TE OGH 1989/9/12 2Ob575/89

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Veröffentlicht am 12.09.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Stefan H***, geboren am 10. August 1914, derzeit im Pflegeheim Sonnenhof, 4020 Linz, Sonnenpromenade 50, infolge Revisionsrekurses des Sachwalters Friedrich K***, Pensionist, 4051 St. Martin, Wiener Bundesstraße 11, vertreten durch Dr.Bruno Binder und Dr.Helmut Blum, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 12.Juli 1989, GZ 18 R 511/89-122, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 1.Juni 1989, GZ 21 SW 6/89-119, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 2.September 1986 (ON 90) bestellte das Erstgericht Friedrich K*** über Vorschlag der bisherigen Sachwalterin Katharina K*** mit seinem Einverständnis zum neuen Sachwalter des bereits 1951 wegen Geistesschwäche voll entmündigten Stefan H*** und betraute ihn mit der Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen (§ 273 Abs 3 Z 3 ABGB). Dieser befindet sich seit Februar 1989 im Pflegeheim Sonnenhof, nachdem infolge Diabetes, einer dadurch notwendig gewordenen Beinamputation, eines Herzleidens und einer zunehmenden Verschlechterung des Geisteszustandes eine dauernde Pflegebedürftigkeit eingetreten war. Am 4.April 1989 erschien Katharina B***, eine Nichte des Betroffenen, bei Gericht und erklärte, daß die Ausübung der Sachwalterschaft durch einen Verwandten, etwa durch sie, für Stefan H*** sicherlich günstiger wäre. Sie begründete dies unter anderem damit, daß der Sachwalter ihren Onkel offenbar auf dessen Kosten mit dem Taxi besuche und noch nie Taschengeld für ihn an das Pflegeheim überwiesen habe (ON 112). Das Erstgericht konfrontierte den Rekurswerber mit diesen Angaben. Dieser erwiderte, daß die Taxikosten von der Lebensgefährtin des Betroffenen, Anna K***, bestritten würden. Ein Taschengeld habe er deshalb noch nicht hinterlegt, weil der Betroffene ans Bett gefesselt sei und sich selbst nichts kaufen könne; außerdem werde er ohnehin im Heim voll verköstigt und Anna K*** bringe bei gemeinsamen Besuchen Lebensmittel, wie Wurst und Obst, mit. Nach deren Erzählungen habe sich Katharina B*** jahrelang nicht um ihren Onkel gekümmert, sie sei nicht verläßlich und ihre nunmehrige Anteilnahme nicht verständlich. Er wolle das Amt des Sachwalters weiterhin ausüben, dies sei auch der Lebensgefährtin des Betroffenen lieber. Am 23.Mai 1989 gab Katharina B*** beim Amtstag zu Protokoll, daß sie den Eindruck habe, Friedrich K*** übe die Sachwalterschaft mißbräuchlich aus. Er versorge ihren Onkel mit schlechten Lebensmitteln, nämlich mit fast verdorbenem Obst und hartgekochten Eiern, die er nicht vertrage, und lasse keinerlei Taschengeld für ihn im Pflegeheim zurück, weil er der Ansicht sei, der Betroffene brauche nichts zusätzlich. Er habe ihr gesagt, es sei nicht notwendig, daß sie dem Pflegling zusätzlich Essen und Getränke bringe, und ihr das Betreten der Wohnung des Onkels und seiner ehemaligen Lebensgefährtin verboten, ohne dazu befugt zu sein. Überdies verlange der Sachwalter von Anna K*** Geld für die Unterbringung im Sonnenhof, obwohl diese Kosten offenbar ohnehin von der Pension bzw. dem Vermögen des Betroffenen bestritten würden (ON 117).

