TE OGH 1990/1/17 9ObA61/89

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Veröffentlicht am 17.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Dr. Renate Klenner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhold S***, Geschäftsführer, Innsbruck, Beda Weber-Gasse 3 (auch Roßbachstraße 3), vertreten durch Dr. Martin Stoll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A*** F***- UND M*** Gesellschaft mbH,

Braunau am Inn, Laaber Holzweg 44, vertreten durch Dr. Florian Lackner ua, Rechtsanwälte in Braunau am Inn, wegen 163.405 S netto und 203.672,70 S brutto sA (Streitwert im Revisionsverfahren 182.693 S sA), infolge Revision der beklagten und Rekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11.Oktober 1988, GZ 5 Ra 120/88-29, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 29.April 1988, GZ 47 Cga 1044/87-22, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des Berufungsgerichtes im angefochtenen Umfang zutreffend ist, genügt es insoweit auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

Bei Beurteilung der Zumutbarkeit des Urlaubsverbrauches während der Kündigungsfrist ist vor allem der Erholungszweck des Urlaubes zu berücksichtigen, wobei insbesondere auch auf die persönlichen und familiären Verhältnisse des Dienstnehmers Bedacht zu nehmen ist. Besonders ins Gewicht fällt aber im vorliegenden Fall, daß sich der Kläger in der Zeit vom 24.11.1986 bis 20.1.1987 im Zusammenhang mit einer Operation im Krankenstand befand. Soweit das Berufungsgericht, das den Verbrauch von 30 Urlaubstagen während der sechsmonatigen Kündigungsfrist für zumutbar erachtete, unter diesen Umständen zum Ergebnis gelangte, daß dem Kläger ein weiterer Verbrauch eines Urlaubes von 60 Tagen während der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte, bestehen dagegen keine Bedenken.

Der Kläger wendet sich mit seinem gegen den aufhebenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung gerichteten, fälschlich als Revision bezeichneten Rekurs ausschließlich dagegen, daß das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes auch hinsichtlich eines Teilbetrages von 50.000 S aufgehoben und die Rechtssache auch insoweit an das Erstgericht zurückverwies. Er vertritt die Meinung, daß in diesem Umfang seinem Begehren sofort stattzugeben gewesen wäre, da die beklagte Partei einen Lohnsteuerbetrag in dieser Höhe noch gar nicht abgeführt habe. Die Einforderung von rückständiger Lohnsteuer komme nur dann und nur in dem Ausmaß in Betracht, soweit der Dienstgeber eine solche Steuerschuld an die Finanzbehörde tatsächlich entrichtet habe.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Auszugehen ist von den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1972. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer (Lohnsteuer) gemäß § 47 Abs. 1 durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben. Der Dienstgeber hat die Lohnsteuer gemäß § 78 Abs. 1 EStG bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und haftet dem Bund gemäß § 82 Abs. 1 leg cit für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Sollte, was im Sinn des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichtes noch zu klären sein wird, zufolge unrichtiger Vorgangsweise bei der laufenden Abrechnung der Bezüge des Klägers in den Jahren 1985 und 1986 eine offene Lohnsteuerschuld in der geltend gemachten Höhe bestehen, so wäre dafür ausschließlich die beklagte Partei haftbar; eine direkte Inanspruchnahme des Klägers kommt nicht in Betracht, da einer der Ausnahmsfälle des § 82 Abs. 2 EStG 1972 nach den Verfahrensergebnissen nicht vorliegt. Der offene Steuerbetrag ist von der beklagten Partei gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1972, wenn auch die dort bezeichnete Frist überschritten wurde, an das Finanzamt abzuführen; diese Verpflichtung ist vom Ergebnis einer allfälligen Lohnsteuerprüfung nicht abhängig. So wie der laufende Einbehalt der Lohnsteuer durch den Dienstgeber von der tatsächlichen Abfuhr der einbehaltenen Beträge nicht abhängig ist - der Arbeitnehmer kann etwa vom Arbeitgeber einbehaltene, von diesem jedoch nicht an die Steuerbehörde abgeführte Lohnsteuer nicht ohne weiteres gegen diesen geltend machen -, ist auch das Recht des Arbeitgebers, Nachzahlungsbeträge, die sich aus zu gering berechneter Lohnsteuer aus früheren Zeiträumen ergeben, vom Dienstnehmer einzubehalten, nicht vom Nachweis der tatsächlichen Entrichtung der Nachzahlung an das Finanzamt abhängig. Das Recht des Arbeitgebers, Lohnsteuer für frühere Zeiträume einzubehalten, wird dann zu verneinen sein, wenn zufolge Ablaufs von Fristen für die Geltendmachung der Forderung durch die Steuerbehörde gegen ihn feststeht, daß der Dienstgeber zur Zahlung nicht mehr herangezogen werden kann. Derartiges wurde aber von der klagenden Partei nicht behauptet. Es mußte daher beiden Rechtsmitteln, in denen ausschließlich hier erörterte Fragen releviert wurden, ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E19347

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00061.89.0117.000

Dokumentnummer

JJT_19900117_OGH0002_009OBA00061_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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