TE OGH 1989/8/29 Dg2/89

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Veröffentlicht am 29.08.1989
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Der Oberste Gerichtshof als Dienstgericht hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Kralik, Dr. Schubert und Dr. Wurz als weitere Richter in der Dienstrechtssache des Richters des Kreisgerichtes Ried im Innkreis Dr. Hans A*** den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Weiterbeschäftigung des Richters des Kreisgerichtes Ried im Innkreis Dr. Hans A*** ist nicht möglich.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Richter des Kreisgerichtes Ried im Innkreis Dr. Hans A*** ist zugleich Mitglied des oberösterreichischen Landtages und übt dort im besonderen auch die Funktion eines Klubobmannes aus. Infolge des Zusammentreffens seiner richterlichen Funktion mit jener eines Mandatars ist für die Frage seiner Weiterbeschäftigung als Richter die Regelung des Bundesverfassungsgesetzes vom 29.November 1983, BGBl Nr 611, des damit geänderten Art 95 Abs. 4 B-VG sowie der Zweiten Oberösterreichischen Landesverfassungsgesetznovelle 1984, LGBl Nr 31/1984, von Bedeutung.

Mit dem Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 20. November 1984, GZ 190/1-III 6/84, wurde Dr. A*** zur Ausübung seines Mandates freie Zeit im Ausmaß von 25 % der Dienstleistung gewährt. Nunmehr beantragte Dr. A***, ihn ab 1.August dieses Jahres gänzlich dienstfrei zu stellen. Er begründete sein Begehren damit, daß er am 3.Juli d.J. zum Klubobmann seiner Landtagsfraktion (FPO) gewählt worden sei und daß diese (zusätzliche) Funktion einen außerordentlichen Arbeitsmehraufwand mit sich bringe. Die Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages bestätigte das Vorbringen Dris. A***, indem sie ausführte, daß mit der Wahl zum Klubobmann (der FPÖ-Landtagsfraktion) auf Grund der Bestimmungen der Oberösterreichischen Landtagsgeschäftsordnung Aufgaben verbunden sind, die eine zeitmäßige Mehrbelastung im Vergleich zu anderen Landtagsabgeordneten mit sich bringen. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Verpflichtungen eines Klubobmannes hingewiesen, die sich aus den Kompetenzen der Obmännerkonferenz (§ 3 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Oberösterreichischen Landtages, LGBl Nr 74/1973) ergeben.

Der Oberste Gerichtshof als Dienstgericht hat zum vorliegenden Antrag erwogen:

Nach Art 95 Abs. 4 B-VG idF des B-VG BGBl 1983/611 ist den öffentlich Bediensteten, die zu Abgeordneten eines Landtages gewählt werden, die für die Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren. Es muß also die ungestörte Ausübung des Abgeordnetenmandates gesichert bleiben. Zu dieser gehören aber für Mandatare, die zu Klubobmännern gewählt wurden, zweifellos auch noch eine Reihe zusätzlicher Aufgaben, wie sie beispielsweise - und für den vorliegenden Fall von Bedeutung - in der Geschäftsordnung des Oberösterreichischen Landtages verankert sind, aber auch solche, die außerhalb der Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse erfüllt werden müssen, wie Beratungen innerhalb des Klubs, Verhandlungen auf Parteiebene über parlamentarische Vorgänge und die Vorbereitung auf die Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse.

Wohl wurde in mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes als Dienstgericht für Richter ausgesprochen, daß die (wenn auch an sich umfangreiche) Tätigkeit eines Landtagsabgeordneten nicht ausnahmslos die gänzliche Freistellung vom Dienst als Richter erfordert. An dieser Ansicht wird grundsätzlich festgehalten. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu bedenken, daß Dr. Hans A*** darüber hinaus die Funktion eines Klubobmannes des FPÖ-Landtagsklubs im Oberösterreichischen Landtag innehat. Der damit für Dr. A*** erweiterte Aufgabenkreis in seiner Eigenschaft als politischer Mandatar ist auch - wie bereits dargestellt - mit einem beträchtlichen Mehraufwand an Arbeit und Zeit verbunden. Der Oberste Gerichtshof als Dienstgericht für Richter ist daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 10.Juni 1987, Pers. 1-A-12 - zur Auffassung gelangt, daß dem Antragsteller neben der Ausübung seiner bereits erwähnten Funktionen als politischer Mandatar eine Tätigkeit als Richter auch teilweise nicht mehr zugemutet werden kann. Aus diesen Erwägungen war dem Ansuchen vollinhaltlich stattzugeben.

Anmerkung

E18260

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0000DG00002.89.0829.000

Dokumentnummer

JJT_19890829_OGH0002_0000DG00002_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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