TE OGH 1989/12/21 12Os161/89

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Veröffentlicht am 21.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Dezember 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Salat als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ahmet A*** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Fadime A*** sowie die Berufungen der Angeklagten Ahmet A*** und Metin K*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 11. August 1989, GZ. 12 Vr 55/89-105, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Angeklagten Metin K*** und der Verteidiger Dr. Mayrhofer, Dr. Ott und Dr. Weingarten, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Ahmet A*** und Fadime A***, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 1.Mai 1955 geborene türkische Staatsangehörige Ahmet A*** und dessen am 3.Jänner 1953 geborene Ehefrau Fadime A*** sowie der am 5.März 1965 geborene, ebenfalls türkische Staatsbürger Metin K*** des Verbrechens nach § 12 Abs 1, zweiter und vierter Fall, Abs 2, zweiter Fall, und Abs 3, Z 3, SuchtgiftG, teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, Ahmet A*** (bei der Einfuhr) als Beteiligter nach § 12, zweiter und dritter Fall, StGB, Fadime A*** (bei der Einfuhr) als Beteiligte nach § 12, dritter Fall, StGB (A) und des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG, Ahmet A*** als Beteiligter nach § 11, zweiter und dritter Fall, FinStrG, Fadime A*** nach § 11, dritter Fall, FinStrG (B) schuldig erkannt.

Darnach haben sie

A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der großen Menge weit übersteigenden Menge, nämlich 4.343 Gramm Heroin (mit einem Reinheitsgrad von 17 %, sohin 738,31 Gramm Heroinbase) jeweils als Mitglied einer Bande nach Österreich (in Spielfeld) eingeführt, und zwar

I.1. Metin K*** am 13.Jänner 1989, indem er das in den Lüftungsschächten des von ihm gelenkten Personenkraftwagens eingebaute Heroin von Jugoslawien nach Österreich einführte und nach Mondsee brachte,

I.2. Ahmet A*** und Fadime A*** zur Ausführung der von Metin K*** unmittelbar bewirkten Einfuhr jeweils durch gemeinsame Besprechung des Tatplanes, der Einigung über die nachträgliche Verwendung des Suchtgiftes, insbesondere auch noch gemeinsame Besprechung der Vorgangsweise und Vereinbarung eines Treffens nach dem Grenzübergang in Österreich beigetragen, Fadime A*** überdies auch durch Mitnahme der am 30.Mai 1983 geborenen Tochter Hande zu Tarnungszwecken; sodann nach Durchführung des Transports im Konvoi nach Mondsee

II. in Mondsee das Heroin in Verkehr zu setzen getrachtet, indem sie im gemeinsamen Zusammenwirken als Mittäter das in mehreren Säckchen verpackte Suchtgift aus dem Versteck im Personenkraftwagen ausbauten, es in mindestens zwei Nylonsäcke verstauten und zum nachfolgenden Verkauf an den (unbekannt gebliebenen) Mittelsmann zum bereitstehenden Personenkraftwagen des Ahmet A*** brachten.

B) Weiters wurden sie schuldig erkannt, das unter A) angeführte

Heroin im Wert von 2,171.500 S (mit darauf entfallenden Eingangsabgaben von 955.460 S) vorsätzlich unter Verletzung der im § 48 ZollG 1955 normierten Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen zu haben, wobei Metin K*** als unmittelbarer Täter und Ahmet A*** als Beteiligter nach § 11, zweiter und dritter Fall, FinStrG und Fadime A*** als Beitragstäterin nach § 11, dritter Fall, FinStrG den Schmuggel jeweils als Mitglied einer Bande von mindestens drei Personen, die sich zum Schmuggel verbunden hatten, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes vorsätzlich begangen haben und der Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet, 200.000 S (gemeint wohl: 500.000 S iS des § 53 Abs 2 FinStrG idF des Art I Z 10 FinStrG-Nov 1985) überstiegen hat und die Tat unter erschwerenden Umständen (bandenmäßige Begehung) begangen worden ist.

