TE OGH 1989/10/12 6Ob677/89

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Veröffentlicht am 12.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 28. Juli 1988 gestorbenen Josefa B***, zuletzt Pottenbrunner Hauptstraße 100, 3140 St. Pölten, Pottenbrunn, infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erbinnen

1. Anita W***, Kauffrau, Alliogasse 24/4/8, 1150 Wien, 2. Margarete R***, Pensionistin, Sigmund Nachbauerstraße 12a, 6830 Rankweil, beide vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 16. Juni 1989, GZ R 286,287/89-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15. März 1989, GZ 1 A 298/88-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß Punkt 2. der Entscheidung des Erstgerichtes zu lauten hat:

"Der Abhandlung zugrundegelegt wird das Inventar mit Aktiven von S 4,998.896,56, Passiven von S 67.413,61 und somit einem Reinnachlaß von S 4,931.482,95".

Text

Begründung:

Das Erstgericht nahm die auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel abgegebenen Erbserklärungen des Großneffen Erich K*** (dieser war Sachwalter der Erblasserin) und der Nichten Margarete R*** und Anita W*** an, erachtete das Erbrecht für ausgewiesen (Punkt 1) und legte der Abhandlung das Inventar mit Aktiven von S 5,599.205,56, Passiven von S 67.413,61 und somit einem Reinnachlaß von S 5,531.791,95 zugrunde (Punkt 2). (Die weiteren Punkte des Endbeschlusses sind für die Entscheidung über den Revisionsrekurs nicht von Bedeutung.)

Das Rekursgericht änderte auf Grund des Rekurses des Erich K*** den Punkt 2. der Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß der Abhandlung das Inventar mit Aktiven von S 4,998.896,56, Passiven von S 94.353,61 und somit einem Reinnachlaß von S 4,904.542,95 zugrundegelegt werde.

Strittig ist einerseits, ob ein Sparbuch der Sparkasse R*** ST.P*** mit einem Einlagestand von S 600.309,- zum Nachlaß gehört oder zumindest eine dem Nachlaß gegen Erich K*** zustehende Forderung in der Höhe des Einlagestandes des Sparbuches und andererseits, ob eine Forderung des Erich K*** von S 26.940,- als Nachlaßschuld zu berücksichtigen ist.

Im Gegensatz zum Erstgericht erachtete das Rekursgericht, das Sparbuch bzw. eine Forderung in der Höhe des Einlagenstandes nicht als zum Nachlaß gehörig, berücksichtigte aber die Forderung des Erich K*** als Nachlaßschuld. Das Rekursgericht führte aus, wie sich aus dem Vorbringen der Miterbinnen in der Tagsatzung vom 20. Februar 1989 (ON 19) ergebe, sei das Sparbuch im Verlassenschaftsverfahren nach Wilhelm B*** (Ehegatte der Josefa B***, verstorben am 3. März 1986) als Eigentum der Hermine O*** anerkannt und mittlerweile vom Rekurswerber bereits saldiert worden. Da gemäß § 97 Abs 1 AußStrG bei der Erstellung des Inventars auf den Besitz des Erblassers zur Zeit seines Todes abzustellen sei, könne das Sparguthaben selbst im Nachlaß keine Berücksichtigung finden. Auch eine Forderung der Verlassenschaft gegen Erich K*** in der Höhe von S 600.309,- sei nicht in das Inventar aufzunehmen, weil Erich K*** mit Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 20. Juni 1986, 1 A 121/86-14 = SW 9/86-22, ausdrücklich ermächtigt worden sei, das auf Hermine K*** lautende, aber eindeutig Hermine O*** zuzuordnende Sparbuch der Hermine O*** auszufolgen. Das Vorbringen der Miterbinnen, dieses Sparbuch sei den Ehegatten B*** zuzurechnen, stehe demnach mit dem Akteninhalt nicht im Einklang, sodaß die behauptete Ersatzforderung nicht bescheinigt sei. Die Frage des Überganges des Spartguthabens von Hermine O*** auf Erich K*** sei für das gegenständliche Verlassenschaftsverfahren ohne Bedeutung. Es bleibe den Miterbinnen jedoch unbenommen, ihre behaupteten Ansprüche gegen Erich K*** im Rechtsweg geltend zu machen. Bringe man das Sparguthaben in Abzug, so ergäben sich die Nachlaßaktiven richtig mit S 4,998.896,56. Bei den Passiven sei auch zugunsten des Erich K***, dessen Forderung von S 26.940,- zu berücksichtigen. Im Sachwalterschaftsverfahren betreffend die verstorbene Josefa B*** habe das Bezirksgericht St. Pölten mit Beschluß vom 25. Jänner 1989, SW 9/86-58, die vom Sachwalter Erich K*** vorgelegte Pflegschaftsrechnung für den Zeitraum vom 1. Jänner 1987 bis 31. Dezember 1988 genehmigt und festgestellt, daß per 31. Dezember 1988 zugunsten des Sachwalters und zu Lasten der Verstorbenen ein Saldo von S 26.940,- bestehe. Dieser Beschluß, der auch den beiden Miterbinnen zugestellt worden sei, sei unbekämpft geblieben und daher hinsichtlich aller Miterben in Rechtskraft erwachsen. Wenn die Miterbinnen diese Forderung am 20. Februar 1989 nicht anerkannt hätten, weil in der Abrechnung Beträge aufschienen, die ihrer Auffassung nach nicht schlüssig belegt seien, so stehe einer Überprüfung dieser Einwände die Rechtskraft der zitierten Entscheidung entgegen. Nach der Textierung des Beschlusses vom 25. Jänner 1989 ("... zu Lasten der Verstorbenen Josefa B*** ..."), nach dem Abrechnungszeitraum und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß hier die zu Lebzeiten begonnene Vermögensverwaltung zum Ende des laufenden Kalenderjahres beendet und abgerechnet worden sei, handle es sich unzweifelhaft um eine Verlassenschaftsschuld (§§ 548 Satz 1 ABGB, 105 Abs 1 AußStrG). Damit erhöhten sich die Passiven auf S 94.353,61, der Reinnachlaß betrage nunmehr S 4,904.542,95.

