TE OGH 1989/9/7 7Ob642/89

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Veröffentlicht am 07.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Dr. Kodek als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Aloisia L***, Wattens, Wattenberg 26, und 2. Maria B***, Wattens, Messnergasse 1, beide vertreten durch Dr. Walter Hofbauer u.a., Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Johann D***, Kaufmann, Wattens, Kirchplatz 3, vertreten durch Dr. Rudolf Wieser u.a., Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 100.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7. Juni 1989, GZ. 3 R 161/89-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. März 1989, GZ. 16 Cg 406/88-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerinnen sind gemeinsame Eigentümer der Liegenschaft EZ 90008 KG Vögelsberg, zu der die Baufläche 186/1 gehört. Auf dieser befindet sich eine sogenannte Aste, die der Beklagte benützt. Bezüglich dieser Aste hat der Vater der Klägerinnen, der seinerzeitige Liegenschaftseigentümer, in seinem Testament verfügt:

"Meine Tochter Gerda D***, geborene P***, erhält das Recht der lebenslangen und unentgeltlichen Wohnung auf Bp. 186/1 KG Wattenberg in EZl. 8 I KG Vögelsberg (Überlandgrundstück)". Gerda D*** war die Ehegattin des Beklagten. Die Ehe wurde geschieden. Gerda D*** hat dem Beklagten die Benützung der Aste gestattet. Die Kläger begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Benützung der Aste zu unterlassen. Sie behaupten, es habe sich bei der Einräumung des Benützungsrechtes an die geschiedene Ehegattin des Beklagten um die Einräumung eines bloßen Wohnungsrechtes gehandelt, während der Beklagte den Standpunkt vertritt, seine geschiedene Ehegattin hätte ein Fruchtgenußrecht erworben. Die Vorinstanzen haben dem Klagebegehren stattgegeben, wobei das Berufungsgericht ausgesprochen hat, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt. Es hat die Revision für zulässig erklärt.

Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß der geschiedenen Ehegattin des Beklagten an der Aste lediglich ein persönliches Wohnrecht eingeräumt worden sei. Ein solches könne nicht übertragen werden. Der Beklagte benütze daher die Aste ohne Rechtstitel. In einem solchen Falle hätte der Liegenschaftseigentümer die Wahl, entweder den Störer persönlich auf Unterlassung zu klagen oder vom Dienstbarkeitsberechtigten Abhilfe zu verlangen. Der Beklagte sei daher auch allein passiv klagslegitimiert.

Das Berufungsgericht hat seinen Zulassungsausspruch ausschließlich damit begründet, daß bezüglich der Frage, ob der Grundeigentümer bei Fremdbenützung die Wahl habe, auch den Störer mit einer auf § 362 ABGB gestützten "schlichten" Unterlassungsklage allein zu belangen oder ob er mit einer Negatorienklage im Sinne des § 523 ABGB gegen den Servitutsberechtigten vorgehen müsse, widersprechende Lehrmeinungen bestünden.

Rechtliche Beurteilung

Im Hinblick auf den Wertausspruch des Berufungsgerichtes wäre gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO eine Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Diese Voraussetzungen treffen auf die Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall ein bloßes Wohnungsbenützungsrecht oder eine Grunddienstbarkeit gegeben ist, nicht zu. Hier handelt es sich um die Lösung einer Frage, die über den Einzelfall hinaus keine Bedeutung hat.

Auch bezüglich der Frage der einheitlichen Streitgenossenschaft zwischen den Dienstbarkeitsberechtigten und denjenigen, dem der Dienstbarkeitsberechtigte die Nutzung überlassen hat, sind die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben, weil eine einheitliche Streitgenossenschaft von der Judikatur nur bezüglich mehrerer Dienstbarkeitsberechtigter oder -verpflichteter angenommen worden ist (SZ 56/60 ua.). Die Voraussetzungen des § 14 ZPO sind jedoch dann nicht gegeben, wenn sich ein Anspruch lediglich gegen den Benützer richtet. In einem solchen Fall handelt es sich bei der Frage nach der Art der Dienstbarkeit bloß um eine Vorfrage, der im Hinblick auf den Dienstbarkeitsberechtigten keine Rechtskraftwirkung zukommt (6 Ob 765/82, 7 Ob 531/86 ua.). Es bleibt also demnach nur die Frage, ob gegen denjenigen, der ein Grundstück benützt, direkt gemäß § 362 ABGB mit "schlichter" Unterlassungsklage vorgegangen werden kann oder nicht. Es ist zwar richtig, daß diesbezüglich verschiedene Lehrmeinungen bestehen, doch hat der Oberste Gerichtshof gerade in der jüngsten Zeit unter Hinweis auf die nunmehr herrschende Judikatur jenen Rechtssatz ausgesprochen, auf den sich das Berufungsgericht beruft (EvBl 1989/26, SZ 27/101, 7 Ob 614/76, 7 Ob 515/77). Es liegt also eine nunmehr herrschende Rechtsprechung vor, durch die diese Frage gelöst worden ist. Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Demnach liegen auch hier die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor.

Die Revision des Beklagten war daher zurückzuweisen. Für die Revisionsbeantwortung waren keine Kosten zuzusprechen, weil in diesem Schriftsatz auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen worden ist.

Anmerkung

E18704

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00642.89.0907.000

Dokumentnummer

JJT_19890907_OGH0002_0070OB00642_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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