TE OGH 1989/12/19 10ObS423/89

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Veröffentlicht am 19.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Prohaska (Arbeitgeber) und Walter Benesch (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Stefan S***, Renckvic 22, YU 69224 Turnisce, Jugoslawien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei

P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr. Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. September 1989, GZ 31 Rs 177/89-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Februar 1989, GZ 4 Cgs 5001/88-35, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat vom 4.11.1963 bis zum Stichtag 1.12.1985 in der jugoslawischen Pensionsversicherung einen Beitragsmonat, in der österreichischen Pensionsversicherung vom 4.11.1963 bis Mai 1974 79 Beitragsmonate und 6 Ersatzmonate, sohin insgesamt 86 Versicherungsmonate, erworben. Darüber hinaus war der Kläger in der Zeit vom 1.1.1974 bis 31.12.1983 für den Zeitraum von 120 Monaten laut dem Gesetz über die Altenversicherung der Landarbeiter, veröffentlicht im Amtsblatt Narodne Novine 29 vom 3.7.1979, welches für selbständige Landwirte und assoziierte Landwirte die Entrichtung von Beiträgen zur Pensionsversicherung ab 1.1.1980 ermöglichte und vom 1.1.1984 bis 28.2.1986 für einen Zeitraum von 26 Monaten als Landwirt in Jugoslawien versichert.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1.12.1985 gerichtete Begehren des Klägers ab. Die jugoslawischen Versicherungszeiten in der Bauernaltenversicherung bzw als Landwirt seien erst aufgrund des nach dem Zustandekommen des AbkSozSi Jugoslawien veröffentlichten Gesetzes über die Pensions- und Invalidenversicherung der selbständigen Landwirte im Jahre 1979 erworben worden und seien daher gemäß Art 2 Abs 1 Z 2 lit b und c in Österreich nicht zu berücksichtigen, da eine Vereinbarung iS Art 2 Abs 3 über die Einbeziehung auch dieser Zeiten in das Abkommen zwischen den Vertragsstaaten nicht getroffen worden sei. Der Kläger habe daher am Stichtag weder 60 Versicherungsmonate gemäß § 236 Abs 1 Z 1 lit a ASVG noch insgesamt 240 Versicherungsmonate, davon mindestens 180 Beitragsmonate (40. Novelle zum ASVG) erworben. Das Berufungsgericht hob über Berufung des Klägers dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Bezogen auf den Stichtag sowie auch den Schluß der Verhandlung in erster Instanz (Schluß der Verhandlung war am 22.2.1989) habe das Erstgericht folgend der Aufhebungsentscheidung des Obersten Gerichtshofes im ersten Rechtsgang das Begehren des Klägers zu Recht abgewiesen. Zwischenzeitig sei jedoch das zweite Zusatzabkommen zum AbkSozSi Jugoslawien zusammen mit der zweiten Zusatzvereinbarung am 1.7.1989 in Kraft getreten. Durch die neue Fassung des Art 2 des Abkommens sei nunmehr die Einbeziehung der selbständig Erwerbstätigen in den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens vereinbart worden. Für die Feststellung des Anspruches auf Leistungen seien nach diesem Abkommen auch Versicherungszeiten von selbständig Erwerbstätigen zu berücksichtigen, die nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates vor Inkrafttreten des Abkommens zurückgelegt worden seien. Es seien daher die vom jugoslawischen Versicherungsträger bekanntgegebenen jugoslawischen Versicherungszeiten in der Bauernaltenversicherung bzw als Landwirt bis zum Stichtag für die Berechnung der Wartezeit einzubeziehen, womit der Kläger mehr als 60 zu berücksichtigende Versicherungsmonate innerhalb der letzten 120 Monate vor dem Stichtag aufzuweisen habe. Damit seien die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt und es werde zu klären sein, ob die Voraussetzungen des § 255 ASVG gegeben seien. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, ihn aufzuheben und in Bestätigung des Urteiles des Erstgerichtes das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Die Begründung der Vorinstanzen, daß ausgehend von den Bestimmungen des AbkSozSi Jugoslawien vom 19.11.1966 BGBl 1966/289 idF des Zusatzabkommens vom 19.März 1979 BGBl 1980/81, die vom Kläger in Jugoslawien in der Bauernaltenversicherung bzw als selbständiger Landwirt erworbenen Versicherungszeiten für den österreichischen Rechtsbereich nicht zu berücksichtigen waren, ist zutreffend (SSV-NF 2/117).