Anita W*** und Margarete R*** bekämpfen den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und begehren die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

1.) Zum Sparbuch:

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, ist das Nachlaßinventar auf den Besitz des Erblassers im Zeitpunkt des Todes abzustellen. Das Sparbuch wurde im Verlassenschaftsverfahren nach dem vorverstorbenen Ehemann der Erblasserin Josefa B*** als Eigentum der Hermine O*** anerkannt, Erich K*** wurde ermächtigt, dieses Sparbuch an Hermine O*** auszufolgen. Das Sparbuch wurde von Erich K*** "saldiert", es befand sich somit zum Zeitpunkt des Todes der Josefa B*** nicht in deren Besitz. Es war daher gemäß § 97 Abs 1 AußStrG nicht in das Inventar aufzunehmen. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die Behauptung der Revisionsrekurswerberinnen richtig wäre, Erich K*** habe als Sachwalter der Josefa B*** zugestimmt, das Sparbuch der Hermine O*** zuzuordnen, obwohl dieses aus dem Vermögen der Ehegatten B*** gestammt habe, weil er Erbe der Hermine O*** gewesen sei. Selbst wenn Erich K*** unrechtmäßig gehandelt haben sollte, hätte sich das Sparbuch nicht im Besitz der Josefa B*** im Zeitpunkt ihres Todes befunden und wäre nicht in das Inventar aufzunehmen. Aber auch die von den Revisionsrekurswerberinnen behauptete Forderung der Verlassenschaft gegen Erich K*** in der Höhe des Einlagenstandes des Sparbuches ist nicht als Aktivum in das Inventar aufzunehmen. Forderungen sind nämlich nur aufzunehmen, wenn ihr Bestehen zumindest bescheinigt ist (EvBl 1964/305). Eine Bescheinigung, daß das Sparbuch den Ehegatten B*** und nicht Hermine O*** gehörte, wurde aber nicht erbracht. Im Verlassenschaftsverfahren ist diese Frage nicht zu klären.

2.) Zur Forderung des Erich K*** im Betrag von S 26.940,-:

Erich K*** legte nach dem Tode der Erblasserin über Aufforderung des Erstgerichtes im Sachwalterschaftsverfahren Rechnung für die Zeit vom 1. Jänner 1987 bis zum 31. Dezember 1988, nach welcher er gegenüber der Betroffenen ein Guthaben von S 26.940,- hatte. Mit Beschluß vom 25. Jänner 1989, SW 9/86-58, wurde die Pflegschaftsrechnung genehmigt und festgestellt, daß per 31. Dezember 1988 zugunsten des Sachwalters Erich K*** und zu Lasten der verstorbenen Josefa B*** ein Saldo in der Höhe von S 26.940,- bestehe. Dieser Beschluß wurde den drei erbserklärten Erben zugestellt und wurde nicht bekämpft.

Die auf diesen Saldo gegründete, von Erich K*** gegen den Nachlaß geltend gemachte Forderung wurde von den beiden Miterbinnen bestritten. Schulden, die von den Erben bestritten werden, sind aber nicht in das Inventar aufzunehmen (GlU 15.430; 5 Ob 302/61; 5 Ob 182,183/74). Die Frage des Zurechtbestehens der von Erich K*** geltend gemachten Forderung ist im Verlassenschaftsverfahren daher nicht zu prüfen, weshalb auch hier nicht zu erörtern ist, ob der im Sachwalterschaftsverfahren ergangene Beschluß Bindungswirkung hat und ob die Erbinnen, die behaupten, Erich K*** habe in seine Abrechnung Trinkgelder in der Höhe von S 49.000,- aufgenommen, in Wahrheit aber keine Trinkgelder ausgegeben, trotz formeller Rechtskraft des im Sachwalterschaftsverfahren ergangenen Beschlusses über die gelegte Rechnung diese Frage neu aufrollen können (siehe § 262 ABGB und § 216 AußStrG; vgl. zu dieser Frage auch Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht 223 und 275; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu den §§ 261 bis 263; Wenzel-Piegler in Klang2 I/2, 480 f).

Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben und der angefochtene Beschluß dahin abzuändern, daß die Forderung des Erich K*** im Betrag von S 26.940,- nicht in das Inventar aufgenommen wird.

Anmerkung

E18549

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00677.89.1012.000

Dokumentnummer

JJT_19891012_OGH0002_0060OB00677_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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