TE OGH 1990/1/24 3Ob625/89

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Veröffentlicht am 24.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Lienhard G***, Rechtsanwalt, Landeck, Innstraße 1, als Masseverwalter im Konkurs der S***- UND F*** G*** Gesellschaft mbH & Co KG, Imst, wider die beklagte Partei G*** Baukonstruktionen Gesellschaft mbH, Zell am See, Anton Wallner-Straße 6, vertreten durch Dr.Rupert Wöll, Rechtsanwalt in Salzburg, und die Nebenintervenieten auf Seite der beklagten Partei 1. Lothar B***, Geschäftsmann, Imst, Hoch-Imst, vertreten durch Dr.Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, und 2. Dipl.Ing.S*** Bausgesellschaft m.b.H. & Co KG, Linz, Museumstraße 3, vertreten durch Dr.Walter Mörth, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 4,228.147,-- sA (Rekursinteresse S 2,322.000), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21.Juni 1989, GZ 2 R 83/89-29, womit das Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.Dezember 1988, GZ 11 Cg 4/86-21, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die S***- UND F*** G*** Gesellschaft mbH & Co KG

in Imst befindet sich seit 2.7.1984 in Konkurs; Masseverwalter ist der Kläger.

Durch ihre damaligen Geschäftsführer Elisabeth B*** und Lothar B*** erteilte die Gemeinschuldnerin im Frühjahr 1981 der beklagten Partei den Auftrag zur Planung eines Freizeitzentrums in Imst und auch zur Bauaufsicht und Bauüberwachung sowie zur Ausschreibung der Professionistenarbeiten. Als Entgelt wurden S 975.000 zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Die beklagte Partei schloß auch mit dem ersten Nebenintervenienten Lothar B*** persönlich einen Vertrag, mit dem sie ihm die örtliche Bauaufsicht gegen ein Honorar von S 125.000 übertrug. Nach den Ausschreibungen der beklagten Partei vergab die Gemeinschuldnerin die Baumeisterarbeiten direkt an die zweite Nebenintervenientin Dipl.Ing.S*** Bausgesellschaft mbH & Co KG in Linz (in der Folge Baugesellschaft S*** genannt). Baubeginn war der 1.7.1981. Die Baugesellschaft S*** stellte die Tennishalle samt Nebengebäuden noch im Jahr 1981 fertig; sie legte am 22.10.1981 eine Schlußrechnung über die Fertigteiltennishalle und am 1.12.1981 die Schlußrechnung über die Baumeisterarbeiten, die besonders die Nebengebäude betrafen. Die Gemeinschuldnerin behauptete in der Folge Mängel in der Bauausführung und behielt vom Werklohn einen Teilbetrag von etwa S 2,800.000 ein. Die Baugesellschaft S*** klagte zu 5 Cg 486/84 des Landesgerichtes Linz einen Betrag von S 2,775.697,69 sA gegen die klagende Partei ein. In der Folge wurden Gespräche zwischen den beteiligten Unternehmungen geführt. Die Parteien vereinbarten den Verzicht auf eine Verjährungseinrede, soweit die Ansprüche auf Schadenersatz nicht bereits am 14.9.1984 verjährt waren.

Die beklagte Partei hatte bereits am 14.8.1981 große Mängel bei den Betonierungsarbeiten festgestellt und diese Mängel bei der Baugesellschaft S*** gerügt. Im Zuge des Baufortschrittes traten weitere Mängel auf, die ebenfalls von der beklagten Partei gerügt und der Gemeinschuldnerin bekanntgegeben wurden. Die Gemeinschuldnerin brachte am 28.9.1981 beim Bezirksgericht Imst einen Antrag auf Beweissicherung ein (2 Nc 8/81). In diesem Beweissicherungsverfahren fand eine Befundaufnahme durch einen Sachverständigen statt, die auch Mängel ergab.

Auf Grund des von ihr in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens vom 28.7.1983 brachte die Gemeinschuldnerin im Oktober 1983 einen weiteren Beweissicherungsantrag gegen die Baugesellschaft S*** ein (2 Nc 6/83).

Eine Befundaufnahme erfolgte am 29.11.1983. Das Gutachten des Sachverständigen vom 31.1.1984 ergab weitere Mängel im Bereich der Bodenplatte, der Abdichtung der Hallenfundamente, der Verlegung der Baustahlgitter sowie im Bereich der Statik der Tennishalle, die zum Aufgabenbereich der beklagten Partei gehört hatte. Die Gemeinschuldnerin entschloß sich am 2.5.1984, den Betrieb der Tennishalle einzustellen, weil die Halle für den Spielbetrieb ohne einen im Sachverständigengutachten vorgeschlagenen Wind- und Stabilisierungsverband nicht mehr verwendet werden konnte. Im September 1984 vereinbarte der Masseverwalter mit der Baugesellschaft S*** die Erstellung des vom Sachverständigen vorgeschlagenen Windverbaues zur Stabilisierung der Halle. Die Baugesellschaft S*** führte auch den Einbau des Windverbaues durch, sodaß die Halle im November 1984 wieder benützt und vom 10.11.1984 bis 10.6.1985 vermietet werden konnte.

