TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/21 2002/10/0119

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2005
beobachten
merken

Index

L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §140;
ABGB §143 Abs2;
ABGB §143;
SHG Stmk 1998 §28 Z2;
SHG Stmk 1998 §29 Abs3;
SHG Stmk 1998 §34 Abs1;
SHG Stmk 1998 §34 Abs2;
SHG Stmk 1998 §35;
SHG Stmk 1998 §36 Abs1;
SHG Stmk 1998 §39 Z2;
SHG Stmk 1998 §4 Abs1;
SHG Stmk 1998 §5 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath, Mag. Gerhard Stingl und Mag. Georg Dieter, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Mai 2002, Zl. FA11-32-332/99-14, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1912 geborene Mutter des Beschwerdeführers hat am 26. November 1997 bei der Bezirkshauptmannschaft D (BH) einen Antrag auf Übernahme der Restkosten der notwendigen Pflege und Unterbringung im Seniorenwohnheim D aus Sozialhilfemitteln gestellt.

Mit Bescheid der BH vom 15. Dezember 1997 wurde ihr unter Berufung auf die §§ 14, 13 und 46 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 1/1977, Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Übernahme der ungedeckten Kosten der Unterbringung und Pflege im Seniorenwohnheim D ab 2. Dezember 1997 gewährt. Die nicht durch Pension, Leibrente oder dgl. gedeckten Verpflegskosten wurden gemäß § 13 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes für die Dauer des Aufenthaltes vom Sozialhilfeverband Deutschlandsberg übernommen.

Mit Bescheid der BH vom 26. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer gemäß den §§ 28 Z. 2 und 35 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes 1998, LGBl. Nr. 29/1998 (Stmk. SHG), verpflichtet, dem Sozialhilfeverband einen Betrag in Höhe von S 28.695,-- zu ersetzen, den der Sozialhilfeverband im Zeitraum vom 2. Dezember 1997 bis 31. Dezember 1998 im Rahmen der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für die Unterbringung im genannten Seniorenwohnheim erbracht habe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte dabei im Wesentlichen vor, die BH habe ohne Antrag des Sozialhilfeverbandes im Sinne des § 34 Abs. 2 Stmk. SHG einen Rückforderungsbescheid erlassen.

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. Juli 2000 wurde der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und der Bescheid der BH vom 26. Jänner 1999 ersatzlos behoben.

Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat der Sozialhilfeverband am 17. Juli 2000 unter Berufung auf § 34 Abs. 2 Stmk. SHG bei der BH den Antrag gestellt, "eine Entscheidung über die Höhe des Aufwandersatzes" des Beschwerdeführers zu treffen.

Mit Bescheid der BH vom 21. Juni 2001 wurde der Beschwerdeführer darauf hin gemäß § 28 Z. 2 und § 35 Stmk. SHG verpflichtet, dem Sozialhilfeverband für die Zeit vom 2. Dezember 1997 bis 31. Dezember 2000 einen näher aufgeschlüsselten Aufwandersatz im Gesamtbetrag von S 83.757,-- zu leisten.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Aufnahme seiner Mutter in das Pflegeheim sei nicht notwendig gewesen. Ferner seien die Aufwandersatzvorschreibungen für die Jahre 1997 bzw. 1998 verjährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer einen monatlichen Aufwandersatz wie folgt zu leisten habe:

"Vom 02.12.1997 bis 31.12.1997: EUR 170,03 (d.s. S 2.339,61),

vom 01.01.1998 bis 31.08.1998: EUR 175,69 (d.s. S 2.417,60),

vom 01.09.1998 bis 31.12.1998: EUR 112,05 (d.s. S 1.541,80),

vom 01.01.1999 bis 31.12.1999: EUR 131,64 (d.s. S 1.811,46), vom 01.01.2000 bis 31.12.2000: EUR 169,64 (d.s. S 2.334,26)."

