TE OGH 1990/1/18 8Ob660/88

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Veröffentlicht am 18.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Hon. Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*** Zentralheizungs-Installations-Gesellschaft mbH, Wien 14, Hütteldorferstraße 124, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Dr. Wolfgang Putz und Dr. Boesch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ed. Z*** Aktiengesellschaft, Zweigniederlassung Wien, Wien 12, Kriechbaumgasse 33, 2.) S*** Bau-Aktiengesellschaft, Wien 1, Seilerstätte 18-20, beide vertreten durch Dr. Walter Papis und Dr. Josef Ebner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,054.614,80 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Juni 1988, GZ 1 R 93/88-49, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8. Dezember 1987, GZ 15 Cg 111/84-44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Von der Post- und Telegrafendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden die beklagten Parteien als Generalunternehmer entsprechend der von Architekt Prof. Ing. G*** durchgeführten Planung mit der Errichtung des "Postzentrums Nord" betraut. Am 30. November 1982 erteilten sie ihrerseits der klagenden Partei den schriftlichen Auftrag (Beilage ./1) zur Herstellung des Gewerkes "Heizung, Lüftung und Sanitärinstallationen" gegen Zahlung eines Pauschalpreises. Bestandteil des Auftragschreibens waren (bei Widersprüchen in dieser Reihenfolge) ua

1. die Niederschrift über die Auftragsverhandlung vom

29. November 1982 Beilage ./7

2. die Bestimmungen des Auftragschreibens

3. die dem Auftragnehmer zur Kenntnis gebrachten Vertragsbedingungen

des Hauptvertrages zwischen dem Auftraggeber und dem Bauherrn,

soweit sie den Auftragnehmer betreffen (Beilage ./8)

4. die Allgemeinen Bedingungen für Professionistenleistungen der

Vereinigung industrieller Bauunternehmungen Österreichs

(VIBÖ Beilage ./6) ......

8. die behördlich genehmigten oder zu genehmigenden Bau-

und Konstruktionspläne samt den technischen Unterlagen und der

rechtskräftigen Baubewilligung sowie die Ausführungs-

und Detailpläne

9. die einschlägigen Ö-Normen in der zur Zeit der Auftragserteilung

gültigen Fassung und subsidiär die DIN.

Die von der ARGE Postzentrum Nord stammende

Leistungsbeschreibung Beilage ./2, die unbestritten der

Ausschreibung beilag, hat ua folgenden Inhalt:

"Grundlage des Leistungsumfanges ist das Leistungsbuch für

Anbotlegung oder Ausführung des Postzentrums Nord, verfaßt von

Architekt Prof. G*** ....... 3. Sonstige Leistungen gemäß

Leistungsbuch. Folgende Leistungen gemäß Leistungsbuch sind im

Pauschalpreis enthalten ......... Ordner II, Punkt 3.2.1.6

Kanalisation

Abfalleitungen (PVC oder Guß), bis OK (= Oberkante)

Kellerfußboden bzw. OK. Gelände."

Die Blätter 226 und 227 (Beilagen ./3 und ./C) beschreiben die Position "3.2.1.6 Kanalisation" im Bürogebäude, die Blätter 490 und 491 (Beilagen ./4 und ./5) die Position "3.3.1.6 Kanalisation" im Lagergebäude.

Nach Punkt 19 des Vertrages werden Nachtragsangebote und Mehrforderungen grundsätzlich nur dann anerkannt, wenn diese zusätzlichen Leistungen vom Bauherrn dem Auftraggeber gegenüber anerkannt werden.