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß im Hinblick auf die Bestimmungen des zweiten Zusatzabkommens zum AbkSozSi Jugoslawien vom 11.5.1988 BGBl 1989/269 im vorliegenden Fall davon auszugehen sei, daß der Kläger die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfülle, kann nicht beigetreten werden. Gemäß § 223 Abs 2 ASVG ist Stichtag für die Feststellung, ob und in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Eintritt des Versicherungsfalles folgende Monatserste. Wird jedoch der Antrag auf eine Leistung nach Abs 1 Z 1 oder 2 des § 223 ASVG erst nach Eintritt des Versicherungsfalles gestellt, so ist Stichtag für diese Feststellung der Zeitpunkt der Antragstellung, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Zeitpunkt der Antragstellung folgende Monatserste. Gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG fallen Pensionen aus der Pensionsversicherung (mit Ausnahme der Hinterbliebenenpensionen, für die andere Regelungen gelten) mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an, wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einem Monat nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt wird. Wird der Antrag auf die Pension erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so fällt die Pension mit dem Stichtag an.

Im vorliegenden Fall war der Stichtag im Hinblick auf die am 28.11.1985 erfolgte Antragstellung der 1.12.1985. Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als bis 31.Dezember 1986 zuständigem Höchstgericht hat die Prüfung jedoch nicht ausschließlich auf den durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag beschränkt, sondern den Standpunkt vertreten, daß etwa eine Änderung des Gesundheitszustandes des Versicherten während des Verfahrens zu berücksichtigen sei. Der Sachverhalt sei nicht ausschließlich bezogen auf den durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag zu prüfen, sondern bei der Entscheidung von dem bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz "aufzubuchenden" Gesundheitszustand auszugehen (SVSlg. 23.314, 23.315 ua). Diese durch die Regierungsvorlage zum ASGG ausdrücklich gebilligte Judikatur (arg. "begrüßenswerte Rechtsprechung" in 7 BlgNR 16.GP, 57 zu § 77 der Regierungsvorlage), wurde im § 86 ASGG festgeschrieben. Demzufolge ist in Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 6 bis 8 ASGG sowie über die Kostenersatzpflicht des Versicherungsträgers nach § 65 Abs 1 Z 5 ASGG eine Änderung der Klage hinsichtlich des Gesundheitszustandes, des Ausmaßes der vom Versicherten eingeklagten Versicherungsleistung (des Teiles der Versicherungsleistung) sowie der Anzahl der festzustellenden Versicherungszeiten der Pensionsversicherung ohne Zustimmung des Beklagten bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung zulässig. Die §§ 67 und 69 ASGG sind insoweit nicht anzuwenden. Der letzte Satz stellt vor allem klar, daß zum einen das Fehlen einer Sachentscheidung des Versicherungsträgers für den mit der Klageänderung geltend gemachten Sachverhalt bzw über das diesbezügliche Begehren dessen Berücksichtigung nicht hindert und zum anderen die Klagsänderung unabhängig davon zulässig ist, ob die Klagefrist noch offensteht (Feitzinger-Tades, ASGG Anm 3 zu § 86). Das Oberlandesgericht Wien hat jedoch eine Stichtagsverschiebung nicht nur im Fall einer Änderung des Gesundheitszustandes, sondern auch im Fall einer Änderung der Gesetzeslage zugelassen. So wurde zur Neufassung des § 255 Abs 4 ASVG durch die 35. ASVG-Novelle BGBl 1980/585 ausgeführt, daß der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit entweder eintrete, wenn die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit eines Versicherten entsprechend herabgesunken sei oder aber, wenn ohne diesbezügliche Veränderung andere Voraussetzungen für den Anspruch, wie etwa die des § 255 Abs 4 ASVG in seiner Fassung durch die 35. ASVG-Novelle, rechtlich den Versicherungsfall herbeiführen. Die ursprüngliche Antragstellung löse daher bis zum Schluß des Verfahrens auch einen (neuen) Stichtag aus, falls der Versicherungsfall erst durch Anwendung der neuen Fassung des § 255 Abs 4 ASVG ab 1.Jänner 1981 eingetreten sei, wenngleich er ohne Sachverhaltsänderung für die Zeit vor dem 1. Jänner 1981 zu verneinen gewesen sei. Dauere das schiedsgerichtliche Verfahren bei Geltendmachung eines Anspruches nach § 255 ASVG über die Jahreswende 1980/81 an, so sei, weil die Beurteilung immer zum Schluß der Verhandlung vorzunehmen sei, grundsätzlich auch die Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG in seiner nunmehrigen Fassung zu beachten (SSV 21/75). Auch die Grundsätze dieser Rechtsprechung scheinen durch § 86 ASGG gedeckt. Eine Änderung der Klage ist nach dieser Norm auch hinsichtlich des Ausmaßes der vom Versicherten eingeklagten Versicherungsleistung oder eines zurückverlegten, also späteren Leistungsbeginnes (ohne Rücksicht auf den Stichtag) zulässig. Wenn der Klagegrund hiedurch nicht geändert wird, liegt eine