TE Vwgh Beschluss 2005/11/7 2005/04/0235

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Veröffentlicht am 07.11.2005
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Index

10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über den Antrag 1. der Dr. E und 2. des J, beide in L und vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Durchführung einer Mängelbehebung gemäß § 34 Abs. 2 VwGG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag wird gemäß § 46 VwGG keine Folge gegeben.

Begründung

1. Mit Beschluss vom 14. September 2005, Zl. 2005/04/0137-5, stellte der Verwaltungsgerichtshof in der Beschwerdesache der Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 7. September 2004, Zl. BMWA-556.100/5091- IV/5/2004, betreffend zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeitsrechten gemäß § 11 EnWG, das Verfahren ein.

Begründet wurde dieser Beschluss damit, dass die Antragsteller der am 8. Juli 2005 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG an sie ergangenen Aufforderung, die Mängel der vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretenen Beschwerde zu beheben, nicht vollständig nachgekommen sind, da das Original der an den VfGH gerichteten Beschwerde nicht wieder vorgelegt wurde.

2. Mit dem vorliegenden Schriftsatz begehren die Antragsteller, ihnen die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Vorlage der an den VfGH gerichteten Beschwerde zu bewilligen.

Zur Begründung dieses Antrages bringen sie im Wesentlichen vor, in der Kanzlei des Vertreters der Antragsteller sei ein Kontrollsystem eingerichtet, wonach ein Schriftsatz samt Beilagen zunächst von einer Sekretärin vorbereitet werde, sodann vom zuständigen Sachbearbeiter - im vorliegenden Fall einem näher bezeichneten Rechtsanwaltsanwärter - kontrolliert und nach Freigabe durch diesen durch den Vertreter der Antragsteller (end)kontrolliert werde. Im vorliegenden Fall sei mehrfach kontrolliert worden, ob sämtliche in der Aufforderung zur Mängelbehebung unter Punkt 1. bis 4. aufgezählten Aufträge erfüllt worden seien; jedoch sei unerklärlicherweise übersehen worden, dass sich auch das Original der Beschwerde an den VfGH im Akt befunden habe und neuerlich dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen sei. Ein derartiges Versehen sei in der Kanzlei des Vertreters der Antragsteller erstmalig vorgekommen und stelle daher ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar.

3. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

4. Zunächst ist vorauszuschicken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Beschluss eines verstärkten Senats vom 21. Juni 1988, Zl. 87/07/0049, VwSlg. 12.742 (A)) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch gegen die unvollständige Erfüllung eines verwaltungsgerichtlichen Verbesserungsauftrages zulässig ist.

Nach der hg. Rechtsprechung trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und dem Rechtsanwalt höchstens ein Versehen minderen Grades vorzuwerfen ist. Ein Verschulden, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Personen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa den hg. Beschluss vom 17. Dezember 2002, Zl. 2002/04/0181, mwN).

5. Wird ein Parteienvertreter in einem Mängelbehebungsauftrag - wie dies im vorliegenden Fall in der Beschwerdesache Zl. 2005/04/0137 in der hg. Verfügung vom 30. Juni 2005 geschehen ist - ausdrücklich aufgefordert, "die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen)" wieder vorzulegen und beruft sich der Vertreter sodann darauf, es sei unerklärlicherweise übersehen worden, dass sich auch das Original der Beschwerde an den VfGH im Akt befunden habe und neuerlich dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen sei, so ist davon auszugehen, dass dem Parteienvertreter dieses - der Partei zurechenbare - Versehen nur dadurch unterlaufen konnte, dass er den Mängelbehebungsauftrag nicht mit der gebotenen Sorgfalt gelesen oder sich auf andere Weise auffallend sorglos verhalten hat. Dies steht der Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages entgegen, wenn nicht andere Ursachen für dieses Versehen dargetan werden können (vgl. idS auch den hg. Beschluss vom 29. Juni 2005, Zl. 2005/08/0104).

Solche Darlegungen enthält der vorliegende Antrag aber nicht.

6. Somit war dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattzugeben. Wien, am 7. November 2005

Schlagworte

Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005040235.X00

Im RIS seit

08.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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