Die klagende Partei hat in der Folge die Herstellung des Gewerkes "Sanitärinstallation" der Sanitäre- und Zentralheizungs-Installationsgesellschaft mbH H. & F. B*** (künftig Firma B***) als Subunternehmerin übertragen und behauptet, an diese den ihr von der beklagten Partei erteilten diesbezüglichen Auftrag "deckungsgleich" weitergegeben zu haben. Im Zuge der Arbeitsausführung vertrat die Firma B*** die Ansicht, der ihr von der klagenden Partei erteilte Pauschalauftrag umfasse keine Hängekanäle (unterhalb von Raumdecken waagrecht zu montierende Sammelleitungen für die Fäkalienabfuhr), und erklärte sich zur Herstellung von Hängekanälen zunächst nur bei Annahme eines von ihr gelegten Nachtragsoffertes bereit. Da die beklagten Parteien gegenüber der klagenden Partei hierauf den Standpunkt einnahmen, der von ihnen erteilte Pauschalauftrag erfasse auch die Errichtung der Hängekanäle und es würde diese erforderlichenfalls im Wege der Ersatzvornahme erfolgen, kam die klagende Partei mit der Firma B*** überein, diese solle "schon aus Gründen der Schadenminderungspflicht" die Hängekanäle vorerst unter Protest und Aufrechterhaltung des diesbezüglichen zusätzlichen Entgeltanspruches ausführen. Nach einer von den beklagten Parteien durchgeführten Umplanung hat die Firma B*** die Hängekanäle tatsächlich errichtet, Rechnung gelegt und mangels Zahlung gegen die klagende Partei das Entgelt hiefür in der Höhe von S 1,054.640,80 s.A. zur AZ 10 Cg 74/84 des Handelsgerichtes Wien eingeklagt. Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei ihrerseits von den beklagten Parteien die Zahlung des vorgenannten Betrages, weil entgegen dem Standpunkt der beklagten Parteien die Errichtung auch der Hängekanäle von dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag (Pauschalauftrag) nicht erfaßt gewesen sei. Die klagende Partei habe von den beklagten Parteien bei Auftragserteilung aus dem die Bauleistungen betreffenden Ordner II nur das Blatt 226 (Beilage ./3), nicht jedoch die Blätter 490 f erhalten. Sie habe daher "aus Ordner II" nur die im Blatt 226 genannten Leistungen zu erbringen. Die Errichtung der Hängekanäle sei schon mangels Ausschreibung dieser Arbeit zwischen den Streitteilen nicht Auftragsgegenstand geworden. Die Anwendung der Vertragsklausel betreffend die Verschiebung der Unklarheitsregelung zu Ungunsten der klagenden Partei gemäß den Vertragsbedingungen des Hauptvertrages Beilage ./8 Seite 12 f sei sittenwidrig, weil der klagenden Partei damit eine unverhältnismäßige Prüfpflicht angelastet werde. Undeutliche Formulierungen gingen zu Lasten der Partei, von welcher sie stammten. Im Auftrag der Bauherrschaft an die beklagten Parteien seien die strittigen Hängekanäle enthalten (Leistungsbuch II) und somit im Rahmen des Pauschalentgeltes vom Bauherrn den beklagten Parteien abgegolten worden. Die technisch unexakte Beschreibung (siehe Sachverständigengutachten) hätten die beklagten Parteien gemäß § 915 ABGB zu vertreten.

Die beklagten Parteien beantragten Klageabweisung, weil, wie sich schon aus den Blättern 226, 490 und 491 klar ergebe, die eingeklagten Leistungen im Pauschalentgelt enthalten seien. Die klagende Partei habe bei der Auftragserteilung alle ihr überbundenen Ausschreibungsunterlagen bekommen und es seien ihr die Leistungsbeschreibungen zur Kenntnis gebracht worden. Aus den AGB der VIBÖ ergebe sich, daß der Auftragnehmer bestätige, sich von den örtlichen Gegebenheiten und Arbeitsbedingungen an der Baustelle überzeugt und sie bei Erstellung seines Anbotes berücksichtigt zu haben. Allfällige Unklarheiten gingen zu Lasten der klagenden Partei. Die Klageforderung sei mangels Legung einer Schlußrechnung auch nicht fällig und es liege keine Haftung zur ungeteilten Hand vor. Aus Kontakten der klagenden Partei zu Mitarbeitern der beklagten Parteien habe erstere auch die Blätter 490 und 491 als zu ihrer Leistung gehörig gekannt. Die Unklarheitsregelung sei durch die zwischen den Streitteilen Vertragsgegenstand gewordenen Vertragsbedingungen der Postverwaltung Beilage ./8 verschoben worden. Das im Verfahren zur AZ 10 Cg 74/84 des Handelsgerichtes Wien vom Sachverständigen V*** unter Hinweis auf die erst an neunter Stelle der Vertragsgrundlagen stehende Ö-Norm erstattete Gutachten sei unrichtig. In allen Kapiteln der internen Kalkulation der beklagten Parteien Beilage./9 seien ausschließlich PVC-Leitungen, also erdverlegte und keinesfalls die strittigen Gußleitungen enthalten. Letztere befänden sich im Kapitel 41 "Sanitärinstallationen" (Bl. 131) doch gebe es hiezu keine Aufgliederung. Die beklagten Parteien seien auch nicht bereichert, weil sie vom Bauherrn kein gesondertes Entgelt bekämen. Unklarheiten im Sinne des § 915 ABGB lägen nicht vor.

