TE OGH 1990/1/31 9ObA302/89

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Veröffentlicht am 31.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Martin Meches und Franz Ovesny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Prim.Prof.Dr.Gerhard B***, Leiter des Instituts für Pathologie und Mikrobiologie am Landeskrankenhaus Feldkirch, Feldkirch-Tisis, Kehrstraße 18, vertreten durch Dr.Ludwig Gassner, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei L*** V***, Bregenz, Landhaus, vertreten durch Dr.Reinhold Moosbrugger, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 249.960,77 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.Juni 1989, GZ 5 Ra 58/89-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.Oktober 1988, GZ 35 Cga 45/88-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.887,40 (darin S 1.647,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit, mit dem der Revisionswerber ausschließlich die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes bekämpft, liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten zusätzlichen Entgeltansprüche zustehen, in eingehender Weise und zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, insoweit auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist zur Rechtsrüge des Revisionswerbers auszuführen, daß das Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten auf Grund der Bestimmungen des § 2 Abs. 3 und der §§ 118 bis 133 des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes, LGBl. 1979/37, in der Zeit vom 1.Oktober 1979 bis 30.November 1987 formell ein öffentlich-rechtliches war, das einer spezifisch hoheitsrechtlichen Behandlung unterlag, welche die Landesregierung als Dienstbehörde zu vollziehen hatte. Auch wenn der Verfassungsgerichtshof die genannten Bestimmungen des Landesgesetzes mit Wirkung vom 30.November 1987 als verfassungswidrig aufgehoben hat (vgl. VfGHSlg. 11.151; JBl. 1989, 332), ändert dies nichts daran, daß die in Betracht kommenden Bestimmungen - mangels Vorliegens des Anlaßfalls und eines anderslautenden Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes - gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG auf die vor der Aufhebung bis zum Ablauf der für das Außerkrafttreten bestimmten Frist verwirklichten Tatbestände weiter anzuwenden sind. Durch das aufhebende Erkenntnis wurden die aufgehobenen Gesetzesvorschriften für die Vergangenheit unangreifbar. Dies übersieht der Revisionswerber, soweit er weiterhin einwendet, daß der Betrieb einer Krankenanstalt in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung falle und ein ärztlicher Leiter (allgemein) durch privatrechtlichen Vertrag zu bestellen sei. Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Klägers als Landesbediensteter wurde gemäß § 2 Abs. 3 des Landesbedienstetengesetzes durch Ernennung begründet. Die Rechtsnatur des Dienstverhältnisses als ein öffentlich-rechtliches ergibt sich aber nicht nur aus dieser Ernennung, sondern auch aus den Bestimmungen des III. Hauptstückes des Vbg. Landesbedienstetengesetzes (VfGHSlg. 11.151). Insbesondere spricht § 123 Abs. 1 leg cit nicht davon, daß eine Sonderregelung auszuhandeln und zu vereinbaren sei, sondern daß eine solche "zuerkannt werden kann".

Soweit daher nach den Übergangsbestimmungen des Art. II Abs. 1 des Vbg. Landesgesetzes über eine Änderung des Landesbedienstetengesetzes, LGBl. 1987/46, vorgesehen ist, daß die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Landesangestellten mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes unter Beibehaltung der bisherigen dienstund besoldungsrechtlichen Stellung der Bediensteten als Vertragsverhältnisse nach diesem Gesetz gelten, ist im Falle des Klägers seine bisherige besoldungsrechtliche Stellung als öffentlich-rechtlicher Bediensteter zu prüfen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei den Regelungen zu, die, soferne sie sich nicht schon unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergeben, entsprechend den Grundsätzen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses im Verwaltungsverfahrensweg bescheidmäßig erlassen wurden (vgl. WalterMayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6 195 f, Rz 605; Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2 328 ff; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 361 ff). Allfällige Entgeltvereinbarungen privatrechtlicher Natur nach dem Außerkrafttreten oder für den Fall des Außerkrafttretens der verfassungswidrigen Bestimmungen wurden weder behauptet noch festgestellt.

