TE OGH 1989/8/31 6Ob651/89

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Veröffentlicht am 31.08.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Zehetner und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Ehesache der Antragsteller 1.) Maria A***-F***, Hausfrau, Peerhofstraße 34/III/35, 6020 Innsbruck, 2.) Alfredo A***-F***, Musiker, Felseckstraße 41, 6020 Innsbruck, infolge Revisionsrekurses der S*** I***-H***, Tiroler Sparkasse, Sparkassenplatz 1, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr.Josef Posch, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck, als Rekursgericht vom 12.Mai 1989, GZ 3 b R 89/89-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 1.März 1989, GZ 4 Sch 5/89-8, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu treffende Entscheidung aufgetragen. Auf die Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.

Text

Begründung:

Die beiden Antragsteller schlossen anläßlich ihrer Ehescheidung gemäß § 55 a EheG einen gerichtlichen Vergleich, nach welchem der Mann unter anderem die alleinige Rückzahlungsverpflichtung für einen bei der S*** I***-H*** bestehenden Kredit mit einem offenen Schuldenstand von S 221.907,20 für Renovierungsarbeiten an der gemeinsamen Wohnung übernahm. Die Ehegatten beantragten gemäß § 98 EheG auszusprechen, daß der Mann Hauptschuldner und die Frau Ausfallsbürge werde.

Das Erstgericht entschied im Sinne dieses Antrages. Dagegen erhob die S*** I***-H*** Rekurs. Sie brachte vor, die Antragsteller hätten am 14.April 1986 die Ehe geschlossen, der Kredit sei aber bereits am 30.Oktober 1985 aufgenommen worden und könne daher mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen nicht im Zusammenhang stehen. Das Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der Umstand, daß die Kreditverbindlichkeit bereits vor der Eheschließung eingegangen worden sei, sei dem begehrten Ausspruch nach § 98 Abs 1 EheG nicht hinderlich. Es seien nämlich auch Schulden, die schon vor Begründung der ehelichen Lebensgemeinschaft für die Anschaffung oder auch nur Adaptierung der (späteren) Ehewohnung (gleichwie für die Anschaffung des späteren Hausrates) gemacht worden seien, unter den Voraussetzungen des § 82 Abs 2 EheG ausnahmsweise in Anschlag zu bringen. Ein solcher Fall liege hier vor. Wie im Vergleich festgehalten, sei die Kreditverbindlichkeit mit "Renovierungsarbeiten an der gemeinsamen Mietwohnung", der späteren Ehewohnung Innsbruck,

Peerhofstraße 34/III/35, im Zusammenhang gestanden. Es habe also die Kreditsumme der Adaptierung der gemeinsamen, vergleichsweise nunmehr der Erstantragstellerin zur alleinigen Benützung überlassenen Ehewohnung gedient, und hätten die Ehegatten auch noch im Rahmen ihrer Antragstellung gemäß § 98 Abs 1 EheG ausdrücklich klargestellt, daß es sich "ausschließlich um Schuldigkeiten im Zusammenhang mit der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse handle". Damit stehe aber einer Zuordnung der Kreditverbindlichkeit unter die der nachehelichen Aufteilung und einem Ausspruch gemäß § 98 EheG unterliegenden Schulden nichts entgegen.

Die S*** I***-H*** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Antrag nach § 98 Abs 1 EheG abgewiesen werde.

