TE OGH 1989/10/10 4Ob559/89

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Veröffentlicht am 10.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Reinhilde S***, Diplomkrankenschwester, Weinitzen, Eggerstraße 15, vertreten durch DDr. Horst Spuller, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Ing. Helmut P***, Konstrukteur, Weiz, Hebbelgasse 1, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 24. Mai 1989, GZ 1 R 37/89-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Weiz vom 17. November 1988, GZ F 3/87-34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit S 14.221,80 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten S 2.370,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit dem seit 9. Dezember 1986 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. Oktober 1986, GZ 18 Cg 124/86-10, wurde die am 8. Jänner 1977 zwischen den Parteien geschlossene Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Frau geschieden. Der Ehe entstammen die am 19. Februar 1977 geborene Tochter Iris und der am 27. Februar 1980 geborene Sohn Gernot. Nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft zog die Tochter mit der Mutter zunächst nach Graz, während der Sohn beim Vater in Weiz verblieb; wechselseitige Unterhaltszahlungen für die Kinder sind daher bisher unterblieben. Nunmehr ist der Frau auch das Sorgerecht für den Sohn zugesprochen worden. Beide Kinder leben jetzt mit der Mutter in dem von ihr erworbenen Einfamilienhaus in Weinitzen. Die beschlußmäßige Festsetzung der Unterhaltsverpflichtungen des Vaters für die Kinder steht unmittelbar bevor.

Die nunmehr im Alleineigentum des Mannes stehende Ehewohnung der Parteien befand sich in der von ihnen mit Kaufvertrag vom 23. April 1981 erworbenen Eigentumswohnung im ersten Stock des Zweifamilienhauses in Weiz, Hebbelgasse 1.

Die Frau stellt den Antrag auf Zuweisung der von ihr angeschafften Bügelmaschine, Marke P*** Electronic, und auf Verpflichtung des Mannes zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 800.000,--. Die Ehewohnung samt Einrichtung und der PKW seien ausschließlich aus ihren Mitteln, nämlich aus den Verkaufserlösen von Grundstücken finanziert worden, die ihr von ihrem Vater übergeben worden seien. Auch der Lebensunterhalt der Familie sei aus ihrem Einkommen als Krankenschwester bestritten worden. Der Mann habe nur geringfügige Beiträge geleistet und sein Geld nur für Hobbies verwendet. Sie habe auch für die Beaufsichtigung und Teilversorgung der Kinder an die Schwiegermutter ein monatliches "Kostgeld" von S 2.000,-- gezahlt.

Der Mann hielt dem entgegen, daß die Parteien zur Anschaffung der Wohnung und zu den Kosten der gemeinsamen Lebensführung etwa je zur Hälfte beigetragen hätten. Die Ehewohnung sei nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil die Frau dem Mann mit Notariatsakt vom 9. Mai 1985 ihren Anteil daran übertragen habe (ON 29 S. 156). Im übrigen sei er im Hinblick auf sein geringes Einkommen und auf die Sorgepflichten für die beiden Kinder gar nicht in der Lage, eine Ausgleichszahlung zu leisten.

Das Erstgericht sprach aus, daß der Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 1064 KG Weiz, mit dem das Wohnungseigentum an der Ehewohnung untrennbar verbunden ist, sowie sämtliche darin befindlichen Fahrnisse mit Ausnahme der Bügelmaschine im Alleineigentum des Mannes verbleibe (Punkt 1), wies die Bügelmaschine der Frau zu (Punkt 2) und verhielt den Mann zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages von S 200.000,--, hievon S 50.000,-- zahlbar binnen vier Wochen und S 150.000,-- samt 4 % Zinsen p.a. zahlbar binnen zwei Jahren nach Rechtskraft seines Beschlusses (Punkt 3); ferner ordnete es die pfandrechtliche Sicherstellung der Teilzahlungsverpflichtung von S 150.000,-- s.A. ob der dem Mann gehörigen Liegenschaftshälfte an (Punkt 4). Der Entscheidung des Erstgerichtes liegen noch folgende wesentliche Feststellungen zugrunde:

Beide Parteien waren während der gesamten Dauer der Ehe berufstätig, und zwar die Frau als Diplomkrankenschwester im Landeskrankenhaus Graz und der Mann als Konstrukteur bei der Firma E*** in Weiz; sie hatten ein etwa gleich großes Einkommen. Die Frau besorgte neben ihrer beruflichen Tätigkeit den Haushalt und die Kinderbetreuung. Beide Parteien sind auch jetzt noch in derselben Weise beruflich tätig. Das durchschnittliche Nettogehalt des Mannes ohne Familienbeihilfe betrug in den Monaten April bis Juni 1988 ca. S 15.100,--.