Die Baugesellschaft S*** nahm auch eine Sanierung der vorher mangelhaften Drainage vor; dabei wurde dieser Mangel einwandfrei behoben.

Mit Beschluß vom 17.5.1985 wurde vom Konkursgericht die kridamäßige Versteigerung des Betriebsobjektes bewilligt. Dabei wurde der bereinigte Ertragswert des gesamten Objekts mit S 8,218.000 ermittel; die Gesamtliegenschaft wurde mit rund S 11,090.000 geschätzt (Grundstück S 2,312.200, Gebäudewert S 8,776.500). Der Schätzer im Versteigerungsverfahren zog auch geschätzte Kosten der Sanierung der Stirnwände von S 300.000, der Sanierung des undichten Daches von S 1,320.000, der Sanierung der Giebelverglasung von S 200.000, der Verbesserung der Heizungs- und Lüftungsanlagen von S 502.000 und für verschiedene weitere Mängel und Schäden S 100.000 ab, insgesamt also Mängelbehebungskosten von S 2,422.000. Er ermittelte auf Grund dauernder und unbehbbarer Mängel eine Wertminderung von S 2,194.111 und kam so zum Schätzwert von S 8,776.500. Im Versteigerungsverfahren wurden der Schätzwert der gesamten Liegenschaft ohne Zubehör schließlich mit S 9,618.350 festgesetzt, einschließlich Zubehör mit S 10,689,850, und das geringste Gebot mit S 5,344.925. Bei der Versteigerung am 29.8.1985 wurde die Liegenschaft der Pfandgläubigerin Ö***

I***-AG zum geringsten Gebot zugeschlagen.

Mit der am 30.10.1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Masseverwalter von der beklagten Partei die Bezahlung von S 4,500.000 sA, und zwar S 3,000.000 Sanierungskosten, S 1,000.000 Wertminderung und S 500.000 als Schadenersatz für die Betriebsstillegung. In der Tagsatzung vom 14.4.1986 wurde das Klagebegehren um S 271.853 auf S 4,228.147 sA eingeschränkt. In der Folge behauptete der Kläger Sanierungskosten von insgesamt S 2,728.147, und zwar der Stirnwände von S 300.000, des Daches von S 1,320.000, der Giebelverglasung von S 200.000, der Wärmeisolierung von S 502.000 und der Drainage von S 406.147. Er begründete sein Begehren im wesentlichen damit, daß die Planung des Freizeitzentrums durch die beklagte Partei fehlerhaft erfolgt sei. Die Sanierungskosten der Giebelverglasung und teilweise auch der Wärmeisolierung resultierten aus diesen Planungsfehlern. Die beklagte Partei habe auch die Bauaufsicht nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Der eingeklagte Schaden sei der Gemeinschuldnerin durch die fehlerhafte Planung und die mangelnde Bauaufsicht entstanden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei habe keinen Schaden erlitten. Auf Grund der Bauaufsicht der beklagten Partei seien von der Gemeinschuldnerin Beträge in der Höhe des eingeklagten Schadens nicht ausbezahlt worden, weil die Baugesellschaft S*** mangelhaft gearbeitet habe. Die Gemeinschuldnerin habe den Betrieb wegen ihrer Zahlungsunfähigkeit einstellen müssen. Der mangelhafte Zustand des Objektes sei nicht auf die Planung zurückzuführen. Mit der statischen Berechnung sei Dipl.Ing.Thedor D*** in Eigenverantwortung beauftragt worden. Die örtliche Bauaufsicht habe über ausdrücklichen Wunsch der Gemeinschuldnerin deren damaliger Geschäftsführer Lothar B*** durchgeführt. Die Baugesellschaft S*** sei von der Gemeinschuldnerin direkt beauftragt worden. Die beklagte Partei habe nur die Planung des Bauvorhabens und die Ausschreibung gemacht. Nur die mangelhafte Bauausführung der Baugesellschaft S*** und allenfalls eine mangelhafte Bauaufsicht durch Lothar B*** hätten zu den Mängeln und zu den Schäden der Gemeinschuldnerin geführt. Die Baugesellschaft S*** wäre zur Mängelbehebung bereit gewesen, doch habe diese nicht erfolgen können, weil durch die Zahlungsunfähigkeit der klagenden Partei die Bezahlung der Restbeträge nicht sichergestellt gewesen sei. Eine Wertminderung in der Höhe von S 1,000.000 sei nicht eingetreten. Die beklagte Partei hafte nicht solidarisch für Fehler der Baugesellschaft S***. Das Versagen ihres Geschäftsführers Lothar B*** habe sich die Gemeinschuldnerin als Mitschuld anzurechnen. Die Forderungen seien verjährt oder verfristet. Die Mängel seien der klagenden Partei schon im Zeitpunkt der Einbringung des ersten Beweissicherungsantrages bekannt gewesen; zu diesem Zeitpunkt sei auch bereits die Baugesellschaft S*** als Schädiger festgestanden.

