TE OGH 1989/12/5 10ObS320/89

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Veröffentlicht am 05.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Richard Bauer (AG) und Dipl.-Kfm. Reinhard Keibl (AG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alfons K***, Hirschau 50, 6882 Schnepfau, vertreten durch Dr. Gerold und Dr. Burghard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei S*** DER

B***, Ghegastraße 1, 1031 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Feststellung eines Arbeitsunfalles, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Juni 1989, GZ 5 Rs 36/89-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27. Dezember 1988, GZ 34 Cgs 177/88-7 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Kostenpunkt richtet zurückgewiesen. Im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28. Mai 1988 trennte sich der Kläger beim Zerkleinern von Brennholz den linken Daumen ab.

Mit Bescheid vom 29. September 1988 lehnte die beklagte Partei die Gewährung einer Leistung aus der Unfallversicherung für die Folgen des Ereignisses vom 28. Mai 1988 ab, weil kein Arbeitsunfall vorliege.

Das Erstgericht stellte fest, daß es sich bei dem Ereignis vom 28. Mai 1988 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe.

Es traf folgende Feststellungen:

Der Kläger war durch 26 Jahre hindurch Angestellter der bischöflichen Finanzkammer in Feldkirch und bezieht nach dieser Tätigkeit seit 1. Februar 1987 eine ASVG-Pension von S 13.700 brutto. Seit 1. April 1974 ist er auch Bürgermeister der Gemeinde Schnepfau. Sein Einkommen aus dieser Tätigkeit beträgt monatlich S 14.000 brutto. Bis 1. Mai 1976 führte der Kläger neben den angeführten Tätigkeiten eine Land- und Forstwirtschaft. Dann gab er die Landwirtschaft auf, er betreibt nur noch die Forstwirtschaft, welche zweieinhalb Hektar Wald umfaßt.

Am 28. Mai 1988 war der Kläger damit beschäftigt, Holz zu spalten. Das Brennholz stammte aus dem eigenen Waldbestand. Es war bis auf eine Länge von 20 bis 40 cm zugeschnitten. Im Zuge dieser Tätigkeit trennte sich der Kläger mit der Axt den linken Daumen ab. Das Holz war zum Teil für den Eigenbedarf zum Teil für den Verkauf bestimmt. Tatsächlich verkaufte der Kläger einen Teil dieses Brennholzes in der Folge seinem Sohn. Vor dem Unfall hat der Kläger lediglich einmal Holz verkauft, wofür er zweimal im Gemeindeblatt des Bezirkes Bregenz inserierte. Es handelte sich um 10 Raummeter Brennholz in Form von Buchenscheitern. Insgesamt wird der Kläger durch die Tätigkeit im Rahmen der Forstwirtschaft ca. 20 Arbeitstage im Jahr in Anspruch genommen.

Das Brennholz wird im Brennstoffhandel in verschiedenen Arten auf dem Markt angeboten, überwiegend in Form von Meterscheitern, auch als stehendes oder gefälltes Rundholz, das in Festmetern angeboten wird, aber auch als ofenfertiges Scheitholz. Rechtlich leitete das Erstgericht aus diesem Sachverhalt ab, daß ein Arbeitsunfall vorliege. In einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb seien alle Arbeiten, die der Urproduktion zuzuzählen seien, unfallversicherungsgeschützt unabhängig davon, ob die Gewinnung der Produkte für die Vermarktung oder für den eigenen Bedarf erfolge. Die Grenze sei dort zu ziehen, wo die Gewinnung der Erzeugnisse, so weit sie dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuzählen sei, abgeschlossen und das Produkt in eine handelsübliche Form gebracht worden sei. Ofenfertiges Brennholz stelle eine handelsübliche Form des Brennstoffes Holz dar. Damit sei die Tätigkeit des Holzspaltens der Urproduktion zuzuzählen. Es müsse daher nicht mehr darauf eingegangen werden, ob der Haushalt der Landwirtschaft wesentlich diene.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Feststellungsbegehrens ab.

Da es Bedenken gegen die Feststellungen des Erstgerichtes hatte, das Brennholz sei zum Teil für den Verkauf bestimmt gewesen, wiederholte es die Beweise und traf die abweichende Feststellung, daß der Kläger am 28. Mai 1988 gegen 16.00 Uhr damit beschäftigt war Holz zu spalten, das aus seinem eigenen Waldbestand stammte und bis auf eine Länge von 20 bis 40 cm zugeschnitten war. Das Holz war für den eigenen Bedarf bestimmt. Im Zuge dieser Tätigkeit trennte sich der Kläger den linken Daumen ab.

