TE OGH 1990/2/15 8Ob579/90

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Veröffentlicht am 15.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schwarz, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich B***, Hotelier, Hotel B***, Nikolaus Gassner-Promenade 1, 5700 Zell am See, vertreten durch Dr. Anton Waltl und Dr. Peter Krempl, Rechtsanwälte in Zell am See, wider die beklagten Parteien 1./ Ing. Alfred B***, Techniker, Mascagnigasse 31, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, 2./ Eva V***, Geschäftsfrau, Strubergasse 5, 5700 Zell am See, vertreten durch Dr. Gernot Schreckeneder, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen S 151.135,70 sA und Feststellung (Streitwert: S 70.000), infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30.Jänner 1989, GZ 1 R 264/88-55, soweit damit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 21.Juli 1988, GZ 1 Cg 476/84-36, in seinen die zweitbeklagte Partei betreffenden Aussprüchen bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seinen die zweitbeklagte Partei betreffenden Aussprüchen aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang dieser Aufhebung an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Bezahlung eines näher umschriebenen Schadenersatzbetrages zur ungeteilten Hand und die Feststellung ihrer Haftung für alle im Wasserleitungsrohrsystem, an den Badewannen und Waschbecken des ihm, dem Kläger, gehörigen Hotels B*** verursachten und künftig auftretenden Schäden. Er habe dem Erstbeklagten den Auftrag zur Ausarbeitung der Ausschreibungsunterlagen, zur Berechnung der Radiatoren und Rohrnetze, zur Anfertigung der Montagepläne und zur Bauleitung, bestehend aus der Einweisung der ausführenden Unternehmen, Übernahme der Arbeiten, der Aufnahme, Abnahme und Rechnungsprüfung, für eine Heizungs- und Sanitäranlage im Neubau seines Hotels erteilt. Die (mittlerweile gelöschte) Firma "Ernst V*** & Co Zentralheizung, sanitäre Anlagen" (in der Folge: Firma V***), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte war, sei von ihm mit den gesamten Wasser-, Warmwasserbereitungs- sowie Sanitärinstallationen der Bäder und WCs beauftragt worden und habe diese Arbeiten auch durchgeführt. Nach Eröffnung des Hotelbetriebes am 20.12.1981 sei bei allen Warmwasserauslässen stark braun verfärbtes und daher zum Gebrauch ungeeignetes Wasser ausgetreten, das auch die Glasuren der Waschbecken und Badewannen beschädigt habe. Die Ursache dafür sei die Mißachtung der im Installationsgewerbe seit langem bekannten sogenannten "Fließregel", nach der in der Fließrichtung des Wassers verzinkte Eisenrohre nicht nach Kupferrohren angeschlossen werden dürfen. Der Erstbeklagte habe in der Ausschreibung einen T***-Warmwasserbereiter vorgesehen, der Kupferrohre enthalte und daher nicht vor den von der Firma V*** hergestellten verzinkten Eisenrohrleitungen angebracht hätte werden dürfen. Die Folge dieser Vorgangsweise sei eine chemische Zersetzung an den Eisenrohren und deren Verrostung gewesen. Dadurch sei das gesamte Warmwasserrohrleitungssystem beschädigt worden. Die Firma V*** habe es unterlassen, den Kläger vor der Ausführung ihrer Arbeiten (vor) der Mißachtung der "Fließregel" zu warnen. Die Erforschung und Behebung des Fehlers, die Ersetzung des T***-Warmwasserbereiters gegen einen kupferfreien Wärmetauscher, die Beigebung der erforderlichen chemischen Wasserzusätze sowie die aus der durch die erfolgte Korrosion bedingten Verkürzung der Lebensdauer der Wasserrohre resultierende Wertminderung ergäben den geltend gemachten Schadenersatzbetrag. Außerdem seien künftige weitere Schäden nicht auszuschließen, so daß auch ein Feststellungsbegehren gerechtfertigt sei.