Das Erstgericht ergänzte den unbestrittenen Sachverhalt durch folgende Feststellungen:

Bei Detailgesprächen zwischen dem damaligen Geschäftsführer der ARGE Postzentrum Nord Dipl.-Ing. W*** und dem Geschäftsführer der klagenden Partei wurde die Kanalisation noch nicht unter Bezugnahme auf die Leistungsbeschreibung des Prof. G***, die dieser für die ARGE Postzentrum Nord erstattet hatte, sondern nur durch den Hinweis auf die übliche Abgrenzung, daß die Kanalisationsteile in der Erde von der Baufirma, alle übrigen Teile (freiliegend im Gebäude) von der Installationsfirma (also von der klagenden Partei) gemacht werden sollten, spezifiziert. Bis zum Ende dieser Gespräche hatte R*** nur die Leistungsbeschreibungen "Heizung, Lüftung, Sanitär", nicht auch solche hinsichtlich "Kanalisation". Die beklagten Parteien versuchten die jetzt strittige Nachforderung der klagenden Partei gegenüber der Bauherrschaft durchzusetzen; diese lehnte jedoch ab.

Das Erstgericht erklärte, die von der ARGE Postzentrum Nord gegenüber der klagenden Partei beauftragte Leistung "Ordner II 3.2.1.6, Kanalisation

Abfalleitungen (PVC oder Guß), OK bzw. Kellerfußboden OK Gelände"

unter Einbeziehung sämtlicher Verfahrensergebnisse, insbesondere des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. N***, dahin auszulegen, daß die Hängeleitungen im Bürogebäude Gegenstand des von der klagenden Partei zu erbringenden Pauschalauftrages waren. Diese Feststellung treffe es auf Grund der Urkunden, und zwar auch jener im Akt AZ 10 Cg 74/84 des Handelsgerichtes Wien, welche der Sachverständige Dipl.-Ing. N*** verwertet habe, sowie der Aussagen der "Vernommenen". Das Sachverständigengutachten N*** sei dem Gerichte wesentlich plausibler erschienen als das im Verfahren AZ 10 Cg 74/84 des Handelsgerichtes Wien vom Sachverständigen V*** erstattete Gutachten, zumal ersterer die beiden Auslegungsmöglichkeiten sehr differenziert dargestellt und auch dargelegt habe, warum seiner Auffassung nach die Hängeleitungen im Bürogebäude zum Pauschalauftrag gehörten. Besonders überzeugend seien seine Ausführungen über die Numerierung der einzelnen Positionen und über die Anordnung einer großen Anzahl von Falleitungen in einem Lagerraum in einem Abstand von 50 und 70 cm, wodurch eine widmungsgerechte Verwendung des Lagerraumes kaum möglich sei. Demgegenüber habe die sehr apodiktische Darstellung des Sachverständigen V*** nicht zu überzeugen vermocht. Rechtlich ergebe sich aus dem unbestrittenen und festgestellten Sachverhalt, daß auch die von der Firma B*** als Subunternehmer der klagenden Partei für die beklagten Parteien durchgeführten strittigen "Zusatzarbeiten" zum Pauschalauftrag der beklagten Parteien an die klagende Partei gehört hätten und somit nicht gesondert zu honorieren seien. Für eine Anwendung der Unklarheitsregel des § 915 ABGB bleibe kein Raum. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob die beklagten Parteien bei der Vertragsgestaltung durch die unbestrittene Verschiebung der Unklarheitsregel zu Lasten der klagenden Partei als Auftragnehmerin oder durch die Berufung hierauf im Verfahren sittenwidrig gehandelt hätten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es stellte nach teilweiser Beweiswiederholung durch Verlesung der Urkunden und des Aktes 10 Cg 74/84 des Handelsgerichtes Wien ergänzend fest:

Die Firma B*** hatte für die klagende Partei im Rahmen des Auftrages vom 20. Jänner 1983/3. Februar 1983 beim Postzentrum Nord zwar Sanitärarbeiten auszuführen, sie hatte aber keinen Auftrag zur Lieferung und Montage der streitgegenständlichen Hängekanäle. Vielmehr "empfahl" der Geschäftsführer der klagenden Partei der Firma B***, diese Kanäle auszuführen, um den Schaden - wegen drohender Schadenersatzforderungen der ARGE Postzentrum Nord - solcherart zu minimieren. Deshalb führte die Firma B*** die gegenständlichen Arbeiten durch. Die klagende Partei nahm die erbrachte Leistung an und stellte ihrerseits diesbezüglich an die ARGE Postzentrum Nord ein Zahlungsansuchen, wogegen die Firma B*** der klagenden Partei die Rechnung vom 12. September 1985 legte und hierin ausführte: "Herstellung des nicht im Pauschalauftrag enthaltenen und nur unter Protest verlegten und nicht beauftragten Hängekanals gemäß Nachtragskostenvoranschlag vom 17. Oktober 1983 und Aufmaßaufnahme durch den vom Handelsgericht Wien bestellten, gerichtlich beeideten Sachverständigen vom 26. Juni 1985, Niederschrift vom 30. Juni 1985, sowie Ergänzung vom 16. Juli 1985 und Massen- und Preisermittlung durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen."