Das Berufungsgericht geht somit zutreffend davon aus, daß die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung des Klägers im Sinne einer Sonderregelung gemäß § 123 des Landesbedienstetengesetzes durch das Schreiben der Vbg. Landesregierung vom 19.Dezember 1984 einseitig gestaltet wurde. Dieser Erledigung kommt, wie bereits der Verfassungsgerichtshof zu B 985/87-11 und der Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 87/12/0154-5 über die Beschwerden des Klägers erkannt haben, entgegen der Ansicht des Revisionswerbers Bescheidcharakter zu. Da es sich bei den Entgeltforderungen des Klägers um Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis handelte, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Klägers standen, kommt der Korrespondenz des Klägers mit der Dienstbehörde oder einer früheren irrtümlichen Vorgangsweise der Behörde ebensowenig Bedeutung zu wie der irrigen Ansicht des Revisionswerbers, der Bescheid sei nur als Annahme eigener Angebote oder als Vorschlag für einen Vertragsabschluß aufzufassen (vgl. Mayer, Der öffentlichrechtliche Vertrag; JBl. 1976, 632 ff, 636; Oberndorfer, Zum Verzicht im öffentlichen Recht, JBl. 1967, 68 ff, 71). Bescheide sind zufolge ihres normativen Charakters nicht nach den Regeln der §§ 914 ff ABGB, sondern wie Gesetze gemäß den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen (ÖJZ 1981, 275/188; VwGHSlg. A 10.163 ua). Maßgeblich ist demnach der objektive Inhalt des Bescheids, also die zum Ausdruck gebrachte Willensäußerung der Behörde, nicht aber die Absicht der allenfalls vorher korrespondierenden Parteien (vgl. auch Arb. 8.135, 8.553, 8.980 uva). Der Bescheid bildet insoferne eine neue Rechtsgrundlage für Rechte und Pflichten und hat Normqualität. Die in der Revision wiederholte Ansicht des Revisionswerbers, daß die unter Punkt 4 Abs. 4 des Bescheides vom 19.Dezember 1984 festgelegte Honorarregelung auch für die vom Institut für Pathologie erbrachten Leistungen für Patienten der Sonderklasse anderer nicht im Punkt 1 angeführter Krankenhäuser gelten müsse, wurde bereits vom Verwaltungsgerichtshof, der sich mit diesen Ansprüchen aus der Zeit des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses befaßte, zutreffend widerlegt. Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 14.November 1988, Zl. 87/12/0154 dazu im wesentlichen aus:

Nach § 33 Abs. 1 des Vbg. Spitalgesetzes, LGBl. 1979/1, sind die Abteilungs-, Instituts- und Laboratoriumsleiter sowie die Konsiliarärzte berechtigt, von den Patienten der Sonderklasse ein Honorar zu verlangen (Ärztehonorar). Hinsichtlich der Verrechnung dieser Ärztehonorare ist nach Abs. 4 leg cit vorgesehen, daß der Rechtsträger der Krankenanstalt diese Honorare "namens der Ärzte" gleichzeitig mit den Sonderentgelten vorzuschreiben und einzubringen hat. Nach § 32 Abs. 3 lit. c leg cit dürfen von Patienten, die über eigenes Verlangen in die Sonderklasse aufgenommen wurden, ein Zuschlag zum Pflegeentgelt für Mehrleistungen in der Sonderklasse, Sonderentgelte für Heilmittel, Röntgensachkosten, Laboratoriumsuntersuchungen und ähnliche Aufwendungen sowie für weitere von Patienten ausdrücklich gewünschte Sonderleistungen der Krankenanstalt eingehoben werden.