Die sie betreffenden Schuldsprüche ficht nur die Angeklagte Fadime A*** mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Das Erstgericht beurteilte die in subjektiver Hinsicht leugnende Verantwortung der Beschwerdeführerin, wonach sie "von der ganzen Sache nichts gewußt und an eine Urlaubsreise nach Österreich geglaubt habe", als bloße Ausflucht ("reine Schutzbehauptung") und gelangte angesichts ihrer engen persönlichen Beziehungen zu den beiden Mitangeklagten, ihrer in mehrfacher Weise widersprüchlichen, wechselhaften und teilweise realitätsfremden Verantwortung, ihres Verhaltens insbesonders während der Überwachung durch die Sicherheitsorgane in Mondsee und der zum Teil belastenden Aussagen des Mitangeklagten Metin K*** im Vorverfahren zur Überzeugung von ihrer Schuld (S 478 bis 484/I).

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung der Mängelrüge (Z 5) setzt sich die Beschwerde kritisch mit den einzelnen im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen der Tatrichter auseinander und versucht darzulegen, daß diese die bekämpfte Annahme des deliktischen Vorsatzes der Fadime A*** nicht zu tragen vermögen, zumal keine konkreten, einen strafbaren Tatbeitrag stützenden Beweisergebnisse vorlägen und die vom Gericht im Einklang mit den Anklagebehauptungen gezogenen Schlüsse nicht zwingend und nicht überzeugend seien. Hiebei verkennt die Beschwerde das Wesen der freien Beweiswürdigung im Sinn des § 258 Abs 2 StPO, welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen (Mayerhofer-Rieder2 E 26, 30 zu § 258 StPO). Dementsprechend zeigen die Einwände der Mängelrüge, das Erstgericht habe aus der Aussage des Mitangeklagten K*** lediglich Schlußfolgerungen gezogen, sei aus diversen (unbedeutenden) Widersprüchen und (mißgedeuteten) Vorgängen zu keinesfalls zwingenden Annahmen gelangt und habe ohne aussagemäßige Deckung auf ein der Beschwerdeführerin nachteiliges Indiz gefolgert, ebenso wie die sachlich nicht weiter begründete und demnach substanzlose Abqualifizierung dieser erstrichterlichen Erwägungen als mangelhafte Erörterung und als Scheinbegründung keine mit Denkgesetzen unvereinbaren Schlüsse auf, die allein den behaupteten formellen Nichtigkeitsgrund herstellen könnten (Mayerhofer-Rieder2 E 144 bis 147 zu § 281 Z 5 StPO). Zu Unrecht moniert die Nichtigkeitswerberin ferner, daß der ihr angelastete Widerspruch zwischen ihren und den Angaben ihres Gatten über den Zweck der Reise nach Österreich nicht existiere. Während nämlich Ahmet A*** vor dem Untersuchungsrichter noch ausdrücklich angegeben hatte, seiner Frau von einem gemeinsamen Urlaub mit Metin K*** nichts erzählt zu haben (S 61 c/I), behauptete Fadime A*** in der Hauptverhandlung vom 11. August 1989, eine solche Information gehabt zu haben (S 436/I). Dem Beschwerdevorbringen zuwider steht auch die weitere Urteilsannahme, daß Fadime A*** die Plastiksäcke mit Heroin zum Kraftfahrzeug ihres Gatten getragen habe, in keinem Widerspruch zur Aussage des Zeugen Insp. W***, derzufolge die Beschwerdeführerin die Taschen zunächst genommen und dann ihrem Gatten wieder zurückgegeben habe. Die zuletzt zitierte Angabe stellt nur eine kursorische Zusammenfassung des Inhalts des Observationsberichtes dar, auf den sich der Zeuge ausdrücklich berufen hat (S 447, 449/I). Mit diesem Bericht steht aber die gerügte Urteilsfeststellung im Einklang (S 155/I).

