TE OGH 1989/11/22 9ObA316/89

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Veröffentlicht am 22.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Eberhard Piso und Margarethe Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria H***, Angestellte, Wien 22, Rennbahnweg 27, vertreten durch Dr.Oswald Karminski-Pielsticker, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Walter C*** sen., Kaufmann, Wien 22, Rennbahnweg 27, vertreten durch Dr.Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 65.887,50 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Mai 1989, GZ 31 Ra 48/89-36, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5.Dezember 1988, GZ 14 Cga 2130/87-27, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 3.706,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 617,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da die Begründung der angefochtenen Entscheidung, daß dem Beklagten der Haftungsausschluß nach § 333 Abs 4 ASVG zugutekommt, zutreffend ist, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Den Ausführungen in der Revision wird ergänzend folgendes entgegengehalten:

Der in der Tabaktrafik seiner Frau angestellte Beklagte übt dort Dienstgeberfunktionen aus, da seine Frau krank und deshalb wenig im Geschäft ist, weshalb sie ihm über die übrigen Angestellten ein Weisungsrecht eingeräumt hat. Der Beklagte ist daher als bevollmächtigter Vertreter des Unternehmens im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG anzusehen. In dieser Eigenschaft forderte er die Angestellten, darunter auch die Klägerin, auf, während der Mittagspause des 29.August 1986 an einer "Lotto-Toto-Einschulung" teilzunehmen. Diese Einschulung sollte mit einem gemeinsamen Mittagessen in einem Gasthaus verbunden werden. Der Beklagte schlug seinen Angestellten vor, sie in seinem PKW dorthin mitzunehmen. Die Angestellten waren damit einverstanden. Während der Fahrt im PKW wurde die Klägerin vom Hund des Beklagten, den er zum Schutz der Tabaktrafik angeschafft hatte, gebissen.

Ob der Beklagte diese Einschulung im Sinne eines einseitigen Weisungsrechtes angeordnet hat, kann auf sich beruhen. Auch wenn die geplante Teilnahme der Angestellten an dieser Veranstaltung (- sie fand dann wegen der Verletzung der Klägerin nicht statt -) nur auf einem vom Beklagten herbeigeführten Konsens der Beteiligten beruhte, stand die vorgesehene Einschulung und der Weg dorthin in einem örtlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung der Klägerin. Es handelte sich um einen Betriebsweg und um keinen Wegunfall im Sinne des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG. Die Frage, ob der Schwerpunkt des Gasthausbesuches in der geplanten Einschulung oder in der Pflege der Betriebsverbundenheit liegen sollte, kann auf sich beruhen, weil selbst Gemeinschaftsveranstaltungen, die vom Unternehmer zur Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühles organisiert werden, in der Regel unter dem Schutz der Unfallversicherung stehen (Gehrman-Rudolf-TeschnerFürböck, auch Tomandl, System des Sozialversicherungsrechts 285; ASVG 930; ZVR 1981/167). Ebenso ist unerheblich, ob die "Lotto-Toto-Einschulung" (in dieser Form) betriebsnotwendig war. Für die Klägerin war sie jedenfalls Bestandteil ihrer Beschäftigung.

Als ständiger Bevollmächtigter des Unternehmers im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG genoß der Beklagte den Schutz dieser Bestimmung - im Gegensatz zu jemandem, dem nur infolge einer momentanen Funktion Aufsehereigenschaft zukommt - auch dann, wenn er im Zeitpunkt des Unfalles in seiner Eigenschaft als Kraftfahrzeuglenker (und Hundehalter) nicht gerade als Bevollmächtigter (oder Aufseher) tätig war. Für die Anwendung des § 175 ASVG ist es auch nicht erforderlich, daß das Schadensereignis aus einem betriebstypischen Risikobereich stammt, also Folge einer "Betriebsgefahr" war; entscheidend ist die Tätigkeit des verletzten Arbeitnehmers, nicht aber, ob auch der Schuldige eine dem Betriebszweck dienliche Tätigkeit ausübte (Arb 9123 ua; 2 Ob 20/89). Es reicht aus, daß zwischen dem Hundebiß und der Beschäftigung der Verletzten ein Zusammenhang im Sinne des § 175 Abs 1 ASVG besteht. Bei Vorliegen dieses Zusammenhanges hat die Rechtsprechung schon bisher einen Arbeitsunfall angenommen, wenn der Arbeitnehmer vom Hund des Arbeitgebers gebissen worden ist (JBl 1960, 497; 2 Ob 20/89).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19337

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00316.89.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19891122_OGH0002_009OBA00316_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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