Die Zweitbeklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der T***-Warmwasserbereiter und dessen Anschluß sei weder im Auftrag der Firma V*** enthalten gewesen, noch seien von dieser solche Arbeiten durchgeführt worden. Der Erstbeklagte habe die gesamten Installationsarbeiten der Firma V*** ohne Beanstandung abgenommen. Die Verwendung eines T***-Warmwasserbereiters sei der Firma V*** auch nicht zur Kenntnis gebracht worden. Im übrigen wende sie Gegenforderungen der Firma V*** im Betrag von S 57.915,72 gegen die Klageforderung aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen den Erstbeklagten - mit Ausnahme der Abweisung eines Betrages von S 87.353 sA (für die Wertminderung) und eines Zinsenmehrbegehrens - statt, wies aber das gesamte Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte ab. Es ging dabei im wesentlichen von folgenden Feststellungen und Erwägungen aus:

Der Kläger beauftragte den Erstbeklagten zum Zwecke der Errichtung der Heizungs- und Sanitäranlagen im Hotelneubau mit der Ausarbeitung der Ausschreibungsunterlagen, der Anfertigung der Montagepläne und der Bauleitung, die aus der Einweisung der ausführenden Firmen, zwei Besuchen während der Bauzeit, der Übernahme der Arbeiten, der Feststellung der Aufmaße, der Abnahme und der Rechnungsprüfung bestehen sollte. Der Erstbeklagte wurde jedoch nicht mit der Ausarbeitung von Ausschreibungsunterlagen, Anfertigung von Montageplänen und Bauleitung bezüglich der Verbindung der neuen Heizungs- und Sanitäranlagen mit der vorhandenen Anlage beauftragt. Ob der Kläger die Firma V*** nachträglich beauftragte, den vorhandenen alten Boiler in die Neuanlage durch Serienschaltung einzubinden, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Der Erstbeklagte sah unter der Position I/1 seiner Ausschreibung "Verteiler und Armaturen im Kesselhaus - Altbau und Neubau" den Einbau eines "T***-Warmwasserbereiters" der Type C*** 530/140/A/4 vor. Die Firma V*** hatte vom Inhalt dieser Ausschreibung keine Kenntnis. Der T***-Warmwasserbereiter wurde von einem Arbeiter der "K*** & W*** Gesellschaft für Zentralheizungs-, Lüftungs- und sanitäre Anlagen mbH" installiert und an die Heizungsanlage angeschlossen. Hingegen errichtete der bei der Firma V*** beschäftigte Arbeiter Franz M*** über Auftrag des Klägers auf eigene Rechnung die Anschlußstellen zwischen dem Boiler der Altanlage und dem T***-Warmwasserbereiter. Die Firma V*** wurde also weder mit der Installation, noch dem Anschluß des T***-Warmwasserbereiters beauftragt.

Die Anspeisung des T***-Warmwasserbereiters erfolgte aus der Kaltwasserleitung nach Feinfiltration und durch Beimischung aus der Warmwasserrücklaufleitung. Das Warmwasser wird einerseits in den Altbau des Hotels über bestehende Wasserleitungen und in den Neubau über neu installierte verzinkte Eisenrohre verteilt und über die Kreislaufleitungen zur Warmwasserbereitung zurückgeführt. Die Anlage wurde im Dezember 1981 in Betrieb genommen und übergeben. Der T***-Warmwasserbereiter der Firma C*** besteht im sogenannten Batteriebereich aus korrosionsbeständigen, spiralförmigen gebogenen Kupfer-Trufin-Rohren mit oberflächenvergrößernden Rippen. Es lag also eine sogenannte Mischinstallation vor, bei der nach einem kurzen Stück verzinkten Eisenrohres von der Wasseruhr bis zum T***-Warmwasserbereiter eine Kupferleitung und daran anschließend ein verzinktes Eisenrohr-Verteilungssystem folgte. Sowohl der Alt-, als auch der Neubau wurden durch diesen T***-Warmwasserbereiter mit Warmwasser gespeist.

