TE OGH 1989/9/26 4Ob558/89

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Veröffentlicht am 26.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Helmut S***, Steuerberater, Liezen, Fronleichnamsweg 15, vertreten durch Dr.Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen und der der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten 1.) Johann R*** KG, Admont, 2.) Dipl.Ing.Heinz S***, Architekt, Liezen, Salzstraße, und 3.) Dipl.Ing.Helga S***, Architektin, ebendort, sämtliche vertreten durch Dr.Alois Kitzmüller, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagten Parteien 1.) Sepp L***

Gesellschaft mbH, Liezen, Selzthalerstraße, und 2.) Christian I***, Goldschmiedemeister, Liezen, Fronleichnamsweg 15, beide vertreten durch Dr.Kurt Hanusch und Dr.Heimo Jilek, Rechtsanwälte in Liezen, wegen S 315.144,28 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Brufungsgerichtes vom 30.März 1989, GZ 3 R 31/89-93, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 14. November 1988, GZ 6 Cg 172/88-87, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 17.346,76 (darin enthalten S 2.251,13 Umsatzsteuer und S 3.840 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist zu 906/10.000-Anteilen Eigentümer der Liegenschaft EZ 1126 KG Liezen (Büro- und Wohnhaus Liezen, Fronleichnamsweg 15), mit welchem das Wohnungseigentum an den Büroräumen top.Nr.4 im 2.Obergeschoß des Hauses verbunden ist. Der Zweitbeklagte ist Eigentümer von 384/10.000-Anteilen an dieser Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum an den im 3.Obergeschoß des Hauses gelegenen Wohnungen top.Nr.6 a und 6 b (Penthouse) verbunden ist. Zu diesen Wohnungen des Zweitbeklagten gehört eine ca.44 m2 große Terrasse, die das Dach zu den darunterliegenden Büroräumlichkeiten des Klägers bildet. Das Penthouse im

3. Obergeschoß des Hauses ist nach den Plänen der Architekten Dipl.Ing.Heinz S*** und Dipl.Ing.Hedwig S*** von der Ersten Liezener Betonwerk GmbH errichtet worden. Die Erstbeklagte führte im Auftrag des Zweitbeklagten die Innenausbauarbeiten durch. In der Nacht vom 5. auf den 6.8.1980 bewirkte starker Regen, daß sich Wasser auf der zum Penthouse des Zweitbeklagten gehörenden Dachterrasse staute, von dort in das Wohnzimmer des Zweitbeklagten gelangte und schließlich in die darunter liegenden Büroräume des Klägers eindrang. Dadurch wurden Möbel, Teppiche und Anlagen in der Wohnung des Klägers beschädigt.

Mit seiner am 29.7.1983 beim Erstgericht überreichten Klage begehrt der Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand den Ersatz des dadurch erlitttenen Schadens in der Höhe von S 327.675,01 sA. Arbeiter der Erstbeklagten hätten restliches Baumaterial in den Abfluß der Terrasse geschüttet; die Erstbeklagte hafte daher für den durch die unsachgemäß durchgeführten Arbeiten eingetretenen Schaden. Der Zweitbeklagte hafte dem Kläger aus dem Nachbarrecht, aber auch wegen Verschuldens, weil ihm der mangelhafte Abfluß bei einer Prüfung hätte auffallen müssen; der Zweitbeklagte hätte überdies das aufgestaute Regenwasser rechtzeitig abpumpen müssen. Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage.

Im Laufe des zweiten Rechtsganges vor dem Erstgericht informierte der Klagevertreter mit Schreiben vom 3.12.1986 den Beklagtenvertreter, daß er gegen die planenden Architekten und das Installationsunternehmen (die Nebenintervenienten) namens des Klägers Schadenersatzansprüche geltend gemacht habe; er ersuche um Mitteilung, ob die Haftpflichtversicherung der Beklagten bereit sei, zur Abgeltung der Schadenersatzansprüche des Klägers S 100.000 zu zahlen und die den Beklagten entstandenen Prozeßkosten zu ersetzen. Am 9.1.1987 antwortete der Beklagtenvertreter, daß nur ewiges Ruhen des Verfahrens bei gegenseitiger Kostenaufhebung möglich sei. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten lehne Zahlungen an den Kläger ab.

Der Klagevertreter beantwortete dieses Schreiben nicht; er brachte am 3.4.1987 eine Klage gegen die Nebenintervenienten ein. Am 19.6.1987 teilte der Klagevertreter dem Erstrichter telefonisch mit, daß er die für 23.6.1987 anberaumte Verhandlungstagsatzung nicht besuchen werde, und ersuchte ihn, den Beklagtenvertreter und den Vertreter der Nebenintervenienten davon zu verständigen. Auch diese beiden Parteienvertreter erklärten hierauf dem Erstrichter, daß sie der Verhandlungstagsatzung fernbleiben werden.

Am 23.6.1987 trat Ruhen des Verfahrens ein. Danach fanden zwischen den Streitteilen keinerlei Gespräche statt. Der Klagevertreter führte zwar mit den Nebeninterventienten Vergleichsgespräche, zog den Beklagtenvertreter aber diesen Gesprächen nicht bei und benachrichtigte ihn auch nicht vom Ergebnis dieser Gespräche.

Mit Schreiben vom 11.1.1988 gab der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter bekannt, daß er mangels eines Fortsetzungsantrages des Klägers annehme, der Kläger sei an der weiteren Verfolgung seiner Ansprüche gegen die Beklagten nicht mehr interessiert. Da die eingeklagte Forderung inzwischen verjährt sei, erlaube er sich anzufragen, ob die Kostenersatzpflicht des Klägers grundsätzlich anerkannt werde. Auch dieses Schreiben beantwortete der Klagevertreter nicht.