Während der aufrechten Lebensgemeinschaft trugen beide Ehegatten gemeinsam zu den laufenden Haushaltskosten bei. Die Frau kam unter anderem für die Strom-, Rundfunk-, Telefon- und Kindergartenkosten auf, der Mann beglich die öffentlichen Abgaben und nahm die Darlehenstilgungen vor.

Die Frau hatte von ihrem Vater die Liegenschaft EZ 52 KG Wohlsdorf "übernommen". Aus dieser verkaufte sie im September 1980 ein Grundstück um S 150.000,--; mit dem Erlös dieses Grundverkaufes wurde der Ankauf eines PKW BMW 320, der unbestrittenermaßen dem Gebrauch beider Ehegatten diente (ON 33 S. 167), teilweise finanziert. Das Fahrzeug hat derzeit einen Verkehrswert von S 48.000,-- und wird jetzt vom Mann allein benützt. Im März 1981 einigte sich die Frau mit den Ehegatten Franz und Anna P*** über den Verkauf mehrerer Grundstücke aus der EZ 52 KG Wohlsdorf; sie erhielt hiefür eine Anzahlung von S 400.000,--. Mit diesem Betrag finanzierten die Parteien weitgehend die bei Errichtung des Kaufvertrages über die Ehewohnung im April 1981 zu leistende Anzahlung von S 400.000,--. Der Restbetrag auf den Kaufpreis dieser Wohnung von S 800.000,-- war in fünf aufeinanderfolgenden Jahresraten in Höhe von je S 80.000,-- zu begleichen. Diese Jahresraten - mit Ausnahme der letzten - brachten die Parteien weitgehend gemeinsam auf, wobei sie gemeinsam ein Landesdarlehen von S 100.000,-- in Anspruch nahmen; der Mann nahm überdies einen Firmenkredit von S 60.000,-- auf. Beide Kredite sind bereits zurückgezahlt. Die letzte Jahresrate zuzüglich einer Wertsicherung (insgesamt S 95.000,--) beglich der Mann nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Zu diesem Zweck nahm er bei der Sparkasse in Weiz einen Abstattungskredit in Anspruch, welcher derzeit noch mit ca. S 190.000,-- unberichtigt aushaftet. Die monatlichen Rückzahlungsraten betragen S 3.050,73. Die Parteien erwarben zunächst zu gleichen Anteilen das Ehegattenwohnungseigentum an der 87,48 m2 großen Ehewohnung, bestehend aus Vorraum, Bad, WC, Speisekammer, Küche, Wohnzimmer und zwei weiteren Zimmern sowie je einem ost- und westseitig gelegenen Balkon; zur Wohnung gehören auch drei Kellerräumlichkeiten samt Garage, Tankraum und einem Abstellplatz. Das Haus in Weiz, Hebbelgasse 1, befindet sich in minder guter Wohnlage (neben einer Hauptstraße, Tankstelle und einem Ziegelwerk). Die Wohnung entspricht hinsichtlich ihrer Grundrißlösung und Ausstattung den modernen Anforderungen; sie befindet sich in gutem Zustand und ist mit Einzelöfen bzw. einer Warmwasserzentralheizung ausgestattet. Der derzeitige gemeine Wert des nur mit der Dienstbarkeit eines Fahrrechtes belasteten Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 1064 KG Weiz, mit dem untrennbar das Wohnungseigentum an der im ersten Stock des Hauses Weiz, Hebbelgasse 1, gelegenen Ehewohnung verbunden ist, beträgt S 844.000,--; das darin befindliche Inventar hat inklusive der Bügelmaschine einen Verkehrswert von S 70.780,--, die Bügelmaschine allein einen Schätzwert von S 1.900,--. Als der Mann im März 1985 einen an einen anderen Mann gerichteten Liebesbrief der Frau auffand, löste dies gravierende Eheprobleme aus. Die Parteien strebten damals eine einvernehmliche Scheidung an, und es kam im Hinblick darauf zum Abschluß des Notariatsaktes vom 9. April 1985. Darin übertrug die Frau dem Mann unter anderem auch ihren Ehegattenwohnungseigentumsanteil an der Ehewohnung gegen Übernahme der auf der Liegenschaft damals noch haftenden Restschuld.