Das Erstgericht setzte sich daraufhin telefonisch mit der Stationsschwester Maria R*** vom Pflegeheim Sonnenhof in Verbindung. Diese gab an, ihr seien bei der Ausübung der Sachwalterschaft durch Friedrich K*** gravierende Mißstände aufgefallen. Der Sachwalter bringe dem Betroffenen nichts als alte Bananen und hartgekochte Eier und rede überhaupt nichts mit ihm. Er frage nur nach dem Chef und der Oberschwester, wobei es immer um irgendwelche Geldangelegenheiten gehe, und sei beim Betreuungspersonal wegen seiner Unsachlichkeit schon extrem unbeliebt. Er sei ihr auch Geld schuldig, welches sie dem Betroffenen für Rezeptgebühren und den Friseur vorgestreckt habe; wenn sie ihn darauf anrede, rege er sich furchtbar auf und sage, daß er kein Geld habe. Er habe ihr auch kein Geld für einen Overall gegeben, den der Betroffene dringend benötige, und belasse kein Taschengeld im Heim. Katharina B*** besuche ihren Onkel häufig und erfülle ihm jeden Wunsch. Sie habe auch einen Großteil der vorgestreckten Beträge zurückbezahlt und vor kurzem die Befreiung des Betroffenen von der Rezeptgebühr erreicht, was wegen der Vielzahl der benötigten Medikamente eine wesentliche Erleichterung bedeute (ON 118).

Mit Beschluß vom 1.Juni 1989, ON 119, enthob das Erstgericht Friedrich K*** seines Amtes als Sachwalter und forderte ihn zur Legung der Schlußrechnung binnen 14 Tagen unter Vorlage sämtlicher Belege auf; unter einem bestellte es Katharina B*** zur neuen Sachwalterin für alle Angelegenheiten. Es traf Feststellungen, die im wesentlichen den Angaben der Maria R*** entsprechen, und gründete sie auf deren Glaubwürdigkeit und die der Katharina B***. Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß der Sachwalter seine Aufgabe völlig unzureichend und zum Nachteil des Betroffenen ausübe. Es sei nicht einzusehen, daß diesem nicht jeder mögliche und sinnvolle Wunsch erfüllt werde, zumal er über ein erhebliches Vermögen verfüge. Es sei weiters unverständlich, warum der Sachwalter dem Betroffenen nicht ein ansehnliches monatliches Taschengeld zur Verfügung stelle, daß das Betreuungspersonal Rezeptgebühren und Friseurkosten vorstrecken müsse und nicht vom Sachwalter ersetzt bekomme, daß dieser nicht für die Bereitstellung der erforderlichen Kleidung für den Betroffenen sorge und nicht schon längst die Befreiung von der Rezeptgebühr bewirkt habe. Letzteres zeige, daß er offensichtlich auch die Einkommens- und Vermögensverwaltung zumindest zum Teil vernachlässige. Da besonders bei einer älteren Person unter Sachwalterschaft ein schnelles Reagieren durch das Gericht erforderlich sei, um die bestmögliche persönliche und finanzielle Betreuung des Betroffenen zu gewährleisten, sei von der Vernehmung des bisherigen Sachwalters und der ehemaligen Lebensgefährtin des Betroffenen abzusehen gewesen. Durch das bisherige Beweisverfahren seien nämlich so gravierende Mißstände in der Betreuung erwiesen worden, daß der Umstand, ob der Sachwalter auf Kosten des Betroffenen mit dem Taxi ins Pflegeheim fahre oder ob er sich von dessen ehemaliger Lebensgefährtin die dortige Unterbringung bezahlen lasse, unerheblich sei. Der Rekurs des Sachwalters blieb erfolglos; das Rekursgericht führte aus, gemäß § 283 Abs 2 ABGB sei auf die Enthebung des Sachwalters § 254 ABGB sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Gesetzesstelle müsse ein Vormund von Amts wegen entlassen werden, wenn er die Vormundschaft pflichtwidrig verwalte. Die zitierte Bestimmung ermögliche die amtswegige Auswechslung der Person des Sachwalters, wenn dessen Beibehaltung wohlverstandenen Interessen der behinderten Person abträglich wäre, wobei es dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes überlassen sei, darüber zu entscheiden, ob in einem bestimmten Fall ein Sachwalter zu entheben sei oder nicht. Eine pflichtwidrige Amtsverwaltung liege vor, wenn die dem Sachwalter nach § 282 ABGB obliegenden Aufgaben - sei es fahrlässig, sei es vorsätzlich - vernachlässigt oder verabsäumt würden. Da stets das Wohl der behinderten Person im Auge zu behalten sei, sei ein strenger Maßstab bei der Beurteilung der entsprechenden Sachverhalte anzulegen. Einen Enthebungsgrund stelle demgemäß jede bedeutende Vernachlässigung der behinderten Person dar, wobei Nachlässigkeiten in der Personensorge (§ 282, zweiter Satz, ABGB) im Regelfall viel schwerer wiegen als solche in anderen Belangen. Wende man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so bilde der vom Erstgericht angenommene Sachverhalt zweifellos Anlaß genug, eine Änderung in der Person des Sachwalters herbeizuführen. Dies werde auch im Rekurs grundsätzlich nicht bestritten, vielmehr richteten sich die Ausführungen praktisch ausschließlich gegen das Zustandekommen und den Inhalt der getroffenen Feststellungen. Der darin gegen den Sachwalter erhobene Hauptvorwurf betreffe den Umstand, daß er die Versorgung des Betroffenen mit einem Taschengeld zur Begleichung diverser kleinerer, auch bei einer Heimunterbringung regelmäßig anfallender Auslagen sowie zur Anschaffung der erforderlichen oder zweckmäßigen Bekleidung oder anderer Utensilien unterlasse. Daß er kein Taschengeld hinterlege, räume der Rekurswerber selbst anläßlich seines über gerichtliche Aufforderung am 18.April 1989 erstatteten Berichts ausdrücklich mit der Begründung ein, daß sich der Betroffene wegen seiner Bettlägrigkeit nichts selbst kaufen könne und im Pflegeheim ohnehin voll verköstigt werde. Damit stünden die Angaben der Katharina B*** und der Maria R*** voll in Einklang, wonach der Sachwalter für irgendwelche zusätzlichen Wünsche und Erfordernisse des Betroffenen keinerlei finanzielle Vorsorge treffe und dies mehr oder weniger dem Engagement anderer Personen überlasse. Auf dieser Beweisgrundlage erwiesen sich somit die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichts als völlig unbedenklich und weitere Beweisaufnahmen als entbehrlich. Daß sich Katharina B*** früher nicht um ihren Onkel angenommen habe, lasse an sich keinen Rückschluß auf ihre Glaubwürdigkeit zu, habe doch zweifellos der Sachwalter ebenfalls irgendwann begonnen, sich um den Betroffenen zu kümmern; das Aktivwerden der Katharina B*** lasse sich auch ebenso schlüssig mit der Wahrnehmung von Mißständen in der Betreuung und dem daraus erwachsenen Bedürfnis nach Abhilfe erklären. Die fernmündliche Informationseinholung von der Stationsschwester begründe keinen Verfahrensmangel, zumal sich der Richter durchaus auch einer telefonischen Auskunft bedienen könne, die er mit Aktenvermerk festhalte.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liege schon deshalb nicht vor, weil der Sachwalter ohnehin mit dem Vorwurf der mangelnden finanziellen Vorsorge konfrontiert, dazu gehört und sein Vorbringen berücksichtigt worden sei. Abgesehen davon werde eine allfällige Nichtigkeit behoben, wenn der Beschwerdeführer seinen Standpunkt im Rekurs darlegen konnte. Der Problemkreis der Taxikosten sei vom Erstgericht dahingestellt gelassen und nicht zur Entscheidungsbegründung herangezogen worden, sodaß auf die in diesem Zusammenhang stehenden Rechtsmittelausführungen nicht eingegangen zu werden brauche. Das Argument, der Betroffene müsse dieselbe Betreuungsperson wie seine Lebensgefährtin haben, könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es ansonsten die Letztgenannte praktisch in der Hand hätte, durch Bezeichnung ihrer Betreuungsperson auch den Sachwalter für Stefan H*** zu bestimmen. Abgesehen davon sei nicht ersichtlich, warum das Wohl des Betroffenen grundsätzlich besser gewahrt sein sollte, wenn er von derselben Person wie seine Lebensgefährtin betreut werde, ausschlaggebend seien vielmehr die Eignung und die Fähigkeiten dieser Person. Die diesbezüglichen Rekursausführungen gingen folglich ins Leere.