Schließlich versagt auch der auf der offenkundigen Fehlinterpretation der erstgerichtlichen Argumentation beruhende Einwand, die Erwägung, daß das Risiko der Aufdeckung für die mitreisende Frau bei einer größeren Menge Heroin geringer wäre, stelle eine logisch nicht nachvollziehbare Konklusion dar. Entgegen dieser Beschwerdeauffassung brachte das Erstgericht in diesem Zusammenhang nur seine durchaus realitätsbezogene Überlegung zum Ausdruck, daß wirtschaftliche Gründe (eine lange und kostenintensive Reise) und auch die mit den inkriminierten Straftaten verbundene Gefahr der Entdeckung als Indizien für die Kenntnis der Beschwerdeführerin von der ungefähren Größe des gegenständlichen Heroingeschäftes zu werten sind (S 482/I).

Das Vorbringen zur Mängelrüge erweist sich sohin insgesamt als im Rahmen des angezogenen formellen Nichtigkeitsgrundes unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung. Die Tatsachenrüge (Z 5 a) verweist auf das Vorbringen zur Mängelrüge und ergänzt es unter anderem mit dem Hinweis auf die untergeordnete Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft; sie will damit belegen, daß Fadime A*** über den Reisezweck bewußt im Ungewissen gelassen und ihre die subjektive Tatseite leugnende Verantwortung daher zu Unrecht als unglaubwürdig abgelehnt wurde. Eine genaue Prüfung des Akteninhaltes auch unter Berücksichtigung der bekannt inferioren sozialen Position der Frau in breiten Gesellschaftsschichten der Türkei vermag erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen zur Tatbeteiligung der Fadime A*** auch bei der Suchtgifteinfuhr nicht zu erwecken. Vor allem das von der Beschwerde als besonders fragwürdig in Zweifel gezogene Argument, die Beschwerdeführerin habe die Reise mit ihrer Tochter nur zu Tarnzwecken mitgemacht, findet nicht nur in der Art der Reiseabwicklung und in der teilweise geständigen Verantwortung des Mitangeklagten K*** eine Stütze, sondern indirekt letztlich auch in der ursprünglich ebenfalls leugnenden Verantwortung des Ahmet A*** vor dem Untersuchungsrichter, wo er noch behauptet hatte, vom Heroinschmuggel des Metin K***, den er nur zufällig auf der Fahrt nach Österreich getroffen habe, nichts gewußt zu haben, und glauben machen wollte, auch er habe die Reise nach Österreich nur unternommen, um Einkäufe zu machen (S 60/I).

Mit ihrer Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert die Angeklagte Fadime A***, das Urteil habe zwar Feststellungen über ihr Wissen bezüglich der Tatsache des Transportes einer erheblichen Suchtgiftmenge durch die anderen Bandenmitglieder getroffen, nicht aber konstatiert, wann sie die jeweiligen Grundtatbestände (nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG und § 35 Abs 1 FinStrG) in ihren Vorsatz aufgenommen und welche Beteiligungshandlungen iS der §§ 12 StGB und 11 FinStrG sie gesetzt habe.

