TE OGH 1989/9/12 5Ob603/89

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Veröffentlicht am 12.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Gudrun H***, geboren am 9.Juni 1985, eheliches Kind der Dr.Sieglinde H***, Angestellte, Klosterneuburg, Beindlgasse 47, vertreten durch Dr.Otto Kern und Dr.Wolf Kern, Rechtsanwälte in Wien, und des Wolfgang H***, Angestellter, Kufstein, Mitterndorferstraße 25, vertreten durch Dr.Johannes Waldbauer, Rechtsanwalt in Kufstein, infolge Revisionsrekurses der Mutter gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 4. Juli 1989, GZ 1 b R 111/89-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 8.Juni 1989, GZ P 144/89-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 21.März 1989 beantragte der Vater beim Erstgericht die Eröffnung einer Pflegschaft hinsichtlich der mj. Gudrun; ferner begehrte er, ihm die elterlichen Rechte und Pflichten zu übertragen. Dazu führte der Vater aus, er habe gemeinsam mit der Minderjährigen den ehelichen Haushalt in Klosterneuburg verlassen. Seine Ehegattin habe die Scheidung angestrengt. Der Auszug aus der ehelichen Wohnung unter Mitnahme der Tochter sei zur Sicherung des Kindeswohles dringend erforderlich gewesen, weil es laufend zu Auseinandersetzungen zwischen den Eltern gekommen sei. Er selbst lebe nunmehr zusammen mit der ehelichen Tochter im Hause seiner Eltern in Kufstein. Die mj. Gudrun besuche dort auch den Kindergarten, fühle sich heimisch und habe bereits viele Freunde und Freundinnen gewonnen.

Die Mutter beantragte am 12.April 1989 beim Bezirksgericht Klosterneuburg, dem Vater die Rückführung der Tochter in den ehelichen Haushalt aufzutragen. Ferner beantragte die Mutter, ihr die elterlichen Rechte und Pflichten alleine zu übertragen. Am 29.Mai 1989 beschloß das Bezirksgericht Klosterneuburg, daß es zur Führung der gegenständlichen Pflegschaftssache zuständig sei; zugleich wies es die elterlichen Rechte und Pflichten hinsichtlich der Minderjährigen der Mutter zu und trug dem Vater auf, die Minderjährige sofort wieder in die Ehewohnung zurückzubringen. Das Erstgericht sprach am 8.Juni 1989 aus, daß es zur Führung der gegenständlichen Pflegschaftssache zuständig sei. Es stellte nachstehenden Sachverhalt fest:

Die Eltern des Kindes sind seit 12.Mai 1984 verheiratet. Zu 1 C 3/89 des Bezirksgerichtes Klosterneuburg behängt zwischen ihnen ein Scheidungsverfahren. Bis zum 18.März 1989 lebten die Eltern mit ihrer mj. ehelichen Tochter Gudrun im ehelichen Haushalt in Klosterneuburg. Am 18.März 1989 hat der Vater die eheliche Tochter im Einverständnis mit der Mutter zu einem Besuch zu den väterlichen Großeltern in Kufstein mitgenommen. Trotz entgegenstehender Vereinbarung der Eltern betreffend die Zurückbringung des Kindes wurde die Minderjährige bisher nicht in den seinerzeitien ehelichen Haushalt zurückgebracht. Die mj. Gudrun lebt im Hause der väterlichen Großeltern in Kufstein. Sie besucht nunmehr in Kufstein den Kindergarten und ist bei der Stadtgemeinde Kufstein auch unter der Anschrift Mitterndorferstraße 25 am 20.März 1989 zur Anmeldung gelangt. Der Vater wird in Zukunft in Tirol beruflich tätig sein und im Haus seiner Eltern in Kufstein wohnen.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich wie folgt:

Zur Besorgung aller Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Rechte zwischen Eltern und mj. Kindern dem Gericht obliegen, sei jenes Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt habe. Es komme sohin lediglich darauf an, wo die Minderjährige am Tag der Einleitung des pflegschaftsgerichtlichen Verfahrens im Inland den gewöhnlichen Aufenthalt oder mangels eines solchen einen Aufenthalt gehabt habe. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes bestimme sich jedoch nicht etwa lediglich nach der Aufenthaltsdauer oder der Gegenüberstellung der Absichten der Eltern, sodaß allenfalls nur der gewöhnliche Aufenthalt in ihrer Ehewohnung ausschlaggebend sein könne. Der Vater habe sich mit der mj. ehelichen Tochter Gudrun in Kufstein in der Absicht niedergelassen, nicht mehr an den früheren Wohnsitz zurückzukehren. Da bisher die Pflege und Erziehung sowohl der Mutter als auch dem Vater zukam, sei nunmehr durch die Aufenthaltsnahme in Kufstein auch für die Minderjährige eine dauerhafte Beziehung zu ihrem Aufenthalt in Kufstein hergestellt. Die Beziehung sei von einer solchen Art, daß sie zur Beurteilung als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne seiner Umschreibung im § 66 Abs 2 JN hinreiche. Es komme nämlich nicht auf eine allfällige Freiwilligkeit oder auf eine Erlaubtheit des Aufenthaltes an. Es komme lediglich darauf an, daß der Vater (dem bisher ebenso wie der Mutter Pflege und Erziehung zustanden) den Aufenthalt der mj. ehelichen Tochter Gudrun bestimmte und noch keine andere Anordnung vorlag. Eine solche Anordnung durch ein Pflegschaftsgericht könne erst dann getroffen werden, wenn durch die Zuständigkeitsnorm geklärt sei, welches Gericht einzuschreiten habe. Ob allenfalls am früheren gemeinsamen Wohnsitz (Ehewohnung) ebenfalls ein gewöhnlicher Aufenthalt fortbestehe, sei nicht von Bedeutung, weil die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Kufstein auf alle Fälle durch das Zuvorkommen begründet worden wäre (EFSlg 43.959). Seitens des Bezirksgerichtes Kufstein wurde nämlich nach Eingang des Antrages auf Eröffnung eines Pflegschaftsaktes und nach Eingang des Antrages auf Zuweisung der elterlichen Rechte an den Vater ein Pflegschaftsverfahren eröffnet (ein Pflegschaftsakt angelegt) und die Einvernahme der Mutter im Rechtshilfeweg zu diesem Antrag bereits am 26.März 1989 veranlaßt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter aus nachstehenden Erwägungen nicht Folge:

Zur Besorgung aller Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Rechte zwischen Eltern und mj. Kindern dem Gericht obliegen, sei nach der Neufassung des § 109 Abs 1 JN durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt habe. Hiefür sei grundsätzlich nur von Belang, wo die Kinder am Tag der Einleitung des pflegschaftsgerichtlichen Verfahrens im Inland einen gewöhnlichen Aufenthalt oder mangels eines solchen einen Aufenthalt hatten. Den Aufenthalt des Kindes bestimme gemäß § 146 b ABGB der zur Pflege und Erziehung berechtigte Elternteil. Die Eltern des mj. ehelichen Kindes hätten das Kind zu pflegen und zu erziehen; sie sollten bei Ausübung der Rechte und der Erfüllung dieser Pflichten einvernehmlich vorgehen. Lägen weder die im § 145 Abs 1 ABGB bezeichneten Voraussetzungen noch ein Vorgang gemäß § 177 Abs 1 oder 2 ABGB vor, dann habe jeder Elternteil das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes und, soweit danach erforderlich, zur Bestimmung des Aufenthaltes des Kindes (EvBl 1984/62 = EFSlg 43.959).

Das Einvernehmen der Eltern hinsichtlich der über die Osterfeiertage hinausgehenden Unterbringung der Minderjährigen bei den väterlichen Großeltern habe hier gefehlt. Durch den Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 29.Mai 1989 sei wohl im Sinne des § 177 Abs 2 ABGB bestimmt worden, daß die elterlichen Rechte allein der Mutter zukommen sollten. Allerdings sei gleichfalls aktenkundig, daß der Vater diesen Beschluß mit Rekurs bekämpft hat. Gemäß § 12 Abs 1 AußStrG könnten Verfügungen über nicht streitige Rechtsangelegenheiten, insofern keine Ausnahmen festgesetzt sind oder der Richter nicht aus besonderen Gründen die Rekursfrist abzuwarten notwenig findet, sogleich in Vollzug gesetzt werden. Gemäß § 12 Abs 2 AußStrG habe aber die erste Instanz nach bereits angebrachtem Rekurs bis zur Erledigung desselben dem Vollzug des Bescheides nicht mehr stattzugeben und nur im Fall dringender Gefahr die zur Sicherheit der Teilnehmenden notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Somit sei der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg weder rechtskräftig noch vollstreckbar (vgl. Fasching, Lehrbuch Rz 1964). Eine Verfügung im Sinne des § 177 Abs 2 ABGB, durch welche die elterlichen Rechte einem der beiden Elternteile übertragen worden wären, sei weder bei Einleitung des Pflegschaftsverfahrens beim Bezirksgericht Kufstein vorgelegen gewesen noch derzeit gegeben; maßgeblich könnte im Sinne dieser Ausführungen nur eine rechtskräftige diesbezügliche Gerichtsentscheidung sein. Der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg sei daher einer Beschlußfassung über die Zuständigkeit des Erstgerichtes nicht entgegengestanden. Ferner könne nicht gesagt werden, daß sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nach der Aufenthaltsdauer bestimme oder die Gegenüberstellung der Absichten der Elternteile dazu führe, daß nur der gewöhnliche Aufenthalt in ihrer Ehewohnung ausschlaggebend sein könne. Die neue Anknüpfung der Zuständigkeit des Pflegschaftsgerichtes entspreche der Tendenz, bei den den Personenstand betreffenden Verfahren auf den gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen. Damit sei zugleich erreicht worden, daß das sonst nur über die Zuständigkeitsübertragung nach § 111 Abs 1 JN erreichbare Ziel, mit der Besorung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte in aller Regel das Gericht zu befassen, in dessen Sprengel das Kind lebt, schon bei der ersten nach § 29 JN mit fortdauernder Wirkung verbundenen Zuständigkeitsbegründung wahrgenommen werde (vgl. EFSlg 43.959).

