TE OGH 1990/1/9 4Ob168/89

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Veröffentlicht am 09.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R. J. R*** T*** C***, Winston-Salem, Main & Forth Streets, North Carolina, USA, vertreten durch Dr. Arthur Wolff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ö***

S*** FÜR N***, Innsbruck, Thomas-Riß-Weg 10,

vertreten durch Dr. Gerhard Sarlay, Rechtsanwalt in Innsbruck, und

2. Robert R***, Angestellter, Innsbruck, Thomas-Riß-Weg 10, vertreten durch Dr. Friedrich Huber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, Schadenersatz, Buße und Urteilsveröffentlichung (Streitwert insgesamt S 445.000,--), infolge Revision beider Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. September 1989, GZ. 3 R 238/89-32, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. April 1989, GZ. 18 Cg 57/88-23, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß

1.) sein Punkt 1. wie folgt zu lauten hat:

"Die Beklagten sind schuldig, es ab sofort bei Exekution zu unterlassen, das Wort "K***" oder "C***" im Zusammenhang mit dem Rauchen von Zigaretten für Zwecke ihrer Anti-Raucherwerbung zu verwenden, und zwar insbesondere in der folgenden Darstellung:

Abbildung nicht darstellbar!

";

2.) in seinem Punkt 2. die Worte "zur ungeteilten Hand" zu entfallen haben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit S 15.643,98 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 2.607,33 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Inhaberin mehrerer österreichischer Wortmarken und Wort-Bild-Marken, die aus dem Schriftzug "C***" bzw. zusätzlich im wesentlichen aus der Darstellung eines Kamels bestehen; diese Marken sind unter anderem für Rohtabak und Tabakerzeugnisse eingetragen. Wegen des staatlichen Tabakmonopols in Österreich vertreibt die Klägerin die Tabakwaren hier nicht selbst; sie hat der A*** Tabakwerke AG die Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb von Zigaretten der Marke "C***" erteilt. Die Zeichen der Klägerin haben hohe Kennzeichnungs- und Werbekraft. Die Klägerin verwendet auch den Werbeslogan "Ich geh' meilenweit für C***-Filter" (bzw. "...... für eine C***"), der einen hohen Bekanntheitsgrad hat. Die Bildung des erstbeklagten Vereins wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 17. April 1987, Zl. 97.704/2-II/15/87 nicht untersagt. Der Verein betätigt sich nach seinen Statuten gemeinnützig. Er bezweckt den Schutz der Nichtraucher vor den Gefahren und Beeinträchtigungen des Passivrauchens mit Hilfe gesetzlich zulässiger Mittel. Der Vereinszweck soll durch Herausgabe von Zeitschriften, Broschüren, Büchern, Flugblättern, Plakaten, Aufklebern, Abzeichen und sonstigen gleichartigen Mitteln zur Bewußtseinsstärkung der Nichtraucher erreicht werden. Der Zweitbeklagte ist der Obmann und damit der gesetzliche Vertreter des Vereins. Er und andere Vereinsmitglieder verkauften in der zweiten Septemberwoche 1987 Aufkleber und Poster mit folgender Darstellung:

Abbildung nicht darstellbar!

Der Zweitbeklagte ist auch Medieninhaber, Verleger und Schriftleiter der periodischen Druckschrift "Nichtraucher-Rundschreiben". In einem der Ausgabe 1/87 dieser Zeitschrift beigehefteten Materialkatalog bot die Erstbeklagte den oben abgebildeten Aufkleber um S 7,-- pro Stück sowie Flugblätter mit dem Text "Nur ein Kamel geht meilenweit für eine Zigarette" um S 3,-- pro Stück an.