Mit schriftlichem Vertrag vom 13. Dezember 1985 verkaufte die Frau noch weitere Grundstücke aus der Liegenschaft EZ 52 KG Wohlsdorf an das Ehepaar P***. Feststellungen über die Verwendung des von ihr dabei erzielten Kaufpreises von S 380.000,-- konnten nicht getroffen werden, ebensowenig solche über das Vorhandensein von weiterem ehelichen Gebrauchsvermögen oder von Ersparnissen.

Zur beabsichtigten einvernehmlichen Scheidung kam es dann nicht, weil der Mann im Frühjahr 1986 mit der Behauptung, die Frau sei von einem anderen Mann schwanger, die Scheidungsklage einbrachte. Am 5. Dezember 1986 kaufte die Frau das Einfamilienhaus in Weinitzen, Eggerstraße 15, um den reinen Barkaufpreis von S 1,5 Millionen. Sie finanzierte diesen Ankauf aus dem Veräußerungserlös ihrer Restgrundstücke in Wohlsdorf von S 900.000,-- sowie durch Aufnahme eines Kredites von S 300.000,--. Daß sie zu diesem Zweck auch zwei private Darlehen von zusammen S 300.000,-- bei der Mutter und dem Bruder ihres jetzigen Lebensgefährten aufgenommen hätte, ist nicht erwiesen. Der Mann muß derzeit für die monatlichen Betriebskosten der Ehewohnung in der Höhe von ca. S 4.000,-- aufkommen. Er hat bei seinem Bruder und seinem Schwager Schulden von insgesamt S 120.000,--, die ihn aber in nächster Zeit nicht konkret belasten. Laut Auskunft der Sparkasse in Weiz würde diese einer Person mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Mannes bis auf weiteres keine Kreditaufstockung gewähren; dies auch nicht bei einer hypothekarischen Sicherstellung, weil Haus- bzw. Liegenschaftshälften nur sehr schlecht verwertbar seien und keinen großen Stellenwert hätten.

Daraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, daß nur die Hälfte des Ehegattenwohnungseigentumes an der Ehewohnung der Aufteilung unterliege, weil die Frau ihren Anteil dem Mann bereits mit Notariatsakt vom 9. April 1985 im Zusammenhang mit der späteren Ehescheidung übereignet habe. Da die Frau kein Interesse an der Übernahme der Ehewohnung habe, diese aber der Wohnversorgung des Mannes diene, müsse eine Ausgleichszahlung auferlegt werden. Hiebei sei von einem maßgeblichen Gesamtwert von S 540.780,-- (Hälfteanteil der Ehewohnung: S 422.000,--; Fahrnisse: S 70.780,--; PKW:

S 48.000,--) auszugehen, für dessen Schaffung die Beitragsleistungen der Frau gegenüber denen des Mannes im Verhältnis 2 : 1 anzusetzen seien. Den sich daraus ergebenden Ausgleichsbetrag könne aber der Mann ohne Aufgabe der Ehewohnung im Hinblick auf sein Einkommen, die festgestellten Belastungen und die unmittelbar bevorstehende Unterhaltsfestsetzung für die beiden Kinder in der Höhe von monatlich zumindest S 5.000,-- niemals leisten. Unter äußerster Anspannung seiner Kräfte sei ihm eine Ausgleichszahlung von

S 200.000,-- unter Hinausschiebung der Hauptfälligkeit auf zwei Jahre zumutbar.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es stellte ergänzend fest, daß der Mann im März 1985 auf Ersuchen der Frau bereit war, von der Einbringung einer Scheidungsklage Abstand zu nehmen und ihr zu verzeihen. Dann (gemeint offenbar: nach Abschluß des Notariatsaktes vom 9. April 1985) sei es aber zu einer Versöhnung zwischen den Ehegatten gekommen, und es habe zwischen ihnen ca. sechs Monate hindurch (wieder) ein ausgezeichnetes Verhältnis geherrscht. Rechtlich folgerte das Rekursgericht daraus, daß auf den Notariatsakt vom 9. April 1985 nicht die Ausnahmebestimmung des § 97 Abs 2 EheG anzuwenden sei, weil die nachträgliche Versöhnung der Eheleute den Zusammenhang mit dem späteren Scheidungsverfahren unterbrochen habe. Die Frau habe daher gemäß § 97 Abs 1 Satz 1 EheG durch die Überlassung ihres Hälfteanteils an der Ehewohnung keineswegs rechtswirksam auf die nachträgliche Aufteilung auch dieses Vermögenswertes verzichtet. Für die Bemessung der Ausgleichszahlung sei daher von einem Gesamtvermögenswert von S 844.000,-- auszugehen. Wenn auch der Beitrag der Frau zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens in Übereinstimmung mit dem Erstgericht höher einzuschätzen sei als der des Mannes, habe es nach Billigkeitsgrundsätzen doch bei der festgesetzten Ausgleichszahlung zu verbleiben; es erscheine nämlich unbillig, vom Mann die Aufgabe der Ehewohnung zu fordern, weil er sonst keine höhere Ausgleichszahlung erbringen könne. Im Hinblick auf die bevorstehenden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den beiden Kindern in der Höhe von monatlich mindestens S 5.000,-- sowie auf die sonstigen finanziellen Belastungen sei dem Mann eine höhere Ausgleichszahlung nicht zumutbar. Dabei müsse auch bedacht werden, daß letztlich die Frau vehement aus der Ehe hinausgedrängt habe, wobei ihr die eigene Berufstätigkeit und das noch vorhandene eigene Vermögen zustatten gekommen seien.