Der gewöhnliche Aufenthalt bestimme sich im Sinne des § 66 Abs 2 JN in der Fassung der Zivilverfahrensnovelle 1983 ausschließlich nach tatsächlichen Umständen; er hänge weder von der Erlaubheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenthaltes ab. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen sei, seien seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Die Dauer des Aufenthaltes stelle nur ein Kriterium für die Beurteilung der dauerhaften Beziehung einer Person zum Aufenthaltsort dar; sie könne jedoch nicht als für sich allein entscheidendes Kriterium herangezogen werden (EFSlg 49.259). Maßgeblich seien für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes lediglich die tatsächlichen Umstände (EFSlg 49.258). Der gewöhnliche Aufenthalt werde daher nur durch die körperliche Anwesenheit, nicht aber durch ein Willenselement bestimmt. Er setze aber dauerhafte, nicht nur vorübergehende Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt voraus, die sich in einer bestimmten längeren Dauer und Beständigkeit des Aufenthaltes äußern und auf objektiv überprüfbare Umstände persönlicher oder beruflicher Art gründen. Beim vorübergehenden Aufenthalt sei etwa erkennbar, daß sich der Betreffende an einem Ort nur zur Durchreise, zu Urlaubszwecken oder sonst nur für einen kürzeren, klar abgrenzbaren Zeitabschnitt aufhält (EFSlg 54.937 mwN).

Im Sinne dieser Ausführungen sei aus den Feststellungen des Erstgerichtes festzuhalten, daß der Vater mit der mj. Gudrun nunmehr Aufenthalt in Kufstein genommen hat, wobei er die Absicht hegt, nicht mehr an den früheren ehelichen Wohsitz zurückzukehren. Er hat die mj. Gudrun gleich wie sich selbst auch im Sinne der Meldevorschriften in Kufstein angemeldet. Die mj. Gudrun besucht nunmehr den Kindergarten in Kufstein. Alle diese Umstände indizierten, daß nicht nur ein vorübergehender Aufenthalt des Vaters mit der Minderjährigen in Kufstein geplant ist; vielmehr kann daraus auf die oben angeführte Beständigkeit der Aufenthaltsnahme geschlossen werden.

Dadurch habe der Vater eine dauerhafte Beziehung zum Aufenthalt in Kufstein hergestellt. Diese Beziehung reiche als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 66 Abs 2 JN aus. Es komme nicht darauf an, daß der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes von dem einer anderen Person abhängig ist, sondern darauf, daß der Vater (zunächst) jedenfalls rechtmäßig den Aufenthalt des Kindes bestimmte und damals noch keine andere Anordnung vorlag, die ein Pflegschaftsgericht erst treffen konnte, wenn durch die Zuständigkeitsnormen geklärt war, welches Gericht einzuschreiten hat. Ob allenfalls ein gewöhnlicher Aufenthalt am früheren gemeinsamen Wohnsitz der Eltern fortbestand, sei insoferne nicht von Bedeutung.