Die Klägerin begehrt (ua), die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen

1. das Wort "K***" oder "C***" oder eine Darstellung eines Kamels im Zusammenhang mit Zigaretten und/oder Rauchen, insbesondere in einem als Anti-Rauchwerbung erkennbaren Zusammenhang und in der Aufmachung des oben abgebildeten Aufklebers, zu verwenden; in eventu: diese Darstellung und/oder den Spruch "Nur ein Kamel geht meilenweit für eine Zigarette" zu verwenden,

2. Aufkleber/Flugblätter/Poster mit dieser Aufmachung anzubieten, zu verkaufen oder sonstwie zu verbreiten.

Der beanstandete Slogan erwecke den Eindruck, daß nur ein Mensch, der "so dumm wie ein Kamel ist", (insbesondere) C***-Zigaretten rauche, und daß deren Genuß zu einem früheren Tod führen könne. Der beanstandete Aufkleber sei geeignet, Raucher vom Rauchen von C***-Zigaretten abzubringen und zum Rauchen anderer, allenfalls weniger starker Zigaretten zu verleiten. Die Erstbeklagte handle damit zu Zwecken des Wettbewerbes. Diese Werbung verstoße gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG, weil sie Konkurrenten unnötig bloßstelle und das sachlich zulässige Maß einer Anti-Raucherwerbung überschreite. Die Verbreitung der beanstandeten Aufkleber (Poster) verstoße auch gegen § 7 UWG und § 1330 Abs 2 ABGB, weil sie geeignet sei, den Absatz von C***-Zigaretten zu schmälern. Die Gestaltung des Aufklebers/Posters verletze auch die Markenrechte und wegen der (entstellten) Verwendung des Werbeslogans "Ich geh' meilenweit für eine C***-Filter" die Ausstattungsrechte der Klägerin. Eine Warnung, die in auffallender Weise eine schwere Herabsetzung und Bloßstellung eines anderen Unternehmens enthalte, sei bei Fehlen eines Wettbewerbsverhältnisses gemäß § 1295 Abs 2 ABGB sittenwidrig. Der Inhalt des Aufklebers richte sich gezielt gegen das Rauchen von C***-Zigaretten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Die Erstbeklagte verwende die Marken der Klägerin nicht kennzeichenmäßig. Sie schädige mit dem beanstandeten Aufkleber dem Ruf der Klägerin nicht. Die Erstbeklagte trete nur dem Werbestil der Klägerin, die den Konsum von Zigaretten mit Symbolen für Freiheit, Abenteuer, Romantik, Männlichkeit und Härte in Verbindung bringe und damit eine Scheinwelt mit irrealem Lebensgefühl aufzubauen versuche, in Form der Karikatu emwt einem überzeichneten Bild der Wirklichkeit entgegen; auch der Konsument erwarte ja von einer Anti-Raucherwerbung weder sachliche Abhandlungen noch einen fairen Produktvergleich. Die Erstbeklagte erhebe mit ihrer Kritik keinen Anspruch auf Objektivität. Mit dieser Antiwerbung nehme die Erstbeklagte das Grundrecht der Meinungsfreiheit für sich in Anspruch.

Die Klägerin versuche, durch die Suggestion gesunder Umwelt die Konsumenten von der Unschädlichkeit ihrer Produkte zu überzeugen; sie arbeite mit Methoden, die in besonderer Weise geeignet seien, das angesprochene Publikum irrezuführen. Die Beklagten wendeten sich grundsätzlich gegen den Konsum von Tabakerzeugnissen; sie seien berechtigt, gerade auch die Marke "C***" der Klägerin anzugreifen. Der Zweitbeklagte sei als Obmann des erstbeklagten Vereins für dessen Handlungen nicht verantwortlich.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende weitere Feststellungen:

Die Klägerin wirbt für die Zigarettenmarke "C***" in deutschen Zeitschriften, die auch in Österreich vertrieben und gelesen werden. Diese Werbung enthält eine aufgebrochene Schachtel "C***", einen Werbeslogan und als Hintergrund Szenen in freier Natur; als Werbeslogans werden "Keine schmeckt besser", "Dafür geh ich meilenweit", "Der Weg lohnt sich", "It's your way" und "It's your lights" verwendet. Den Hintergrund dieser Werbung bilden Fotografien, die Männer in unberührter Natur, zum Teil bei sportlicher Betätigung am oder im Wasser, zeigen; die abgebildeten Flüsse und Wasserfälle führen sauberes und klares Wasser. Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Erstbeklagte im Sinne der in dieser Rechtssache vom Obersten Gerichtshof im Provisorialverfahren ausgesprochenen Rechtsansicht (13.9.1988, 4 Ob 48/88 - C*** - MR 1988, 194 = GRURInt 1989, 326; vgl. auch RdW 1989, 54) berechtigt gewesen sei, auf die Marken der Klägerin Bezug zu nehmen. Die Klägerin verwende in ihrer Werbung Gesundheitssymbole; sie zeige kerngesunde Menschen in unberührter Natur. Dadurch löse sie die Assoziation aus, ihre Zigaretten seien nicht oder doch weniger gesundheitsschädlich als Zigaretten anderer Marken. Die Anti-Raucherwerbung der Erstbeklagten richte sich gegen diese Unterstellungen in der Werbung der Klägerin. Der Unterlassungsanspruch bestehe daher nicht zu Recht. Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren (Punkt 1. und 2. des Klagebegehrens) statt; das Mehrbegehren (Leistungs- und Veröffentlichungsbegehren) blieb abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- und der Wert des gesamten Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteige.

