TE OGH 1990/2/22 12Os9/90

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Veröffentlicht am 22.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Februar 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tschutscher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Claus Eberhard S*** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 16.März 1987, GZ 20 Vr 176/85-134, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Akten werden zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der nunmehr 57-jährige Claus Eberhard S*** wurde des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Darnach hat er - zusammengefaßt

wiedergegeben - als Prokurist der Firma O***-H***-V***-GesmbH und O***-B***-GesmbH in Salzburg die ihm durch

Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen dieser Firma zu verfügen und diese zu verpflichten, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er zwischen 5.Jänner 1979 und 29.August 1980 in wiederholten Angriffen durch Behebungen und Überweisungen Firmengelder von rund 2,1 Mill S (rechnerisch exakt: 2,079.808 S) an sich brachte sowie für private Zwecke verwendete, und dadurch seinem Arbeitgeber einen 100.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt.

Rechtliche Beurteilung

Die von ihm dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl:

Die Verfahrensrüge (Z 4) übersieht, daß das Schöffengericht jenen Umstand, der durch den Zeugen Direktor H*** unter Beweis gestellt werden sollte - der Genannte habe dem Angeklagten schon im November 1978 und auch noch heute (also im Zeitpunkt der Antragstellung) mündlich erklärt, daß der Angeklagte jederzeit auf Grund des Pfandrechts an seiner Liegenschaft im Wege der Einlösung nach § 1422 ABGB die Barmittel zur Bezahlung des einverleibten Betrages erhalten könnte (Band V S 179) - ohnehin ausdrücklich als erwiesen angenommen hat (Band V S 180 und 229), woraus erhellt, daß eine Schmälerung der Verteidigungsrechte durch das bekämpfte abweisliche Zwischenerkenntnis nicht bewirkt wurde (siehe auch Mayerhofer-Rieder2 ENr 77 zu § 281 Abs. 1 Z 4 StPO). Der Mängelrüge (Z 5) in Ansehung des Faktums A 1 zuwider ermöglichten der handschriftliche Vermerk des unrichtigen Zahlungszwecks sowie die unrichtige Buchungsanweisung (Band I S 21) im Zusammenhalt damit, daß der Angeklagte den in Rede stehenden Betrag unbestrittenermaßen zur Deckung einer privaten Schuld verwendete, den völlig unbedenklichen und denkrichtigen Schluß darauf, daß der Beschwerdeführer (auch) in diesem Faktum von vornherein in tatbestandsverwirklichender Weise dolos agierte (Band V S 195, 214 f). Soweit der Angeklagte in der Beschwerde abermals versucht, seine vom Schöffengericht als unglaubwürdig verworfene Irrtums-Version als "in keiner Weise widerlegt" hinzustellen, ist darin ein - im Rahmen einer Mängelrüge (Z 5) nach wie vor unzulässiger - Angriff auf die - völlig unbedenkliche; dies als Antwort auf die kursorischen Rechtsmittelausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5 a) - tatrichterliche Beweiswürdigung zu erblicken; es muß daher hierauf nicht weiter eingegangen werden. Der Erwiderung auf die weiteren unter der Z 5 vorgetragenen Beschwerdepunkte ist generell voranzustellen, daß der Deliktsverwirklichung vorgelagerte Motive nicht zu den im Sinne des § 270 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO angeführten entscheidenden Tatsachen zählen, daß beim Tatbestand der Untreue der vom (bedingten) Vorsatz des Täters umfaßte Vermögensnachteil des Machtgebers kein dauernder sein muß und demnach auch Ersatzansprüche des Machtgebers gegen den Machthaber sowie eine allfällige künftige Schadensabdeckung außer Betracht zu bleiben haben und daß schließlich nach der Natur des Deliktes der Untreue weder ein präsenter Deckungsfonds noch die Existenz kompensabler Gegenforderungen - abgesehen von vorliegend nicht in Betracht kommenden, durch die Mißbrauchshandlungen des Machthabers entstandenen Vermögensnachteilen - die Bestrafung des ungetreuen Machthabers auszuschließen vermögen (Kienapfel BT II2 RN 70 und 73, Leukauf-Steininger Komm2 RN 12 und Foregger-Serini MKK4 Erl III, all dies zu § 153 StGB).

So gesehen kann als irrelevant dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte im Faktum A 2 vermeinte, "jedenfalls" den Betrag von 1,220.331 S zu benötigen und ob er in der Lage gewesen wäre, diesen Betrag auch auf legalem Wege aufzutreiben; entscheidend ist vielmehr allein, daß er - von ihm gar nicht bestritten - in Ausübung seiner Verfügungsmacht Firmengelder im fraglichen Umfang an sich brachte und zur Abdeckung seiner Schulden gegenüber der A*** B*** DER V***, also für Privatzwecke, verwendete. Daß er im Zusammenhang mit dieser Transaktion Vorbereitungshandlungen setzte, die nach seiner Entlassung zur teilweisen Schadensgutmachung durch einen Abtretungsvorgang gemäß § 1422 ABGB führten (siehe dazu Band V S 199 ff), wäre mithin für die Tatbestandserfüllung selbst dann belanglos, wenn der Angeklagte den Vorgang seiner Dienststelle von vornherein offengelegt und die vertragsmäßige und grundbücherliche Realisierung betrieben hätte, was er de facto unterließ (Band V S 201 f).

Nach dem Gesagten objektiv ohne Bedeutung sind auch jene Pläne, die der Angeklagte in Ansehung eines Musterhauses der Firma O*** gehegt haben will, das auf einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück errichtet werden sollte und irrelevant ist es auch, ob ihm gegenüber der Dienstgeberfirma - als, wie er behauptet, nicht leitendem Angestellten - ein Überstundenentgeltanspruch zustand. Daß er aber in subjektiver Beziehung nicht einmal vermeinte, einen derartigen Anspruch in den jeweiligen Tatzeitpunkten zu besitzen, hat das Schöffengericht mit schlüssiger und lebensnaher Begründung dargetan (Band V S 224), wobei auch hier das sich im wesentlichen in der Wiederholung der - vom Gericht verworfenen - Verantwortung in der Hauptverhandlung erschöpfende Beschwerdevorbringen der Sache nach als unzulässige Bekämpfung (Z 5) der unbedenklichen (Z 5 a) tatrichterlichen Beweiswürdigung darstellt.

Zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung entbehren die Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10) des Angeklagten, weil sie sich mit der darin aufgestellten Kernbehauptung, der Angeklagte sei zumindest subjektiv "felsenfest" davon überzeugt gewesen, daß ihm gegenüber der Firma O*** ein Überstundenentgeltanspruch in einer die eingelösten Forderungen übersteigenden Höhe zustand, über die bereits oben wiedergegebene ausdrückliche Urteilskonstatierung hinwegsetzt, er habe sehr wohl gewußt, daß derartige (Überstundenentlohnungs-)Ansprüche nicht bestehen bzw bestanden haben (abermals Band V S 224).

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten wird der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben (§ 285 i StPO). Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E19907

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00009.9.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19900222_OGH0002_0120OS00009_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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