Die Beschwerde geht an sich richtig von der Prämisse aus, daß die Zurechnung der bandenmäßigen Begehung der genannten Tatbestände (§ 12 Abs 2, zweiter Fall, SuchtgiftG und § 38 Abs 1 lit b FinStrG) jedenfalls voraussetzt, daß das einzelne Bandenmitglied, wenn es auch nicht unmittelbarer Täter ist, in einer anderen in § 12 StGB bzw § 11 FinStrG beschriebenen Beteiligungsform an der Tat mitwirkt (so schon EvBl 1970/371, Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Komm z FinStrG E 21 zu § 38). Als Tatbeitrag im Sinn des dritten Falles sowohl des § 12 StGB als auch des § 11 FinStrG kommt jedes vorsätzlich tatfördernde Verhalten in Betracht, sei es durch physische Unterstützung oder auch nur durch Beratung oder andere psychische Förderung und Bestärkung des unmittelbaren Täters in seinem kriminellen Wirken. Dies erfordert aber keinesfalls die Anwesenheit bei der Tatausführung (hier der Einfuhr aus Jugoslawien nach Österreich) und auch keine zeitliche Nähe hiezu; der tatfördernde Beitrag kann vielmehr auch schon im Vorbereitungsstadium der später zumindest versuchten und auch vollendeten, ausreichend konkretisierten und individualisierten Tat begangen werden (Kienapfel AT E 5 Rz 14 bis 22 und die dort zitierte Judikatur).

Mißt man die in Spruch und Gründen des Urteils getroffenen, als Einheit zu wertenden Feststellungen an diesen rechtlichen Kriterien, so zeigt sich, daß die Konstatierungen für eine erschöpfende rechtliche Beurteilung ausreichen. Der Beschwerdeführerin wird nämlich ausdrücklich (durch zweimalige Zitierung im Urteilsspruch) ein sonstiger Tatbeitrag zur vollendeten Einfuhr und zum Schmuggel des Suchtgifts durch Metin K*** dadurch angelastet, daß sie Metin K*** gemeinsam mit ihrem Ehemann schon drei Tage vor der Abreise aus Istanbul in ihrer Wohnung Aufenthalt gewährte, während der für die Schmuggelfahrt vorgesehene Personenkraftwagen in einer Garage versteckt wurde. Die Reise wurde dann mit zwei Fahrzeugen durchgeführt, wobei im Personenkraftwagen des Ahmet A*** sie und die gemeinsame 6-jährige Tochter zu Tarnzwecken (nämlich zur Vortäuschung einer harmlosen Urlaubsreise einer Familie) mitfuhren. Nach der Überzeugung des Schöffengerichtes kannte Fadime A*** zwar nicht alle Details des Heroingeschäfts, sie wußte aber über den Zweck der Reise Bescheid. Wenn sie auch beim Einbau des Heroins in ein Versteck im Kraftwagen des Metin K*** in Jugoslawien allenfalls nicht anwesend war, wußte sie, daß eine erhebliche Menge Heroin mit diesem Fahrzeug nach Österreich eingeführt werden sollte. In ihrer Gegenwart wurde auch vereinbart, daß K*** allein über die Grenze fahren werde, daß sie sich dann aber kurz nach der Grenze treffen werden und die Fahrt nach Salzburg im Konvoi fortsetzen sollten (S 468 bis 471/I).

Die rechtliche Subsumtion des festgestellten Verhaltens der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem illegalen Suchtgiftimport nach Österreich (A I 2 und B) als zumindest psychische Unterstützung des Täters in der Vorbereitungsphase und dem der Ausführung unmittelbar vorgelagerten Stadium ist daher unbedenklich, ohne daß es weiterer konkreter Feststellungen über Zeit und Art der Unterstützung bedürfte; ist doch grundsätzlich jede Hilfe, welche die Tat fördert und bis zu ihrer Ausführung wirksam bleibt, als kausaler Tatbeitrag anzusehen (EvBl 1978/107 uva). Daß die Tatrichter aber nicht nur von einer bloßen Mitwisserschaft, sondern von einem zumindest bedingt vorsätzlichen tatfördernden Verhalten insgesamt ausgingen, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Hinweis auf die spätere unmittelbare Mitwirkung bei dem versuchten Inverkehrsetzen des eingeschmuggelten Suchtgifts in Mondsee (A II), das - wie oben dargelegt - auf Grund des Observationsberichtes (ON 81) festgestellt wurde (S 471, 472, 481/I).

