TE OGH 1990/3/14 3Ob22/90

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Veröffentlicht am 14.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** & Co Bankaktiengesellschaft, Wien 1., Renngasse 1-3, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Christine H***, Lehrerin, Wilhelmsburg, Rametzbergstraße 3, wegen 6,000.000 S sA, infolge Revisionsrekurses des Ing.Rudolf H***, Geschäftsführer, Linz, Blütenstraße 127/123, vertreten durch Dr.Hans Pucher, Rechtsanwalt in St.Pölten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 20.Dezember 1989, GZ R 722,750,770/89-97, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 28.November 1989, GZ 4 E 26/87-84, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei führt gegen die Verpflichtete auf Grund einer notariell bekräftigten Darlehensvereinbarung zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 6 Millionen S sA Exekution durch Zwangsversteigerung. Auf der zu versteigernden Liegenschaft ist zugunsten des Revisionsrekurswerbers das Veräußerungs- und Belastungsverbot und im nachfolgenden Rang auf Grund der den Exekutionstitel bildenden Urkunde das Pfandrecht für die Forderung der betreibenden Partei von 6 Millionen S sA eingetragen. Der Revisionsrekurswerber hatte die Zustimmung zur Eintragung des Pfandrechts und zur Zwangsversteigerung in einverleibungsfähiger Form erteilt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber brachte gegen die betreibende Partei beim zuständigen Gerichtshof erster Instanz eine Klage mit dem Begehren ein, die Zustimmungserklärung aufzuheben bzw festzustellen, daß sie unwirksam, weil nicht rechtmäßig zustande gekommen sei. Er habe sich bei der Abgabe der Zustimmungserklärung in einem wesentlichen Irrtum befunden, den die betreibende Partei herbeigeführt oder zumindest veranlaßt habe.

Das Erstgericht schob auf Antrag des Revisionsrekurswerbers die Exekution bis zur "rechtskräftigen Erledigung oder nicht ordnungsgemäßen Fortsetzung" des über die Klage eingeleiteten Verfahrens gegen eine Sicherheitsleistung von 500.000 S auf. Das Rekursgericht wies den Aufschiebungsantrag infolge Rekurses der betreibenden Partei ab. Der Aufschiebungswerber sei nicht Partei des Exekutionsverfahrens. Die Klage sei keine Exszindierungsklage und falle nicht unter die im § 42 Abs 1 EO erschöpfend aufgezählten Aufschiebungsgründe. Im Aufschiebungsantrag fehle außerdem die Behauptung und Bescheinigung, welchen unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil der Aufschiebungswerber bei Fortsetzung der Exekution erleiden würde.

Der vom Aufschiebungswerber gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Es ist im Schrifttum und in der Rechtsprechung nunmehr einhellige Auffassung, daß die Aufschiebungsgründe im § 42 Abs 1 EO (für den Anwendungsbereich dieser Bestimmung) erschöpfend aufgezählt sind (Walker4 136; HellerBerger-Stix I 539; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 89; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren Rz 263; MietSlg 27.729; EvBl 1977/268; SZ 51/48). Dieser Ansicht widerspricht es entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung nicht, daß in mehreren anderen gesetzlichen Bestimmungen ebenfalls Gründe für die Aufschiebung der Exekution angeführt sind (vgl hiezu HellerBerger-Stix I 563 f); dies ist damit zu erklären, daß im § 42 Abs 1 EO die allgemein in Betracht kommenden Aufschiebungsgründe und in den bezogenen Bestimmungen jeweils Sonderfälle der Aufschiebung geregelt sind. Aus der taxativen Aufzählung der Aufschiebungsgründe folgt allerdings nicht, daß eine analoge Anwendung einzelner Aufschiebungstatbestände von vornherein ausscheidet. Ein Sachverhalt, der nicht genau einen der beschriebenen Aufschiebungsgründe erfüllt, muß aber nach seiner Art und seinem Gewicht so beschaffen sein, daß alles für eine Gleichbehandlung spricht. Bei bloß demonstrativer Aufzählung mehrerer Aufschiebungsgründe würde hingegen schon eine gewisse Ähnlichkeit mit einem im Gesetz angeführten Beispielsfall genügen (MietSlg 37.818; SZ 59/103).