Am 25.4.1988 beantragten die Beklagten die Fortdetzung des Verfahrens; zugleich wendeten sie Verjährung ein. Seit dem Eintritt des Ruhens des Verfahrens hätten keinerlei Vergleichsverhandlungen zwischen den Streitteilen stattgefunden.

Der Kläger entgegnete, daß die Parteien vereinbart hätten, im Fall des Unterbleibens der Fortsetzung des Verfahrens ihre bisherigen Kosten selbst zu tragen. Es sei beabsichtigt gewesen, den Prozeß außergerichtlich zu beenden, weil das Verschulden der Nebenintervenienten am Schadenseintritt wahrscheinlicher gewesen sei. Der Fortsetzungsantrag und der Verjährungseinwand verstießen daher gegen Treu und Glauben.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Der Kläger habe eine ungewöhnliche Untätigkeit bekundet und durch sein Verhalten zum Ausdruck gebraucht, daß ihm an der Erreichung des Prozeßzieles nichts mehr gelegen sei. Die Klage habe daher nicht die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung; die dreijährige Verjährungsfrist sei abgelaufen.

Das Berufrngsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, übernahm dessen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und trat auch der rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht bei. Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger und unvollständiger Tatsachenfeststellung (Aktenwidrigkeit) und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern; hilfsweise stellt der Kläger auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In seiner Rechtsrüge führt der Kläger aus, daß das Verfahren unter Berücksichtigung der Gerichtsferien nur rund sechs Monate geruht habe. Wegen der komplizierten Verhandlungen mit den Versicherern der als Schadensverursacher gleichfalls in Frage kommenden Nebenintervenienten sei eine frühere Fortsetzung des Verfahrens nicht möglich gewesen. Die Beklagten wären bereit gewesen, das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden. Alle Maßnahmen, die der Kläger in der Folge getroffen habe, seien daher "berechtigte Unterbrechungsgründe" gewesen.

Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, unterbricht gemäß § 1497 ABGB eine Klage die Verjährung nur dann, wenn das Verfahren "gehörig fortgesetzt" wird. Eine Klage ist dann nicht gehörig fortgesetzt, wenn der Kläger eine ungewöhnliche Untätigkeit an den Tag legt, die darauf schließen läßt, daß ihm an der Erreichung des Prozeßziels nichts mehr gelegen ist (SZ 49/106 uva). Ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruches noch hingenommen werde kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (SZ 43/29 uva). Der Kläger kann sich zur Rechtfertigung seiner Untätigkeit nur auf solche Gründe berufen, die im Verhältnis zwischen den Prozeßparteien liegen (SZ 49/106 uva). Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, kommt es nicht nur auf die Dauer, sondern auch auf die Gründe der Untätigkeit an (SZ 36/50 uva). Das einverständliche Abwarten des Ausganges eines Vorprozesses (SZ 40/151) oder das Aufnehmen von Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien (Arb. 9.861) können ausreichende Gründe dafür sein, daß auch ein längeres Ruhen des Verfahrens die Unterbrechungswirkung der Klage nicht beseitigt. Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten den Vergleichsvorschlag des Klägers schon vor dem Eintritt des Ruhens des Verfahrens abgelehnt; den Vergleichsvorschlag der Beklagten hatte der Kläger unbeantwortet gelassen. Am 23.6.1987 kam es nicht deshalb zum Ruhen des Verfahrens, weil etwa die Parteien das Ruhen zum Zweck der Aufnahme weiterer Vergleichsverhandlungen oder zum Zweck des Abwartens des gegen die Nebeninterventienten angestrengten Verfahrens vereinbart hätten; der Klagevertreter erklärte dem Verhandlungsrichter lediglich, daß er die Verhandlungstagsatzung nicht besuchen werde, er möge die Gegner und die Nebenintervenienten davon verständigen. Ausdrückliche Vereinbarungen bestanden somit nicht. Aber auch nach dem Eintritt des Ruhens des Verfahrens nahmen die Parteien keinen Kontakt auf und vereinbarten auch nachträglich nicht, zu welchem Zweck das Verfahren ruhen sollte. Selbst als der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mitgeteilt hatte, daß die Beklagten annähmen, der Kläger habe kein Interesse mehr an der Fortsetzung des Verfahrens, der Anspruch sei somit verjährt, stellte der Kläger keinen Fortsetzungsantrag. Die Fortsetzung des Verfahrens ist dann auch von den Beklagten und nicht vom Kläger beantragt worden. Unter diesen Umständen konnten die Beklagten - mag ihnen auch bewußt gewesen sein, daß der Kläger in erster Linie das Verfahren gegen die Nebenintervenienten betreiben wollte - nur annehmen, daß dem Kläger an der Erreichung des Prozeßziels im vorliegenden Verfahren nichts mehr gelegen war. Vermag aber der Kläger keine triftigen Gründe für seine Untätigkeit darzutun, dann genügt schon der Ablauf einer verhältnismäßig kurzen Zeit der Untätigkeit für den Wegfall der Unterbrechungswirkung der Klage (SZ 43/176 ua).

Sowohl der verschuldensunabhängige Vergütungsanspruch aus dem Nachbarrecht als auch der Schadenersatzanspruch verjähren in drei Jahren (§ 1489 ABGB; SZ 35/111). Die für die geltend gemachten Ansprüche bestehende kurze Verjährungsfrist ist daher mangels gehöriger Fortsetzung der Klage bereits abgelaufen. Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E18508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00558.89.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19890926_OGH0002_0040OB00558_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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