TE OGH 1990/2/22 7Ob525/90 (7Ob526/90)

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Veröffentlicht am 22.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Madeleine L***, Haushalt, Ruddalsvägen 7, Västra Frölunda, Schweden, vertreten durch Dr. Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Rudolf Z***, Kaufmann, Krailling/München, Sperberweg 12 b und 2.) Barbara Z***, Haushalt, Krailling/München, Sperberweg 12 b, beide vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth und Dr. Wolfgang Wagner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Vermögensangabe und Eid sowie Herausgabe (Streitwert S 550.000,- s.A.) infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23.Oktober 1989, GZ 13 R 38/89-43, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 12.September 1988, GZ 55 Cg 52/86-31, teils abgeändert, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1.)

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

2.)

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes vom 12.9.1988, ON 31, in seinem Punkt 1 wiederhergestellt wird.

              3.)              Die Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 11.6.1899 geborene Irene F***, die in Wien 18, Weimarerstraße 76 wohnhaft und Witwe eines erfolgreichen Antiquitätenhändlers war, starb am 21.4.1983. In ihrem Testament vom 4.3.1982 hatte sie die Klägerin, ihre Nichte, zur einen Hälfte und die Beklagten, die Ehegatten sind und mit denen sie befreundet war, gemeinsam zur anderen Hälfte ihres Nachlasses als Erben eingesetzt. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Döbling vom 27.5.1983, 2 A 260/83-17, wurde auf Grund der unbedingten Erbserklärungen der Nachlaß der Irene F*** der Klägerin zur Hälfte und den Beklagten zu je einem Viertel eingeantwortet. Das von allen drei Erben erstattete Eidesstättige Vermögensbekenntnis mit Aktiven von S 1,642.922,60, Passiven von S 27.412,57 und somit einem Reinnachlaß von S 1,615.510,03 wurde der Abhandlung zugrundegelegt. Mit Zustimmung der Klägerin wurde entsprechend den Ergebnissen der Verlassenschaftsabhandlung das Eigentum an der Liegenschaft EZ 2251 KG Währing mit dem Haus in Wien 18, Weimarerstraße 76, je zur Hälfte für die Beklagten verbüchert.

Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens der verstorbenen Irene F*** zum Todestag 5.4.1983 anzugeben, was ihnen von diesem Vermögen, von dessen Verschweigung oder Verheimlichung durch sie selbst bzw. durch den jeweils anderen Gatten bekannt ist, und einen Eid über die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben zu leisten; und weiters, die Beklagten zu verpflichten, alle in die Verlassenschaft fallenden Beträge und Vermögenswerte herauszugeben, die nicht Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens waren. Der Erstbeklagte sei seit 1.3.1980 uneingeschränkter Vermögensverwalter der Irene F*** und als einziger über deren Vermögensverhältnisse informiert gewesen. Die Zweitbeklagte habe es zusammen mit dem Erstbeklagten übernommen, sich um Zahlungen für Irene F*** zu kümmern und das Haus zu verwalten. Beide hätten seit 1980 uneingeschränkten Zugang zum Haus der Irene F*** gehabt. Im Sommer 1985 habe die Klägerin erfahren, daß die Beklagten viele wertvolle Gegenstände der Irene F*** verbracht und gestohlen hätten, die dann am Todestag nicht mehr vorhanden gewesen seien, insbesondere verschiedene, in der Klage im einzelnen angeführte Möbel und Gläser im Gesamtwert von S 930.000,--. Der Verlassenschaftsabhandlung sei nur ein geringer Teil der vorhandenen Werte unterzogen worden, so daß die Klägerin in ihrem Erbrecht geschmälert worden sei. Beide Beklagten hätten vom wahren Vermögen der verstorbenen Irene F*** vermutlich Kenntnis, hätten der Klägerin aber davon keine Mitteilung gemacht.

Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage. Sie hätten weder Irene F*** bestohlen oder ihr etwas veruntreut, noch der Klägerin Vermögenswerte des Nachlasses verheimlicht. Die Beklagten seien nicht Vermögensverwalter der Irene F*** gewesen, diese habe ihr Vermögen vielmehr bis zuletzt selbst verwaltet. Irene F*** habe im Laufe der Jahre wohl Antiquitäten verkauft, und zwar auch an die Beklagten. Es sei aber nichts ohne ihre Zustimmung aus dem Hause in der Weimarerstraße zu ihren Lebzeiten entfernt worden. Nach ihrem Tod hätten die Beklagten lediglich ihnen gehörende und nicht in den Nachlaß fallende Gegenstände von dort weggebracht. Die Klägerin sei in voller Kenntnis des Umfanges des Nachlasses, alle den Beklagten bekannten Vermögenswerte seien auch ihr bekannt, es sei alles geteilt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf folgende Feststellungen:

Die Vermögensangabe im Zuge des Eidesstättigen Vermögensbekenntnisses erfolgte seitens der Beklagten insofern unrichtig, als im Zusammenhang mit der zum Nachlaßvermögen gehörenden Wohnungseinrichtung vorhandene Vermögenswerte nicht angegeben wurden. Das Schicksal der in der Klageerzählung namentlich aufgezählten Fahrnisse war wie folgt beschaffen: Die Kommode, ausgestattet mit einer rosa Marmorplatte, wurde seitens der verstorbenen Irene F*** an die Zweitbeklagte geschenkt und nach dem Tod der Irene F*** durch die Beklagten abgeholt. Die französische Bergere wurde noch zu Lebzeiten der Irene F*** verkauft und aus deren Wohnung verbracht. Die Potsdamer Kommode wurde bereits in der ersten Hälfte der Siebziger Jahre vom Ehegatten der Irene F*** an die Zweitbeklagte verkauft. Auch die Vanderbilt Garnitur wurde durch Irene F*** an die Beklagten verkauft. Nicht klärbar ist das Schicksal des in der Klageerzählung angeführten Figdor Sessels und zweier Kothgasser Gläser.

Das Erstgericht führte weiter aus, die Feststellung, daß die Vermögensangabe im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens durch die Beklagten unvollständig erfolgt sei, gründe sich auf die Selbstanzeige der Beklagten beim Finanzamt. Diese Anzeige stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, daß die Beklagten das Vorhandensein weiteren Vermögens verschwiegen hätten. Eine Verheimlichung oder Verbringung von Nachlaßgegenständen durch die Beklagten sei daher glaubhaft, sodaß der Klägerin gegenüber den Beklagten als den Miterben die Klage nach Art.XLII EGZPO zustehe.