Der behauptete Feststellungsmangel liegt daher in Wahrheit nicht

vor.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten nach § 12 Abs 3 SuchtgiftG (Strafrahmen 1 Jahr bis 15 Jahre) nachfolgende

Freiheitsstrafen:

Ahmet A*** 8 (acht) Jahre

Fadime A*** 3 (drei) Jahre und Metin K*** 7 (sieben) Jahre.

Nach § 38 Abs 1 FinStrG wurden unter Anwendung des § 22 FinStrG je Angeklagten Geldstrafen in der Höhe von einer Million Schilling ausgesprochen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafen mit je sechs Monaten festgesetzt wurden. Bei Fadime A*** wurde gemäß § 43 a Abs 4 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Strafbemessung waren bei allen Angeklagten die zweifache Qualifikation des Suchtgiftdelikts sowie die die Übermenge um das rund Zwanzigfache übersteigende importierte Suchtgiftquantität, bei Ahmet A*** überdies seine führende Rolle (als "Initiator und letztlich Verantwortlicher"; S 474/I) und bei Metin K*** seine in der Bundesrepublik Deutschland erlittene einschlägige Vorstrafe erschwerend. Mildernd waren bei Ahmet A*** seine bisherige Unbescholtenheit und das im Zuge des Verfahrens abgelegte Geständnis, bei Fadime A*** ebenfalls die Unbescholtenheit und ihre bloß untergeordnete Beteiligung, bei Metin K*** das zur Wahrheitsfindung wesentlich beitragende Geständnis. Mit ihren Berufungen beantragen alle drei Angeklagten eine wesentliche Milderung der über sie verhängten Strafen. Ahmet A*** begehrt die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (auf höchstens vier Jahre), der Geldstrafe nach dem FinStrG (auf maximal 500.000 S) und der hiefür ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe (auf höchstens drei Monate).Fadime A*** will die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf ein Jahr unter Anwendung des § 43 StGB. Metin K*** beantragt ebenfalls die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf maximal drei Jahre unter Anwendung des § 43 a StGB sowie die Minderung der Geldstrafe nach dem FinStrG und der hiefür verhängten Ersatzfreiheitsstrafe.

Ausgangspunkt für die Überprüfung des Strafausspruchs wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 SuchtgiftG ist das hohe Maß an Schuld der Täter, das in der Gefährlichkeit ihrer Tat seinen Ausdruck findet (§ 32 Abs 3 StGB). Der Gesetzgeber des Jahres 1985 (BGBl Nr 184) wollte gerade durch die Schaffung der Qualifikationen nach den Absätzen 2 bis 4 des § 12 SuchtgiftG die gefährlichen internationalen Suchtgifthändler treffen und durch die Erhöhung der Strafobergrenzen deutlich zum Ausdruck bringen, daß den Gerichten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt werden soll, damit die belastenden Momente (hier die die übergroße Menge weit übersteigende Quantität des gefährlichen Suchtgifts Heroin und die bandenmäßige Begehung) bei der Strafausmessung auch entsprechenden Niederschlag finden können (EvBl 1988/88). Demnach ist die Ausmessung der Freiheitsstrafen im mittleren Bereiche der Strafdrohung bei dem die vorliegende Tat organisierenden Ahmet A*** und bei dem den Transport tatsächlich besorgenden Metin K*** angesichts des hohen Unrechtsgehalts der Tat und der Gefährlichkeit dieses Suchtgifthandels keineswegs überhöht. Daß das sofort abgelegte Geständnis des Metin K*** (S 25-31/I) nicht in einer weiteren Strafabstufung zu der über Ahmet A*** verhängten Sanktion führen konnte, hat seine Ursache in dessen einschlägiger Vorbelastung, die, entgegen den Berufungsausführungen, sehr wohl auch bei einer inländischen Straftat Berücksichtigung zu finden hat (§ 73 StGB). Auch die übrigen von Metin K*** in seiner Berufung reklamierten Milderungsumstände vermögen keinen Grund dafür zu liefern, die Strafe zu mildern, wenngleich es richtig ist, daß die zu A II verurteilte Tat bloß versucht wurde (§ 35 Z 13 StGB). Ebenso verhält es sich mit den Berufungsausführungen des Ahmet A***, zumal dessen gelegentlicher Suchtgiftkonsum keinesfalls den Erfordernissen des § 12 Abs 2, zweiter Satz, SuchtgiftG genügt; hat er die Tat doch nicht ausschließlich deshalb begangen, um sich die Mittel zum Eigenkonsum von Suchtgift zu verschaffen. Abgesehen davon, daß eine Süchtigkeit dieses Berufungswerbers ausdrücklich gar nicht festgestellt wurde (S 466/I), könnte dies allein jedenfalls keinen ins Gewicht fallenden Milderungsumstand darstellen (Leukauf-Steininger2 Rz 29 zu § 34 StGB).

Wenn die beiden Berufungswerber ferner auch die Geldstrafen nach dem FinStrG mit dem Argument bekämpfen, daß sie zu hoch und ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht angepaßt seien, ist dem lediglich zu erwidern, daß gerade bei der gegebenen Sachverhaltskonstellation, wo die Tat ihm Rahmen einer internationalen Suchtgifthändlerbande begangen wurde, und demgemäß auch generalpräventive Erwägungen eine wirksame Ahndung des Finanzvergehens erfordern, eine unmittelbare Relation der (gemäß § 38 Abs 1 iVm § 15 FinStrG) primär zu verhängenden Geldstrafe mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des einzelnen Tatbeteiligten ohne Berücksichtigung der Schuld- und Unrechtskomponenten dem Strafzweck zuwiderlaufen und die Höhe der Geldstrafe für die (bandenmäßige) Organisation etwa durch den Einsatz mittelloser Transporteure manipulierbar machen würde (so schon 12 Os 5/81 nv). Unter Heranziehung der bereits erörterten Strafzumessungsgründe im Sinn der §§ 32 bis 34 StGB (§ 23 Abs 2 FinStrG) erscheinen auch die unter Zugrundelegung des unbedenklich errechneten strafbestimmenden Wertbetrages (S 488/I) verhängten, den Strafrahmen bei weitem nicht ausschöpfenden Geldstrafen schuld- und tatangemessen (§ 23 Abs 1 bis 3 FinStrG). Auch die bloß mit der Hälfte des zulässigen Maximums (§ 20 FinStrG) festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen sind angemessen. Aber auch die Berufungsausführungen der Fadime A*** erweisen sich als nicht geeignet, die ohnehin unter Berücksichtigung der untergeordneten Tatbeteiligung im untersten Bereich des Strafrahmens des § 12 Abs 3 SuchtgiftG ausgemessene Freiheitsstrafe noch weiter zu reduzieren, weil gerade angesichts der ins Treffen geführten Mutterpflichten (für zwei Kinder) zu erwarten gewesen wäre, daß die Berufungswerberin vor einem derart kriminellen Geschäft zurückschrecken würde. Bei der detaillierten Planung der Tat kann von einer Unbesonnenheit jedenfalls keine Rede sein. Bleibt aber die verhängte Strafe unberührt, scheidet auch die (begehrte) Anwendung des § 43 StGB aus. Da Fadime A*** weder bei der Anmeldung (S 455/I) noch in der Ausführung der Berufung (ON 114/II) die Erklärung abgegeben hat, auch die nach dem Finanzstrafgesetz ausgesprochene Unrechtsfolge bekämpfen zu wollen (§ 294 Abs 2 StPO), war es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, diesen Teil des Strafausspruches einer Überprüfung zu unterziehen (§ 295 Abs 1 StPO). Es war daher den Berufungen insgesamt der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E19667

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00161.89.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19891221_OGH0002_0120OS00161_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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