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, der Umstand, daß die klagende Partei nach dem Aktenstand bisher keine prüffähige Schlußrechnung im Sinne des Punktes 9 der AGB VIBÖ Beilage ./6 an die beklagten Parteien betreffend die Hängekanäle gelegt habe, obwohl sie selbst eine solche Rechnung schon erhalten habe, sei entgegen dem Beklagtenvorbringen nicht relevant, weil dann, wenn die Leistungen in Handlungen bestünden, dafür ein dem verschafften Nutzen angemessenes Entgelt zu bezahlen sei; das Fehlen einer Schlußrechnung hindere nicht den Zuspruch dieses Entgelts als eines dem Bereicherten verschafften Nutzens. Allen Kondiktionen gemeinsam sei eine Vermögensverschiebung durch eine Leistung, d. h. eine bewußte Zuwendung zur Erreichung eines bestimmten Zweckes des Verkürzten. Seien an der Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, so sei die Feststellung von Berechtigten und Verpflichteten auf Grund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbeziehung zu treffen. Es müsse gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein soll. Die Rückabwicklung sei zwischen diesen Personen vorzunehmen. Diese Zweckbestimmung sei auf Grund der an sich bestehenden vertraglichen Beziehungen zwischen den Streitparteien einerseits sowie der klagenden Partei und der Firma B*** andererseits vorgegeben. Wenn die Firma B*** unselbständiger Gehilfe gewesen sei, der nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten "auf die Zweckbeziehung" zwischen Empfänger (ARGE Postzentrum Nord) und Geschäftsherr (klagende Partei) geleistet habe, so stehe bei einer Fehlleistung dem Geschäftsherrn die condictio zu. Im vorliegenden Fall habe indes die klagende Partei als angeblich Verkürzte die strittigen Werkleistungen weder beauftragt, so daß die Firma B*** nicht ihr Erfüllungsgehilfe sein könne, noch selbst erbracht, noch diese der ausführenden Firma B*** bisher bezahlt und sei daher wirtschaftlich nicht belastet, was aber Voraussetzung jedes Kondiktionsanspruches sei. Denn Leistungskondiktionen aus der Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen stünden nur dem Leistenden gegen den Empfänger zu. Ob die beklagten Parteien als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft "Postzentrum Nord" Empfänger der Leistungen gewesen seien oder aber Empfänger der Leistungen in Wahrheit ihr Auftraggeber, der Bauherr, gewesen sei, könne deshalb ungeprüft bleiben. Die klagende Partei habe ihren Anspruch nicht auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt. Abgesehen davon setze diese Rechtsfigur begrifflich die Absicht voraus, ein fremdes Geschäft (ohne Auftrag) zu führen. Diese Absicht fehle, falls jemand auf Grund eines vermeintlichen Auftrages tätig geworden sei. Für einen Verwendungsanspruch fehlten alle Voraussetzungen; nach § 1041 ABGB stehe dem Eigentümer, dessen Sache ohne Rechtsgrund zum Nutzen eines anderen verwendet worden sei, ein Ersatzanspruch gegen den Bereicherten zu. Eigentümer sei jeder, dem ein Rechtsgut zugeordnet sei. Eine derartige Eigentümerposition komme der klagenden Partei nicht zu.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 2 Zif. 4 ZPO a.F. gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrage auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionswerberin bringt vor, sie sei als derjenige, der zwischen zwei Vertragspartnern stehe, auf Grund deckungsgleicher Vertragsverhältnisse gezwungen, dem jeweiligen Vertragspartner die Einwendungen und Argumente des anderen entgegenzusetzen, ohne diese selbst zu werten, da sie sonst das alleinige Risiko treffe. Nunmehr lägen divergierende berufungsgerichtliche Entscheidungen vor, da das Berufungsgericht im Verfahren zu AZ 10 Cg 74/84 des Erstgerichtes den geltend gemachten Kondiktionsanspruch grundsätzlich bejaht und die Klage der Firma B*** lediglich mangels bisheriger Zahlung durch den Bauherrn und somit mangels Fälligkeit des Entgeltanspruches für die Hängekanäle abgewiesen, im übrigen aber ausgesprochen habe, daß sie - die nunmehr klagende Partei - die beklagten Parteien belangen und das sodann zugesprochene Entgelt an die Firma B*** weiterleiten müsse. Das Berufungsgericht dieses Rechtsstreites habe außer acht gelassen, daß die Firma B*** Erfüllungsgehilfe der klagenden Partei gewesen sei und den vorliegenden Sachverhalt auch nicht in Richtung eines Anspruches nach den §§ 1035 ff ABGB für Geschäftsführung ohne Auftrag geprüft. Zwischen der Firma B*** und den beklagten Parteien bestünden keine Rechtsbeziehungen, die Leistungen der ersteren habe die klagende Partei entgegengenommen und den beklagten Parteien übergeben, ebenso sei jeweils die Verrechnung erfolgt. Die klagende Partei habe der Firma B*** auch keinen weiteren Auftrag gegeben, sondern diese nur aufgefordert, zur Schadensminderung die Leistung unter Protest zu erbringen. Nach diesem Sachverhaltsbild sei nicht nur von einer der klagenden Partei die Legitimation einräumenden Zweckbeziehung zu sprechen, vielmehr sei die Firma B*** als Erfüllungsgehilfe der klagenden Partei anzusehen. Die erforderliche Rechtsbeziehung habe darin bestanden, daß die klagende Partei der Firma B*** die Erbringung der Leistung nicht nur empfohlen, sondern sich bereit erklärt habe, in einem Gerichtsverfahren zu klären, ob die Hängekanäle vom Pauschalauftrag erfaßt seien oder nicht. Zur gleichzeitigen Abführung zweier Gerichtsverfahren sei es nur deswegen gekommen, weil die Firma B*** die unrichtige Auffassung vertrete, daß keine deckungsgleiche Vertragslage gegeben sei. Nach der Vertragslage und der festgestellten Zweckbeziehung sei die klagende Partei wirtschaftlich belastet, wie sich dies auch aus den Entscheidungen im Verfahren zur AZ 10 Cg 74/84 des Erstgerichtes ergebe. Unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag sei zu bedenken, daß die klagende Partei die Firma B*** zur "Tätigkeit" in der Annahme einer Rechtssituation der eigenen Verpflichtung zur Zahlung und bei Richtigkeit des Standpunktes dieser Firma der eigenen Verpflichtung zur Erbringung der Leistung aufgefordert habe. In diesem Sinne sei es wegen der deckungsgleichen Verträge Absicht der klagenden Partei gewesen, ein fremdes Geschäft auszuführen. Auch ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB sei gegeben, weil sich die der klagenden Partei übergebenen Hängekanäle als an der Kellerunterdecke befestigte "Einrichtungsgegenstände" darstellten und die klagende Partei nach dieser Übergabe Verfügungsberechtigter über diese Leistungen gleich einem Eigentümer gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages gerechtfertigt.