Den bestätigenden Ausspruch des Rekursgerichtes über die implizit erfolgte Abweisung ihres Ausgleichszahlungsmehrbegehrens im Umfang von restlich nur noch S 400.000,-- bekämpft die Antragstellerin mit Revisionsrekurs. Sie beantragt die Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses im Sinne der Verpflichtung des Mannes zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 600.000,-- s.A., hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs der Frau nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionrekurs ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, daß der ihr zugesprochene Ausgleichsbetrag nicht der Billigkeit entspreche, weil sie mit ihrem elterlichen Erbe zur Anschaffung des Vermögens und insbesondere der Ehewohnung überwiegend beigetragen habe und nun all dies dem Mann "um so wenig Geld" überlassen solle. Dem alleinstehenden Mann sei eine bescheidenere Wohnversorgung und eine Vermietung der Eigentumswohnung zumutbar. Diesen Ausführungen ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:

Soweit eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach §§ 83 ff EheG nicht erzielt werden kann, hat das Gericht gemäß § 94 Abs 1 EheG einem Ehegatten eine billige Ausgleichszahlung an den anderen Ehegatten aufzuerlegen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil nach dem übereinstimmenden und insbesondere auch dem Aufteilungsantrag der Frau zugrunde liegenden Parteiwillen die Ehewohnung und das gesamte sonstige eheliche Gebrauchsvermögen mit Ausnahme einer Bügelmaschine dem Mann verbleiben sollten und ihm mit dem erstgerichtlichen Beschluß - wenngleich in Ansehung des PKW BMW 320 nur implizit - auch zugewiesen worden sind. Diese Aufteilung haben die Parteien nach dem Inhalt ihrer Rechtsmittelerklärungen im Rekursverfahren nicht in Beschwerde gezogen. Berücksichtigt man daher, daß der Wert der gesamten Aufteilungsmasse (Ehewohnung samt Inventar und PKW) S 962.780,-- beträgt, wovon auf die Frau S 1.900,-- und auf den Mann S 960.880,-- entfallen, so ist bei dieser Wertrelation eine der Billigkeit entsprechende Aufteilung jedenfalls nicht erreicht worden; die Anordnung einer Ausgleichszahlung gemäß § 94 Abs 1 EheG ist vielmehr grundsätzlich geboten. Daß auch der von der Frau mit Notariatsakt vom 9. April 1985 an den Mann übertragene Hälfteanteil an der Ehewohnung in die Aufteilungsmasse wertmäßig einzubeziehen ist, hat das Rekursgericht zutreffend erkannt; nach seinen ergänzenden Feststellungen ist nämlich danach eine Versöhnung der Ehegatten eingetreten, die immerhin für die Dauer eines halben Jahres deren ungetrübtes Zusammenleben zur Folge hatte. Der gemäß § 97 Abs 2 EheG erforderliche Zusammenhang der mit Notariatsakt vom 9. April 1985 getroffenen Vereinbarung mit dem erst im Frühjahr 1986 vom Mann eingeleiteten Scheidungsverfahren ist daher nicht mehr gegeben (SZ 53/125; EFSlg 38.913, 41.448 u.a.).

