TE OGH 1990/4/4 1Ob516/90

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Veröffentlicht am 04.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ulrike L***, Geschäftsführerin, Wien 22., Markomannenstraße 83, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Dr. Norbert L***, Beamter, Klosterneuburg-Kierling, Hauptstraße 204, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 16.November 1989, GZ 47 R 689/89-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 14.August 1989, GZ F 3/88-20, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in seinem stattgebenden Teil aufgehoben und dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die im Juni 1977 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 4.3.1988, 1 C 2/88, gemäß § 55 EheG rechtskräftig geschieden. Es wurde ausgesprochen, daß die Antragstellerin die Zerrüttung der Ehe verschuldet habe. Die Lebensgemeinschaft war Anfang 1986 mit dem Auszug der Antragstellerin aus der Ehewohnung beendet worden. Aus der Ehe entstammen zwei in den Jahren 1978 und 1980 geborene Kinder. Die Liegenschaft EZ 116 KG Kierling, auf der sich die Ehewohnung befand, war vom Antragsgegner bereits im Dezember 1976 um den Preis von S 500.000 gekauft worden. Insgesamt sind bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft rund S 700.000 bis S 800.000, überwiegend vom Antragsgegner (davon S 100.000 vor Bezug der Ehewohnung), investiert worden. Zur Einrichtung und Instandsetzung der Ehewohnung haben beide Streitteile beigetragen, die Antragstellerin verrichtete Tapezierer-, Maurer- und Fliesenverlegungsarbeiten. Ihr Anteil an den Aufwendungen betrug etwa S 100.000. Der derzeitige Schätzwert der Liegenschaft (Schätzungsgutachten vom 6.10.1988) beträgt S 1,531.000. Die Haushaltskosten trugen die Streitteile etwa zu gleichen Teilen. Die Antragstellerin versorgte die Kinder und machte Einkäufe, die jedoch mitunter auch vom Antragsgegner bestritten wurden. Der Antragsgegner trug sämtliche Fixkosten der Ehewohnung und des Geschäftes der Antragstellerin (Plastikschweißerei). Der Antragsgegner leistete während der Jahre 1979 bis 1987 etwa S 500.000 bis S 600.000 für das Unternehmen der Antragstellerin. Er war am Unternehmen nicht beteiligt. Die Liegenschaft ist mit einem Pfandrecht für ein Darlehen des Ö*** C***-I*** (Pfandurkunde vom 10.12.1987) belastet. Im Jahre 1986 war die Liegenschaft weiters mit einem Höchstbetragspfandrecht von S 910.000 zugunsten der G***, Real- und Personalkreditbank AG belastet. Diesem Pfandrecht lagen ausschließlich Zahlungen für das von der Antragstellerin geführte Unternehmen zugrunde. Das Darlehen des Ö***

C***-I*** wird vom Antragsgegner monatlich mit S 10.000 zurückbezahlt.

Die Antragstellerin begehrt mit dem am 26.4.1988 gestellten Antrag, den Antragsgegner zu einer Ausgleichszahlung von S 1,800.000 binnen 14 Tagen zu verhalten. Unter Berücksichtigung der Belastung durch Hypotheken betrage der Verkehrswert der Liegenschaft in Kierling S 2,600.000.