Das Berufungsgericht wies das Herausgabebegehren mit Teilurteil ab und sprach hiezu aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Im übrigen hob es die Entscheidung des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Der erste Fall des Art.XLII EGZPO habe zur Voraussetzung, daß nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes eine Verpflichtung zur Angabe eines Vermögens oder von Schulden bestehe, schaffe also keinen neuen bürgerlich-rechtlichen Tatbestand, sondern erweitere nur einen schon bestehenden Anspruch durch einen Anspruch auf eidliche Bekräftigung der Angaben. Der zweite Fall dieses Artikels hingegen sei eine Norm des materiellen Rechts, die bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne sonstige rechtliche Verpflichtung zur Vermögensangabe und Eidesleistung zwinge. Voraussetzung dieses Anspruches sei ein absichtliches Verschweigen oder Verheimlichen eines Vermögens und daher eine Tätigkeit, die ein Verheimlichen oder Verschweigen des Vermögens bezwecke, nicht aber eine bloße Verweigerung einer Auskunft. Aus den Worten "vermutlich Kenntnis hat" ergebe sich, daß vom Kläger kein strenger Beweis zu führen sei. Es genüge, daß er glaubhaft mache, daß der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens Kenntnis hat. Wie sich aus Absatz 2 der Bestimmung ergebe, sei Voraussetzung für diesen zweiten Fall des Art.XLII EGZPO aber auch, daß der Kläger ein privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens habe und sich in Unwissenheit über dieses Vermögen befinde. Aus der Stellung der Miterben zueinander ergebe sich keine Pflicht zur Vermögensangabe oder Rechnungslegung, so daß das gegenständliche Begehren nicht mit Erfolg nach dem ersten Fall des Art.XLII EGZPO gestellt werden könne. Die Voraussetzungen des zweiten Falls seien nur gegeben, wenn gegenüber der Klägerin Nachlaßvermögen verheimlicht oder verschwiegen worden sei und die Beklagten hievon Kenntnis haben. Dies habe die Klägerin behauptet, während es die Beklagten bestritten hätten. Das Erstgericht habe hiezu keine aussagekräftigen Feststellungen getroffen, weil eine Selbstanzeige beim Finanzamt nur klarlege, daß dieser Behörde gegenüber ererbtes Vermögen verschwiegen worden sei, nicht aber, ob dies auch gegenüber der Klägerin geschehen sei. Auch die Feststellungen über die in der Klage im einzelnen angeführten Antiquitäten zeigten nicht auf, daß die Beklagten der Klägerin vermutlich Nachlaßvermögen verschwiegen hätten. Es liege daher ein entscheidungswesentlicher Feststellungsmangel vor, so daß das angefochtene Urteil hinsichtlich des Vermögensangabe- und Eidesleistungsbegehrens zur Verfahrensergänzung aufzuheben gewesen sei. Art.XLII Abs 3 EGZPO ermögliche es, mit der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen zu verbinden, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schulde, wobei die bestimmte Angabe der Leistung zunächst vorbehalten werden könne. Die Klägerin habe sich zwar in diesem Sinn die Angabe der herauszugebenden Gegenstände vorbehalten (AS 98). Das Herausgabebegehren sei jedoch nicht gerechtfertigt. Da die Streitteile durch die Einantwortung Miteigentümer des gesamten Nachlasses im Verhältnis ihrer Erbquoten geworden seien, hätten auf sie auch die Betimmungen der §§ 550 und 820 ff ABGB Anwendung zu finden. Auch wenn man davon ausgehe, daß Nachlaßvermögen von den Beklagten der Klägerin verheimlicht und daher unter ihnen als Miterben nicht geteilt worden sei, bestehe doch kein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe dieses Vermögens, weil sie und die Beklagten daran Miteigentum hätten und die Klägerin daher nur die Teilung und die Herausgabe des ihrem Erbteil entsprechenden Anteils nach einer Teilung verlangen könne. Die Klägerin bekämpft das Teilurteil der zweiten Instanz mit Revision und den Aufhebungsbeschluß mit Rekurs. Sie macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, Punkt 1 des Urteils des Erstgerichtes wiederherzustellen, Punkt 2 aber aufzuheben und auszusprechen, daß darüber erst nach Konkretisierung verhandelt und entschieden werden dürfe.

Die Beklagten beantragen, beiden Rechtsmitteln nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt; dem Rekurs dagegen kommt Berechtigung zu.

1.) Zur Revision:

Nach Art.XLII Abs 3 EGZPO kann, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, dann, wenn mit der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet, die bestimmte Angabe der Leistungen, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht ist. Das Gericht hat im Fall einer solchen Verbindung das Verfahren über den Anspruch auf Vermögensangabe getrennt vom Verfahren über den Leistungsanspruch zu führen und (zunächst) ein Teilurteil über den ersteren Anspruch zu fällen. Mangels freiwilliger Vermögensangabe ist das Teilurteil gemäß § 354 EO zu vollstrecken. Nach dem Ergebnis der Vollstreckung hat der Kläger das Leistungsbegehren zu ergänzen und das Gericht das Verfahren über die Leistungsklage fortzuführen (Fasching II 98). Wenn es auch zutrifft, daß bei einer Klageverbindung nach Art.XLII Abs 3 EGZPO (im Regelfall) die Verbindung des Vermögensangabebegehrens mit dem Begehren auf Leistung ein Teilurteil voraussetzt und außerdem auch noch Tatbestände verwirklicht werden müssen, die außerhalb des streitigen Verfahrens liegen (freiwillige Vermögensangabe, erfolgreiche Vollstreckung), um das Leistungsbegehren behandeln zu können (Fasching aaO), ist die Frage der Entscheidung über das Leistungsbegehren doch anders zu beurteilen, wenn dieses eindeutig verfehlt ist.