Die Höhe der Ausgleichszahlung ist nach billigem Ermessen festzusetzen. Die hiebei zu beachtenden Billigkeitserwägungen können der beispielsweisen Aufzählung des § 83 EheG, aber auch der Bestimmung des § 94 Abs 2 EheG entnommen werden, sind aber nicht darauf beschränkt (EFSlg 46.399, 49.013, 54.648 u.a.). Dabei kommt es weniger auf eine strenge rechnerische Ausmittlung an; vielmehr soll die Höhe der Ausgleichszahlung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit festgesetzt werden (EFSlg 51.830 u.a.). Es soll ein individuell gerechtes Aufteilungsergebnis herbeigeführt werden (EFSlg 51.821, 54.647 u.a.) und für beide Teile eine entsprechende wirtschaftliche Grundlage bei nunmehr getrennter Lebensführung gesichert bleiben (EFSlg 51.823, 54.652 u.a.). Deshalb ist als Ausgleichszahlung auch nicht nur jener Betrag zu bestimmen, den der Ausgleichspflichtige bequem aufbringen kann (EFSlg 51.826, 54.655 ua), sondern zu prüfen, welchen Betrag er unter äußerster Anspannung seiner Kräfte leisten kann (EFSlg 51.826 u.a.). Andererseits widerspräche jede Zahlungsverpflichtung eines Ehegatten, die diesen in seiner neuen wirtschaftlichen Lage, auch nicht unter äußerster Anspannung seiner Kräfte, nicht wohlbestehen ließe, der nach § 94 Abs 1 EheG zu beachtenden Billigkeit (EFSlg 46.403, 49.016, 54.654 u.a.). Das darf nur nicht so weit gehen, daß eine Ehegatte unter Hinweis auf die Vermögenslosigkeit und das geringe Einkommen des anderen dazu verhalten wird, seinen Anteil an dem gemeinsamen Vermögen entschädigungslos aufzugeben (EFSlg 54.660).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, daß die dem Mann auferlegte Ausgleichszahlung bereits das Äußerste ist, das ihm bei Anspannung seiner Kräfte zugemutet werden kann, kann er doch selbst diese nach seinen derzeitigen finanziellen Verhältnissen überhaupt nur im Wege einer Kreditaufnahme aufbringen, die aber frühestens mit der Fälligkeit des auf zwei Jahre gestundeten Teilbetrages von S 150.000,-- möglich erscheint. Mit Recht haben auch die Vorinstanzen darauf verwiesen, daß jede Höherbemessung eine Gefährdung des Wohles der beiden Kinder mit sich brächte, weil dann die Durchsetzbarkeit ihrer Unterhaltsansprüche gegen den Vater in Frage gestellt wäre. Die von der Rechtsmittelwerberin ins Spiel gebrachte Vermietung der Eigentumswohnung hätte zur Folge, daß der Mann zunächst zusätzlich mit dem mit der Beschaffung einer weiteren Wohnmöglichkeit verbundenen, nicht unerheblichen Aufwand belastet wäre, den er ohne Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz gar nicht aufbringen könnte; im übrigen muß die Vermietbarkeit zu Bedingungen, die eine geeignete Grundlage für eine zusätzliche Kreditgewährung bieten könnten, schon im Hinblick auf die hohen Betriebskosten, aber auch wegen der minder guten Wohnlage und dem Standort der Eigentumswohnung in einem wirtschaftlichen Krisengebiet in höchstem Maße angezweifelt werden. Dieser Weg wäre daher für den Mann mit so hohen wirtschaftlichen Risken verbunden, daß er ihm billigerweise nicht zugemutet werden kann. Andererseits ist aber durch den der Frau zugesprochenen Ausgleichsbetrag gewährleistet, daß sie ihren Anteil an dem gemeinsamen Vermögen weder gänzlich noch in einem ihr unzumutbaren Umfang aufgeben muß. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß ihr insgesamt die besseren Startbedingungen für die nunmehr getrennte Lebensführung zukamen und diese jedenfalls ausreichend gesichert erscheint.

Es bestehen daher gegen die übereinstimmenden Entscheidungen der Vorinstanzen über die vom Mann der Frau zu leistenden Ausgleichszahlung keine rechtlichen Bedenken, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 234 AußStrG. Es erscheint billig, daß die Frau dem Mann die gesamten Kosten seiner Beteiligung an dem von ihr eingeleiteten Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof ersetzt, das für sie keinerlei Erfolg gebracht hat (7 Ob 556/88; 5 Ob 566/89 u.a.).

Anmerkung

E18682

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00559.89.1010.000

Dokumentnummer

JJT_19891010_OGH0002_0040OB00559_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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