Der zu beurteilende Sachverhalt stimme mit demjenigen, welcher der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Provisorialverfahren zugrunde gelegen war, so weitgehend überein, daß die Rechtssicherheit und die Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung der Rechtsfragen nicht gestatte, wenngleich keine formale Bindung des Berufungsgerichtes an die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Provisorialverfahren bestehe. Nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofes sei eine polemische, gegen eine bestimmte Marke gerichtete Kritik nur dann vertretbar, wenn damit einer irreführenden Werbung (wie etwa der Verbindung der Zigarettenwerbung mit typischen Gesundheitssymbolen) begegnet werde. Dieser Rechtfertigungsgrund liege aber nur vor, wenn die Anti-Raucherwerbung gerade die irreführende Werbung für eine bestimmte Zigarettenmarke beanstande und beispielsweise anprangere, daß sich die Werbung für diese Marke typischer Gesundheitssymbole bediene. Zwischen der Anti-Raucherwerbung der Erstbeklagten und der aufs Korn genommenen Werbung der Klägerin müßte daher ein innerer Zusammenhang bestehen, der aber von den Beklagten nicht einmal behauptet werde. In der beanstandeten Werbung der Erstbeklagten mit einem Kamel und einem Skelett als Reiter in Verbindung mit dem Slogan "Nur ein Kamel geht meilenweit für eine Zigarette" sei auch bei extensiver Interpretation keine gezielte Bezugnahme auf die irreführende Werbung von "C***" mit Gesundheitssymbolen zu sehen. Die Beklagten bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragen, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde.

Die Klägerin beantragt, den Revisionen der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof ist an seine im Provisorialverfahren ausgesprochene Rechtsansicht im späteren Hauptverfahren auch dann nicht gebunden, wenn es - wie im vorliegenden Fall - zu keiner relevanten Sachverhaltsänderung gekommen ist (1 Ob 653/51; JBl 1977, 156); § 511 Abs 1 ZPO ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Verhältnis zwischen Provisorialverfahren und Hauptverfahren nicht anzuwenden. Dennoch sieht sich der erkennende Senat - abgesehen von einer Neufassung der beantragten Verbote - nicht veranlaßt, von seiner bereits im Provisorialverfahren ausführlich begründeten Rechtsansicht über die bei der Auseinandersetzung mit den Gesundheitsgefahren des Rauchens zu beachtenden Grenzen zulässiger Kritik abzugehen. Im einzelnen ist dabei den Revisionen der Beklagten folgendes entgegenzuhalten:

Ganz abgesehen davon, daß die Anwendung des § 1330 Abs 1 (und Abs 2) ABGB kein vorsätzliches Handeln verlangt (Reischauer in Rummel, ABGB, II Rz 3 zu § 1330; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 173 mwN FN 4), kann nach dem festgestellten Sachverhalt gar nicht zweifelhaft sein, daß die dem erstbeklagten Verein zurechenbaren Organe vorsätzlich gehandelt haben, geben doch die Beklagten selbst zu, daß sie in ihrer Anti-Raucherwerbung dem Werbestil der Klägerin mit einem überzeichneten Bild der Wirklichkeit entgegentreten wollten. Wie sich aus zahlreichen vorgelegten Beilagen ergibt (vgl. insbesondere die in den "Nichtraucherrundschreiben" zum Verkauf angebotenen Aufkleber) arbeitet die Anti-Raucherwerbung der Beklagten neben der Verwendung "unternehmensneutraler" Werbemittel ganz gezielt damit, einzelne Zigarettenmarken stellvertretend für die gesamte Produktgattung anzugreifen.

