TE OGH 1990/3/28 3Ob519/90

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Veröffentlicht am 28.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rüdiger M***, geb. am 2.August 1973, Rattenberg, Südtiroler Straße 40, infolge (Revisions-)Rekurses des Vaters Rudolf Johannes (auch Rudy) M***, Diskjockey, Radfeld, Innstraße 1, vertreten durch Dr. Bernhard Stanger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 20.Oktober 1989, GZ 2 b R 154/89-41, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 25.August 1989, GZ P 92/86-37, bestätigt und über den Kindesvater eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der gegen die Entscheidung über den Unterhaltsantrag (Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses) gerichtete Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Dem gegen die Zurückweisung der Rekursergänzung (Punkt 2) und gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe (Punkt 3) gerichteten Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Revisionsrekurswerber schloß am 24.7.1986 für den Fall der gemeinsam mit seiner Ehefrau beantragten Scheidung seiner Ehe vor dem hiefür zuständigen Gericht eine Vereinbarung, in der er sich ua verpflichtete, vorbehaltlich der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung für seinen am 2.8.1973 geborenen Sohn einen monatlichen Unterhalt von 2.000 S und - im Fall der Erhöhung der Familienbeihilfe - einen um den selben Betrag erhöhten Unterhalt zu bezahlen. Außerdem verpflichtete er sich darin, seiner Ehefrau bis 30.4.1987 einen monatlichen Unterhalt von 2.000 S zu leisten, für die Zeit nachher wurde wechselseitig auf Unterhalt verzichtet. Das Pflegschaftsgericht hat über die Genehmigung der Vereinbarung nicht entschieden.

Am 10.1.1989 beantragte die Mutter des Kindes, den Revisionsrekurswerber zur Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 3.390 S zu verpflichten.

Das Erstgericht erkannte den Revisionsrekurswerber unter Abweisung des Mehrbegehrens schuldig, seinem Sohn ab 1.1.1989 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 3.100 S zu bezahlen. Es ermittelte auf Grund der von ihm über die Einkommens- und Lebensverhältnisse des Revisionsrekurswerbers aufgenommenen Beweise eine Bemessungsgrundlage von 14.026 S im Monat und war rechtlich der Meinung, daß das Kind einen Unterhaltsanspruch in der Höhe von 22 % dieser Bemessungsgrundlage habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber erhob gegen diesen Beschluß innerhalb der ihm offenstehenden Frist einen von ihm selbst verfaßten Rekurs. Nach Ablauf der Rekursfrist brachte er einen weiteren Schriftsatz ein, in dem er unter Vorlage einer Ablichtung des Einkommensteuerbescheides für 1987 die Rekursausführungen ergänzte.

Im Rekurs heißt es ua:

"Zur Aufrechnung meines Einkommens sei zu sagen, daß hier die Richterin mit einer beispiellosen Naivität und in Ermangelung der Grundbegriffe privatwirtschaftlichen Denkens, aus der typischen Gehaltsempfänger-Mentalität heraus eine Milchmädchenrechnung anstellt, die ob ihrer Realitätsferne jeden Kaufmann und Steuerberater zum Weinen bringen würde."

Das Rekursgericht gab dem Rekurs mit seiner vor dem 1.1.1990 ergangenen Entscheidung nicht Folge, wies die Ergänzung des Rekurses zurück und verhängte über den Revisionsrekurswerber eine Ordnungsstrafe von 1.000 S. Die Ergänzung des Rekurses sei nicht zulässig, weil nur eine einzige Rechtsmittelschrift eingebracht werden dürfe. Die Neubemessung des Unterhalts sei unabhängig davon, ob der Vergleich noch pflegschaftsbehördlich genehmigt werde, gerechtfertigt, weil sich die Verhältnisse wegen des Wegfalls der Sorgepflicht für die frühere Ehefrau und wegen der Erhöhung des Bedarfes des Kindes geändert hätten. Das Erstgericht habe das für die Bemessung maßgebende Einkommen des Kindesvaters und dessen für die Unterhaltsbemessung zu berücksichtigende Kosten der Lebensführung richtig ermittelt. Auf die erstmals im Rekurs behaupteten weiteren Aufwendungen könne nicht Bedacht genommen werden, weil § 10 AußStrG nach der Rechtsprechung nicht die Möglichkeit gebe, von den bisherigen Behauptungen abweichende oder bisher noch gar nicht aufgestellte Tatsachenbehauptungen vorzubringen. Der Rekurswerber dürfe nur das vorliegende Tatsachenmaterial berichtigen und ergänzen oder für unbewiesene Behauptungen neue Beweise vorbringen. Auf der Grundlage der festgestellten Einkommens- und Lebensverhältnisse des Kindesvaters habe das Erstgericht den Unterhalt des Kindes richtig bemessen. Durch die beleidigende Form der - oben

wiedergegebenen - Ausführungen im Rekurs, die nicht als sachliche Kritik gewertet werden könnten, werde die dem Gericht schuldige Achtung verletzt, weshalb gemäß § 85 Abs 1 GOG eine Ordnungsstrafe von 1.000 S zu verhängen sei.

