TE OGH 1990/3/28 2Ob135/89

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Veröffentlicht am 28.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl C***, Angestellter, Rußbergstraße 35/52, 1210 Wien, vertreten durch Dr. Eduard Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Günther L***, Angestellter, Dr. Fritz-Heß-Gasse 3/66, 2320 Schwechat, 2. I***, Internationale Unfall- und Schadenversicherungs Aktiengesellschaft, 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7, beide vertreten durch Dr. Hans Litschauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 377.810,27 (Revisionsinteresse S 327.810,77 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 12. Juli 1989, GZ 17 R 120/88-98, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. Februar 1989, GZ 39 Cg 716/88-92, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.339,46 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.889,91 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten haften dem Kläger für Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall vom 30. Juli 1981, bei dem dieser schwerst verletzt wurde. Strittig ist im Revisionsverfahren ausschließlich der Verdienstentgang des Klägers, den dieser schließlich mit S 327.810,77 s.A. bezifferte.

Beide Vorinstanzen wiesen das diesbezügliche Klagebegehren ab.

Hiebei gingen sie von folgendem Sachverhalt aus:

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfalles kaufmännischer Angestellter bei der Firma G***. Auch nach Besserung der Verletzungsfolgen konnte er seine Tätigkeit dort nicht voll aufnehmen. Er versuchte es zwar, löste aber sodann am 22. Dezember 1982 das Dienstverhältnis einvernehmlich auf. Dienstgeberseitig wurde ihm keine Kündigung angedroht. Es war damals nicht üblich, Angestellte zu kündigen, selbst wenn sie Jahre im Krankenstand waren.

Die Frage, ob der Kläger, wenn er bei der Firma G*** geblieben wäre, zum Einkaufsleiter aufgestiegen wäre, konnte vom Gericht nicht mit der notwendigen Sicherheit beantwortet werden. In der Folge nahm der Kläger bei der Firma P*** eine Tätigkeit auf.

Rechtlich meinte das Berufungsgericht, wie schon in seinem Aufhebungsbeschluß vom 2. Dezember 1987 (ON 80), dem Kläger stehe eine Entschädigung für Verdienstentgang dann nicht zu, wenn die einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses ohne drohende Dienstgeberkündigung erfolgt sei. Ob der Kläger mit absoluter Sicherheit Einkaufsleiter geworden wäre, könne dahinstehen, weil er ohne jede Androhung durch den Dienstgeber das Dienstverhältnis einvernehmlich gelöst habe; er habe daher im Sinn des Aufhebungsbeschlusses keinen fiktiven Einkommensverlust erlitten. Gegen diesen klagsabweisenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Er beantragt, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß ihm auch der begehrte Verdienstentgang zugesprochen werde.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit der Kläger in der Revision behauptet, er wäre mit Sicherheit Einkaufsleiter geworden, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus: Das Erstgericht konnte solche Feststellungen nicht mit der notwendigen Sicherheit treffen; das Berufungsgericht übernahm diese Feststellungen. Es ist daher davon auszugehen, daß dem Kläger, den die Beweislast dafür trifft, dieser Beweis nicht gelungen ist.

Im übrigen bekämpft der Kläger die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, sein Verdienstentgang sei nicht unfallskausal gewesen. Es könne nicht darauf abgestellt werden, daß ihn sein Dienstgeber auch bei einem längeren Krankenstand nicht gekündigt, sondern zu gleichen Bezügen weiterbeschäftigt hätte. Es müsse die Situation nach dem Unfall von seiner Warte aus betrachtet werden. Es sei ihm noch zwei Jahre nach dem Unfall eine 40 %-ige Invalidität bescheinigt worden. Es wäre sicherlich seinem Gesundheitszustand nicht förderlich gewesen, wenn er beruflich "auf ein Abstellgleis gestellt worden wäre". Die damit auftretenden Depressionen hätten ihn sicher noch weiter in Mitleidenschaft gezogen.

Bei dem Einwand, dem Kläger wäre eine Weiterbeschäftigung bei der Firma G*** - offenbar aus psychologischen Gründen - nicht zumutbar gewesen, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung. Im übrigen war es ihm möglich, bei der Firma P*** eine neue Stellung anzutreten. Wieso sich durch den Wechsel zur Firma P*** seine Lage verbessert haben sollte, vermag er nicht anzugeben. Es ist daher von den Feststellungen auszugehen, daß der Kläger aus eigenem, ohne jeden Druck seitens seines Dienstgebers, seine Stelle aufgab und sich eine andere Beschäftigung suchte. Was ihn dazu motivierte, kann dahinstehen, weil es rechtlich irrelevant ist. Diesbezüglich können daher Feststellungsmängel nicht vorliegen. Das Berufungsgericht ging zu Recht davon aus, daß sich die Frage eines unfallskausalen Verdienstentganges nur stellen kann, wenn der Dienstgeber auf den Kläger Druck ausgeübt hätte, das Dienstverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Ist dies wie hier nicht der Fall, ist der durch den freiwilligen Dienstgeberwechsel eingetretene Verdienstentgang nicht unfallkausal und kann daher den Beklagten nicht angelastet werden.

Die Beklagten verweisen im übrigen in ihrer Revisionsbeantwortung zu Recht darauf, daß der Kläger durch die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit der Firma G*** unter Annahme einer geringer bezahlten Tätigkeit bei der Firma P*** gegen die ihn treffende Schadensminderungspflicht (dazu für alle Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 37 ff. zu § 1304 ABGB mwN) verstoßen hat. Wäre er nämlich bei der Firma G*** geblieben, was ihm durchaus zumutbar (hiezu Reischauer aaO Rz 40 mwN) war, weil er ja nicht umgeschult werden oder irgendeine (minderwertige) Ersatzbeschäftigung annehmen, sondern lediglich seine bisherige Stelle hätte beibehalten müssen, hätte er nicht nur das gleiche wie vor dem Unfall verdient, sondern wäre zwangsläufig auch in den Genuß aller üblichen Gehaltserhöhungen gekommen, weil Ausnahmen unzulässig sind.

Es ist nämlich ein Vergleich anzustellen, welche Einkünfte der Kläger vor dem Unfall hatte und welche Einkünfte er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bezogen hätte (ZVR 1979/232 uva.) oder welche er hätte ziehen können, wenn er einen entsprechenden Erwerb gesucht (SZ 25/280 ua.) oder - wie hier - beibehalten hätte. Im vorliegenden Fall hätte der Kläger trotz seiner unfallsbedingten Verletzungsfolgen und der damit verbundenen Minderung seiner Erwerbsfähigkeit (vgl. ZVR 1975/166) keine Erwerbseinbuße erlitten und auch eine solche nicht zu erwarten gehabt (vgl. SZ 25/14; EvBl 1961/502 uva.), wenn er bei der Firma G*** geblieben wäre. Es hat daher bei der Abweisung des Klagebegehrens auf Ersatz des Verdienstentganges zu bleiben, weil die Beklagten den durch den freiwilligen Wechsel hervorgerufenen Einkommensverlust des Klägers als nicht unfallskausal nicht zu ersetzen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E20250

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00135.89.0328.000

Dokumentnummer

JJT_19900328_OGH0002_0020OB00135_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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