Ob also im Sinne der Rekursausführungen der Mutter der Vater die mj. Gudrun "entführt hat" und ob die mj. Gudrun als Faustpfand im Ehescheidungsverfahren dienen soll, sei letztlich für die Beurteilung der Zuständigkeitsfrage ohne Belang. Ferner sei es unmaßgeblich, ob und in welcher Form sich führer allefalls der Aufenthalt der mj. Gudrun in Klosterneuburg gestaltet habe. Im Sinne des § 109 Abs 1 JN habe sich die Frage der Zuständigkeit allein nach jenen faktischen Umständen zu richten, die am Tag der Einleitung des pflegschaftsgerichtlichen Verfahrens vorlagen. Es komme auch nicht auf die Beziehung des Vaters in dem Sinne an, ob er im Rahmen seines Berufes den Bereich Tirol bereist oder nicht, ob er sich deswegen um die Minderjährige ausreichend kümmern kann oder nicht. Diese Umstände seien sehr wohl bei der Entscheidung über die Zuteilung der elterlichen Rechte und Pflichten von Bedeutung, nicht jedoch für die Prüfung der Zuständigkeitsfrage. Zu den wiederholten Ausführungen hinsichtlich der näheren Umstände, unter welchen die mj. Gudrun nach Kufstein verbracht wurde, sei die Mutter auf die ausdrückliche Bestimmung des § 66 Abs 2 JN hinzuweisen, wonach der Aufenthalt weder von der Erlaubtheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenthaltes abhänge, sondern letztlich einen rein faktischen Umstand darstelle. Für die Beurteilung als gewöhnlicher Aufenthalt seien diejenigen Umstände zu prüfen, die hinsichtlich der betroffenen Minderjährigen im Verfahren zutage getreten sind. Aufgrund dieser Umstände (Anmeldung unter der Anschrift der väterlichen Großeltern, Kindergartenbesuch) sei auf eine gewisse Dauer und Beständigkeit zu schließen.

Letztendlich sei nicht auf die Handlungen des Vaters abzustellen, was das Zuvorkommen bezogen auf die Zuständigkeitsfrage anlange. Vielmehr sei das Zuvorkommen dahingehend zu verstehen, daß das Erstgericht als erstes Gericht angerufen wurde und noch vor dem Bezirksgericht Klosterneuburg entsprechende Verfahrensschritte gesetzt hat. Zumal im Sinne des § 109 Abs 1 JN ausreichende Merkmale für die Zuständigkeit des Erstgerichtes vorlägen, sei der erstgerichtliche Beschluß als richtig zu bestätigen. Gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Klosterneuburg zur Führung der gegenständlichen Pflegschaftssache festgestellt werde.

Die Mutter macht zusammengefaßt geltend, daß der Vater das Kind rechtswidriger- und unzulässigerweise nach Kufstein verbracht habe, wodurch das Wohl des Kindes verletzt und ihr ein Kampf um das Wohl und Weh des Kindes bei einem weit entfernten Gericht aufgezwungen werde. Wer ein Kind entführt, begründe keinen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes dort, wohin er das Kind entführt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist als unzulässig zurückzuweisen. Da das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß bestätigt hat, findet der (außerordentliche) Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 16 Abs 1 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statt. Selbst wenn man zugunsten der Revisionsrekurswerberin unterstellt, daß im außerstreitigen Verfahren die Entscheidung durch ein örtlich unzuständiges Gericht deshalb mit Nichtigkeit behaftet ist (so etwa SZ 29/9, 5 Ob 71/71, EvBl 1973/292 ua; einschränkend nunmehr SZ 45/31, SZ 51/140, 7 Ob 547/86 ua nur für den Fall, daß der angestrebte Rechtsschutz nicht erreicht wurde bzw. rechtlich geschützte Interessen beeinträchtigt wurden), ist damit für sie nichts gewonnen. Die Vorinstanzen haben nämlich im Sinne der Entscheidung EvBl 1984/62 = EFSlg 43.959 zutreffend dargelegt, daß bei dem vorliegenden Sachverhalt die Zuständigkeit des Erstgerichtes gemäß § 109 Abs 1 iVm § 66 Abs 2 JN wegen des gewöhnlichen Aufenthaltes der Minderjährigen im Sprengel dieses Gerichtes zu bejahen ist. Liegen - wie hier - weder die im § 145 Abs 1 ABGB bezeichneten Voraussetzungen noch ein Vorgang nach § 177 Abs 1 oder 2 ABGB vor, dann hat jeder Elternteil das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes und, soweit danach erforderlich, zur Bestimmung des Aufenthaltes des Kindes. Darauf, ob das den Aufenthaltsort des Kindes bei Verfahrenseinleitung herbeiführende Verhalten des Vaters dem Wohl des Kindes entspricht, kommt es bei der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage nicht an. Das Ziel der gesetzlichen Regelung, mit der Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte in aller Regel das Gericht zu befassen, in dessen Sprengel das Kind lebt, bringt es mit sich daß unter Umständen ein Elternteil das Wohl des Kindes bei einem weit entfernten Gericht zu wahren gezwungen ist. Es war daher spruchgemäß zu beschließen.

Anmerkung

E18538

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00603.89.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19890912_OGH0002_0050OB00603_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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