TE OGH 1990/2/21 1Ob714/89

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Veröffentlicht am 21.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Martin O***, geboren am 22. Mai 1989, infolge Revisionsrekurses der väterlichen Großmutter Franziska G***, Hausfrau, Aribonenstraße 61, 5020 Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 18.Oktober 1989, GZ 22 b R 96/89-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 8.August 1989, GZ 21 P 67/89-3, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der mj. Martin O*** wurde am 22.5.1989 von Maria O***, geboren am 18.1.1968, außer der Ehe geboren. Sein Vater ist auf Grund des vor dem Stadtjugendamt Salzburg am 17.7.1989 geleisteten Vaterschaftsanerkenntnisses der am 8.2.1971 geborene Richard F***. Dessen Mutter Franziska G*** beantragte am 25.7.1989, ihr die Obsorge über den mj. Martin O*** zu übertragen, weil die gemeinsam mit ihrem Sohn Richard F*** in ihrem Haushalt lebende Mutter des Minderjährigen geistig zurückgeblieben und nicht in der Lage sei, das Kind ordentlich zu versorgen und die Obsorge für das Kind auszuüben. Sie betreue und verpflege zur Zeit den Minderjährigen in ihrem Haushalt in einer 126 m2 großen Wohnung, in der noch vier Kinder und ihr Ehemann lebten. Der mit seiner Mutter beim Amtstag miterschienene Vater des Minderjährigen bestätigte die Angaben seiner Mutter, stimmte ihrem Antrag zu und gab an, die Mutter des Minderjährigen habe sich zu dieser Maßnahme noch nicht geäußert, ihm erscheine es aber so, als ob sie noch gar nicht richtig realisiert habe, ein Kind bekommen zu haben.

Über gesonderte Vorladung erklärte die Mutter ebenfalls ihre Zustimmung zum Antrag der väterlichen Großmutter. Überdies gab sie zu Protokoll, sie fühle sich in der Familie G*** sehr wohl und kümmere sich sehr viel um das Kind, sei aber derzeit im Umgang mit dem Kind noch ungeschickt und noch nicht in der Lage, in jeder Weise richtig für das Kind zu sorgen; über die rechtlichen Folgen der Übertragung der Obsorge sei sie informiert worden.

Das Erstgericht entzog der Mutter die Obsorge für den Minderjährigen und übertrug sie der väterlichen Großmutter Franziska G***. Es liege das Einvernehmen der Eltern des Minderjährigen und der väterlichen Großmutter vor. Wegen des persönlichen Eindrucks der väterlichen Großmutter und der von dieser glaubhaft geschilderten Wohn- und Erziehungsverhältnisse bestünden gegen die Übertragung der Obsorge keine Bedenken.

Infolge Rekurses der Mutter, die angab, zu ihrer zustimmenden Äußerung genötigt worden zu sein, hob das Gericht zweiter Instanz die Entscheidung des Erstgerichtes zur Verfahrensergänzung auf. Die von der Mutter bei ihrer Einvernahme eingeräumten Schwierigkeiten bei der Betreuung des Minderjährigen, die im Beschluß des Erstgerichtes nicht einmal festgestellt seien, reichten noch nicht aus, um ihr die - ihr gesetzlich allein zustehende - Obsorge für den Minderjährigen zu entziehen. Im fortgesetzten Verfahren sei insbesondere eine Stellungnahme des Jugendwohlfahrtsträgers bzw. der für die in Aussicht genommenen Aufenthalte des Minderjährigen zuständigen Jugendämter einzuholen, damit auf Grund einer erweiterten Sachverhaltsgrundlage über die Obsorge für den Minderjährigen im Sinne des Antrages der väterlichen Großmutter oder gegen diesen entschieden werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der väterlichen Großmutter ist nicht berechtigt. Wie das Rekursgericht zutreffend darlegte, ist die Entziehung oder Einschränkung der - hier gemäß § 166 ABGB der Mutter allein zustehenden - Obsorge für den Minderjährigen nur dann zu verfügen, wenn und soweit die Mutter das Wohl des Kindes durch ihr Verhalten gefährdet (§ 176 ABGB). Die in Wahrheit allein auf das Einverständnis der Eltern und der väterlichen Großmutter gestützte Entscheidung des Erstgerichtes bringt in keiner Weise zum Ausdruck, durch welches Verhalten der Mutter das Wohl des Minderjährigen so gefährdet wurde, daß ihr die Obsorge zu entziehen und auf die väterliche Großmutter zu übertragen wäre. Dazu kommt noch, daß es das Erstgericht entgegen § 215 Abs. 2 ABGB unterlassen hat, den Jugendwohlfahrtsträger vor der die Obsorge für den Minderjährigen betreffenden Verfügung zu hören. Wenn daher das Rekursgericht das Verfahren über den Antrag der väterlichen Großmutter, dem die Mutter nunmehr nicht mehr zustimmt, im Sinne seiner Darlegungen für ergänzungsbedürftig erachtet, ist schon nach den obigen Ausführungen eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache darin nicht zu erkennen. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der aufgetragenen Sachverhaltserweiterung ist vom Obersten Gerichtshof als Rechtsinstanz nicht weiter zu überprüfen (6 Ob 585/83). Die von der väterlichen Großmutter im Revisionsrekurs vorgetragenen Neuerungen werden im fortgesetzten Verfahren entsprechend zu berücksichtigen sein.

Anmerkung

E19952

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00714.89.0221.000

Dokumentnummer

JJT_19900221_OGH0002_0010OB00714_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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