In der Tagsatzung vom 15.9.1987, bei der die Verhandlung geschlossen wurde, gründete die klagende Partei ihr Schadenersatzbegehren von S 3,728.147 zuzsätzlich darauf, daß die von der beklagten Partei zu vertretenden Schäden des Objektes zu einer Minderung des Schätzwertes der Halle und zu einem geringeren Erlös im Zwangsversteigerungsverfahren geführt hätten. Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Teilbegehren auf Bezahlung von S 2,728.147 sA ab. Die Baugesellschaft S*** habe die erfolgreiche Sanierung der Drainage (S 406.147) auf eigene Kosten und Rechnung durchgeführt. Als Planerin und Bauüberwacherin habe die beklagte Partei nur die ordnungsgemäße Planung und Überwachung der Bauausführung geschuldet. Die Gemeinschuldnerin könne daher von der beklagten Partei nicht die Behebung der Mängel oder den Ersatz der Mängelbehebungskosten mit Erfolg begehren. Auch sei keine Solidarhaftung der beklagten Partei für Mängel der bauausführenden Unternehmungen gegeben. Es fehle überhaupt ein substantiiertes Vorbringen für ein Planungsverschulden der beklagten Partei; bei einer ordnungsgemäßen Planung wären die Baukosten schon von vornherein höher gewesen. Die Sanierungskosten könne die Gemeinschuldnerin nur von den ausführenden Unternehmungen verlangen; wegen der zwischenzeitig erfolgten Veräußerung des Gebäudes im Wege der kridamäßigen Versteigerung sei die Gemeinschuldnerin auch nicht mehr zur Geltendmachung der Sanierungskosten legitimiert. Die Gemeinschuldnerin habe auch rund S 2,800.000 von der Forderung der Baugesellschaft S*** einbehalten. Die beklagte Partei habe die Gemeinschuldnerin frühzeitig auf das Vorhandensein von Ausführungsmängeln hingewiesen. Habe es die Gemeinschuldnerin unterlassen, ihre Gewährleistungsansprüche gegen die Baugesellschaft S*** durchzusetzen, so könne dies nicht zu Lasten der beklagten Partei gehen.

Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes, die mit einem Teilbetrag von S 406.147 sA unangefochten blieb, im übrigen, das ist im Umfang von S 2,322.000 sA, unter Rechtskraftvorbehalt auf. Der vom schuldigen Schädiger zu ersetzende Schaden umfasse nach den §§ 1167, 932 und 1295 ff ABGB auch den Verbesserungsaufwand (die Sanierungskosten), bei Unterbleiben der Verbesserung auch die Wertminderung. Daß die Gemeinschuldnerin nicht mehr Eigentümerin des Objektes sei, sei nicht entscheidend. Es komme nur darauf an, ob sie durch ein schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei bei Bauplanung und Bauaufsicht auch nach der kridamäßigen Versteigerung der Objekte einen Vermögensnachteil erlitten habe. Für die Haftung dem Grund nach müsse die beklagte Partei ein Verschulden treffen, wobei aber die beklagte Partei als Vertragspartnerin gemäß § 1298 ABGB - wenn alle sonstigen Voraussetzungen des Schadenersatzes vorliegen - von ihrer Haftung nur befreit werde, wenn sie beweise, daß sie die sie selbst treffenden Pflichten mit der nötigen Sorgfalt erfüllt habe und sie daher kein Verschulden treffe. Auch ein Verschulden des mit der Bauaufsicht betrauten Lothar B*** wäre der beklagten Partei zuzurechnen, nicht dagegen ein Verschulden der Baugesellschaft S***. Ähnlich wie der geschädigte Fahrzeugeigentümer, der das Fahrzeug unrepariert verkaufe, nicht neben dem erzielten Erlös noch fiktive Reparaturkosten und Ersatz für die Wertminderung in voller Höhe erhalten könne, sondern der zu ersetzende Schaden eine Grenze im Zeitwert finde, gebühre auch dem durch eine fehlerhafte Planung oder mangelnde Bauaufsicht geschädigten Eigentümer eines Bauobjektes, der sein Eigentum nach der Konkurseröffnung durch kridamäßige Versteigerung verliere, der Ersatz der verschuldeten (fiktiven) Sanierungskosten, auch wenn die Sanierung nicht durchgeführt worden sei, jedoch begrenzt mit der Differenz zwischen dem Zeitwert mit schuldhaftem und ohne schuldhaftes Verhalten. Zum Einwand, die klagende Partei habe sich von den Forderungen der Baugesellschaft S*** nach deren Schlußrechnungen etwa S 2,800.000 zurückbehalten, sei nur bedeutsam, daß in die Berechnung der Ersatzansprüche gegen die beklagte Partei nicht auch jene Reparaturkosten bzw. Schäden aus Wertminderung einfließen dürften, die nicht von der beklagten Partei oder ihren Erfüllungsgehilfen verursacht und verschuldet wurden. Der aus der Veräußerung des Objektes resultierende Mindererlös im objektiven Wert (Zuschlag zum geringsten Gebot) könnte nur als gesonderter Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden, würde aber ein Verschulden der beklagten Partei an der Durchführung der kridamäßigen Versteigerung voraussetzen, das nicht einmal behauptet worden sei. Für die beklagte Partei als Bauplanerin und Bauüberwacherin gelte der verschärfte Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB. Ein schuldhaftes Verhalten sei ihr anzulasten, wenn dieses nicht dem Leistungsstandard ihrer Berufsgruppe entsprochen habe. Die Verjährungsfrist beginne bei Schadenersatzforderungen erst zu laufen, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers so weit bekannt wurden, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg einbringen könnte. Ehe der Geschädigte nicht sämtliche für seinen Schadenersatzanspruch erforderlichen Behauptungen konkret aufstellen könne, beginne die Verjährung nicht zu laufen. Da die Tennishalle der Gemeinschuldnerin erst gegen Ende des Jahres 1981 fertiggestellt und die Schlußrechnungen der Baugesellschaft S*** am 22.10. und 1.12.1981 gelegt worden seien, könne nicht gesagt werden, daß die mit der am 30.10.1984 eingebrachten Klage geltend gemachten Schadenersatzforderungen verjährt seien. Das Erstgericht habe die erforderlichen Feststellungen unterlassen, um das Verschulden und damit die Haftung der beklagten Partei für die Schäden der Gemeinschuldnerin dem Grund und der Höhe nach beurteilen zu können; es werde insbesondere ein Sachverständigengutachten zu den behaupteten Planungs- und Bauaufsichtsfehlern der beklagten Partei einzuholen sein. Die beklagte Partei bekämpft den Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs und beantragt, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die klagende Partei habe einen Betrag von S 2,800.000 aus der Schlußrechnung der Baugesellschaft S*** zur Abdeckung der Sanierungskosten zurückbehalten. Es sei daher davon auszugehen, daß für die klagende Partei der verantwortliche Schädiger und die Höhe des Schadens schon im Zeitpunkt der Zahlung bzw. der Legung der Schlußrechnung festgestanden sei. Ob und wie weit eine Einigung zwischen der klagenden Partei und der Baugesellschaft S*** herbeigeführt worden sei, sei für die beklagte Partei nur insofern von Bedeutung, als die klagende Partei aus diesem Titel (nämlich des einbehaltenen Betrages) keine Forderungen gegen die beklagte Partei mehr stellen könne. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei seien die nunmehr als Wertminderung verlangten fiktiven Sanierungskosten genau bezeichnet, jedoch vom einbehaltenen Betrag voll umfaßt. Der zur Diskussion stehende Teilbetrag könne nicht zu einer über die Sanierungskosten hinausgehenden Wertminderung führen, weil in den Sanierungskosten die fiktive ordnungsgemäße Herstellung des vereinbarten Zustandes enthalten sei. Folge man der Meinung des Berufungsgerichtes, könnte es zu einer Besserstellung der klagenden Partei dadurch kommen, daß über den rechnerisch genau gewidmeten Betrag von S 2,800.000 hinaus ein zusätzlicher Schadenersatzanspruch aus dem gleichen Rechtsgrund entstehe. Unrichtig sei auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die geltend gemachten Schadenersatzforderungen seien nicht verjährt. Die klagende Partei habe über Aufforderung der beklagten Partei bereits im September 1981 einen Beweissicherungsantrag eingebracht; sämtliche zur Diskussion stehenden Mängel seien bei einem Augenschein am 28.9.1981 aufgezeigt worden. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte daher eine Klage mit Aussicht auf Erfolg eingebracht werden können.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Eine Einigung zwischen der Baugesellschaft S*** und der klagenden Partei darüber, daß die klagende Partei einen Betrag von S 2,800.000 von der sich aus der Schlußrechnung der Baugesellschaft ergebenden Forderung zur Deckung von Ersatzansprüchen einbehält, steht ebenso wenig fest, wie das Bestehen solcher der klagenden Partei und deren Höhe. Aus dem Umstand allein, daß die klagende Partei gleichartige Ersatzansprüche wie gegenüber der beklagten Partei auch gegenüber der Baugesellschaft S*** behauptet, folgt noch nicht, daß die klagende Partei den gegenüber der Baugesellschaft S*** zurückbehaltenen Betrag von S 2,800.000 behalten darf. Solange aber keine Klarheit darüber besteht, ob und welche Ersatzansprüche der klagenden Partei zustehen und ob und in welchem Ausmaß die Baugesellschaft S*** oder die beklagte Partei die Haftung hiefür übernehmen, ist - wie die zweite Instanz zutreffend ausgeführt hat - im vorliegenden Verfahren gegen die beklagte Partei nur wesentlich, daß in die Berechnung von Ersatzansprüchen gegen die beklagte Partei nicht auch Sanierungskosten und ein Schaden aus einer allfälligen Wertminderung einfließen dürfen, die nicht von der beklagten Partei oder ihren Erfüllungsgehilfen verursacht und verschuldet wurden. Bemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß die in der neueren Rechtsprechung (JBl 1987, 104; JBl 1988, 244; vgl. auch Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 11 und 19 zu § 1298) vertretene Ansicht, die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB trete nicht nur bei Nichterfüllung, sondern auch bei Schlechterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung ein, nur das Verschulden betrifft, daß aber den Kausalzusammenhang zwischen Schlechterfüllung und Schaden weiterhin der Geschädigte zu beweisen hat (JBl 1988, 244).