Der Ansicht der Erstbeklagten, die Werbung mit den beanstandeten Aufklebern und Postern (- nach den Feststellungen des Erstgerichtes wurden auch Poster verkauft, so daß die Kritik an einer zu weiten Fassung des Klagebegehrens verfehlt ist -) sei "unternehmensneutral", weil das einhöckrige "Kamel" auf den Marken der Klägerin mit dem ganz anders gezeichneten "Trampeltier" auf den Werbemitteln der Erstbeklagten nicht zu verwechseln sei, kann nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht der Erstbeklagten ist die Beurteilung der Wirkung einer Werbebehauptung auf die angesprochenen

Verkehrskreise nach ständiger Rechtsprechung (SZ 47/31 = ÖBl 1974,

117; SZ 49/70 = ÖBl 1976, 101; ausführlich ÖBl 1985, 105; ÖBl 1987,

78; vgl auch Korn in MR 1986 Heft 4, 30) immer dann eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beantwortung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen; dieser Grundsatz muß auch außerhalb des Wettbewerbsrechtes für die Beurteilung der Wirkung einer unternehmensschädigenden Behauptung im Sinne des § 1330 ABGB gelten. Auch im vorliegenden Fall reichen die Erfahrungen des täglichen Lebens zur Beurteilung der Wirkung der beanstandeten Aufkleber auf das Publikum aus, so daß diese Frage vom Revisionsgericht als Rechtsfrage zu beurteilen ist.

Wegen der hohen Kennzeichnungs- und Werbekraft der verschiedenen "C***"-Zeichen (Marken, Werbesprüche; vgl. etwa GRUR 1985, 559) steht außer Zweifel, daß jedenfalls ein erheblicher Teil des Publikums in dem Werbeslogan "Nur ein Kamel geht meilenweit für eine Zigarette" die Werbesprüche der Klägerin "Ich geh' meilenweit für Camel-Filter" (bzw. "....... für eine C***") in entstellter Form wiedererkennen und auch das hier genannte und gezeichnete Kamel mit dem bekannten Bild des (einhöckrigen) Kamels auf den Zigarettenpackungen der Klägerin in Verbindung bringen wird. Diese Assoziation beruht nicht nur auf der Ähnlichkeit der Werbesprüche, sondern - vergleichbar mit den sogenannten "Überkreuzverwechslungen" (vgl. Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 158; ÖBl. 1986, 77) - auf dem (teilweise) gleichen Sinngehalt von Wort und Bild; das Publikum wird daher den beanstandeten Aufkleber (Poster) als deutliche Anspielung auf "C***"-Zigaretten auffassen; dabei wird aber ein gleichfalls noch erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise der gezielt gegen "C***" gerichteten Werbung auch die Bedeutung beilegen, daß es sich bei den Zigaretten der angegriffenen Marken um besonders starke und daher überdurchschnittlich gesundheitsschädliche Tabakwaren handelt, die von der Anti-Raucherwerbung der Erstbeklagten daher besonders aufs Korn genommen würden. Die Unterschiede in den Einzelheiten der Tierzeichnungen (einhöckriges, zweihöckriges Kamel) sind dagegen nur nebensächlich; sie ändern nichts an der deutlichen Bezugnahme auf die Erzeugnisse der Klägerin.

