TE OGH 1989/11/8 9ObA258/89

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Veröffentlicht am 08.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S*** S***, Salzburg, Alter Markt 3, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Walter S***, Angestellter, Hallein, Kahlspergweg 31, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,666.377,11 sA infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Mai 1989, GZ 12 Ra 5/89-65, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Oktober 1988, GZ 40 Cga 99/87-56, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei S 8.541 (darin S 1.423,50 Umsatzsteuer) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der vom Beklagten geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Eine vom Berufungsgericht nicht als gegeben erachtete Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens kann nicht neuerlich als Mangel des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden (SZ 27/4; 9 Ob A 151/89 ua). Diese Beschränkung gilt auch für den Fall, daß die angeblichen Mängel des Verfahrens erster Instanz gar nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens waren (SZ 42/137; 9 Ob A 135/88 ua). Die Mängelrüge des Beklagten erschöpft sich sohin in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen (§ 510 Abs.3 ZPO). Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage der Haftung des Beklagten im Sinne des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist beiden Revisionswerbern entgegenzuhalten, daß sie bei Ausführung ihrer Rechtsrügen nur zum Teil im Rahmen des maßgeblichen Sachverhaltes bleiben. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist im wesentlichen davon auszugehen, daß dem Kläger bei der Vorstandssitzung am 27.Juni 1985 aufgetragen wurde, die nicht gedeckte Überziehung des Kontos der R*** Bauunternehmung Gesellschaft mbH bis 2.Juli 1985 abzubauen, und der vom Beklagten vorgelegte Kreditantrag dieser Gesellschaft, deren schlechter finanzieller Zustand bekannt war, einhellig abgelehnt wurde. Dennoch veranlaßte der Beklagte bis 9.September 1985 eigenmächtig Auszahlungen in Höhe von S 7,708.086,80 an die R*** Bauunternehmung Gesellschaft mbH, denen nur Gutschriften von S 2,807.777,70 gegenüberstanden. Es gelang der Klägerin und dem Beklagten zwar, den Debetsaldo nachträglich auf die Höhe des Klagebetrages zu reduzieren; dieser haftet jedoch seit 31.März 1986 uneinbringlich aus.

Soweit das Berufungsgericht ein gleichteiliges Verschulden der Parteien annahm und die Ersatzpflicht des Beklagten unter Bedachtnahme auf seine persönlichen Umstände auf S 300.000 mäßigte, entspricht dies der Sach- und Rechtslage. Der Beklagte hat sich bewußt über die Weisungen des Vorstandes hinweggesetzt, obwohl er die schlechte finanzielle Situation der Baugesellschaft (Ausgleich) kannte. Es mag sein, daß er gehofft hatte, die R*** Bauunternehmung Gesellschaft mbH könne nach Erfüllung des Ausgleichs die begonnenen Bauprojekte fertigstellen und es könne dadurch in der Folge zu einer Abdeckung der gewährten Kredite kommen. Diese Hoffnung ändert jedoch nichts daran, daß der Beklagte durch sein weisungswidriges Vorgehen in hohem Maß fahrlässig gehandelt hat, da schon ganz allgemein die Möglichkeit eines Schadenseintritts bei hohen Krediten an ein im Ausgleich befindliches Unternehmen wohl nicht mehr nur als möglich, sondern bereits als wahrscheinlich vorhersehbar ist. Es kann daher auch dem Einwand des Beklagten, sein Verschulden sei wesentlich niedriger zu bewerten, nicht beigepflichtet werden.

Andererseits trifft auch die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden. Wie das Berufungsgericht zutreffend aufzeigte, venachlässigte die Klägerin nicht nur ihre ab 27.Juni 1985 verstärkt bestehende Aufsichtspflicht, wodurch der Beklagte überhaupt erst weitere weisungswidrige Auszahlungen vornehmen konnte, sondern unterließ es auch, angebotene grundbücherliche Sicherheiten zu realisieren, die zu einer vollen Befriedigung der Klägerin geführt hätten. Mit ihrem Einwand in der Revision, der Beklagte hätte bereits bei der Kontoeröffnung auffallend sorglos gehandelt, setzt sich die Klägerin mit ihren weiteren Argumenten in der Revisionsbeantwortung in Widerspruch, wonach es sich schon aus der Tatsache, daß regelmäßig "Überziehungssitzungen" abgehalten worden seien, ergebe, daß Kreditüberschreitungen und sohin Verletzungen der Pouvoirrichtlinien, so lange sie sich in einem annehmbaren Ausmaß hielten, akzeptiert worden seien. Vorsätzliches Handeln des Beklagten wurde entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ohnehin nicht festgestellt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Beide Revisionen blieben erfolglos. Dem Beklagten steht die Differenz der Kosten der Revisionsbeantwortungen zu.

Anmerkung

E19112

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00258.89.1108.000

Dokumentnummer

JJT_19891108_OGH0002_009OBA00258_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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