TE OGH 1990/1/24 3Ob628/89

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Veröffentlicht am 24.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael W***, Pensionist, Pischeldorf Nr. 11, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Maria W***, Hausfrau, Pischeldorf, Timenitz Nr. 33, vertreten durch Dr. Edwin Kois, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 29. September 1989, GZ 1 R 446/89-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 12. Juli 1989, GZ 3 C 42/88-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 21. August 1926 geborene Kläger und die am 2. April 1914 geborene Beklagte schlossen die beiderseits zweite Ehe am 22. August 1964. Der Ehe entstammen keine Kinder. Die Streitteile sind österreichische Staatsbürger, ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten sie in Timenitz, Pischeldorf. Die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten ist seit mehr als 6 Jahren aufgehoben. Mit der am 17. Mai 1988 eingelangten Klage begehrte der Kläger die Scheidung der Ehe nach § 49 EheG, hilfsweise nach § 55 Abs 3 EheG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe keine Eheverfehlungen begangen. Für den Fall der Scheidung der Ehe nach § 55 Abs 3 EheG stellte die Beklagte den Antrag, gemäß § 61 Abs 3 EheG auszusprechen, daß der Kläger die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet habe.

Das Erstgericht schied die Ehe gemäß § 55 Abs 3 EheG und sprach aus, daß den Kläger das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger nahm im Jänner 1975 ehewidrige und ehebrecherische Beziehungen zu Siegfrieda D*** auf. Seit 1977 benützte der Kläger nicht mehr das gemeinsame Schlafzimmer der Ehegatten. 1978 oder 1979 zog er aus der Ehewohnung aus. Die Beklagte kam bis dahin ihren Pflichten als Haus- und Ehefrau nach.

Seit seinem Auszug aus der Ehewohnung unterhält der Kläger eine Lebensgemeinschaft mit Siegfrieda D***. Dieser Beziehung entstammt der im Jahre 1978 geborene Michael L***. Seit der Kläger die Beklagte verlassen hat, kümmert er sich weder um die Beklagte, noch auch um das gemeinsame Haus.

Die Beklagte hatte während der Ehe keine ehewidrigen oder ehebrecherischen Beziehungen zu anderen Männern, auch nicht zu Bernhard D***, dem Sohn von Siegfrieda D***. Sie kannte den beinahe 50 Jahre jüngeren Bernhard D*** schon als Kind und sah ihn nach Jahren erstmals wieder bei einem Kirtag am 14. September 1987. Bernhard D***, der damals betrunken war, sprach mit der Beklagten über die Verhältnisse im Hause seiner Mutter, begleitete die Beklagte nach Hause und übernachtete dort im Wohnzimmer. Es kam zwischen ihm und der Beklagten nicht zu Intimitäten. Die Ehe der Streitteile ist tiefgreifend und unheilbar zerrüttet. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, das Scheidungsbegehren nach § 49 EheG sei mangels eines feststellbaren Verschuldens der Beklagten verfehlt. Der Klage sei jedoch nach § 55 Abs 3 EheG stattzugeben gewesen. Da der Kläger seit 1975 ehebrecherische Beziehungen unterhalte und sich seit seinem Auszug aus der Ehewohnung nicht mehr um die Beklagte kümmere, der Beklagten aber kein ehewidriges Verhalten vorzuwerfen sei, sei auszusprechen gewesen, daß den Kläger das Alleinverschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es nahm eingehend zu den Berufungsausführungen zur "unrichtigen und mangelhaften Tatsachenfeststellung sowie unrichtigen und mangelhaften Beweiswürdigung" Stellung, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und teilte dessen rechtliche Beurteilung.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision nur aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger macht geltend, daß die zweite Instanz zu einzelnen Streitpunkten nicht Stellung genommen habe. Zwar setze sich das Berufungsgericht mit den Aussagen der Streitteile und des Zeugen Bernhard D*** auseinander; die Angaben der Zeugin Siegfrieda D*** dagegen würden nicht gewürdigt, obwohl sie die Aussagen des Klägers und des Bernhard D*** bestätigten. Auch die Aussage des Zeugen Harald F***, die vom Erstgericht mit Stillschweigen übergangen worden sei, erscheine nicht unwesentlich. Die zweite Instanz hätte sich mit der (Beweis-)Rüge des Klägers "mehr" auseinandersetzen müssen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes über eine Beweisrüge ist aber mangelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befaßt, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält. Das Berufungsgericht ist dagegen, kommt es zu denselben Feststellungen wie das Erstgericht, nicht verpflichtet, sich mit allen Beweisergebnissen im einzelnen auseinanderzusetzen und auf jedes mögliche Gegenargument im einzelnen einzugehen. Es bildet keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, wenn es bei der Begründung seiner Entscheidung einen Umstand nicht erwähnt, der noch hätte erwähnt werden können, eine Erwägung nicht anstellt, die noch hätte angestellt werden können, oder sich mit einer bestimmten Zeugenaussage nicht auseinandergesetzt.

Das Berufungsgericht hat sich mit den vorliegenden Beweisergebnissen in eingehender Weise befaßt und danach die Ansicht vertreten, daß die Berufungsausführungen nicht geeignet sind, die ausführlich begründete Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu erschüttern. Der Umstand, daß die zweite Instanz zu zwei in der Revision bezeichneten Zeugenaussagen nicht im einzelnen Stellung genommen hat, vermag nach den vorstehenden Ausführungen einen Mangel des Berufungsverfahrens nicht zu begründen.

Da ein Verfahrensmangel des Berufungsgerichtes nicht gegeben ist, war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19462

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00628.89.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19900124_OGH0002_0030OB00628_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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