Für die Anlage wurde und wird in Abhängigkeit von der Jahreszeit Trinkwasser mit unterschiedlicher Beschaffenheit verwendet. Während etwa von Ende April bis Ende November die Anlage mit Wasser aus der sogenannten Schmitten-Quelle versorgt wird, fließt während der Wintermonate Wasser aus dem Grundwasserwerk Prielau zu. Dies war auch so während des maßgeblichen Zeitraumes 1981/1982. Das Wasser der Schmitten-Quelle ist nicht deckschichtbildend; seine Einleitung in eine Hausinstallation mit verzinkten Eisenrohren hat Muldenfraß, Rohrdurchbruch, ein Zuwachsen der Rohre oder eine Verunreinigung des Wassers durch Rost zur Folge. Hingegen führt das Wasser aus dem Wasserwerk Prielau sowohl für feuerverzinkte Stahlrohre als auch für Kupferrohre zu keiner wesentlichen Korrosionsbildung. In dem vor der - mit den verfahrensgegenständlichen Arbeiten geplanten und bewirkten - Erneuerung der Warmwasserbereitungsanlage bestehenden Rohrsystem kam es auf Grund der beschriebenen Beschaffenheit des Wassers der Schmitten-Quelle zu keiner Ausbildung einer gleichmäßigen Deckschicht. Darüber hinaus trat infolge monatelangen saisonalen Stillstandes der Wasserverteilung in weiten Teilen des Verteilungssystemes unabhängig von der Qualität des eingespeisten Wassers eine sogenannte Stillstandskorrosion auf, weshalb bereits vor Inbetriebnahme der neuen Anlagenteile gewisse Materialzerstörungen vorhanden waren, die bislang jedoch nicht zu Wasserrohrdurchbrüchen führten. Die durch Korrosion in der Altanlage gebildeten Rostpartikel wurden im Zuge der Inbetriebnahme der neuen Anlage in diese verschleppt und bewirkten eine erhebliche Erhöhung der Korrosionswahrscheinlichkeit. Die vorgenommene Installation des T***-Warmwasserbereiters, durch welchen Kupferionen in das nachgeschaltete Verteilungssystem gelangten, entsprach nicht der den Regeln der Technik entsprechenden "Fließregel". Diese in der Praxis seit langem bekannte Regel fordert, daß bei Verwendung von Kupfer und feuerverzinktem Stahl in einem System darauf zu achten ist, daß über Installationsteile aus Kupfer oder Kupferlegierungen geflossenes Wasser anschließend nicht mit Teilen aus feuerverzinktem Stahl in Berührung kommt. Die "Fließregel" ist Installateuren üblicherweise seit langem bekannt und in der ÖNORM B 2531, Teil 1 (und der DIN 50930, Teil 3) festgehalten. Kupferionen, die bei der Korrosion von kupferhaltigen Werkstoffen in das Wasser gelangen, begünstigen ebenso eine Korrosion im nachgeschalteten Verteilungssystem.

Nach Inbetriebnahme der Neuinstallationen, zu denen auch der T***-Warmwasserbereiter gehörte, traten erstmals in den Sommermonaten 1982 massive Verfärbungen des Warmwassers auf. Diese Verfärbungen sind auf hohe Kupferkonzentration, aber auch auf Rostwasser zurückzuführen. Wasser dieser Beschaffenheit bewirkt in neuinstallierten verzinkten Eisenwerkstücken und Kupferleitungen Korrosion.

Der Kläger ließ nach Bekanntwerden der Schadensursache aufgrund eines Sachverständigengutachtens durch die Firma "K*** & W***" eine Dosierpumpe einbauen und den C***-T***-Warmwasserbereiter entfernen, wofür die Firma "K*** & W***" ihm einen Betrag von S 40.020,88 in Rechnung stellte. Weiters ließ er entsprechend der Empfehlung des von ihm bestellten Sachverständigen ein Rohrstück ausbauen und ein neues Rohrstück einbauen, wofür S 512,12 in Rechnung gestellt wurden. Für den Anschluß des Dosiergerätes bezahlte er S 729,24. Bis 30.9.1984 hat der Kläger für die Beigabe von Schutzphospaten/-Silikaten entsprechend der Empfehlung des Sachverständigen S 11.799,60 aufgewendet. Für die Schadensbegutachtung durch die hydrologische Untersuchungsstelle Salzburg entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von S 6.689,36 und S 4.031,50.

Eine technische Wertminderung der Heizungs- und Sanitäranlage im Hotelneubau des Klägers trat nicht ein. Folgeschäden aus den aufgetretenen Mängeln der Heizungs- und Sanitäranlage für die Zukunft können nicht ausgeschlossen werden.

Im Rahmen der Ausführungen zur Beweiswürdigung meinte das Erstgericht, die Zweitbeklagte habe bewiesen, daß die Firma V*** von der vorgesehenen Installation eines T***-Warmwasserbereiters keine Kenntnis erlangt habe, weil dieser Teil der Ausschreibung des Erstbeklagten nicht auch Bestandteil des Anbotes und sodann des Auftrages der Firma V*** gewesen sei. Es folgerte daraus, daß die Firma V*** - und also auch die Zweitbeklagte - daher nicht wegen Verletzung einer Warnpflicht im Sinne des § 1168 a ABGB hafte, weil sie nur mit der Wasser- und Sanitärinstallation im Hotelneubau des Klägers, nicht jedoch mit der Installation und dem Anschluß des T***-Warmwasserbereiters beauftragt gewesen sei; sie habe diesen auch nicht aufgestellt und an das Leitungsnetz angeschlossen, sondern vielmehr vom vorgesehenen Einbau dieses Gerätes gar keine Kenntnis gehabt.

