TE OGH 1990/2/27 15Os154/89

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Veröffentlicht am 27.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Februar 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut F*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.September 1989, GZ 4 a Vr 5105/89-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Helmut F*** und des Verteidigers Dr. Neufeldt-Schöller zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (in Ansehung eines Mitangeklagten in Rechtskraft erwachsenen) angefochtenen Urteil wurde Helmut F*** (A.) des Verbrechens des (im Verlauf von etwa zwei Monaten in 23 Fällen) teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls (von Sachen im Wert von zumindest 34.000 S aus Kraftfahrzeugen) durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB sowie der Vergehen (B.) des (in zwei Fällen, davon einmal mit rund 70.000 S Schaden verübten) unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB und (C.) der (in sieben Fällen mit Bezug auf insgesamt 21 im Urteilsspruch einzeln bezeichnete Schriftstücke ausgeführten) Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB schuldig erkannt.

Der nur gegen den zuletzt relevierten Schuldspruch gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Welche Urkunden der Beschwerdeführer bei einigen der ihm hier zur Last fallenden Diebstähle erbeutete und in der Folge vernichtete, hat das Erstgericht durch die inhaltliche Bezugnahme auf den Urteilsspruch, in dem sie detailliert angeführt sind, durchaus zureichend (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) konkretisiert; ihre nochmalige Aufzählung in den Entscheidungsgründen war entgegen der Beschwerdeauffassung (Z 5) entbehrlich.

Ist der Urkunden-Charakter (§ 74 Z 7 StGB) von Schriftstücken schon nach deren gattungsmäßiger Bezeichnung nicht zweifelhaft, dann bedarf es aber regelmäßig auch keiner individiualisierenden Feststellungen zu den hiefür maßgebenden gesetzlichen Begriffsmerkmalen im einzelnen; für den vorliegenden Fall trifft das durchwegs zu.

So erhellt insbesondere die vom Angeklagten (wegen des Fehlens von Konstatierungen dazu) in Frage gestellte Beweis-Funktion eines (auf Namen lautenden) Blutspenderausweises des Roten Kreuzes und eines (ebenfalls auf Namen lautenden) Firmenausweises generell aus der Zweckbestimmung derartiger Schriftstücke, zum einen die Blutgruppe des Inhabers sowie die Daten seiner Blutspenden und zum anderen seine Firmenzugehörigkeit, also in jedem Fall Tatsachen von rechtlicher Relevanz, zu beweisen; die konkrete Bedeutung eines Firmenausweises für den Inhaber im Einzelfall hingegen ist für die Beurteilung des betreffenden Schriftstücks als Urkunde ohne Belang. Die insoweit - im Rahmen der Mängel- (Z 5) gleichwie der Rechtsrüge (Z 9 lit a) - geltend gemachten Feststellungsmängel (sachlich durchwegs Z 9 lit a) haften daher dem Urteil gleichfalls nicht an.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs. 1, 129 StGB zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine gravierenden Vorstrafen, seinen raschen Rückfall und die neuerliche Begehung zahlreicher Straftaten während eines anhängigen Verfahrens als erschwerend, deren Verübung vor der Vollendung seines 21. Lebensjahres, ferner den Umstand, daß die Diebstähle zum Teil beim Versuch blieben, die teilweise Sicherstellung der Beute und sein Geständnis hingegen als mildernd. Seiner Berufung, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Dagegen freilich, daß ihm die Begehung des größeren Teiles der ihm hier zur Last fallenden zahlreichen Straftaten während eines anhängigen Verfahrens als erschwerend zugerechnet wurde, remonstriert er im Hinblick darauf zu Unrecht, daß seine Verurteilung vom 6.Dezember 1988 zu einem Jahr Freiheitsstrafe im Verfahren zum AZ 4 a Vr 6396/88 des Erstgerichtes im Strafausspruch erst am 12.April 1989 rechtskräftig wurde, sodaß er die zwischen dem 12. März 1989 und dem relevierten Eintritt der Rechtskraft verübten, hier abgeurteilten Delikte tatsächlich während der Anhängigkeit jenes Verfahrens begangen hat; daß er dort bei der (späteren) Berufungsverhandlung am 12.April 1989 nicht anwesend war, ändert an seinem schulderhöhenden (vormaligen) Bewußtsein der Verfahrensanhängigkeit bei der Begehung dieses Teiles seiner hier aktuellen Taten nichts.

Auch von einer unzulässigen Doppelverwertung des in Rede stehenden Umstands kann nicht gesprochen werden, weil die aus den gravierenden Vorstrafen erhellende Intensität der gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnenden Einstellung des Berufungswerbers (§ 32 Abs. 2 StGB) dadurch zusätzliches Gewicht erlangt, daß er sich nicht nur durch jene Vorstrafen, sondern darüber hinaus selbst durch die Anhängigkeit eines neuerlichen Strafverfahrens (in dem er in erster Instanz bereits zu einer unbedingten einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war) von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen nicht abhalten ließ. Wohl aber bedürfen die vom Schöffengericht angenommenen Strafzumessungsgründe insofern einer Korrektur, als dem Angeklagten aus den Vorstrafakten hervorgehende familiäre Schwierigkeiten, die sich auf seine Erziehung nachteilig auswirkten, zusätzlich als mildernd zugutezuhalten sind und die Annahme eines raschen Rückfalls als erschwerend zu entfallen hat. Ein solcher nämlich könnte ihm zwar, der in der Berufung vertretenen Ansicht zuwider, nicht bloß dann angelastet werden, wenn der Rückfall - was hier nicht zutrifft - mit Beziehung auf das Ende eines vorausgegangenen Straf-Vollzuges rasch eingetreten wäre, sondern (obgleich mit relativ etwas geringerem Schuldgehalt) auch schon dann, wenn das in bezug auf den Zeitpunkt des letzten Straf-Ausspruchs gegen ihn der Fall gewesen wäre; selbst unter diesem Aspekt ist aber im vorliegenden Fall für den Vorwurf eines raschen Rückfalls deshalb kein Raum, weil nicht feststeht, ob dem Berufungswerber die Rechtskraft seiner letzten Verurteilung vor dem Ende des Tatzeitraums im vorliegenden Verfahren (am 17.Mai 1989) zur Kenntnis gelangt war.

So gesehen und unter Bedacht darauf, daß der 20-jährige Angeklagte jetzt erstmals mit dem Strafvollzug konfrontiert wird (und nach dem Widerruf der bedingten Strafnachsicht in zwei Vor-Verfahren bereits Freiheitsstrafen in der Dauer von insgesamt rund 3 Jahren und 2 Monaten zu verbüßen hat), erscheint nach seiner hier zu beurteilenden tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) eine Reduktion der Strafdauer auf 20 Monate als angemessen. Dahin war seiner Berufung demnach stattzugeben.

Anmerkung

E19928

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00154.89.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19900227_OGH0002_0150OS00154_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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