Es ist einhellige Ansicht (und wird von der Klägerin auch gar nicht angezweifelt), daß mehrere Erben, die den rechtlichen Besitz einer Erbschaft erlangen, in einer Rechtsgemeinschaft stehen, die sich vor der Einantwortung auf das Erbrecht, danach auf die ererbten Rechte bezieht. Die Anteile der Teilnehmer an dieser Gemeinschaft, die auf dem Gesetz, nicht auf dem Willen der Gemeinschaft beruht und als eine communio incidens bezeichnet wird, richten sich nach ihrer Erbquote. Mit der Einantwortung werden die Miterben Miteigentümer der körperlichen Nachlaßsachen nach dem Verhältnis ihrer Anteile. Die Gemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann. Sie erfolgt durch Erbteilungsübereinkommen, das der Einstimmigkeit bedarf. Kommt keine Einigung zustande, ist die Aufhebung mit Erbteilungsklage - auch sie ist eine Leistungsklage - durchzusetzen (Welser in Rummel2, ABGB, Rz 1 bis 3 zu § 550; Gamerith in Rummel2, ABGB, Rz 7 zu § 825, Koziol-Welser, Grundriß II8, 392 f; Ehrenzweig-Kralik3, Erbrecht, 338 ff). Das Begehren ist auf Teilung unter Angabe des Wertverhältnisses der jedem Miterben zukommenden Portionen zu richten (Ehrenzweig-Kralik aaO 340). Die Teilung wird real, z.B. durch Änderung in den ideellen Anteilen, oder zivil vorgenommen (Welser aaO Rz 3).

Das Revisionsgericht pflichtet deshalb dem Berufungsgericht darin bei, daß das Herausgabebegehren der Klägerin auch unter Bedachtnahme darauf, daß sich die Klägerin die Angabe der herauszugebenden Gegenstände vorbehalten hat (AS 98, in Abänderung des zunächst gestellten Begehrens), verfehlt ist. Die Klägerin hätte vielmehr ein Begehren auf (Real- oder Zivil-)Teilung des durch die eidliche Angabe etwa hervorkommenden Vermögens - des Nachlasses, soweit dieser mangels Kenntnis der Klägerin hievon noch nicht geteilt wurde - zu stellen gehabt. Zur Herausgabe einzelner Nachlaßgegenstände - ohne Aufhebung der Rechtsgemeinschaft - dagegen wären die Beklagten wegen ihres daran bestehenden Miteigentums nicht verpflichtet.

2.) Zum Rekurs:

Nach Art.XLII Abs 1 und 2 EGZPO kann, wer... (zweiter Fall; daß

ein Begehren nach dem ersten Fall dieser Bestimmung hier nicht mit

Erfolg gestellt werden kann, hat das Berufungsgericht zutreffend und

von der Klägerin auch unwidersprochen ausgeführt) von der

Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich

Kenntnis hat, mittels Urteils dazu verhalten werden, anzugeben, was

ihm von diesem Vermögen... oder von der Verschweigung oder

Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, soferne er ein

privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens... hat.

Voraussetzung für die Klage auf Angabe eines verschwiegenen oder verheimlichten Vermögens ist es demnach, daß der Kläger ein privatrechtliches Interesse an der Ermittlung dieses Vermögens hat und daß er im Ungewissen über dessen Verbleib ist. Wer einzelne Teile des Vermögens kennt und nicht behaupten kann, daß andere Vermögensstücke verschwiegen oder verheimlicht wurden, kann die eidliche Angabe des Vermögens nicht begehren, weil die Klage nur dem Zweck der Ermittlung weiteren Vermögens, dessen Vorhandensein nicht bekannt ist, aber nicht dem Zweck, den unbekannten Aufenthaltsort eines bereits bekannten Vermögensstückes zu ermitteln, dient. Voraussetzung ist also, daß der Kläger nicht weiß, wie groß und in welcher Weise zusammengesetzt ein Vermögen ist. Die Verheimlichung oder Verschweigung setzt kein deliktisches Verhalten voraus. Sie muß aber absichtlich erfolgt sein, mag dies auch im Bewußtsein eines bestehenden oder vermeintlichen Rechts geschehen sein. Die Verheimlichung oder Verschweigung setzt objektiv ein Verhalten, eine Tätigkeit, voraus, durch das Vermögensstücke aus der Kontrolle des Berechtigten gelangen (Fasching II, 95 mwN, SZ 48/114). Von einem Miterben kann die eidliche Vermögensangabe nach Art.XLII EGZPO verlangt werden, wenn der Miterbe die Gewahrsame über Nachlaßgegenstände hat und Umstände vorliegen, die eine Verheimlichung oder Verbringung von Nachlaßgegenständen glaubhaft erscheinen lassen (SZ 16/109). Wird eine Nachlaßverheimlichung wahrscheinlich gemacht, dann kann auf Grund der privatrechtlichen Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft die Vermögensoffenbarung verlangt werden (NZ 1935, 194). Schon der - bescheinigte - Verdacht, daß der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens Kenntnis habe, rechtfertigt die Klage. Der Kläger muß aber seinen Verdacht durch Angabe objektiver Anhaltspunkte stützen (SZ 42/122).

Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten viele

wertvolle - ihr im einzelnen (mit wenigen Ausnahmen, die sie anführt) nicht bekannte - Antiquitäten der Erblasserin verbracht oder sogar "gestohlen", weil diese am Todestag der Erblasserin nicht mehr vorhanden gewesen seien. Der Erstbeklagte sei "Vermögensverwalter" der Erblasserin gewesen, zumindest aber seien beide Beklagte mit der Erblasserin eng befreundet gewesen, hätten sie regelmäßig besucht und einen Teil ihres Hauses gemietet. Sie hätten daher Kenntnis auch von jenem Vermögen der Erblasserin, das zum Zeitpunkt des Verlassenschaftsverfahrens gefehlt habe. Die Beklagten behaupten demgegenüber, es habe sie mit der Erblasserin zwar eine jahrzehntelange, innige Freundschaft verbunden, sie seien als Wahlkinder betrachtet worden und hätten das uneingeschränkte Vertrauen der Erblasserin besessen, doch habe die Erblasserin ihr Vermögen bis zu ihrem Ableben selbst verwaltet. Die Beklagten hätten die Erblasserin nicht bestohlen. Die Erblasserin habe "immer wieder einzelne Objekte ihres Inventars verkauft". Auch die Beklagten hätten wiederholt Antiquitäten von der Erblasserin gekauft. Mehrere derartige Antiquitäten (Einrichtungsgegenstände) seien jedoch im Hause der Erblasserin geblieben, weil die Beklagten sie nicht dringend benötigt hätten und die Erblasserin die gewohnte Umgebung habe erhalten wollen. Nach dem Tod der Erblasserin sei den Beklagten geraten worden, die ihnen gehörigen Gegenstände wegzubringen, damit nur jene Gegenstände inventiert würden, die in den Nachlaß fallen. Dieser Empfehlung seien die Beklagten gefolgt. Der Oberste Gerichtshof pflichtet den Rekursausführungen bei, daß bereits dieses Vorbringen die Klage auf eidliche Vermögensangabe (Punkt 1 des Klagebegehrens) rechtfertigt. Die Beklagten räumen doch selbst ein, daß sie eine Reihe von Gegenständen nach dem Tod der Erblasserin aus deren Haus geschafft haben. Um welche Gegenstände es sich dabei im einzelnen handelt, haben die Beklagten nicht angegeben, sodaß die Klägerin darüber mit Ausnahme jener Antiquitäten, die sie in der Klage ausdrücklich anführt, keine Kenntnis hat. Durch das Wegschaffen haben die Beklagten ein Verhalten gesetzt, durch das die Vermögensstücke aus der Kontrolle der Klägerin geraten sind, sodaß darin eine Verheimlichung liegt. Daß diese Verheimlichung absichtlich erfolgt ist, mag sie auch im Bewußtsein eines bestehenden oder doch vermeintlichen Rechts, nämlich des Eigentumsrechts, geschehen sein, ist nach dem Vorbringen der Beklagten unzweifelhaft. Bescheinigt ist auch, daß die Beklagten von der Verheimlichung Kenntnis haben - haben doch sie selbst die Vermögensstücke aus dem Haus der Klägerin "vorsorglich" weggebracht. Eine Verfahrensergänzung im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes ist daher nicht erforderlich.

Im Ergebnis zu Recht hat deshalb das Erstgericht dem Klagebegehren in seinem Punkt 1 stattgegeben, sodaß seine Entscheidung insoweit (§ 519 Abs 2 ZPO) wiederherzustellen war. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 43 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E20388

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00525.9.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19900222_OGH0002_0070OB00525_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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