TE OGH 1989/9/7 8Ob636/89

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Veröffentlicht am 07.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** ST. J*** IM P***, 5600 St. Johann im Pongau, Hauptstraße 41, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in 5600 St. Johann i.P., wider die beklagte Partei Franz B*** & Co GmbH, 5522 St. Martin am Tennengebirge Nr. 145, vertreten durch Dr. Friedrich Frühwald, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 3. Mai 1989, GZ. 21 R 125/89-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 21. Februar 1989, GZ. C 5/89-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1.)

Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

2.)

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 31. Mai 1988 wurde die Liegenschaft EZ 202 KG St. Martin der Maria K*** im Zwangsversteigerungsverfahren E 25/87 des Bezirksgerichtes Radstadt exekutiv der klagenden Partei zugeschlagen. Die Ersteherin wurde zur einstweiligen Verwalterin bestellt; Dipl.Vw. J*** wurde zum Verwalter ernannt. Mit dem Beschluß vom 28. November 1988 wurde das Meistbot rechtskräftig verteilt. Maria K*** hatte mit dem Unternehmenspachtvertrag vom 23. September 1987 die genannte Liegenschaft mit dem darauf errichteten Gasthof "Alpenhof" samt allem Anlage- und Umlaufvermögen der beklagten Partei verpachtet. Eine Verbücherung des Pachtvertrages war unterblieben.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Räumung der Liegenschaft. Das Bestandrecht der beklagten Partei sei nach dem Inhalt der Versteigerungsbedingungen nicht zu übernehmen gewesen, weshalb es zum 31. Dezember 1988 aufgekündigt worden sei. Seither benütze die beklagte Partei das Bestandobjekt titellos. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der klagenden Partei sei noch vor der Versteigerung der Liegenschaft bekannt gewesen, daß ein Bestandvertrag bestehe. Es liege eine Miete vor, weshalb das MRG zur Anwendung komme und die Räumungsklage unzulässig sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest:

Mit dem Schreiben vom 17. Juni 1988 kündigte die klagende Partei der beklagten Partei zum 31. Dezember 1988 den Bestandvertrag auf. Die beklagte Partei wurde aufgefordert, mit Ablauf dieses Tages das Bestandobjekt an die klagende Partei zu übergeben; dieser Aufforderung kam die beklagte Partei nicht nach.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß das Bestandverhältnis einen Unternehmenspachtvertrag darstelle, die Aufkündigung gemäß § 1120 ABGB durch die klagende Partei als Erwerber und Ersteher der Liegenschaft unter Einhaltung der Kündigungstermine und Fristen des § 560 ZPO erfolgt und das Begehren auf Räumung wegen titelloser Benützung daher berechtigt sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß es unmaßgeblich sei, wann die klagende Partei vom abgeschlossenen Bestandvertrag Kenntnis erlangt habe; es komme nur darauf an, ob diese den bestehenden Bestandvertrag formgerecht aufkündigte und die beklagte Partei das Bestandobjekt daher titellos benützte. Aus den auf Grund des vorgelegten Unternehmenspachtvertrages vom 23. September 1987 (Beilage A) getroffenen Feststellungen ergebe sich, daß die Liegenschaft mit dem darauf errichteten Gasthof als lebendes Unternehmen unter Beistellung des gesamten Anlage- und Umlaufvermögens, den bebauten und unbebauten Grundstücken, allen Maschinen und Apparaten, der Geschäftsausstattung, Kraftfahrzeugen und Warenvorräte in Bestand gegeben wurde. Die vertragschließenden Teile hätten den Vertrag auch selbst als "Unternehmenspachtvertrag" bezeichnet. Aus der Vereinbarung ließen sich nicht einmal ansatzweise Elemente für eine Geschäftsraummiete finden, so daß zumindest der Eindruck entstehe, daß das Rechtsmittel lediglich die Verhinderung der Rechtskraft der Entscheidung zum Ziele habe. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei erstattete eine verspätete Revisionsbeantwortung (Zustellung der Revision am 16. Juni 1989; Revisionsbeantwortung überreicht am 9. August 1989).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die beklagte Partei vertritt den Standpunkt, daß die Vorinstanzen von sich aus Argumente für die Annahme einer Geschäftsraummiete sammeln und der Entscheidung zugrundelegen hätten sollen. Davon abgesehen sei auf Grund der getroffenen Feststellungen ohnedies davon auszugehen, daß in Wahrheit nur ein Mietgegenstand zur Verfügung gestellt wurde. Der schriftliche "Unternehmenspachtvertrag" habe im wesentlichen nur Leerfloskeln enthalten. Dazu war zu erwägen:

Die gehörige Aufkündigung des Bestandvertrages zum 31. Dezember 1988 wird von der beklagten Partei nicht in Frage gestellt. Es ist auch nicht strittig, daß die klagende Partei als Ersteherin das Bestandrecht nicht zu übernehmen hatte. Gemäß § 1121 ABGB muß der Bestandnehmer in einem solchen Fall - soweit nicht Schutzvorschriften des MRG oder Schutzrechte nach dem LPG und KlGG entgegenstehen, die aber hier nicht in Betracht kommen -, "dem Ersteher weichen". Die beklagte Partei stützt sich bloß darauf, daß der "Unternehmenspachtvertrag" vom 23. September 1987 in Wirklichkeit eine Geschäftsraummiete sei, welche dem MRG unterstellt werden müsse. Dies haben die Vorinstanzen jedoch zutreffend verneint. Bei der Entscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspachtvertrag kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (EvBl. 1972/282 uza). Ein Unternehmenspachtvertrag liegt vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem was zum Begriff des "good will" gehört, übergeben wird (Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1091; MietSlg. 29.334; MietSlg. 34.206 uza). Wenn der Bestandnehmer alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens zur Verfügung stellt, ist jedenfalls Pacht anzunehmen (SZ 31/54; MietSlg. 32.164 uza). Im allgemeinen wird jedoch schon die Vereinbarung einer Betriebspflicht ein wesentliches Kriterium für die Annahme eines Pachtvertrages sein (EvBl. 1972/282 ua), sofern dies auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestehen und der Art des Betriebes beruht (Würth aaO; MietSlg. 31.389 uza).

Das Vorliegen all dieser Komponenten haben die Vorinstanzen auf Grund des unter Beilage A zum Akt gelegten Unternehmenspachtvertrages vom 23. September 1987 festgestellt. Die daraus ersichtlichen Bestimmungen weisen so eindeutig in Richtung eines Unternehmenspachtvertrages hin, daß das Berufungsgericht mit Recht ausführte, es seien auch nicht ansatzweise Elemente einer Geschäftsraummiete zu finden. Soweit die beklagte Partei demgegenüber darzutun versucht, daß die Einvernahme von Maria K*** eine andere Beurteilung des Vertrages ergeben hätte, hat das Berufungsgericht abschließend verneint, daß deren Aussagen auf die getroffenen Feststellungen aus dem "Unternehmenspachtvertrag" selbst irgendeinen Einfluß gehabt hätten. Inwieweit die Vorinstanzen bei dieser Sachlage gehalten gewesen wären, von sich aus "andere Sachverhaltsgrundlagen auszuforschen", ist entgegen den Ausführungen der beklagten Partei nicht zu ersehen. Zutreffend haben die Vorinstanzen daher dem Klagebegehren stattgegeben. Der Revision der beklagten Partei war somit der Erfolg zu versagen.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

Da die Revisionsbeantwortung verspätet war, waren der klagenden Partei auch keine Kosten hiefür zuzusprechen.

Anmerkung

E18938

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00636.89.0907.000

Dokumentnummer

JJT_19890907_OGH0002_0080OB00636_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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