Nach der Begründung - soweit für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung - sei die grundsätzliche Pflegenotwendigkeit der Mutter des Beschwerdeführers vom behandelnden Arzt festgestellt und auch durch die Zuerkennung des Pflegegeldes der Stufe 3 bestätigt worden. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte sei die Notwendigkeit eines Aufenthaltes eines betagten Elternteiles in einem Seniorenheim nur dann nicht gegeben, wenn dieser Elternteil in der Lage wäre, völlig auf sich allein gestellt in einer anderen Unterkunft zu wohnen; dabei sei aber zu beachten, dass das unterhaltspflichtige Kind dem Elternteil Naturalunterhalt dadurch, dass es ihn anstelle der Heimunterbringung in seinem Haushalt aufnehme, nicht aufdrängen dürfe. Gegen den Beschwerdeführer sei bereits im Jahre 1998 ein Aufwandersatzverfahren eingeleitet worden. Der Sozialhilfeverband D habe erst am 17. Juli 2000 bei der BH den Antrag gestellt, einen Aufwandersatz bescheidmäßig vorzuschreiben. Allerdings könnten Aufwandersatzvorschreibungen "auf drei Jahre zurück" verlangt werden. Spätestens durch den Antrag des Sozialhilfeverbandes vom 17. Juli 2000 (dieser Antrag entspreche der Einbringung einer Klage bei Gericht) sei jedenfalls die Verjährung unterbrochen worden. L, eine Schwester des Beschwerdeführers, habe sich am 30. November 1987 aus dem Rechtsgrund der landwirtschaftlichen Gutsübergabe verpflichtet, auf einer näher genannten Liegenschaft der Mutter auf Lebenszeit das ordentliche und vollständige Ausgedinge zu leisten. Durch die Heimunterbringung der Mutter sei der Anspruch auf die Ausgedingsleistung auf den Sozialhilfeträger übergegangen. L habe sich gegenüber dem Sozialhilfeverband verpflichtet, einen monatlichen Kostenersatz in Höhe von S 2.700,--

zu leisten. Ein darüber hinaus gehender Kostenersatz habe mangels Einkommens nicht geltend gemacht werden können. In dem genannten Notariatsakt sei neben dem Wohnrecht in Krankheitsfällen die erforderliche Bedienung, Wartung und Pflege, die Besorgung der erforderlichen Gänge, insbesondere zum Arzt, zur Apotheke, zu Behörden, Geschäftsleuten und Ämtern festgeschrieben worden. Insbesondere sei festgelegt worden, dass die Krankheitskosten vom Übergeber selbst zu tragen seien. Wenn also selbst Krankenhauskosten vom Übergeber zu bezahlen seien, seien auch Pflegeheimkosten vom Übergeber selbst zu tragen.

Zur Behauptung des Beschwerdeführers, eine Pflege seiner Mutter wäre zu Hause unter Inanspruchnahme der Hauskrankenpflege möglich gewesen, sei von der belangten Behörde eine Stellungnahme des betreuenden Hausarztes eingeholt worden. Dieser habe im Wesentlichen vorgebracht, die Mutter des Beschwerdeführers sei seiner Ansicht nach nicht ausreichend versorgt gewesen. Sie hätte einen verwirrten Eindruck gemacht und sei auf Grund eines Wandertriebes mehrmals gestürzt. Nach Auffassung des Hausarztes könne die Mutter des Beschwerdeführers durch Hauskrankenpflege nicht ausreichend versorgt werden. Ferner sei berichtet worden, dass im Haus keine Wasserinstallation vorhanden sei und sich die Toilette im Freien befinde.

Aus der Pflegedokumentation des Seniorenwohnheimes habe sich ergeben, dass bei Aufnahme in das Heim eine körperliche und seelische Verwahrlosung gegeben gewesen sei. Waschen hätte erst gelernt werden müssen. Auch Wasserhahn, Bad, Dusche etc. hätte die Mutter des Beschwerdeführers erst kennen lernen müssen.

Die Schwester des Beschwerdeführers, L, habe vor der BH niederschriftlich angegeben, dass das Haus in einem äußerst desolaten Zustand gewesen sei. Es gebe zwar Fließwasser, jedoch keinen Boiler, keine Toilette und kein Badezimmer. Warmes Wasser zur Körperpflege hätte auf einem Herd erwärmt werden müssen. Die Mutter hätte sich nicht mehr alleine waschen können. Auf Grund von Schwindelanfällen sei sie auch öfter gestürzt. Auch in der Nacht hätte L der Mutter beim Aufsuchen der Toilette (in ca. 30 m Entfernung) behilflich sein müssen.

Nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsvorschriften hob die belangte Behörde hervor, dass nach § 143 ABGB grundsätzlich "angemessener" Unterhalt zu leisten sei. Das heiße, dass die Unterhaltshöhe zur Deckung der angemessenen Bedürfnisse des berechtigten Vorfahren ausreichen müsse. Aus "Retorsions- bzw. Symmetrieüberlegungen" werde man im Zweifel von der gleichen Prozentkomponente wie für den Unterhalt erwachsener Kinder ausgehen müssen. Als "angemessen" seien dabei 22 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage (= regelmäßiges Nettoeinkommen) des unterhaltspflichtigen Kindes anzunehmen. Zur grundsätzlichen Pflegenotwendigkeit der Mutter des Beschwerdeführers sei auf die Darlegungen des behandelnden Hausarztes hinzuweisen sowie auf die Dokumentation des Pflegeheims und die niederschriftliche Aussage von Aloisia A. Da die Mutter des Beschwerdeführers demnach seit November 1997 nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Verrichtungen des täglichen Lebens selbst - ohne fremde Hilfe - durchzuführen  sei die Pflege in einem Pflegeheim notwendig gewesen. Von einem "Aufdrängen der Pflege" könne keinesfalls die Rede sein.

Zur behaupteten Verjährung sei auf den Antrag des Sozialhilfeverbandes Deutschlandsberg vom 17. Juli 2000 zu verweisen. Spätestens durch diesen Antrag sei die Verjährung unterbrochen worden. Nach dem erwähnten Übergabsvertrag seien Krankheitskosten von den Übergebern selbst zu tragen. Daraus ergebe sich, dass auch Pflegheimkosten vom Übergeber selbst zu tragen seien. Die Schwester des Beschwerdeführers habe im Beurteilungszeitraum den Wert der vollen freien Station an den Sozialhilfeverband überwiesen. Die Schwester habe im Beurteilungszeitraum kein Einkommen über dem Existenzminimum bezogen.

Abschließend sei zu bemerken, dass die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung nach bürgerlichem Recht (22 % abzüglich je 1 % für zwei Kinder des Beschwerdeführers unter 10 Jahren, also im Beschwerdefall 20 % der Bemessungsgrundlage) eine Obergrenze darstelle, diese aber im vorliegenden Fall nicht ausgeschöpft worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der im 5. Abschnitt ("Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe") des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes enthaltene § 28 lautet auszugsweise:

"§ 28

Ersatzpflichtige

Der Hilfeempfänger, seine nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichtete Eltern, Kinder oder Ehegatten, seine Erben und Dritte sind verpflichtet, dem Sozialhilfeträger Aufwand nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen:

...

2. die Eltern, Kinder oder Ehegatten, soweit sie nach bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen zu erbringen;

..."

Der die Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den Eltern

regelnde § 143 ABGB bestimmt:

"§ 143. (1)

Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

(2) Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Range nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des stammeseigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet."