Über Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht durch Teilurteil die Abweisung des Klagebegehrens gegen die Zweitbeklagte und ließ die Revision unter entsprechender Bewertung des Streitgegenstandes nicht zu. Im Rahmen der Behandlung der Beweis- und Tatsachenrüge des Klägers übernahme es die Feststellungen des Erstgerichtes, daß den T***-Warmwasserbereiter Beschäftigte der Firma "K*** & W***" aufstellten und an die Heizungsanlage anschlossen und daß Franz M*** den bestehenden Boiler mit dem T***-Warmwasserbereiter zusammenschloß. Danach führte es aus, es spreche einiges dafür, daß die Firma V*** die Warmwasserleitungen im Neubau an den Warmwasserbereiter angeschlossen habe. Dazu habe das Erstgericht allerdings ebensowenig wie zur Frage, ob der Firma V*** auch bekannt geworden sei, daß ein T***-Warmwasserbereiter eingebaut wurde, eindeutige Feststellungen getroffen. Dem Sachverhalt sei nur zu entnehmen, daß die Firma V*** von der diese Anlage betreffenden Ausschreibung keine Kenntnis gehabt habe und weder mit der Installation, noch mit dem Anschluß des T***-Warmwasserbereiters beauftragt gewesen sei. Lediglich in der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Beurteilung des Ersturteiles werde erwähnt, die Firma V*** habe auch von der vorgesehenen Installation des T***-Warmwasserbereiters keine Kenntnis erlangt. Aus der Aussage des Zeugen Josef H*** und einem vorgelegten Stundenzettel folge aber eher das Gegenteil. Aus rechtlichen Erwägungen sei es aber nicht entscheidend, ob die Firma V*** die von ihr errichtete Sanitärinstallation an den T***-Warmwasserbereiter angeschlossen und von dessen Existenz Kenntnis erlangt habe oder nicht.

Die im § 1168 a ABGB normiete Warnpflicht des Unternehmers bestehe zwar auch gegenüber einem sachkundigen oder einem sachkundig beratenen Werkbesteller, allerdings immer nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers. Für Umstände auf der Bestellerseite, die dem Unternehmer nicht erkennbar sein müßten, sei er im Rahmen seiner Warnpflicht nicht verantwortlich. Er sei auch nicht verhalten, besondere, sonst nicht übliche Prüfungen und Untersuchungen anzustellen. Bei Anwendung dieser Grundsätze könne der Firma V*** eine Verletzung der Warnpflicht nicht vorgeworfen werden. Ihr seien die Ausschreibungsunterlagen über den T***-Warmwasserbereiter nicht bekannt gewesen, sie habe diese Anlage weder geliefert noch angeschlossen oder in den bestehenden Boiler eingebunden. Sie habe von dessen Existenz auch nicht einmal Kenntnis erlangt. Selbst wenn aber davon ausgegangen werde, daß die Firma V*** Kenntnis vom Vorhandensein dieses T***-Warmwasserbereiters hatte und diesen an die von ihr errichteten Warmwasserleitungen anschloß, gehe die Warnpflicht nicht so weit, Installationen, die nicht unter ihre Leistungspflicht fielen und die sie nicht selbst eingebaut hätte, zu untersuchen oder Erkundigungen darüber einzuholen, um feststellen zu können, ob die "Fließregel" eingehalten werde. Vielmehr sei es lediglich Sache des Erstbeklagten gewesen, schon im Planungsstadium diese Umstände zu berücksichtigen. Eine Haftung der Zweitbeklagten als persönlich haftender Gesellschafterin der Firma V*** für den vom Kläger behaupteten Schaden sei daher nicht gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist zulässig, weil es sich bei der zu lösenden materiellrechtlichen Rechtsfrage der Reichweite der Warn- und Aufklärungspflichten eines Werkunternehmers, der als einer von mehreren Werkunternehmern an einem Gesamtwerk arbeitet, um eine solche gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO (aF) handelt; sie ist auch berechtigt.