Die vom Revisionsrekurswerber geforderte analoge Anwendung eines Aufschiebungsgrundes ist daher zwar nicht ausgeschlossen, die Voraussetzungen hiefür sind jedoch nicht erfüllt. Die (analoge) Anwendung des § 42 Abs 1 Z 1 EO kommt nicht in Betracht, weil in diesem Fall die Prozeßhandlung gegen den Exekutionstitel gerichtet sein muß. Damit hat aber die Klage, auf die der Aufschiebungsantrag gestützt wird, nichts zu tun. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers kann auch § 42 Abs 1 Z 5 EO nicht analog angewendet werden. Die Aufschiebung aus diesem Grund setzt voraus, daß ein Erfolg der Verfahrenshandlung, auf die der Aufschiebungsantrag gestützt wird, zur Einstellung der Exekution führt (vgl vor allem § 35 Abs 4, § 36 Abs 3, § 37 Abs 4 und § 39 Abs 1 Z 5 EO sowie allgemein Petschek in ZBl 1928, 383 und Walker aaO). Dies trifft aber auf die Klage des Revisionsrekurswerbers nicht zu:

Dem aus einem Veräußerungsverbot Berechtigten steht ein Recht an der von der Zwangsversteigerung betroffenen Liegenschaft zu, das die Vornahme der Exekution unzulässig macht, sofern nicht der Verbotsberechtigte der Zwangsversteigerung zustimmt (SZ 49/151; MietSlg 31.780). Hat der betreibende Gläubiger diese Zustimmung nachgewiesen, so ist bei der Bewilligung der Exekution auf das Verbot nicht mehr Bedacht zu nehmen. Dadurch, daß später die Unwirksamkeit der Zustimmung durch Urteil festgestellt wird, werden die Wirkungen einer rechtskräfig gewordenen Exekutionsbewilligung nicht beseitigt. Der Verbotsberechtigte, der geltend macht, daß die der Exekutionsbewilligung zugrundeliegende Zustimmung zur Zwangsversteigerung unwirksam ist, muß vielmehr nach der allgemeinen Regel sein Recht mit Exszindierungsklage einwenden. Von der Zulässigkeit einer solchen Klage ist der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung SZ 6/326 ausgegangen.

Selbst wenn dem Begehren der vom Revisionsrekurswerber eingebrachten Klage stattgegeben wird, kann die Exekution daher noch nicht eingestellt werden, zumal noch in Betracht kommt, daß das Veräußerungsverbot im Grundbuch zu Unrecht eingetragen wurde (vgl SZ 23/251) und daher keine dingliche Wirkung hat, daß es nach der AnfO anfechtbar ist oder daß der Verbotsberechtigte mit dem Verpflichteten als Gesamtschuldner haftet (vgl SZ 60/124). Hierüber kann nicht in dem vom Revisionsrekurswerber eingeleiteten Verfahren, wohl aber im Verfahren über eine Exszindierungsklage abgesprochen werden. Die vom Revisionsrekurswerber eingebrachte Klage kann nicht in eine solche Klage umgedeutet werden. Dem steht nicht nur das Klagebegehren, sondern auch entgegen, daß für die Exszindierungsklage gemäß § 37 Abs 3 EO das Exekutionsgericht zuständig wäre. Ohne Zustimmung der betreibenden als beklagter Partei könnte die Klage daher zufolge § 235 Abs 3 ZPO nicht geändert werden.

Da die Klage, auf die der Aufschiebungsantrag gestützt wird, unter keinen der im Gesetz angeführten Aufschiebungsgründe fällt und diese Gründe auch nicht analog angewendet werden können, hat das Rekursgericht den Aufschiebungsantrag somit schon aus diesem Grund zu Recht abgewiesen. Auf die weiteren vom Rekursgericht angeführten Abweisungsgründe muß deshalb nicht eingegangen werden. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00022.9.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19900314_OGH0002_0030OB00022_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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