Nach § 1489 ABGB ist jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurde. Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört bei geltend gemachter Verschuldenshaftung auch die Kenntnis des Geschädigten von jenen Umständen, aus denen das Verschulden des Schädigers hervorgeht, es sei denn, daß sich dieses aus der offenkundigen Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens selbst ergibt. Hievon kann jedoch keine Rede sein, wenn die Erkennbarkeit der für das Verschulden maßgebenden Zusammenhänge eine besondere Fachkunde erfordert, über die der Geschädigte als Laie nicht verfügt. In einem solchen Fall beginnt die Verjährungsfrist so lange nicht zu laufen, als die Unkenntnis des Geschädigten über die für das Verschulden des Schädigers maßgebenden Umstände andauert, mögen auch der Schaden und die Person des Schädigers bereits bekannt gewesen sein (JBl 1987, 450). Die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen dem Geschädigten bekannt sein; die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen vermag ihr Bekanntsein nicht zu ersetzen; Kennenmüssen reicht nicht aus (JBl 1988, 321).

Im vorliegenden Fall waren zwar der klagenden Partei die nunmehr geltend gemachten Schäden zumindest zu einem wesentlichen Teil bereits im September 1981 bekannt. Die klagende Partei vermutete allerdings, daß die Baugesellschaft S*** die Schäden verursacht habe, und hat dementsprechend Beweissicherungsanträge sowohl im Jahr 1981 als auch noch im Jahr 1983 allein gegen diese Gesellschaft gerichtet. Es fehlt dagegen jeder Anhaltspunkt für die Annahme, daß der klagenden Partei bereits vor der in § 1489 ABGB genannten Frist ein Verschulden der beklagten Partei oder doch die Verursachung durch diese bekannt war (oder auch nur hätte bekannt sein müssen). Derartiges wird im übrigen durch die beklagte Partei auch gar nicht behauptet; denn sie hat in der Tagsatzung vom 14.4.1986, AS 62, lediglich vorgebracht, zur Zeit des Beweissicherungsantrages der klagenden Partei 2 Nc 8/81 des Bezirksgerichtes Imst seien "sowohl die Person des Schädigers in der Form der Fa. S*** als auch die Möglichkeit von Schäden" bereits festgestanden. Von einer Verjährung des geltend gemachten Anspruches kann daher keine Rede sein.

Mit Recht hat sohin das Berufungsgericht die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens in den von ihm bezeichneten Punkten an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E19732

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00625.89.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19900124_OGH0002_0030OB00625_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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