Die Kostenersatzpflicht nach § 28 Z. 2 Stmk. SHG ist einerseits dadurch begrenzt, dass der Unterhaltspflichtige nur in dem Umfang und für den Zeitraum Ersatz zu leisten hat, als auf Grund sozialhilferechtlicher Bestimmungen Sozialhilfeleistungen zur Deckung eines Bedarfes des Unterhaltspflichtigen rechtens erbracht wurden. Die Ersatzpflicht ist andererseits durch die Unterhaltspflicht selbst begrenzt (arg.: "soweit sie nach bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für die Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen zu erbringen"), der Ersatzpflichtige darf somit nur in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem er dem Empfänger der Sozialhilfe Unterhalt leisten müsste. Wesentliche Voraussetzung für die Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes ist, dass der Betreffende nicht in der Lage ist, den Lebensbedarf aus eigenen Mitteln zu bestreiten (§ 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Stmk. SHG). Die Frage der Einsetzbarkeit eigener Mittel ist aber auch für die Unterhaltspflicht gemäß § 143 Abs. 2 ABGB (arg.: "soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten") maßgebend (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zl. 2001/11/0267, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Zur Beurteilung der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern ist § 143 ABGB heranzuziehen. Voraussetzung für die Unterhaltspflicht des Nachfahren ist der Mangel der Selbsterhaltungsfähigkeit des Vorfahren. Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist, ob der Vorfahre in der Lage ist, die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse zu decken. Zu diesen gehören gerade bei altersbedingt betreuungsbedürftigen Menschen auch die erhöhten Kosten eines menschenwürdigen Heimaufenthaltes und notwendiger Pflege. Vorfahren mit unzureichender Altersversorgung oder ungedeckten Pflegekosten sind daher nicht selbsterhaltungsfähig (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0052).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage war der Unterhaltsbedarf der Mutter des Beschwerdeführers entscheidend durch die Kosten der Unterbringung im Seniorenwohnheim und durch ihr Eigeneinkommen andererseits bestimmt. Diesbezüglich hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zunächst festgestellt, dass der Mutter der Beschwerdeführerin mit Bescheid der BH vom 15. Dezember 1997 Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Übernahme der ungedeckten Kosten der Unterbringung und Pflege im Seniorenwohnheim ab 2. Dezember 1997 gewährt worden ist. Daraus resultiere ein näher dargestellter durchschnittlicher monatlicher Aufwand des Sozialhilfeverbandes (Differenzkosten = Pflegeheimkosten abzüglich Eigenleistung). Der Beschwerdeführer hat diese Feststellungen nicht bekämpft; sie sind daher auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen.

Der Beschwerdeführer vertritt - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, der Sozialhilfeverband habe seine Forderung bei der BH nicht im Sinne des § 29 Abs. 3 Stmk. SHG entsprechend geltend gemacht. Es sei weder feststellungsgegenständlich, in welcher Höhe der Sozialhilfeverband Aufwendungen geltend gemacht habe, noch in welchem Ausmaß er für die diesbezüglichen Zeiträume gegenüber anderen im Sinne des § 28 Stmk. SHG Rückersatzpflichtigen Ersatzansprüche mit Erfolg geltend gemacht habe. Zur Beurteilung, inwiefern eine etwaige Verjährung der Ansprüche vorliege, wären diesbezügliche Feststellungen jedoch unabdingbar gewesen. Eine Antragstellung im Sinne des § 34 Abs. 2 Stmk. SHG wäre auch nur dann vorgelegen, wenn das Rückersatzbegehren bzw. der getätigte Aufwand hinreichend bestimmt formuliert gewesen wäre. Eine Konkretisierung sei jedoch erst im Berufungsstadium erfolgt, weshalb von einer verjährungshemmenden Antragstellung im Sinne des § 29 Abs. 3 leg. cit. nicht auszugehen sei. Ein schlichtes Begehren auf "Feststellung der Ersatzpflicht" des Beschwerdeführers sei in dieser Hinsicht als nicht hinreichend zu betrachten.

Gemäß § 34 Abs. 1 Stmk. SHG können die Sozialhilfeträger über Ersatzansprüche mit dem Ersatzpflichtigen Vergleiche abschließen. Einem solchen Vergleich kommt, wenn er vor der Bezirksverwaltungsbehörde beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches zu. Kommt ein Vergleich im Sinne des Abs. 1 nicht zustande, so hat gemäß § 34 Abs. 2 Stmk. SHG auf Antrag die nach § 35 zuständige Behörde mit Bescheid zu entscheiden.

Nach § 29 Abs. 3 Stmk. SHG verjähren Ersatzansprüche, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, drei Jahre verstrichen sind.