Gemäß § 1168 a dritter Satz ABGB ist der (Werk-)Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers mißlingt und er diesen (schuldhaft, dh trotz Kenntnis oder Erkennbarkeit) nicht gewarnt hat. Stoff im Sinne dieser Gesetzesstelle ist alles, aus dem oder mit dessen Hilfe ein Werk herzustellen ist (WBl 1988, 98; SZ 57/197;

1 Ob 705/88 uva). Dazu zählen auch Vorarbeiten eines anderen Unternehmers, auf die der Werkunternehmer aufbauen muß (SZ 37/163 ua; 1 Ob 705/88; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 1168 a;

Grillberger in Schwimann, ABGB, Rz 17 zu § 1168 a). Die Warnpflicht des Unternehmers stellt eine werkvertragliche Nebenpflicht dar, die auch schon im vorvertraglichen Stadium (in contrahendo) bestehen kann und die Interessen des - wenngleich auch selbst sachkundigen oder sachverständig beratenen - Werkbestellers (Krejci aaO Rz 32 zu § 1168 a; JBl 1987, 44 mwH) - wahren soll, wenn die vom Unternehmer erkannte oder für ihn erkennbare Gefahr besteht, daß das Werk wegen der dargestellten - außerhalb der unmittelbaren Sphäre des Unternehmers liegenden - Umstände auf Bestellerseite mißlingen und dem Besteller dadurch ein Schaden entstehen könnte (JBl 1987, 662 mwH). Diese Aufklärungs- und Wahrnehmungs-(Prüf-)Pflichten dürfen allerdings nicht überspannt werden und bestehen auch immer nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers (WBl 1988, 98; RZ 1984/15; HS 9.467 uam). Für Umstände auf Seite des Bestellers oder anderer vor oder neben ihm am Werk arbeitender Unternehmer, die ihm nicht erkennbar sein müssen und auf die er nur auf Grund besonderer, nicht allgemein üblicher Recherchen kommen könnte, ist der Unternehmer im Rahmen seiner Warnpflicht nicht verantwortlich (vgl Krejci, aaO Rz 33 zu § 1168 a; JBl 1987, 662). Haben jedoch mehrere Unternehmer in getrennten Werkverträgen demselben Besteller in nebeneinander oder aufeinander folgenden Teilleistungen ein Werk zu erbringen, so hat jeder von ihnen alles zu vermeiden, was das Gelingen des Gesamtwerkes vereiteln könnte (SZ 54/179 ua; 1 Ob 705/88; 3 Ob 526/88; vgl Palandt, BGB48 Rz 2b zu § 631). Muß der Werkunternehmer vor der Fertigstellung seines Werkes schon auf Grund des von ihm zu fordernden Fachwissens ohne besondere weitere Untersuchungen aus der Beschaffenheit der von anderen Werkunternehmern geleisteten Vorarbeiten erkennen, daß bei vertragsgemäßer eigener Werkleistung die Gefahr des Mißlingens des Gesamtwerkes und eines Schadens für den Besteller daraus droht, daß die Leistungen nicht in technisch richtiger Weise aufeinander abgestellt sind und die anerkannten Regeln der Technik beim "Gesamtwerk" verletzt sind, dann hat er diesen "offenbar" auf Bestellerseite (dorthin gehören auch die Vorleistung eines anderen Werkunternehmers) vorliegenden Gefahrenumstand wahrzunehmen und dem Besteller darüber Aufklärung zu geben (vgl SZ 37/163; 1 Ob 705/88; Iro in JBl 1983, 513).

Die durch getrennte selbständige Werkverträge mit dem Besteller zur Herstellung von Teilen einer nur durch technischen Zusammenschluß funktionsfähigen Anlage verpflichteten Unternehmer müssen, um das Gelingen und die Funktionsfähigkeit der Gesamtanlage zu gewährleisten und den Besteller vor Schaden zu bewahren, der aus der mangelnden Harmonisierung und Abstimmung der jeweiligen Teile der Anlage entstehen kann, gewissermaßen technischen "Schulterschluß" suchen und sich von dem Vorliegen der positiven und dem Nichtvorhandensein der negativen Bedingungen Gewißheit verschaffen. Diese Pflicht trifft sie schon bei Vertragsschluß, weil sich danach Art, Umfang und Qualität des Leistungsgegenstandes bestimmen können und uU nach dem Ergebnis der pflichtgemäßen Aufklärung des Bestellers der Vertragsschluß auch überhaupt entfallen könnte. Hat der Besteller selbst oder ein von ihm damit betrauter Dritter die Aufgabe der Harmonisierung und Abstimmung der von verschiedenen Unternehmern zu erbringenden Teilleistungen übernommen, so sind die zur Erbringung dieser Teilleistungen bestellten Unternehmer dennoch von der Warn- und Aufklärungspflicht betroffen, sobald ihnen die mangelnden Voraussetzungen für die richtige Harmonisierung und Abstimmung ihrer Teilleistungen mit jenen des anderen selbständigen Unternehmers erkennbar werden oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar sein müßten. Besteht, wie dies hier auf der Ebene der Sachverhaltsfeststellungen bereits bindend ausgesprochen wurde, im Bereich der Technik der Herstellung von Wasserversorgungseinrichtungen und Warmwasserheizungsanlagen mit der sogenannten "Fließregel" eine anerkannte Harmonisierungs- und Abstimmungsregel, so muß in jeder Lage des vertraglichen Kontakts der Parteien des Werkvertrages von jedem der mit der Erbringung der Teilleistungen befaßten Unternehmer eine drohende Verletzung dieser Regel beachtet und zum Anlaß sofortiger Warnung und Aufklärung des Bestellers genommen werden.