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Friedrich K*** aus den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen zu beheben und ihn in seiner Funktion als Sachwalter zu bestätigen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber führt aus, weder das Erstgericht noch das Rekursgericht hätten ein exaktes Beweisverfahren durchgeführt, um den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen. Gerade aus dem Grunde, da es im gegenständlichen Verfahren um das Wohl eines Betroffenen und gesetzlich besonders Geschützten gehe, wären besonders exakte Sachverhaltsfeststellungen notwendig gewesen. Dies setze jedoch voraus, daß beide Seiten angehört und die beantragten Beweise aufgenommen werden, sodaß sich das Gericht ein Bild über die tatsächliche Situation machen könne, um so eine Entscheidung treffen zu können, die dem Wohl des Betroffenen gerecht werde; diesen Erfordernissen habe das Erstgericht, aber auch das Rekursgericht in keiner Weise entsprochen. Er sei zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen in keiner Weise angehört und die von ihm beantragten Beweise seien nicht aufgenommen worden, obwohl er im Rekurs ausdrücklich die Zeugen zum Beweis dafür beantragt habe, daß in der Ausübung der Sachwalterschaft durch ihn keinerlei Mißstände vorliegen und er immer seinen Pflichten als Sachwalter völlig einwandfrei und ordnungsgemäß nachgekommen sei. Durch diese Vorgangsweise des Erstgerichts sei ihm die Möglichkeit entzogen worden, vor Gericht zu verhandeln, seinen Standpunkt unter Beweis zu stellen und unter Beweis zu stellen, daß ein Grund für eine Umbestellung des Sachwalters nicht gegeben sei. Er sei dadurch in wesentlichen Verfahrensrechten verletzt worden und es liege insoweit der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO vor. Die Verletzung des Parteiengehörs sei evident; entgegen den Ausführungen des Rekursgerichtes sei diese Verletzung des Parteiengehörs nicht bereits durch die Möglichkeit beseitigt, daß er im Rekurs seinen Standpunkt darlegen konnte. Die Wahrung des Parteiengehörs hätte vielmehr auch erfordert, daß die von ihm beantragten Zeugen einvernommen werden und ihm konkret im Verfahren die Möglichkeit gegeben werde, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu widerlegen, sodaß sich das Gericht von ihm einen persönlichen Eindruck machen könne. Das Rekursgericht vermeine, ihm sei eine pflichtwidrige Amtsverwaltung anzulasten, da er dem Betroffenen kein Taschengeld zur Verfügung gestellt habe. Dies stelle eine bedeutende Vernachlässigung der behinderten Person dar. Diese Ausführungen seien das Ergebnis einer offenbar gesetzwidrigen Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Im gegenständlichen Falle könne keinesfalls davon die Rede sein, ihm sei eine bedeutende Vernachlässigung seiner Pflichten anzulasten. Welche Gründe für die bisher nicht erfolgte Gewährung des Taschengeldes maßgeblich waren, habe er dargelegt. Schon deshalb könne von einer groben Pflichtverletzung nicht die Rede sein. Wenn das Gericht tatsächlich der Meinung sei, dem Betroffenen sei ein Taschengeld zu gewähren, hätte es sicherlich ausgereicht, wenn ihm das Gericht eine entsprechende Weisung gegeben hätte. Er hätte dieser ohne Zweifel entsprochen und sei auch derzeit jederzeit gerne bereit, dem Betroffenen ein entsprechendes Taschengeld zur Verfügung zu stellen. Es bestehe jedoch keine wie immer geartete Veranlassung, ihn alleine aus diesem Grunde seiner Funktion als Sachwalter zu entbinden. Wären die von ihm beantragten Zeugen einvernommen worden, hätte sich herausgestellt, daß es auch keinesfalls den Tatsachen entspreche, daß er für zusätzliche Wünsche und Erfordernisse des Betroffenen keinerlei finanzielle Vorsorge treffe und dies mehr oder weniger dem Engagement anderer Personen überlasse. Davon könne nicht die Rede sein. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, daß er seinen Pflichten als Sachwalter vollinhaltlich entsprochen habe und die bisher nicht erfolgte Gewährung eines Taschengeldes jedenfalls keinen Grund darstelle, der seine Enthebung als Sachwalter rechtfertigen würde. Insoweit leide der angefochtene Beschluß des Erstgerichtes auch an einer offenkundigen Gesetzwidrigkeit.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:

Da § 249 AußStrG das Rechtsmittelverfahren in Sachwalterschaftssachen nicht abschließend regelt, sondern nur einzelne Ausnahmen von der allgemeinen Regelung der §§ 9 bis 16 AußStrG festlegt, findet § 16 AußStrG auch hier Anwendung (NZ 1985, 71; NZ 1987, 95 uva.).

