TE OGH 1989/11/16 6Ob16/89

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Veröffentlicht am 16.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 9.Oktober 1985 verstorbenen Luzia V***, zuletzt wohnhaft in 4060 Leonding, Gaumberg 6, infolge Revisionsrekurses des in der wieder aufgenommenen Verlassenschaftssache nach dem am 4.Dezember 1979 verstorbenen Ferdinand U*** (AZ A 693/79 des Bezirksgerichtes Linz-Land) erbserklärten Sohnes Ferdinand U*** jun., Landwirt, 3372 Blindenmarkt, Gut Leutzmanndorf, vertreten durch Dr.Wolfgang Taussig, und Dr.Arno Brauneis, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 13.Juli 1989, GZ 19 R 14/89-48, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 2.Februar 1989, GZ A 550/85-42, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Erblasserin ist am 9.Oktober 1985 im 29.Lebensjahr verstorben. Sie wurde von ihrem Ehegatten Ing.Karl Eugen V*** und dem am 12.Oktober 1983 geborenen ehelichen Sohn Karl Ferdinand V*** sowie von ihren beiden Geschwistern Helene S*** und Ferdinand U*** jun. überlebt.

Der Erblasserin ist fünfeinhalb Jahre vor ihrem Tod mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes am 25.März 1980, A 693/79-12, der Nachlaß nach ihrem am 4.Dezember 1979 verstorbenen Vater Ferdinand U*** auf Grund eines Testamentes vom 7.Mai 1978 eingeantwortet worden, welches unter anderem folgende Anordnung enthalten hat: "Bei meinem Ableben setze ich meine Tochter Luzia als Universalerbin ein..........Sollte Luzia ohne Kinder bleiben, fällt der Besitz nach ihrem Ableben an ihre Geschwister oder deren Kinder zu je einer Hälfte zurück". Bei den Luzia V*** vererbten Liegenschaften, die allesamt zum "Nußbeckengut zu Gaumberg" - einem Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes - gehören, ist die Beschränkung durch die Nacherbschaftsrechte zugunsten Helene S*** und Ferdinand U*** jun. angemerkt worden. Dem zu A 693/79 geführten Abhandlungsverfahren wurde infolge Verzichtes der letztgenannten beiden Geschwister auf eine Inventarisierung (ON 8, AS 27 und 71) das Eidesstättige Vermögensbekenntnis der unbedingt erbserklärten Alleinerbin Luzia V*** am 29.Februar 1980 (ON 8) und dessen Ergänzung vom 19.Juni 1984 (ON 27) zugrundegelegt (Punkt 3 des Beschlusses vom 25.März 1980, ON 10, und der Beschluß vom 12.Juli 1984, ON 28).

Am 17.März 1986 gab Ing.Karl Eugen V*** im

gegenständlichen Abhandlungsakt nach seiner verstorbenen Ehegattin auf Grund deren Testamentes vom 15.Mai 1984 die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab (ON 9). Mit Beschluß vom 2. Oktober 1986, ON 14, wurde diese Erbserklärung zu Gericht angenommen und dem Witwer die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses (der Luzia V***) eingeräumt.

Schon am 23.Jänner 1986 hatte Ferdinand U*** jun. im Abhandlungsakt nach seinem verstorbenen Vater (A 630/79-30 und 34) auf Grund des Testamentes vom 7.Mai 1978 zum halben Substitutionsnachlaß die unbedingte Erbserklärung abgegeben, die in Abänderung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses vom 15. April 1986, ON 36, mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 21.August 1986, ON 40, bestätigt durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 15.Jänner 1987, 7 Ob 733/86-47 (nunmehr veröffentlicht in SZ 60/7), zu Gericht angenommen wurde. Auf Antrag des erbserklärten Nacherben Ferdinand U*** jun. bestellte das Erstgericht mit Beschluß vom 2.Juni 1987, A 693/79-58, den Walter U*** zwecks Verwaltung des Substitutionsnachlasses zum Verlassenschaftskurator. Diese Kuratorenbestellung wurde mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 27.Oktober 1987, ON 65, bestätigt. Der dagegen von Ing.Karl Eugen V*** erhobene Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer der Anfechtungsgründe des § 16 AußStrG mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 21.Jänner 1988, 7 Ob 501/88-75, als unzulässig zurückgewiesen worden. Hingegen erwuchs Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses ON 58, mit dem die von Ing.Karl Eugen V*** abgegebene Erklärung, daß sich seine im Abhandlungsverfahren nach seiner verstorbenen Ehegattin abgegebene Erbserklärung auch auf den Substitutionsnachlaß nach dem am 4. Dezember 1979 verstorbenen Ferdinand U*** beziehe, zu Gericht angenommen worden war, unangefochten in Rechtskraft. Auch Helene S*** gab im Abhandlungsakt nach ihrem

verstorbenen Vater am 11.Juni 1987 auf Grund des Testamentes vom 7. Mai 1978 zum halben Substitutionsnachlaß eine bedingte Erbserklärung ab, die zu Gericht angenommen wurde (ON 62). Daraufhin wies das Erstgericht mit Beschluß vom 10.November 1987, A 693/79-66, der Helene S*** und dem Ferdinand U*** jun. - im Sinne des § 125 AußStrG - die Klägerrolle zu und bestimmte die Frist zur Einbringung der Erbrechtsklage mit vier Wochen.