Die Regelung des § 33 Abs. 1 leg cit ermächtigt also die durch besondere Funktionen ausgezeichneten Ärzte, von Patienten der Sonderklasse ein Honorar zu verlangen. Aus der Verbindung der Hereinbringung der Ärztehonorare gleichzeitig mit den Sonderentgelten nach Abs. 4 der genannten Regelung folgt, daß es sich bei diesen Patienten der Sonderklasse jedenfalls um solche der Krankenanstalt handeln muß, in deren Rahmen die im Abs. 1 des § 33 leg cit genannten Funktionsträger beschäftigt sind. Bei den Untersuchungen von Einsendungen anderer Rechtsträger werden keine Vertragsverhältnisse zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Patienten - auch nicht als Konsiliararzt -, sondern nur solche, zwischen der beklagten Partei als Rechtsträger des Instituts für Pathologie und den Rechtsträgern anderer Krankenanstalten begründet. Die dem Kläger aus seiner diesbezüglichen Tätigkeit zustehenden Tarifanteile sind daher Bezüge gemäß Punkt 2 der Sonderregelung und unterliegen daher der dort festgelegten Begrenzung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsausführungen vermögen der Richtigkeit dieser Rechtsauffassung nichts Maßgebliches entgegenzusetzen, zumal es auf die Vorkorrespondenz und eine jahrelang eingehaltene Übung im Bereich eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses nicht ankommt. Wie das Berufungsgericht zutreffend aufzeigte, ist dem Revisionswerber die Differenzierung der Tarifeingänge auch bewußt geworden, da er in der auf den erwähnten Bescheid folgenden Korrespondenz versuchte, die Regelung des Punktes 4 Abs. 4 dadurch zu ergänzen, daß er sie auf alle Privatpatienten, auch anderer als der in Punkt 1 genannten Krankenanstalten ausdehnen wollte. Es bleibt daher nur noch zu prüfen, ob der Bescheid vom 19. Dezember 1984 in der Folge abgeändert wurde. Auch diese Frage hat das Berufungsgericht zutreffend gelöst. Ein mündlicher Bescheid der Beklagten als Behörde wurde nicht festgestellt. Soweit sich der Revisionswerber diesbezüglich auf ein Schreiben der beklagten Partei vom 2.Juni 1986 bezieht, steht der Annahme eines Bescheidcharakters schon entgegen, daß darin kein Bescheidwille der Behörde zum Ausdruck kommt, da das Amt der Landesregierung nicht normativ entschieden hat (vgl. WalterMayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6 195 f, Rz 605; Müller in JBl. 1988, 736 f; VfGHSlg. 7.778; VwGHSlg. A 1.454 uva). In dem Schreiben wird nämlich unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Klagevertreters vom 17. Februar 1986 nur "der Ordnung halber bestätigt, daß der von Herrn Prim.Dr.Gerhard B*** vorgeschlagene Aufteilungsschlüssel zustimmend zur Kenntnis genommen wurde". Abgesehen davon, daß das Schreiben vom 17.Februar 1986 nicht den Standpunkt des Klägers auf Berücksichtigung aller Patienten der Sonderklasse enthielt, wurde lediglich einem in diesem Schreiben ebenfalls nicht enthaltenen Aufteilungsschlüssel zugestimmt, so daß der allenfalls durch Weiterverweisungen an die Korrespondenz zu ermittelnde Regelungsinhalt nicht eindeutig und jedenfalls nicht dem "Bescheid" zu entnehmen gewesen wäre. Der Hinweis des Revisionswerbers auf die umfangreiche Korrespondenz (Beilagen B bis O) widerlegt diese Ansicht nicht, sondern bestätigt sie. Die nach Außerkrafttreten der verfassungswidrigen Bestimmungen des Vbg. Landesbedienstetengesetzes beizubehaltende dienstund besoldungsrechtliche Stellung des Klägers entspricht daher inhaltlich nach wie vor der durch den Bescheid vom 19. Dezember 1984 angeordneten Regelung.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E19842

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00302.89.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19900131_OGH0002_009OBA00302_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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