TE Vfgh Beschluss 2001/10/11 KI-3/00

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Veröffentlicht am 11.10.2001
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art138 Abs1 lita
VfGG §52

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen dem OGH und einem Landesagrarsenat mangels Identität der Sache; Kostenzuspruch an die beteiligte Partei

Spruch

Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Obersten Gerichtshof und dem Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller sind schuldig, der beteiligten Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 31.050,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Schenkungsvertrag vom 12.7.1970 hat Johann T sen. die Grundstücke 319/1 und 322/1 aus EZ 68, GB Schönwies, an seinen Sohn Josef T übergeben. In diesem Vertrag erklärt sich der Geschenknehmer bereit, nur einen Teil der Schenkungsliegenschaft im Ausmaß von rund 500 m2 für die Errichtung eines Einfamilienhauses in Anspruch zu nehmen und die Restfläche entweder im Zuge des Grundzusammenlegungsverfahrens oder im Zuge eines zu erstellenden Vertrages an seinen Bruder Johann T jun. als Übernehmer des bäuerlichen Betriebes in der EZ 68 unentgeltlich zurückzustellen und zu übertragen. Die Restliegenschaft in EZ 68 hat der Geschenkgeber mit Vertrag vom 20.11.1977 an seinen Sohn Johann T jun. übergeben. Dieser verstarb kurz nach der Übergabe; die nunmehrigen Antragsteller sind zu je 1/3 seine Rechtsnachfolger. Die Grundstücke 319/1 und 322/1 wurden mit Beschluß des Bezirksgerichtes Landeck vom 2.10.1981 unter gleichzeitiger Löschung des Grundstückes 319/1 vereinigt und in der Folge in die Grundstücke 322/1 und in die Bauparzelle 502 geteilt.

2.1. Mit dem als Klage bezeichneten Antrag vom 24.9.1997 begehrten die Antragsteller beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz unter Bezugnahme auf den Schenkungsvertrag vom 12.7.1970 die Feststellung, daß dem Antragsgegner Josef T entgegen dem Grundbuchstand aus den genannten Grundstücken nur ein Flächenanspruch vom 500 m2 zustehe und alles, was darüber hinausgeht, in die ihnen zugewiesene Abfindung zuzuordnen sei.

2.2. Die Agrarbehörde wies diesen Antrag als unbegründet ab; der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Landesagrarsenat mit Erkenntnis vom 5.3.1998 Folge, behob den angefochtenen Bescheid und wies den als Klage bezeichneten Feststellungsantrag mangels sachlicher Zuständigkeit der Agrarbehörde zurück, da die geltend gemachten Ansprüche rein obligatorisch seien.

3. In der Folge brachten die Antragsteller eine Klage auf Herausgabe der streitgegenständlichen Grundstücke sowie einen Antrag auf Streitanmerkung nach dem Grundbuchsgesetz beim Bezirksgericht Landeck ein, das sich für zuständig erklärte und die vom Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückwies. Das Landesgericht Innsbruck gab dem Rekurs der mitbeteiligten Partei Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahingehend ab, daß der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges stattgegeben, das erstinstanzliche Verfahren ab Klagszustellung als nichtig aufgehoben und die Klage als unzulässig zurückgewiesen wurde. Mit Beschluß vom 15.12.1999 stellte der Oberste Gerichtshof die Unzulässigkeit des Zivilrechtsweges fest, da eine Streitigkeit "über Eigentum (...) an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken" iSd §72 Abs5 lita TFLG 1996 vorliege und somit die Zuständigkeit der Agrarbehörde gegeben sei.

4. In der Zwischenzeit wurde im Zusammenlegungsplan für die Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke von Schönwies vom 2.3.1999 das Eigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken abschließend Josef T zugewiesen. Die dagegen erhobene Berufung der Antragsteller wies der Landesagrarsenat mit Bescheid vom 18.11.1999 als unbegründet ab.

5. Mit auf Art138 Abs1 lita B-VG gestütztem Antrag an den Verfassungsgerichtshof begehren die Antragsteller die Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen dem Landesagrarsenat und dem Obersten Gerichtshof. Ersterer habe die an die Agrarbehörde gerichtete "Klage" mit Erkenntnis vom 5.3.1998 zurückgewiesen, und der Oberste Gerichtshof habe mit Beschluß vom 15.12.1999 die Zulässigkeit des Rechtsweges für das Zivilverfahren verneint.

6. Der Landesagrarsenat erstattete eine Äußerung und verneinte das Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes. Die mitbeteiligte Partei Josef T gab eine Stellungnahme ab, in der auf das Erkenntnis des Landesagarsenates vom 18.11.1999 hingewiesen wird.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

1. Gemäß Art138 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden. Nach dieser Verfassungsnorm iVm §46 Abs1 VerfGG setzt ein negativer (verneinender) Kompetenzkonflikt jedenfalls voraus, daß jede der angerufenen Behörden eine Entscheidung in derselben Sache aus dem Grunde der Unzuständigkeit abgelehnt hat (s. etwa VfSlg. 3089/1956, 6046/1969, 13.030/1992, 13.249/1992, 13.440/1993).

2. Im vorliegenden Fall wurden Gericht und Verwaltungsbehörde jedoch nicht zur Entscheidung über dieselbe Sache angerufen:

Im gerichtlichen Verfahren begehrten die Einschreiter die Herausgabe der streitgegenständlichen Grundstücke "im Sinne des Schenkungsvertrages vom 12.7.1970" sowie aufgrund dieser Klage die Streitanmerkung nach dem Grundbuchsgesetz.

Bei der Agrarbehörde stellten die Einschreiter den (als Klage bezeichneten) Antrag auf Feststellung, daß dem Antragsgegner entgegen dem Grundbuchstand nur ein Abfindungsgrundstück von 500 m2 zustehe und alles, was über 500 m2 hinausgeht, in die ihnen zugewiesene Abfindung zuzuordnen sei.

3. Da somit mangels Identität der Sache ein negativer Kompetenzkonflikt nicht vorliegt, war der Antrag wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §52 VerfGG.

Dem Antrag der beteiligten Partei, die dem Verfahren von Amts wegen beigezogen wurde, auf Kostenersatz ist aus folgenden Erwägungen Folge zu geben:

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung VfSlg. 11.925/1988 ausgesprochen hat, ist der Wortlaut des §52 zweiter Satz VerfGG in dem Sinn auszulegen, daß der Gesetzgeber damit die Möglichkeit eröffnete, in Verfahren zur Entscheidung eines im Sinne des §46 VerfGG durch die Partei anhängig gemachten Kompetenzkonfliktes der antragstellenden Partei den Ersatz der anderen Beteiligten erwachsenen Kosten nicht nur bei Zurückziehung, sondern - wie dies im gegebenen Fall zutrifft - auch bei Erfolglosigkeit ihres Antrages infolge Zurückweisung aufzuerlegen. Der Kostenersatzanspruch eines am Verfahren Beteiligten kann nämlich nicht davon abhängen, ob der Antrag, dessen (von seinem Willen unabhängige) Einbringung für ihn Kosten nach sich zog, aus dem einen oder dem anderen Grund erfolglos geblieben ist.

In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer von S 5.175,-- enthalten.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Kosten, VfGH / Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:KI3.2000

Dokumentnummer

JFT_09988989_00K00I03_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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