Infolge seiner unrichtigen Rechtsansicht hat deshalb das Berufungsgericht unrichtig angenommen, es komme nicht darauf an, ob - wofür nach seiner Ansicht immerhin einiges spreche - die Firma V*** die von ihr errichteten Sanitärinstallationen an den T***-Warmwasserbereiter angeschlossen habe oder nicht, und sie hat deshalb auch die Berufung in dieser Hinsicht unerledigt gelassen. Tatsächlich ist dies aber hinsichtlich des Anspruches gegen die Zweitbeklagte streitentscheidend.

Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß der Kläger schon im Verfahren erster Instanz vorgebracht hat, es hätten Leute der Firma V*** den im Heizraum von einem anderen Unternehmer installierten und/oder im "Pfusch" an die von der Firma V*** hergestellten eisenverzinkten Rohrleitungen angeschlossenen T***-Warmwasserbereiter wahrgenommen. Die diesbezügliche negative Feststellung des Erstgerichtes hat der Kläger ebenfalls in seiner Berufung bekämpft. Das Berufunsgericht - das allerdings Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Erstgerichtes äußerte (Seite 9 des Berufungsurteils) - hat diese Rüge aus rechtlichen Gründen nicht als erheblich angesehen. Auch diese Ansicht kann der Oberste Gerichtshof nicht teilen. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze für die die Werkausführung begleitende Überwachungs-, Wahrnehmungs-, Aufklärungs- und Warnpflicht kann diesem Umstand erhebliche Bedeutung zukommen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß - wenn von "Leuten" der Firma V*** die Rede ist - doch nicht die Wahrnehmungen jeder von dieser Firma am Ort der Ausführung der Werkleistungen beschäftigten Person der Firma V*** - einer Personenhandelsgesellschaft - verantwortlich zuzurechnen ist. Sicher darf der Werkunternehmer durch die Einschaltung von Hilfspersonen (Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 1313 a ABGB) den Besteller in seiner Rechtsposition nicht schlechterstellen. Dies ist auch die ratio der Haftung des Unternehmers nach § 1313 a ABGB. Entscheidend für die Wissenszurechnung zu Lasten des Unternehmers ist jedoch, mit welchem konkreten Aufgabenbereich der Erfüllungsgehilfe betraut war, denn gerade in diesem Bereich verwirklicht sich dann das Betriebsrisiko des Werkunternehmers (vgl. dazu Iro, Zurechnung von Gehilfen im Recht der Willensmängel, JBl 1982,470 u. 510, insbes.516). Es kommt daher darauf an, welchen Aufgabenbereich im vorliegenden Fall jene "Leute der Firma V***" hatten, die allenfalls bei der Herstellung der Werkleistungen dieser Gesellschaft den anzuschließenden Warmwasserbereiter am Aufstellungsort wahrgenommen haben, damit ihr Wissen der Gesellschaft zuzurechnen ist oder nicht zuzurechnen ist. Das Berufungsgericht wird sich daher gegebenenfalls auch mit diesem Problemkreis beschäftigen und die erforderlichen Klarstellungen oder Feststellungen vornehmen müssen. Es ist demnach das Urteil des Berufungsgerichtes in seinen die Zweitbeklagte betreffenden Aussprüchen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Gericht zweiter Instanz zur neuerlichen Entscheidung und allenfalls auch neuerlichen Verhandlung rückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E20736

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00579.9.0215.000

Dokumentnummer

JJT_19900215_OGH0002_0080OB00579_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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