TE OGH 1989/12/7 12Os153/89

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Veröffentlicht am 07.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Dezember 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lassmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Marijan V*** ua wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 2 Z 4, 129 Z 1, 130 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Marijan V*** und Dubravko S*** sowie über die Berufung des Angeklagten Bruno C*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17.August 1989, GZ 6 Vr 625/89-79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dubravko S*** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieses Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148, erster Deliktsfall, StGB (B a) sowie in dem den Angeklagten S*** betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

2. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dubravko S*** wird im übrigen, die des Angeklagten Marijan V*** wird zur Gänze zurückgewiesen.

3. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Dubravko S*** auf die zu 1. getroffene Entscheidung verwiesen.

4. Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Marijan V*** und Bruno C*** dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

5. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Marijan V*** und Dubravko S*** die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der 31jährige Marijan V***, der 32jährige Dubravko S*** (alias Bozo D***) und der 32jährige Bruno C*** (alias Mirko B***, alias Darko G***, alias Nenad M*** und B***) wurden (zu A) des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 2 Z 4, 129 Z 1, 130 und 15 StGB, die Angeklagten S*** und C*** ferner (zu B) des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148, erster Deliktsfall, StGB und Bruno C*** schließlich (zu C I. bis IV.) der Vergehen der versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 15, 223 Abs. 1 und 2, 224 StGB, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Gebrauches fremder Ausweise nach § 231 StGB schuldig erkannt.

Die Schuldsprüche werden nur von den Angeklagten V*** und S*** mit Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft, und zwar von V*** aus § 281 Abs. 1 Z 10 und 11 StPO und von S*** aus den Z 4, 9 lit a und 10 dieser Gesetzesstelle.

Rechtliche Beurteilung

Zur Beschwerde des Angeklagten V***:

Wenn dieser Beschwerdeführer darzutun trachtet, daß aus in einer einzigen Nacht verübten drei vollendeten und zwei versuchten Einbruchsdiebstählen die zur Erfüllung der Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung erforderliche Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht abgeleitet werden könne, wird damit nicht der relevierte materielle Nichtigkeitsgrund (Z 10), sondern ein formaler Begründungsmangel (Z 5) geltend gemacht; indes auch dies zu Unrecht. Denn dem Rechtsmittel zuwider ermöglichte die professionelle Vorgangsweise der Angeklagten im Verein mit Zahl und Art der diebischen Angriffe den völlig unbedenklichen, mit der Gerichts- und Lebenserfahrung in Einklang stehenden Schluß darauf, daß sämtliche Angeklagten - also auch der Beschwerdeführer - bei den ihnen zur Last gelegten (vollendeten und versuchten) Einbruchsdiebstählen von der im § 70 StGB umschriebenen gewerbsmäßigen Absicht geleitet waren. Einen "ins Gewicht fallenden" und darum Nichigkeit (Z 11) bewirkenden "Ermessensfehler" erblickt die Beschwerde (Band II S 209) schließlich in der Nichtgewährung (teil-)bedingter Strafnachsicht. Auch dies jedoch zu Unrecht, weil eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache nur dann offenbar unrichtig beurteilt ("gesetzwidrig" berücksichtigt oder übergangen) worden ist, wenn ihre Annahme oder Nichtannahme dem Ermessen entzogen ist. Damit scheidet ein bloßer Ermessensfehler hier aus. Das gilt gleichermaßen für den unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung, denn die Unvertretbarkeit kann sich nur in einer Überschreitung des Ermessensspielraums äußern (EvBl 1988/116, 1989/147; 13 Os 46/89, 15 Os 111,112/89; 15 Os 118/89). Die auch in diesem Punkt offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten V*** war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

Zur Beschwerde des Angeklagten S***:

Ebenso wie der Erstangeklagte releviert auch dieser Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, aus welchen Erwägungen das Gericht seinen Bereicherungsvorsatz und darüber hinaus seine gewerbsmäßige Absicht bejaht habe, in Wahrheit keinen materiellen Nichtigkeitsgrund (Z 9 lit a bzw 10), sondern formale Begründungsmängel (Z 5), die aber dem Urteil auch in Ansehung des Angeklagten S*** nicht anhaften. Denn aus der konstatierten, mit dem vorgefaßten Plan sämtlicher Angeklagten (S 175) im Einklang stehenden Vorgangsweise der Täter konnte ihr Bereicherungsvorsatz ebenso unbedenklich abgeleitet werden wie aus der Zahl und den Modalitäten der diebischen Angriffe ihre von Anfang an bestehende gewerbsmäßige Absicht. Wenn der Angeklagte S*** im übrigen vermeint, es mangle an eindeutigen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, bringt er sein Rechtsmittel nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil er bei dieser Rüge die auf den dolus der Angeklagten Bezug habenden Konstatierungen im - mit den Gründen eine Einheit

darstellenden - Urteilstenor (S 170) und darüber hinaus auch die Feststellung außer acht läßt, die Angeklagten seien übereingekommen, mit einem gemieteten Kraftfahrzeug unter Mitnahme jugoslawischer Autokennzeichentafeln und zur Fälschung von Kfz-Papieren erforderlichen Utensilien nach Österreich einzureisen, hier Einbruchsdiebstähle zu begehen sowie mindestens zwei Personenkraftwagen der Marke Golf oder Jetta zu stehlen und nach Jugoslawien zu verbringen (S 175 f).

Im bisher besprochenen Umfang mußte mithin auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*** teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen werden.

Berechtigung kommt allerdings der Verfahrensrüge (Z 4) dieses Angeklagten zu.

Denn zutreffend wird darin aufgegriffen, daß das Schöffengericht über den in der Hauptverhandlung am 17.August 1989 gestellten Antrag des Verteidigers des Angeklagten S***, (auch) in Ansehung des Anklagefaktums B a 1 (= B a des Urteilssatzes) das Gutachten eines Schriftsachverständigen darüber einzuholen, daß die auf dem betreffenden American-Express-Formular abgegebene Unterschrift nicht vom Beschwerdeführer stamme, nicht erkannte (sondern lediglich bezüglich der Anklagefakten B a 2 bis 18 und B b einen Beschluß auf Ausscheidung und Rückleitung an den Untersuchungsrichter faßte, dem es dabei auftrug, erforderlichenfalls ein graphologisches Gutachten im Sinne der Antragstellung einzuholen) und auch in der Urteilsausfertigung über diesen Antragspunkt völliges Stillschweigen bewahrte (siehe insbesondere S 184).

Da es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, diesen Mangel zu sanieren, die Neudurchführung einer Hauptverhandlung im fraglichen Faktum mithin unumgänglich ist, war der betreffende Schuldspruch bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zu kassieren (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf die weiteren dieses Faktum betreffenden Beschwerdeausführungen einzugehen.

Zu den Berufungen sämtlicher Angeklagten:

Mit seiner Berufung war der Angeklagte S*** auf die mit der Aufhebung eines Schuldspruchfaktums zwangsläufig verbundene Behebung des Strafausspruches zu verweisen.

Hingegen waren gemäß § 285 i StPO die Akten zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten V*** und C*** dem Oberlandesgericht Graz zuzuleiten.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E19148

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00153.89.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19891207_OGH0002_0120OS00153_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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