Nach § 16 Abs 1 AußStrG können bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichtes nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, wegen Aktenwidrigkeit und wegen Nichtigkeit angefochten werden; die Geltendmachung anderer Beschwerdegründe, insbesondere der unrichtigen Beweiswürdigung oder einfacher (nicht das Gewicht einer Nichtigkeit erreichender) Verfahrensmängel, ist hingegen ausgeschlossen (EFSlg 39.783, 49.936, 52.744 uva.). Zum Anfechtungsgrund der Nichtigkeit ist der Rechtsmittelwerber darauf zu verweisen, daß die Unterlassung der Anhörung der Beteiligten zu einzelnen Beweisergebnissen noch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vom Gewicht einer Nichtigkeit darstellt. Überdies kann von einer in einem nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilenden Revisionsrekurs geltend zu machenden Nichtigkeit durch Verletzung des rechtlichen Gehörs dann nicht mehr gesprochen werden, wenn diese Verletzung im erstinstanzlichen Verfahren erfolgt sein soll und Gelegenheit bestand, im Rekurs diese angebliche Nichtigkeit aufzuzeigen (EFSlg 49.984 uva.). Diese Gelegenheit bestand nicht nur für den Rechtsmittelwerber, sondern er hat von ihr auch im Rekurs an die zweite Instanz Gebrauch gemacht. Das Rekursgericht hat hiezu eingehend Stellung genommen und in Entsprechung ständiger Rechtsprechung weder einen solchen Verstoß des Erstgerichtes gegen die Stoffsammlungspflicht gemäß § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG angenommen, der Nichtigkeit begründet, noch überhaupt einen Verfahrensmangel erblickt, der für den Verfahrensausgang von Bedeutung hätte sein können. Der Rechtsmittelwerber vermochte somit das Vorliegen einer Nichtigkeit im Sinn des § 16 Abs 1 AußStrG nicht darzutun; seine weiteren Ausführungen zu diesem Anfechtungsgrund stellen im übrigen eine im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen dar.

Den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers hinsichtlich des Vorliegens einer offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG ist zu erwidern, daß eine solche nur dann vorliegt, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (JBl 1975, 547 ua.). Gemäß § 283 Abs 2 ABGB hat auf die Enthebung eines Sachwalters unter anderem die Bestimmung des § 254 ABGB sinngemäß Anwendung zu finden. Nach § 254 ABGB muß ein Vormund unter anderem entlassen werden, wenn er die Vormundschaft pflichtwidrig verwaltet oder als unfähig erkannt wird. Das Gericht hat daher im Rahmen seiner Überwachungspflicht den Vormund seines Amtes zu entheben, wenn dessen Weiterverwendung den Interessen des Pflegebefohlenen zuwiderlaufen würde (vgl. SZ 32/84 ua.). Das gleiche hat auch für die Enthebung eines Sachwalters zu gelten. Unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall die Enthebung des Sachwalters geboten ist, ist im Gesetz im einzelnen ebensowenig geregelt wie die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall die Bestellung eines Sachwalters geboten und mit welchen der im § 273 Abs 3 Z 1 bis 3 ABGB nur ganz allgemein umschriebenen Agenden dieser zu betrauen ist. Die Frage, ob der bestellte Sachwalter die für dieses Amt notwendigen Fähigkeiten besitzt oder noch besitzt, ob er sein Amt pflichtmäßig verwaltet oder nicht und daher seine Tätigkeit dem Wohle des Pflegebefohlenen dienlich ist, hat das Gericht nach freiem Ermessen zu beurteilen. Diesem ist daher eine Ermessensentscheidung übertragen, bei der - pflichtgemäße Ermessensausübung vorausgesetzt - eine offenbare Gesetzwidrigkeit schon begrifflich nicht vorliegen kann (vgl. SZ 27/159 ua.). Davon, daß die Vorinstanzen bei der Entscheidung über die Enthebung des Sachwalters den Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens überschritten hätten, kann aber auf Grund der für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen keine Rede sein.

Mangels Vorliegens eines gesetzlichen Anfechtungsgrundes im Sinne des § 16 AußStrG war daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Anmerkung

E18488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00575.89.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19890912_OGH0002_0020OB00575_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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