Klagsänderung nicht vor (Kuderna, ASGG Anm 4 zu § 86). In gleicher Weise wie eine Änderung des Begehrens durch den Versicherten zulässig ist, kann das Gericht ohne derartige Klageänderung eine von den durch die ursprüngliche Antragstellung ausgelösten Stichtag abweichende Entscheidung fällen. Spricht das Gericht einem Versicherten eine Leistung, deren Erbringung von einem früheren, durch die Antragstellung bzw Eintritt des Versicherungsfalles ausgelösten Stichtag begehrt wird, ab einem späteren Zeitpunkt zu, zu dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, so ist dieser zuerkannte Teil gegenüber dem Begehren ein minus und die Entscheidung verstößt nicht gegen § 405 ZPO. Daß der Umstand, daß eine Entscheidung des Versicherungsträgers zu diesem (nunmehr späteren) Stichtag fehlt, einer solchen Entscheidung nicht entgegensteht, ergibt sich aus dem letzten Satz des § 86 ASGG. Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits ganz allgemein ausgesprochen (10 Ob S 319/88), daß es nicht nur auf die Verhältnisse am Stichtag ankommt, sondern dem Klagebegehren auch dann stattzugeben ist, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch erst nach dem Stichtag eintreten und daß diesbezüglich § 86 ASVG sinngemäß anzuwenden ist (dort zu den Voraussetzungen für die vorzeitige Alterspension gemäß § 253 b Abs 1 lit d ASVG bezüglich der Höhe des Monatseinkommens - § 5 Abs 2 lit c ASVG). Voraussetzung ist allerdings, daß die Anspruchsvoraussetzungen zu einem vor Schluß der Verhandlung erster Instanz liegenden Stichtag erfüllt sind. Gemäß § 5 ABGB wirken Gesetze nicht zurück. Sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluß. Das bedeutet, daß Sachverhalte vor Inkrafttreten eines neuen Gesetzes grundsätzlich nicht nach diesem, sondern nach dem alten Gesetz zu beurteilen sind; maßgebend ist, wann der Sachverhalt sich verwirklichte, wann also alle dazugehörigen Umstände eingetreten sind (Wolff in Klang2 I/1, 83). Wohlerworbene Rechte sollen geschont werden (Ehrenzweig2 I/1, 88; Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts 35). Grundsätzlich ist daher ein neues Gesetz nur auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach seinem Inkrafttreten verwirklicht haben (Koziol-Welser8 I 33). Wenn wie im vorliegenden Fall das Verfahrensgesetz neues Vorbringen in zweiter und dritter Instanz nicht mehr zuläßt, ist für die gerichtliche Entscheidung der Sachverhalt im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgeblich (JBl 1974, 426; EvBl 1972/20; SZ 26/298 ua). Das Urteil hat daher auch nach der Rechtslage zu ergehen, wie sie sich auf Grund des Verhandlungsergebnisses zur Zeit des Verhandlungsschlusses darstellt (Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht2, Erkenntnisverfahren 216). Auf Rechtsänderungen nach dem Schluß der Verhandlung erster Instanz ist grundsätzlich nicht Bedacht zu nehmen (JBl 1975, 485); soweit Fasching IV, 330 und ZPR Rz 1927 anders zu verstehen wäre, könnte seiner Auffassung nicht gefolgt werden. Ausnahmen erachtete der Oberste Gerichtshof nur dort für gerechtfertigt, wo auf rückwirkend angeordnetes zwingendes Recht wie zB die rückwirkende Außerkraftsetzung typisch nationalsozialistischen Gedankengutes Bedacht zu nehmen wäre oder wenn, wie bei Unterhaltsansprüchen auch über solche für die Zukunft und damit für die Zeit nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes abzusprechen ist (1 Ob 610, 611/76). Wohl besteht insofern eine gewisse Verwandtschaft zwischen Unterhaltsansprüchen und Ansprüchen aus Pensionsleistungen, als auch Pensionsleistungen für die Zukunft zuzuerkennen sind und die Entscheidung damit in die Wirksamkeit eines nach Schluß der Verhandlung erster Instanz in Kraft getretenen Gesetzes hineinreicht, doch verbietet die Stichtagsregelung der Sozialversicherungsgesetze eine Wahrnehmung von sich auf die Anspruchsvoraussetzungen beziehenden Rechtsänderungen, die während des Rechtsmittelverfahrens eintreten. Die Bedeutung des Stichtages liegt nicht nur darin, daß zu diesem Zeitpunkt die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind; es sind vielmehr zu diesem Zeitpunkt auch die besonderen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen und auch der Anfall der Leistungen tritt regelmäßig mit dem Stichtag ein (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG). Tritt in den gesetzlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen während des Rechtsmittelverfahrens eine Änderung ein, so kann diese Änderung schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil das im Rechtsmittelverfahren herrschende Neuerungsverbot einer Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu einem nach Schluß der Verhandlung liegenden Stichtag entgegensteht. In einem solchen Fall steht dem Leistungswerber die Möglichkeit offen, zu dem Stichtag, zu dem nunmehr die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, einen neuen Antrag zu stellen, womit auch ein Leistungsverlust nicht verbunden ist.

Das zweite Zusatzabkommen zum AbkSozSi Jugoslawien vom 11.5.1988 BGBl 1989/269 sieht als wesentliche Änderung unter anderem die Einbeziehung der selbständig Erwerbstätigen in den Geltungsbereich des Abkommens vor. Das Abkommen enthält in seiner durch dieses Zusatzabkommen geänderten Fassung weder eine Einschränkung auf Zeiten einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich noch auf bestimmte zu einem festgelegten Zeitpunkt (seinerzeit Abschluß des Abkommens) in Jugoslawien bereits bestehende Zweige der Pensionsversicherung. Nach der nunmehr geltenden Fassung umfaßt das Abkommen damit alle in beiden Vertragsstaaten bestehenden Versicherungszweige wie auch allenfalls künftig neu geschaffene Sparten. Das zweite Zusatzabkommen trat gemäß der abschließenden Bestimmung in BGBl 1989/269 am 1.Juli 1989 in Kraft. Mangels einer Rückwirkungsbestimmung für die hier relevante Regelung können die neuen Bestimmungen nur auf Fälle Anwendung finden, in denen der Stichtag nach dem 30.Juni 1989 lag, da erst mit Inkrafttreten des zweiten Zusatzabkommens am 1.Juli 1989 eine gesetzliche Grundlage für die Berücksichtigung der früher vom Abkommen ausgeschlossenen Zeiten bestand. Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen wäre, wenn die mündliche Verhandlung am 1.Juli 1989 noch nicht geschlossen gewesen wäre, eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nunmehr mit einem Stichtag 1.Juli 1989 vorzunehmen und, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erst unter Berücksichtigung des Abkommens erfüllt wären, die Leistung, wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, mit Stichtag 1.Juli 1989 zuzuerkennen gewesen. Im vorliegenden Fall lag jedoch der Schluß der Verhandlung am 22.2.1989 und damit mehrere Monate vor Inkrafttreten des Abkommens. Ausgehend von einem Stichtag 1.2.1989 - der letztmögliche Stichtag, der im Hinblick auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung berücksichtigt werden könnte - waren jedoch die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt, da die Zeiten der Versicherung in der Bauernaltenversicherung und als selbständiger Landwirt in Jugoslawien nach den damals in Kraft gestandenen Abkommensbestimmungen bei der Prüfung der allgemeinen Anspruchsvorausetzungen in Österreich nicht zu berücksichtigen waren. Die während des Rechtsmittelverfahrens eingetretene Änderung der Rechtslage muß aber, wie oben dargestellt, auf das Ergebnis ohne Einfluß bleiben. Das Erstgericht hat sohin das Begehren des Klägers zu Recht abgewiesen (10 Ob S 322/89). Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen bedarf es der vom Berufungsgericht aufgetragenen Ergänzung des Verfahrens nicht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; da der Kläger durch einen Vertreter im Rahmen der Verfahrenshilfe vertreten wird, liegen die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit nicht vor.

Anmerkung

E19639

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00423.89.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19891219_OGH0002_010OBS00423_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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