TE OGH 1990/1/26 11Os4/90

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Veröffentlicht am 26.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lassmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz K*** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28.September 1989, GZ 11 Vr 1289/89-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Franz S*** zu den Punkten I A 1 und I A 2 des Urteilssatzes sowie demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) sowie im Franz S*** betreffenden Teil des Adhäsionserkenntnisses aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Angeklagte Franz S*** mit seiner Berufung auf den kassatorischen Teil der Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. Franz S*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Franz S*** liegt zur Last,

I. fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigenden Wert durch Einbruch, zum Teil auch durch Erbrechen von Behältnissen, nachgenannten Personen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen zu haben, nämlich

A) gemeinsam mit dem gleichzeitig (rechtskräftig) abgeurteilten

Franz K***

1. am 14.Mai 1989 in St.Johann bei Herberstein Bargeld in der Gesamthöhe von 30.000 S, Kraftfahrzeug- und Bundesstempelmarken sowie Brieflose im Gesamtwert von ca 5.000 S sowie 15 Paar Socken im Gesamtwert von ca 500 S zum Nachteil des Alois P***;

2. am 2.Juni 1989 in Vasoldsberg Bargeldbeträge in der Höhe von insgesamt 9.300 S zum Nachteil von Berechtigten des Sparvereines Vasoldsberg, Münzgeld im Gesamtwert von 1.200 S sowie diverse Zigaretten und Lebensmittel im Gesamtwert von 6.530 S zum Nachteil der Anna F***;

B) Franz S*** allein in der Nacht zum 9.Juli 1989 in Graz Bargeld in der Höhe von insgesamt 23.450 S zum Nachteil von Berechtigten des im Gasthaus "Kleiner Steirerhof" etablierten Sparvereins sowie Bargeld in der Höhe von ca 2.000 S zum Nachteil des Peter S***;

II. Franz S*** zwischen dem 6. und 7. Juli 1989 in Graz ein zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtetes Fahrzeug, nämlich ein Motorfahrrad, ohne Einwilligung des Berechtigten Peter K*** in Gebrauch genommen zu haben.

Die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz S*** richtet sich nur gegen die Fakten I A 1 und 2 des Urteilssatzes, wobei eine Differenzierung der beiden geltend gemachten Nichtigkeitsgründe unterblieb.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Zutreffend macht der Angeklagte dem Schöffengericht zunächst die Angabe unzureichender Gründe für die Annahme seiner Mittäterschaft beim Einbruchsdiebstahl zum Nachteil des Alois P*** (I A 1) zum Vorwurf.

Von den nach der Urteilsbegründung gegen den - jede Tatbeteiligung in Abrede stellenden - Franz S*** sprechenden Indizien (vgl S 343 f) sind der Hinweis darauf, daß der Angeklagte immer nur dann geständig sei, wenn ihm ein Sachverhalt mit Sicherheit nachgewiesen werden könne, ferner der Umstand, daß er aus der vom Tatort nur wenige Kilometer entfernten Gemeinde Obertiefenbach stamme sowie die Konstatierung, daß der Beschwerdeführer und der wegen dieses Diebstahls bereits rechtskräftig abgeurteilte Franz K*** "größtenteils gemeinsam ausgingen bzw wegfuhren" keine Tatsachen, aus denen allein oder im Zusammenhang denkrichtig auf die Beteiligung (des Beschwerdeführers) an dem detailliert festgestellten Ereignisablauf vom 14.Mai 1989 im Kaufhaus P*** (S 333, 334) geschlossen werden könnte. Auch der Umstand, daß bei der Hausdurchsuchung am 2.Juni 1989 (vgl ON 10) - somit mehr als vierzehn Tage nach der Tat - in einer dem S*** gehörenden Tasche im gemeinsam benützten Haus des Franz K*** ein Teil der gestohlenen Socken gefunden wurde, läßt den logischen Zusammenhang mit der Konstatierung einer Mittäterschaft des Beschwerdeführers beim Warenhausdiebstahl vom 14. Mai 1989 nicht bzw kaum noch erkennen (vgl Mayerhofer-Rieder II 2, § 281 Z 5 EGr 139, 140).

Mit Recht macht der Angeklagte aber auch Begründungsmängel des ihn betreffenden Schuldspruchs im Diebstahlsfaktum A I 2 geltend. Das Schöffengericht führte bei den Konstatierungen über den Einbruch zum Nachteil der Anna F*** im wesentlichen nur Indizien an, die für eine Täterschaft des Franz K*** sprechen (S 345 f) gab, - wie im Fall P*** - im wesentlichen aber keine tragfähigen Gründe an, die auf diebische Ausführungshandlungen des Beschwerdeführers im Sinn der getroffenen Feststellungen hindeuten würden. Die mangelhaften Konstatierungen über die Modalitäten des von S*** und K*** angeblich vorgenommenen Tausches jener Schuhe, von denen Abdrücke im Bereich des Tatortes vorgefunden wurden, lassen derzeit - unter Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführung - keine verläßliche Beurteilung der Frage zu, inwieweit bei der schöffengerichtlichen Annahme, daß S*** diese dem K*** gehörenden Schuhe zur Tatzeit trug, allenfalls bloß eine willkürliche Ergänzung nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ungeklärt gebliebener Umstände zum Nachteil des Angeklagten S*** vorliegt.

Abgesehen von diesen Begründungsmängeln stehen die beiden von Franz S*** bekämpften Schuldsprüche wegen Mittäterschaft an den Einbruchsdiebstählen A I 1 und 2 bei der gegebenen Beweislage in einem derart engen beweismäßigen Zusammenhang, daß im Interesse einer ungehinderten Beweiswürdigung im erneuerten Rechtsgang eine beide Fakten erfassende Urteilsaufhebung unumgänglich ist (§ 289 StPO).

Da sich sohin zeigt, daß auf Grund der Mängelrüge in bezug auf beide bekämpften Schuldsprüche die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht eintreten kann, war über die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 285 e StPO in nichtöffentlicher Sitzung spruchgemäß zu erkennen.

Mit seiner durch die Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruches und Adhäsionserkenntnisses gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel für das Schöffengerichtsverfahren in den Prozeßgesetzen nicht vorgesehen ist.

Anmerkung

E19400

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00004.9.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19900126_OGH0002_0110OS00004_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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