Um eine Tätigkeit einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuordnen zu können, müsse eine (Ur-)Produktion im weitesten Sinne vorliegen. Das Zerkleinern von Holz stehe dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn das Aufarbeiten noch im Rahmen der Urproduktion stattfinde und nicht der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sei. Brennholz werde auf dem Markt überwiegend in Form von Meterscheitern angeboten. Es sei davon auszugehen, daß die Urproduktion bei der Holzgewinnung so weit reiche, bis das Holz in dieses Stadium gebracht sei, falls nicht über besonderen konkreten Wunsch eine Weiterverarbeitung erfolgen solle. Die weitere Aufarbeitung sei nur mehr für den eigenen Haushalt des Klägers erfolgt. Dieser diene bei dem Ausmaß der noch betriebenen Forstwirtschaft und dem außerland- und forstwirtschaftlichen Einkommen des Klägers nicht wesentlich dem Betrieb. Es müsse davon ausgegangen werden, daß der Lebensunterhalt in erster Linie aus dem nichtforstwirtschaftlichen Einkommen bestritten werde und die Erträgnisse der Forstwirtschaft nur zur Aufbesserung der Einkommensverhältnisse dienten. Damit habe der Kläger keine dem Versicherungsschutz unterliegende land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, als der Unfall geschah.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist unzulässig, soweit darin die Entscheidung des Berufungsgerichtes über den Kostenpunkt bekämpft wird. Da im § 46 ASGG hiefür nicht anderes angeordnet ist und gemäß § 47 Abs. 1 ASGG nur die Rekursbeschränkungen des § 528 Abs. 1 Z 1 und 5 ZPO nicht gelten, ist § 528 Abs. 1 Z 2 ZPO iVm § 2 Abs. 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwenden. Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt kann daher weder im Rahmen der Revision noch mit Rekurs bekämpft werden (SSV-NF 2/82). Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß der Aufnahme neuer, in erster Instanz nicht beantragter Beweise im Berufungsverfahren das Neuerungsverbot entgegensteht. Die Frage, für welchen Zweck das zu zerkleinernde Holz bestimmt war, ob für den Eigenbedarf oder für den Verkauf, wurde auch nicht, wie der Kläger meint, erst im Berufungsverfahren aufgeworfen, sie ist ausdrücklich im Beweisbeschluß des Erstgerichtes enthalten, die beklagte Partei hat schon in ihrer Klagebeantwortung darauf hingewiesen, daß der Kläger in der Unfallanzeige angegeben habe, das Holz sei für den eigenen Bedarf bestimmt gewesen. Der vom Kläger in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag auf Vernehmung der Zeugen Erwin K*** und Julius OTT verstieß schon deshalb gegen das Neuerungsverbot, weil diese Anträge in der Berufungsbeantwortung nicht enthalten waren (§§ 468 Abs 2 und 482 Abs 2 ZPO). Ein Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Wie der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung SSV-NF 1/29 dargelegt hat, sind in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb alle Arbeiten, die der Urproduktion zuzuzählen sind, unfallversicherungsgeschützt und zwar unabhängig davon, ob die Produktion für den eigenen Bedarf oder für die Vermarktung erfolgt. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die Gewinnung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse abgeschlossen und das Produkt in eine handelsübliche Form gebracht worden ist. Daraus kann aber noch nicht der Schluß gezogen werden, daß jede im Handel erhältliche Form ursprünglich landwirtschaftlicher Produkte deshalb noch unter den Begriff Urproduktion fällt, unabhängig davon, ob sie für den Eigenbedarf erfolgt oder nicht. Im forstwirtschaftlichen Betrieb umfaßt die Urproduktion Holzschlägerungsarbeiten und das weitere Aufarbeiten des Holzes bis zu einem Stand, in dem es im Handel üblicherweise vom Urproduzenten angeboten wird. Überlicherweise aber erfolgt der Verkauf in größeren Stücken nach Festmetern und nicht in ofenfertig zerkleinerter Form. In diese wird es in der Regel erst in der Folge durch besondere Gewerbetreibende (insbesondere Sägewerke allenfalls Brennstoffhändler) gebracht (10 Ob S 89/89). Das Zerkleinern von Brennholz zu ofenfertigen Scheitern steht daher nur dann unter Versicherungsschutz, wenn es zum Verkauf bestimmt ist, nicht aber, wenn es für den Eigenbedarf im Haushalt zu privatwirtschaftlichen Zwecken erfolgt. Der Versicherungsschutz beginnt erst dort, wo der abgrenzbare, rein persönliche Bereich aufhört und ein auch wesentlich betrieblichen Zwecken dienender Bereich anzunehmen ist (10 Ob S 9/89 = SSV-NF 3/16 - in Druck). Daß aber der Haushalt des Klägers nicht wesentlich der nur geringfügigen Forstwirtschaft dient, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG.

Anmerkung

E19874

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00320.89.1205.000

Dokumentnummer

JJT_19891205_OGH0002_010OBS00320_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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