Der Rechtsstreit über die von Ferdinand U*** jun.

fristgerecht angebrachten Erbrechtsklage ist zu 8 Cg 163/88 des Landesgerichtes Linz anhängig. Helene S*** brachte innerhalb der gesetzten Frist keine Erbrechtsklage ein. Unter Hinweis darauf erweiterte Ferdinand U*** jun. seine unbedingte Erbserklärung auf den gesamten Substitutionsnachlaß, welche mit Beschluß vom 14. Oktober 1988, A 693/79-84, zu Gericht angenommen wurde. Im gegenständlichen Verlassenschaftsverfahren nach der am 9. Oktober 1985 verstorbenen Luzia V*** nahm das Erstgericht mit Beschluß vom 2.Februar 1989 das vom Gerichtskommissär als Inventurkommissär am 13.Dezember 1988 errichtete Hauptinventar ON 36 zur Kenntnis, wonach die Nachlaßaktiven 28,267.020,41 S und die Nachlaßpassiven 166.845,81 S betragen, woraus sich ein reines Nachlaßvermögen von 28,100.174,60 S ergebe (Punkt 1). Weiters bestimmte das Erstgericht den Übernahmspreis für den erblasserischen Erbhof gemäß § 11 AnerbenG mit 3,561.000 S (Punkt 2). Die Genehmigung des Hauptinventars wurde damit begründet, daß für die Aufnahme einer Sache in das Inventar der Besitz des Erblassers am Todestag nicht aber dessen Eigentum maßgebend sei. Der anhängige Erbrechtsstreit könne die Inventarisierung im gegenständlichen Verlassenschaftsverfahren nicht hindern, weil einerseits das Inventar - selbst nach dessen rechtskräftiger Genehmigung - bis zur Einantwortung jederzeit berichtigt werden könne und andererseits das Substitutionsvermögen ohnehin in dem im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach Ferdinand U*** errichteten Hauptinventar ausgewiesen sei. Die sofortige Inventarisierung erscheine auch zweckmäßig, weil die Dauer des anhängigen Erbrechtsstreites nicht abgesehen werden könne. Erst nach dessen rechtskräftiger Erledigung werde feststehen, ob die von Ing.Karl Eugen V*** zum gesamten Nachlaß seiner verstorbenen Ehegattin abgegebene bedingte Erbserklärung wirksam oder wegen Eintrittes des Substitutionsfalles zugunsten des Nacherben Ferdinand U*** jun. unwirksam sei. Dies bedeute, daß es bis zur rechtskräftigen Erledigung des Erbrechtsstreites jedenfalls zu keiner Einantwortung kommen könne. Da es sich beim Liegenschaftsbesitz der Erblasserin um einen Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes handle, sei gemäß § 11 AnerbenG dessen Übernahmspreis auf Grund der beiden unbedenklichen und schlüssigen Sachverständigengutachten mit dem in Punkt 2 des Spruches genannten Betrag zu bestimmen gewesen.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs des erbserklärten Nacherben Ferdinand U*** jun. nicht Folge. Auch das Gericht zweiter Instanz ging davon aus, daß für die Aufnahme einer Sache in das Inventar nur der Besitz des Erblassers am Todestag maßgebend sei, nicht aber dessen Eigentum. Im vorliegenden Fall sei das Nacherbrecht des Rekurswerbers strittig und ihm die Klägerrolle im Erbrechtsstreit zugewiesen worden. Es sei daher mit größerer Wahrscheinlichkeit das Erlöschen der Substitution anzunehmen, weshalb sich die Aufnahme des "Substitutionsvermögens" in das im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren zu errichtende Inventar als berechtigt erweise. Ebenso zutreffend habe das Erstgericht erkannt, daß es bis zur rechtskräftigen Erledigung des Erbrechtsstreites zu keiner Einantwortung kommen könne. Durch die Erhebung der Erbrechtsklage sei zwar das Abhandlungsverfahren, nicht aber die Inventur und Schätzung gehemmt. Mit Recht sei auch die vom Rekurswerber eventualiter geforderte Anmerkung gemäß § 104 Abs 2 AußStrG unterblieben, weil das Substitutionsgut jedenfalls keine "angeblich fremde Sache" sei, in deren Besitz sich die Erblasserin befunden habe. Das Recht des Vorerben an der Substitutionsmasse sei nämlich nicht bloß ein Recht an fremder Sache, sondern mehr als Fruchtgenuß, ja Eigentum.

Gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des erbserklärten Nacherben aus dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses im Sinne einer Herausnahme derjenigen Gegenstände aus dem Inventar, hinsichtlich welcher die Zugehörigkeit zur Verlassenschaft nach der am 9.Oktober 1985 verstorbenen Luzia V*** wegen der Substitution strittig sei. Hilfsweise wird bei Anführung dieser Gegenstände im Inventar die Beifügung eines deutlichen Vermerkes beantragt, daß ihre Zugehörigkeit zur gegenständlichen Verlassenschaft strittig sei, sie der Besorgung und Verwaltung des erbserklärten Erben entzogen seien und der Verwaltung eines Verlassenschaftskurators unterstünden. Letztlich stellt der Revisionsrekurswerber einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels der erforderlichen Beschwerdelegitimation des Rechtsmittelwerbers unzulässig. Ist der Nacherbfall - wie hier - der Tod des Vorerben, so finden zwei getrennte Nachlaßverfahren statt: Das wieder aufgenommene nach dem Erblasser (hier: A 693/79) und die Abhandlung nach der Vorerbin (hier: das gegenständliche Abhandlungsverfahren A 550/85; Koziol-Welser, Grundriß8, II, 340; Feil, Verfahren außer Streitsachen, 222). Der Rechtsmittelwerber hat nur in der erstgenannten fortgesetzten Substitutionsabhandlung mit der Behauptung, daß der Nacherbfall eingetreten sei und ihm die Substitutionsmasse zuzufallen habe, eine unbedingte Erbserklärung letztlich zum gesamten Substitutionsnachlaß abgegeben. Er ist daher im gegenständlichen Verlassenschaftsverfahren über den Nachlaß der Vorerbin nicht beteiligt, zumal ihm auch lediglich im Rahmen der fortgesetzten Substitutionsabhandlung die Klägerrolle für den Erbrechtsstreit zugewiesen wurde, mit dem geklärt werden soll, ob der Nacherbfall eingetreten ist oder ob die angeordnete fideikommissarische Substitution wegen Nichteintrittes der vom Erblasser angeordneten Bedingung erloschen ist. Ob also der Rechtsmittelwerber als Nacherbe einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe des Substitutionsgutes hat, weil die mit einer fideikommissarischen Substitution belastete Erblasserin des gegenständlichen Abhandlungsverfahrens als Vorerbin ihre Erbenstellung zur Zeit ihres Todes bereits vorloren hatte, wodurch der Substitutionsnachlaß wieder in das Stadium eines ruhenden Nachlasses trat, der vom Nacherben nach den allgemeinen Vorschriften, in der Regel also durch eine Einantwortungsurkunde, erworben wird (§ 26 AußStrG; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 197; NZ 1988, 137), ist bereits Gegenstand des zwischen dem Rechtsmittelwerber als erbserklärten Nacherben der fortgesetzten Substitutionsabhandlung und dem erbserklärten Erben dieses Verlassenschaftsverfahrens anhängigen Erbrechtsstreites. Die Genehmigung des errichteten Hauptinventars und die Bestimmung des Übernahmspreises für den Erbhof erfolgte aber ausschließlich im hier in Rede stehenden Verlassenschaftsverfahren nach der verstorbenen Vorerbin. Hiedurch kann daher die Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers in keiner Weise berührt werden, dies umso weniger, als durch eine allenfalls unrichtige oder voreilige Aufnahme der Substitutionsmasse in das Inventar und durch die Bestimmung des Übernahmspreises der anhängige Rechtsstreit nicht präjudiziert werden kann. Die Wirkungen der Inventarerrichtung beschränken sich ausschließlich auf das Verlassenschaftsverfahren nach der Vorerbin (Schwimann/Eccher, ABGB III, § 802 Rz 19; NZ 1986, 210 ua). Wird eine Sache in ein Inventar aufgenommen, dann schafft dies daher auch gegenüber einem Dritten, der behauptet, Eigentümer oder Besitzer zu sein, keineswegs eine Vermutung, daß er dies nicht sei. Ebensowenig hat die Aufnahme oder Nichtaufnahme von solchen Sachen in das Inventar für den Rechtsstreit irgendeine Bedeutung (SZ 42/109; EFSlg. 37.216 ua).

Es fehlt demnach im vorliegenden Fall jedwede Beschwer des Rechtsmittelwerbers als bloßen Dritten im vorliegenden Abhandlungsverfahren nach der verstorbenen Vorerbin, weshalb ihm auch keine Rechtsmittellegitimation zusteht.

Der Revisionsrekurs war daher schon aus diesem Grunde als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E19091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00016.89.1116.000

Dokumentnummer

JJT_19891116_OGH0002_0060OB00016_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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