Der vom Kindesvater gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene (Revisions-)Rekurs ist teilweise unzulässig und im übrigen nicht berechtigt.

Das das Datum der angefochtenen Entscheidung nicht nach dem 31.12.1989 liegt, sind die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebenden §§ 14 und 16 AußStrG gemäß Art XLI Z 5 WGN 1989 noch in der Fassung anzuwenden, die vor dieser Novelle gegolten hat. Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG in dieser Fassung sind aber Rekurse gegen die Entscheidung der zweiten Instanz über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes unzulässig. Der Revisionsrekurs enthält überwiegend Ausführungen darüber, daß die Vorinstanzen die Unterhaltsbemessungsgrundlage unrichtig ermittelt hätten. Diese Ausführungen richten sich gegen die Bemessung des Unterhalts (EFSlg 30.509, 47.141 uva). Auch die Neuerungen, die nach Ansicht des Revisionsrekurswerbers zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden, betrafen die Unterhaltsbemessungsgrundlage, weshalb der im Revisionsrekurs in diesem Zusammenhang behauptete Verfahrensmangel nicht mehr geltend gemacht werden kann (EFSlg 30.514; 52.685 ua; aM allerdings EFSlg 37.339 ua).

Die Ausführungen zur Frage, ob der Unterhalt trotz der anläßlich der Scheidung geschlossenen Vereinbarung neu festgestellt werden durfte, betreffen zwar nicht die Bemessung des Unterhalts (EFSlg 58.351 ua); die Zulässigkeit des Revisionsrekurses richtet sich hier daher nach § 16 Abs 1 AußStrG aF. Der Revisionsrekurswerber hat in seinem Rechtsmittel aber nicht einmal den Versuch unternommen, einen Rekursgrund im Sinn dieser Gesetzesstelle und im besonderen eine offenbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung aufzuzeigen, und ein solcher Rekursgrund ist auch nicht zu erkennen. Der gegen die Entscheidung über das Unterhaltsbegehren gerichtete Revisionsrekurs ist daher zur Gänze gemäß § 14 Abs 2 und § 16 Abs 1 AußStrG jeweils in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989 unzulässig.

Die Ergänzung des Rekurses an die zweite Instanz wurde, selbst wenn man sie für zulässig ansähe, schon deshalb mit Recht zurückgewiesen, weil sie erst nach Ablauf der Rekursfrist und daher verspätet eingebracht wurde. Es konnte darauf auch nicht gemäß § 11 Abs 2 AußStrG Rücksicht genommen werden. Dies hätte einen verfahrensrechtlichen Nachteil für den Unterhaltsberechtigten zur Folge gehabt, der die Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels (EFSlg 44.532 ua) und damit auch einer Rechtsmittelergänzung jedenfalls anschließt.

Auch die Ordnungsstrafe wurde vom Rekursgericht zu Recht verhängt. Daß der Revisionsrekurswerber nicht die Absicht hatte, mit seinen vom Rekursgericht als beleidigend angesehenen Äußerungen das Erstgericht zu verunglimpfen, ist ebenso unerheblich (SZ 35/122 ua), wie der von ihm ins Treffen geführte Umstand, daß sie seiner Mentalität entsprächen. Die Ausführungen können auch nicht damit entschuldigt werden, daß sich der Revisionsrekurswerber über die Entscheidung des Erstgerichtes ärgerte, zumal Ärger in der Regel das Motiv für beleidigende, gemäß § 85 Abs 1 GOG strafbare Ausfälle gegen das Gericht sein wird.

Die vom Rekursgericht beanstandeten Rekursausführungen gingen über den Rahmen einer sachlichen Kritik weit hinaus. Daß sie objektiv beleidigend waren und daß hiedurch die dem Gericht schuldige Achtung objektiv verletzt wurde, bestreitet der Revisionsrekurswerber im übrigen in seinem Rechtsmittel nicht ernstlich, und es liegt auf der Hand. Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Ordnungsstrafe gemäß § 85 Abs 1 GOG waren daher erfüllt. Gegen die Höhe der Ordnungsstrafe wird im Revisionsrekurs nichts vorgebracht; sie erscheint auch dem Obersten Gerichtshof angemessen.

Ein Anspruch auf Kostenersatz besteht im Verfahren außer Streitsachen, von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen abgesehen, nicht (EFSlg 58.130 uva).

Anmerkung

E20599

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00519.9.0328.000

Dokumentnummer

JJT_19900328_OGH0002_0030OB00519_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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