Nach dem Klagevorbringen und den insoweit unbekämpften Feststellungen hat die klagende Partei den im Zuge der Bauausführung von den beklagten Parteien vertretenen Standpunkt, die Herstellung von Hängekanälen sei Inhalt des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages, zwar sogleich bestritten, im Hinblick auf die hierauf von den beklagten Parteien erfolgte Androhung der Ersatzvornahme aber ihrem Subauftragnehmer Firma B*** unter Hinweis auf den ihm von ihr erteilten "deckungsgleichen" Auftrag die Herstellung der Hängekanäle unter Protest und Vorbehalt gesonderter Entgeltforderung "zwecks Schadensminderung empfohlen". In der Folge wurden von der Fa. B*** die Hängekanäle tatsächlich hergestellt, hierüber eine gesonderte Rechnung an die klagende Partei gelegt und nachdem diese die Zahlung im Sinne des Rechtsstandpunktes der beklagten Partei verweigerte, die Forderung zur AZ 10 Cg 74/84 des Handelsgerichtes Wien eingeklagt.

Es ist somit zugrunde zu legen, daß die klagende Partei nur

unter dem Druck der Androhung der beklagten Parteien, dieses Werk

andernfalls im Wege der Ersatzvornahme herzustellen, ihren

Subauftragnehmer Firma B*** zur Herstellung der Hängekanäle unter

Protest und Vorbehalt bewog, weil solcherart ein aus einer

allfälligen Vertragsverletzung gegenüber den beklagten Parteien

resultierender Schaden vermeidbar war. Grundsätzlich vertrat sie

jedoch gleich der Firma B*** die Rechtsansicht, daß die Errichtung

der Hängekanäle im - von ihr an die Firma B*** deckungsgleich

weitergegebenen - Auftrag der beklagten Parteien nicht enthalten

war. Diesen Standpunkt hielt sie auch im vorliegenden Prozeß

aufrecht und klagte demgemäß keinen vertraglichen Anspruch auf

Werklohn, sondern im Sinne der zutreffenden Rechtsansicht des

Berufungsgerichtes einen Bereicherungsanspruch ein.

Gemäß § 1432 ABGB kann derjenige, der eine Zahlung oder Leistung

erbringt, von der er weiß, daß er sie nicht schuldig ist, diese

nicht zurückfordern (vgl. hiezu Wilburg in Klang2 VI 457 f; Rummel

in Rummel ABGB Rdz 6 zu § 1432). Diese Bestimmung gilt nach der

ständigen Rechtsprechung aber dann nicht, wenn die Zahlung der Nichtschuld unter Vorbehalt erfolgt (JBl 1963, 388; SZ 52/98; 6 Ob 719,720/87 ua). In diesem Falle steht also die Bereicherungsklage nach § 1431 ABGB offen.

Der von der Firma B*** im Einvernehmen mit der klagenden Partei erhobene Protest, also Vorbehalt, konnte sich notwendig nur auf die Erbringung der Leistung als eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung beziehen. Wurden die Hängekanäle, wenngleich jeweils unter diesem Vorbehalt, aber - vorsichtshalber - als vertragliche Leistung durch den Erfüllungsgehilfen der klagenden Partei erbracht, so steht der klagenden Partei als Geschäftsherr gegenüber den beklagten Parteien als Empfänger der Leistung grundsätzlich die Bereicherungsklage zu (vgl. Koziol-Welser8 393 f), wenn und insoweit die Herstellung der Hängekanäle in Wahrheit nicht vom Auftrag umfaßt war. Die klagende Partei kann daher die Herausgabe des diesfalls erlangten Vorteils - das Erstgericht hat in der rechtlichen Beurteilung seine Feststellung übergangen, daß lediglich die im Bürogebäude errichteten Hängeleitungen vom Auftrag (Blätter 226 f) umfaßt waren, nicht jedoch jene (Blätter 490 f) im Lagergebäude - in Form der Vergütung durch ein angemessenes Entgelt (vgl. Wilburg aaO 477) fordern.

Da das Klagebegehren somit nicht schon aus den vom Berufungsgericht angestellten rechtlichen Erwägungen abzuweisen ist, bedarf es doch der Prüfung der weiteren Berufungsgründe, die das Berufungsgericht aufgrund seiner anderen Rechtsansicht für entbehrlich hielt. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E19583

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00660.88.0118.000

Dokumentnummer

JJT_19900118_OGH0002_0080OB00660_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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