Entgegen der Ansicht der Beklagten richtet sich die beanstandete Anti-Raucherwerbung aber auch nicht gegen die wegen unterschwelliger Irreführung bedenkliche Werbung der Klägerin mit typischen Gesundheitssymbolen. Wie schon im Provisorialverfahren ausgeführt wurde, kann in Ausnahmsfällen auch eine individuelle Bezugnahme auf bestimmte Marken zulässig sein, so zum Beispiel dann, wenn mit der Anti-Raucherwerbung irreführenden Tendenzen einer bestimmten Tabakwerbung begegnet werden soll, etwa der Heranziehung typischer Gesundheitssymbole wie klare Gewässer, unberührte Landschaften usw. Der erkennende Senat hat jedoch schon im Provisorialverfahren ausgesprochen, daß solche rechtfertigenden Umstände hier nicht vorliegen, weil die angegriffenen "C***"-Marken vor allem die exotische Herkunft der verwendeten Tabake symbolisieren. Daß die von der Klägerin (bzw. ihrer Lizenznehmerin) verwendeten Tabake zum Teil aus der Türkei, im übrigen aber aus Amerika stammen, ändert nichts daran, daß das angesprochene Publikum in dem Bild eines Kamels (insbesondere in den Gestaltungen der Zigarettenpackung Beilage ./D mit Pyramiden, Palmen und der Silhouette einer Moschee mit Minaretten) ein Symbol des Orients sehen, nicht aber das Kamel (mit einem Skelett als Reiter!) als Gesundheitssymbol auffassen wird. Richtig ist, daß die beanstandete Darstellung drastisch zum Ausdruck bringt, daß Rauchen zu vorzeitigen Tod führt. Der beanstandete Aufkleber (Poster) stellt aber keinen Zusammenhang mit der Werbung der Klägerin mit typischen Gesundheitssymbolen her; er tritt den damit verbundenen irreführenden Tendenzen nicht entgegen. Der marktschreierische Werbespruch "Ich geh' meilenweit für eine C***" soll mit seinem Tatsachenkern auf die Beliebtheit bzw. den besonderen Geschmack von C***-Zigaretten hinweisen, für deren Kauf der Raucher auch weite Wege auf sich nimmt; keineswegs wird aber dadurch der Eindruck gesundheitlicher Unbedenklichkeit des Rauchens erweckt. Im übrigen ist zu dieser Frage auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen.

Da besondere produktbezogene Gründe nicht vorlagen, durfte die Erstbeklagte nicht gerade die Marke der Klägerin stellvertretend für alle anderen Produkte derselben Gattung herausgreifen, um damit die Gattung zu kritisieren. Der erkennende Senat sieht sich auch durch die seine Rechtsansicht im Provisorialverfahren angreifenden Ausführungen des Zweitbeklagten nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Zutreffend rügen aber die Beklagten im Hauptverfahren, daß das Urteilsbegehren nach seinem Wortlaut zu weit gefaßt ist: Nach ständiger Rechtsprechung kann das Gericht dem Spruch eine klarere und deutlichere, vom Wortlaut des Begehrens abweichende Fassung geben, wenn sich aus dem Vorbringen des Klägers deutlich ableiten läßt, was er wollte; das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klageerzählung vom Kläger gemeint ist (ÖBl. 1979, 119; SZ 58/187; MR 1989, 104 uva; ÖBl. 1983, 46). Das Vorbringen der Klägerin, wonach sie zahlreiche "C***"-Marken besitze und die Berufung auf einen Eingriff in ihre Marken- und Ausstattungsrechte legen zwar zunächst den Schluß nahe, daß sie den Beklagten die Verwendung der Worte "K***" oder "C***" im Zusammenhang mit Zigaretten und/oder Rauchen schlechthin verbieten lassen wollte. Das weitere Vorbringen der Klägerin zu den Verstößen der Beklagten gegen den Marken- und Ausstattungsschutz zeigt jedoch, daß es ihr nur darum geht, die Verwendung ihrer Werbesprüche und C***-Marken in entstellter Form für Zwecke der Anti-Raucherwerbung der Erstbeklagten zu unterbinden; das ergibt sich insbesondere aus den von der Klägerin zitierten Beispielen aus der deutschen Rechtsprechung. In diesem Sinne war das Klagebegehren neu zu fassen, so daß damit den Einwänden der Beklagten gegen eine zu weite Fassung des Klagebegehrens voll Rechnung getragen ist. Den Revisionen der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

Zu entfallen hat auch die Verpflichtung zur Unterlassung "zur ungeteilten Hand " (ÖBl. 1978, 154; ÖBl. 1980, 159). Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch die Klägerin war es nicht erforderlich, daß sie zu den gleichzeitig zugestellten Revisionen der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten getrennte Revisionsbeantwortungen erstattet hat.

Anmerkung

E19500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00168.89.0109.000

Dokumentnummer

JJT_19900109_OGH0002_0040OB00168_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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