer geltend gemachten Ansprüche zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist auszuführen, daß die Beklagte in ihrer Rechtsrüge nicht vom maßgeblichen Sachverhalt ausgeht, soweit sie die Feststellungen über die Überstundenleistung der Klägerin bekämpft und damit die Bemessungsgrundlage auch für die anderen Ansprüche in Zweifel zieht. Auch wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeit einer Filialleiterin nach § 6 des Zusatzkollektivvertrags für Filialleiter und Filialleiterinnen in der Fleischwarenindustrie bis zu 46 Stunden beanspruchen darf, ändert dies nichts daran, daß die wöchentliche Normalarbeitszeit nach § 4 Abs. 1 des Rahmenkollektivvertrags für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie 40 Stunden nicht übersteigen darf (vgl. § 3 Abs. 1 AZG), wobei auch die festgestellten Abschlußarbeiten als Arbeitszeit gelten (§ 4 Abs. 7 des Rahmenkollektivvertrags). Die Beklagte hat der Klägerin daher sämtliche, die wöchentliche Normalarbeitszeit übersteigenden Arbeitszeiten als Überstunden zu entlohnen; die Klägerin ist diesbezüglich in ihrer Berechnung ohnehin zutreffend von der in § 6 des Zusatzkollektivvertrags vorgesehenen Vergütungsermittlung ausgegangen. Die vom Berufungsgericht festgestellte und daher im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbare Nachzahlungsdifferenz berücksichtigt sohin sowohl das noch ausstehende Überstundenentgelt als auch die unterkollektivvertragliche Entlohnung. Es ist diesbezüglich auf die vom Erstgericht aufgezeigte Gegenüberstellung zu verweisen.

Der Revisionswerberin kann darin nicht gefolgt werden, daß der Bemessung der Kündigungsentschädigung und der Abfertigung nur jenes theoretische Entgelt zu Grunde gelegt werden dürfe, das die Klägerin ohne Verstoß gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verdienen hätte können. Die Beklagte, welche die Arbeitsleistungen der Klägerin entgegengenommen hat, kann sich daher nicht darauf berufen, daß die Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 AZG nicht mehr als 10 Stunden pro Tag arbeiten hätte dürfen. Die Erlaubtheit der Überstundenleistung ist keine Voraussetzung ihrer Vergütungspflicht (Grillberger, Arbeitszeitgesetz § 10 Rz 2.5). Wurden die Überstunden daher regelmäßiger Bestandteil des Entgelts der Klägerin, sind sie in rückschauender Betrachtung auch für die Höhe der Abfertigung und für die Bemessung des Ersatzanspruches der Kündigungsentschädigung zu berücksichtigen (vgl. Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, §§ 23, 23 a, Rz 249; Martinek-Schwarz, AngG6 § 29 Rz 6). Ebenso ist der weitere Vorwurf der Revisionswerberin unberechtigt, daß im angefochtenen Urteil keine Feststellung über den Resturlaub der Klägerin enthalten sei. Das Berufungsgericht stellte vielmehr ausdrücklich fest, daß die Klägerin im Zeitpunkt ihrer (ungerechtfertigten) Entlassung noch einen offenen Urlaubsanspruch von vierzig Werktagen hatte.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E18348

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00113.89.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19890712_OGH0002_009OBA00113_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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