Die Antragsteller haben keine Beantwortung des Revisionsrekurses erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil sich die Anfechtbarkeit von rekursgerichtlichen Sachentscheidungen im Sinne des § 98 Abs 1 EheG nach § 232 AußStrG richtet (Bankarchiv 1988, 498; 8 Ob 673/87), das Rechtsmittel ist auch berechtigt. Unter § 98 EheG fallen nur Kreditverbindlichkeiten, die der Aufteilungsregelung nach den §§ 81 ff unterliegen. Das sind nach § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG solche Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, sowie nach § 83 Abs 1 letzter Halbsatz EheG Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen (RdW 1989, 98 mwN). Gewiß dürfen Ehegatten im Rahmen der nach § 97 Abs 2 und § 55 a Abs 2 EheG getroffenen Vereinbarungen auch Fragen der Schuldentragung im Innenverhältnis für Schulden mitregeln, die im § 92 EheG nicht genannt sind, weil ihnen das schon aufgrund der Vertragsfreiheit nicht verwehrt werden kann. Eine Drittwirkung darf aber diesen Vereinbarungen nur soweit verliehen werden, als sie sich auf Schulden im Sinne des § 92 EheG beziehen (Gamerith, RdW 1987, 186). Eine Vereinbarung darüber, wer im Innenverhältnis zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten verpflichtet ist, kann daher nur dann zu einer Entscheidung nach § 98 EheG führen, wenn die Kreditverbindlichkeiten der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterliegen. Die von FeilHoleschofsky, Unterhalt und Vermögensrechte nach der Scheidung, Rz 5 zu § 98 offenbar vertretene gegenteilige Meinung kann nicht geteilt werden. Eine ausdehnende Auslegung des § 98 EheG hat nicht zu erfolgen (RdW 1988, 351). Um beurteilen zu können, ob es sich um eine Kreditverbindlichkeit handelt, die der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterlag, sind Feststellungen erforderlich, für welche Zwecke die Antragsteller den Kredit aufnahmen und - falls die Kreditsumme zur Anschaffung von oder für Aufwendungen an Sachen verwendet wurde - was mit diesen Sachen in der Folge geschehen ist. Das Erstgericht traf keine Feststellungen, es verwies zur Begründung seiner Entscheidung überhaupt nur auf die §§ 55 a und 98 EheG (ob das Erstgericht seine Entscheidung hätte begründen müssen, oder ob dies deshalb nicht notwendig war, weil der Kreditgeber gemäß § 229 Abs 1 letzter Satz AußStrG dem Verfahren erster Instanz nicht beizuziehen ist, daher keine widerstreitenden Anträge vorlagen und dem Gesuch stattgegeben wurde, braucht hier nicht erörtert zu werden). Aber auch das Rekursgericht traf keine Feststellungen, sondern ging vom Wortlaut der Vereinbarung, sowie davon aus, die Parteien hätten bei ihrer Antragstellung gemäß § 98 Abs 1 EheG ausdrücklich klargestellt, daß es sich ausschließlich um Schuldigkeiten im Zusammenhang mit der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse handle. Entscheidend ist aber nicht das Vorbringen der Antragsteller und auch nicht, was sie im Vergleich als Zweck der Kreditaufnahme angaben, sondern nur, welchem Zweck der Kredit tatsächlich diente. Überdies sei darauf hingewiesen, daß die Antragsteller im Vergleich als Zweck der Kreditaufnahme Renovierungsarbeiten an der gemeinsamen Mietwohnung angaben, sich daraus aber nicht ergibt, daß es sich um die Wohnung in der Peerhofstraße handelte. Weder dem Vergleich noch dem Vorbringen der Antragsteller kann überdies entnommen werden, daß es sich bei der Wohnung in der Peerhofstraße um die Ehewohnung handelte. Da die Vorinstanzen nicht geklärt haben, welchem Zweck die Kreditaufnahme diente, liegen Feststellungsmängel vor, die im Rahmen der gemäß § 232 AußStrG zulässigen Rechtsrüge wahrgenommen werden können (EFSlg 44.801, 52.934). Aus diesen Gründen mußten die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben werden, zumal aus der Tatsache allein, daß die Kreditaufnahme vor der Eheschließung erfolgte, noch nicht hervorgeht, daß eine Entscheidung nach § 98 EheG unzulässig ist (vgl Gamerith, aaO).

Die Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens waren vorzubehalten, weil die Billigkeitserwägungen des § 234 AußStrG erst nach Abschluß des Verfahrens angestellt werden können (EFSlg 55.873).

Anmerkung

E18560

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00651.89.0831.000

Dokumentnummer

JJT_19890831_OGH0002_0060OB00651_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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