Die Verjährung von Rückersatzansprüchen beginnt mit der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung des Ersatzanspruches durch den Sozialhilfeträger gegen irgendeinen Ersatzpflichtigen zu laufen, das heißt, unabhängig vom Bestehen einer konkreten Ersatzpflicht nach § 39 (also vom Vorhandensein von Einkünften oder Vermögen des Hilfeempfängers, von Unterhaltspflichten der in § 39 Z. 2 Stmk. SHG genannten Personen, einem hinreichenden Nachlass oder Rechtsansprüchen oder Forderungen des Hilfeempfängers gegen Dritte) ab der Tätigung des Sozialhilfeaufwandes durch den Sozialhilfeträger. Eine "Grundsatzentscheidung" (also eine Entscheidung über den Ersatzanspruch als solchen) ist nicht vorgesehen. In Anwendung der Regeln des ABGB wird die Verjährung durch ein Anerkenntnis des Ersatzpflichtigen oder durch das Einlangen des Antrages des Sozialhilfeträgers auf bescheidmäßige Vorschreibung des Kostenersatzes bei der nach § 36 Abs. 1 (nunmehr: § 35) zuständigen Behörden unterbrochen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 19. September 1984, VwSlg. 11.526/A).

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass der Mutter des Beschwerdeführers ab 2. Dezember 1997 Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Übernahme der ungedeckten Kosten der Unterbringung und Pflege im Seniorenwohnheim gewährt worden ist. Der Sozialhilfeverband hat am 17. Juli 2000 bei der BH den Antrag gestellt, dem Beschwerdeführer den Kostenrückersatz mittels Bescheid vorzuschreiben. Da nach dem oben wiedergegebenen § 29 Abs. 3 Stmk. SHG Ersatzansprüche erst verjähren, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, drei Jahre verstrichen sind, ist davon auszugehen, dass mit dem Antrag des Sozialhilfeverbandes vom 17. Juli 2000 eine Unterbrechung der Verjährung eingetreten ist. Dass dabei der bereits getätigte Aufwand "hinreichend bestimmt formuliert" sein müsste, wie der Beschwerdeführer meint, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Soweit der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde seiner Aufwandersatzverpflichtung zugrunde gelegten (unterschiedlichen) Prozentsätze (16 % der Bemessungsgrundlage für den Zeitraum 1997 bis 1998, 13 % für den Zeitraum 1998 sowie 14 % für den Zeitraum 1999) als "willkürlich" bekämpft, ist er darauf zu verweisen, dass beim Unterhaltsanspruch der Vorfahren gegen Nachkommen grundsätzlich von der gleichen Prozentkomponente wie für den Unterhalt erwachsener Kinder auszugehen und als "angemessen" 22 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage des Unterhaltsverpflichteten als Richtwert anzunehmen sein wird (vgl. etwa Schwimann, Unterhaltsrecht2, S. 111 ff). Im Beschwerdefall wurde die Obergrenze von 20 % (22 % abzüglich 2 % für zwei Kinder des Beschwerdeführers unter 10 Jahren; vgl. hiezu die bei Stabentheiner in Rummel, ABGB3, zu § 140 in Rz 5c angeführte Rechtsprechung) nicht ausgeschöpft, weshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem in der Beschwerde angeführten Gesichtspunkt nicht vorliegt.

Auch mit dem Vorbringen, hätte seine Schwester der Mutter die entsprechenden Leistungen aus dem Notariatsakt tatsächlich angedeihen lassen, so hätte die Mutter in häuslicher Pflege verbleiben können, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Nach den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde ist sowohl auf Grund der Angaben des Hausarztes als auch der Pflegedokumentation des Seniorenwohnheimes sowie den Angaben der L davon auszugehen, dass die Mutter des Beschwerdeführers nicht mehr in der Lage war, die Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe durchzuführen, weshalb die Pflege in einem Pflegeheim erforderlich war.

Sofern der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Parteiengehörs rügt, dass ihm weder die Angaben seiner Schwester noch das Schreiben des Hausarztes sowie die Pflegedokumentation des Seniorenwohnheimes zur Kenntnis gebracht worden seien, ist ihm zu erwidern, dass er die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargelegt hat. Der Beschwerdeführer hat nämlich durch konkretes tatsächliches Vorbringen darzulegen, zu welchem anderen Ergebnis die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte gelangen können (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 27. Jänner 2003, Zl. 2002/10/0227).

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. November 2005

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002100119.X00

Im RIS seit

20.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten