TE OGH 1989/11/14 2Ob124/89

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Veröffentlicht am 14.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter S***, Rauchfangkehrer, D-8800 Ansbach, Am Bocksberg 20a, vertreten durch Dr. Peter Pfarl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagte Partei V*** DER V*** Ö***,

1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Dr. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 96.435,15 S sA (Revisionsstreitwert 67.406,85 S sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 24. Juli 1989, GZ 2 R 104/89-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. Jänner 1989, GZ 18 Cg 196/88-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.174 S (darin keine Barauslagen und 1.029 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 8.706,20 S (darin 5.000 S Barauslagen und 617,70 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 15. August 1986 gegen 9,55 Uhr ereignete sich auf der Bundesstraße B 312 in St. Johann i.T. auf der Parkfläche des Kaufhauses H*** ein Verkehrsunfall zwischen dem von Jenne Josef V*** gelenkten PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen KH-40-HP (NL) und dem mj. Hans Peter S*** als Fußgänger. Durch diesen Verkehrsunfall wurde dieser, ein Sohn des Klägers, so schwer verletzt, daß er an den Unfallsfolgen verstarb. Das Alleinverschulden am Zustandekommen dieses Unfalls trifft Jenne Josef V***.

Im Revisionsverfahren noch streitverfangen ist das Begehren des Klägers auf Zahlung eines Betrags von 67.406,85 S sA für die Kosten einer 20-jährigen Dauergrabpflege. Dazu brachte der Kläger vor, er habe die Grabpflege deshalb in Auftrag geben müssen, weil er und seine Ehefrau aus beruflichen bzw. gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage seien. Auf Grund einer Verordnung der Stadt Ansbach seien aber die Grabeigner verpflichtet, die Gräber in gepflegtem Zustand zu erhalten, andernfalls die Einebnung der Grabstätte drohe.

Die Beklagte bestritt die Ersatzfähigkeit dieses Anspruchs und beantragte Klagsabweisung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in diesem Umfang ab und stellte dazu fest, daß das Grab des mj. Hans Peter S*** von dessen Familie deshalb nicht gepflegt werden könne, weil der Kläger beruflich auswärts tätig, seine Ehefrau aus gesundheitlichen Gründen und seine Schwiegermutter altersbedingt dazu nicht in der Lage sei. Es sei deshalb die Firma G*** mit der Grabpflege für die Dauer von 20 Jahren beauftragt worden, da die Grabeigner durch eine Verordnung der Stadt Ansbach vom 25. Juni 1975 verpflichtet seien, das Grab in einem gepflegten Zustand zu erhalten oder eine Grababdeckungsplatte anzubringen, andernfalls die Einebnung der Grabstätte durch die Stadt Ansbach droht. Die Kosten für eine 20-jährige Dauergrabpflege betragen 67.406,85 S. Die Anbringung einer Grababdeckungsplatte hätte etwa dieselben Kosten verursacht wie eine 20-jährige Dauergrabpflege.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht unter Hinweis auf die zu SZ 35/59 veröffentlichte oberstgerichtliche Entscheidung die Auffassung, daß derartige Kosten nicht ersatzfähig seien. Infolge Berufung des Klägers änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichts im Sinne des Zuspruches von 67.406,85 S sA ab; das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig und traf auf Grund einer vorgelegten Urkunde die ergänzenden Feststellungen, daß der Kläger die im Dauergrabpflegevertrag vom 7. April 1987, der für 20 Jahre abgeschlossen wurde, vereinbarte Vertragssumme von DM 9.734,55 am 10. Juni 1987 bezahlt hat; im übrigen gelangte das Berufungsgericht ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Der vom Erstgericht auf die Entscheidung SZ 35/59 gestützten Rechtsansicht, daß der vom Kläger geltend gemachte Ersatzanspruch aus dem genannten Grabpflegevertrag nicht ersatzfähig sei, könne für den konkreten Fall nicht beigepflichtet werden. Zu den Kosten eines angemessenen Begräbnisses gehörten alle Kosten, die üblicherweise mit der Bestattung des Toten verbunden sind, und zwar im Umfang des § 549 ABGB. Dazu gehörten also nicht nur die reinen Beerdigungskosten, sondern alle mit dem Begräbnis in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Kosten, wobei sich diese u.a. "nach dem Gebrauch des Ortes" richten (§ 549 ABGB). Im gegenständlichen Fall sei von der unbekämpften Feststellung auszugehen, daß der Kläger als Grabeigner auf Grund einer Verordnung der Stadt Ansbach verpflichtet sei, das Grab in einem gepflegten Zustand zu erhalten oder eine Grababdeckungsplatte aufzutragen, ansonsten dieses von der Stadt eingeebnet wird (vgl. dazu § 25 der zitierten Verordnung Beilage ./L). Wenn daher der Kläger anstelle der Grababdeckungsplatte, die nach den Feststellungen etwa die gleichen Kosten verursacht hätte wie die 20jährige Dauergrabpflege, sich für eine Grabpflege entschließe und die Kosten hiefür bereits bezahlt habe, dann sei nicht einzusehen, daß er wohl die Kosten einer Grababdeckplatte, nicht aber die einer gleich teuren Grabpflege ersetzt bekomme, zumal § 549 ABGB beim Kostenersatz u.a. auf den "Gebrauch des Ortes" abstelle. Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung SZ 35/59 gehe davon aus, daß Kosten für eine zukünftige Instandhaltung und Pflege einer Grabstätte nicht ersatzfähig seien. Durch die Zahlung der Grabpflegekosten seitens des Klägers am 19. Juni 1987 könne daher selbst auf der Grundlage dieser Entscheidung die Auffassung vertreten werden, daß auch bereits bezahlte Grabpflegekosten zur "ersten Ausstattung" einer Grabstätte gehörten und keine "zukünftigen Auslagen" darstellten. Abschließend sei noch darauf hinzuweisen, daß der gegenständliche Ersatzanspruch gemäß § 48 Abs. 1 IPRG zwar nach österreichischem Recht zu beurteilen sei, bei der Auslegung des Begriffes "nach dem Gebrauch des Ortes" in § 549 ABGB aber auf die Verhältnisse in Ansbach abzustellen sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs. 4 Z 1 ZPO) und auch berechtigt.

Die Beklagte hält der Ansicht des Berufungsgerichts entgegen, es sei nicht einzusehen, daß der Kläger auf Grund des Umstands, daß er die gesamten Grabpflegekosten für die nächsten 20 Jahre auf einmal bezahlt habe, besser gestellt werden solle als jemand, der diese Kosten beispielsweise jährlich trage. Sowohl in der Literatur, als auch in der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs werde einhellig die Meinung vertreten, daß die Kosten für die Instandhaltung der Grabstätte vom Schädiger gemäß § 1327 ABGB nicht zu ersetzen seien.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner in SZ 35/59 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, in der Literatur werde überwiegend die Meinung vertreten, daß die Kosten für die Instandhaltung der Grabstätte vom Schädiger gemäß § 1327 ABGB nicht zu ersetzen seien. Hiezu sei auf Handl in Klangs Kommentar1 II, S 90, zu § 549, sowie auf Weiß in Klangs Kommentar2 III, S 150/151, und Ehrenzweig, System II/2, § 154 S 519, und für das ausländische Rechtsgebiet auf Staudinger11 V, S 432, zu § 1968 BGB, auf den Reichsgerichtsrätekommentar11 II, S 1544, zu § 844 BGB, und V, zu § 1968 BGB, Pallandt zu §§ 844 und 1968 BGB sowie auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 1937, veröffentlicht in der NotZtg. 1938, S 56, und auf die Reichsgerichtsentscheidung RG 160, 256 zu verweisen. Die Meinung gehe dahin, daß zu den Begräbniskosten zwar die Kosten für die Errichtung und erste Ausstattung der Grabstätte gehörten, nicht aber auch die Kosten für die Instandhaltung und Pflege der Grabstätte, weil diese mit den Begräbniskosten schon begrifflich nichts zu tun hätten. Die Pflege der Grabstätte entspringe einer sittlichen, nicht aber einer rechtlichen Pflicht. Auch der Oberste Gerichtshof sei der Meinung, daß unter den Begriff "alle Kosten" im § 1327 ABGB nur die Kosten für die Errichtung der Grabstätte, nicht aber für deren zukünftige Instandhaltung und Pflege fallen. Diese Auffassung stehe auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung. Von dieser auch von der neueren Literatur gebilligten Auffassung (vgl. Schwimann, ABGB, 3. Band, S 43, Welser in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 549) abzugehen, sieht sich der Oberste Gerichtshof nach neuerlicher Prüfung der Rechtsfrage nicht veranlaßt. Dem Argument des Berufungsgerichts, bereits bezahlte Grabpflegekosten - wie im vorliegenden Fall für die Zeit von 20 Jahren - gehörten zur "ersten Ausstattung" einer Grabstätte und stellten keine "zukünftigen Auslagen" dar, ist entgegenzuhalten, daß es an der Rechtsnatur der Grabpflegekosten nichts zu ändern vermag, ob diese für einen langen Zeitraum auf einmal im vorhinein oder in bestimmten Zeitabschnitten entrichtet werden. Ob im vorliegenden Fall die Kosten einer Grababdeckungsplatte als angemessene Kosten der Errichtung einer Grabstätte im Sinn des § 549 ABGB zu beurteilen gewesen wären, ist hier nicht zu entscheiden, da der Klagsanspruch ausschließlich auf den Ersatz von Grabpflegekosten gerichtet war. Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19047

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00124.89.1114.000

Dokumentnummer

JJT_19891114_OGH0002_0020OB00124_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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