Der Antragsgegner wendete ein, die Antragstellerin habe zur Finanzierung (der Investitionen) höchstens einen Betrag von S 30.000 beigetragen. Diese Liegenschaft sei aber überhaupt nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil die Antragstellerin, die bei einem anderen Mann lebe, auf die Ehewohnung nicht angewiesen sei. Im übrigen habe er für den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin hohe Beträge aufgewendet. Es seien auch dafür aufgenommene Kredite, die zur Unternehmensführung und zur Bezahlung von Unternehmensschulden verwendet worden seien, auf der Liegenschaft in Kierling hypothekarisch sichergestellt worden. Der Antragsgegner wendete "für den Eventualfall" Baraufwendungen während aufrechter Lebensgemeinschaft für das Unternehmen der Antragstellerin (in der Höhe von S 587.181) aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es seien die Zahlungen des Antragsgegners (in der Höhe von S 500.000 bis S 600.000) für den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin zu berücksichtigen. Der Anteil der Antragstellerin an der Werterhöhung betrage S 100.000. Ihr stehe daher ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nicht zu. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge. Es verpflichtete den Antragsgegner, der Antragstellerin binnen einem Jahr ab Rechtskraft eine Ausgleichszahlung von S 400.000 zuleisten. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Die Ehewohnung sei mit dem von den Ehegatten während aufrechter ehelicher Gemeinschaft durch wertsteigernde Aufwendungen geschaffenen Mehrwert in die Aufteilung einzubeziehen. Diese Wertsteigerung sei mit S 900.000 anzunehmen. Beide Streitteile seien während der Dauer der Ehe berufstätig gewesen und hätten in etwa gleichem Ausmaß zu den Haushaltskosten beigetragen. Die Antragstellerin habe die Kinder versorgt. Demgegenüber habe aber der Antragsgegner überwiegend die finanziellen Lasten der gemeinsamen Lebensführung getragen und auch den weitaus überwiegenden finanziellen Beitrag für die Investitionen an dem von den Streitteilen bewohnten Haus geleistet, somit quantitativ einen wesentlich größeren Beitrag zur Schaffung des Gemeinschaftsvermögens beigesteuert. Die vom Antragsgegner unbestrittenermaßen während der Dauer der Ehe der Streitteile für das Unternehmen der Antragstellerin getätigten Aufwendungen könnten in die Aufteilung nicht einbezogen werden. Eine Kompensation sei nicht möglich. Da die Antragstellerin einen geringfügigeren Beitrag als der Antragsgegner zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens geleistet habe, erscheine die Bestimmung einer Ausgleichszahlung in der Höhe von S 400.000 angemessen.

Beide Teile bekämpfen diese Entscheidung mit Rekurs. Die Antragstellerin strebt die Festsetzung einer binnen 14 Tagen zu leistenden Ausgleichszahlung von S 765.000 an, der Antragsgegner die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Rekurs des Antragsgegners ist berechtigt.

Grundgedanke der in den §§ 81 ff EheG enthaltenen Vorschriften ist es, daß der Zugewinn, d.i. jenes Vermögen, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen und zu dessen Erwerb sie während aufrechter Lebensgemeinschaft beigetragen haben, aufgeteilt werden soll (EFSlg. 57.288 bis 57.290, 51.707, 48.888, 43.757 ua). Selbst wenn eine Liegenschaft gemäß § 82 Abs. 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegt, sind die von den Ehepartnern auf die Liegenschaft gemachten wertsteigernden Aufwendungen - aber auch nur diese und nicht der Gesamtwert der Liegenschaft - im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen (EFSlg. 57.324, 54.546; SZ 56/193; SZ 56/42 uva). Den in den Rekursausführungen beider Teile vertretenen Ansichten, der Wert der Liegenschaft sei zur Gänze bzw. weil die Antragstellerin auf die Ehewohnung nicht angewiesen sei, überhaupt nicht in die Aufteilung einzubeziehen, kann daher nicht gefolgt werden.

Dem Antragsgegner ist es im Aufteilungsverfahren auch verwehrt, gegen die erst zu bestimmende Ausgleichszahlung behauptete Gegenforderungen aufrechnungsweise einzuwenden, weil dem außerstreitigen Verfahren eine dem § 391 Abs. 3 ZPO entsprechende Bestimmung fremd ist. Eine verfahrensrechtliche (Eventual-)Aufrechnung kann daher schon aus diesem Grund dem hier allein geltend gemachten Anspruch auf Bestimmung einer Ausgleichszahlung nicht entgegengehalten werden (EFSlg. 54.675, 44.401; RZ 1981/76, RZ 1956, 15).

Zutreffend macht der Antragsgegner aber geltend, das Rekursgericht hätte die für Unternehmensschulden der Antragstellerin auf der Liegenschaft einverleibten Hypotheken berücksichtigen müssen. Die Widmung eines Grundstückes zu einem Unternehmen (und damit dessen Herausnahme aus der Aufteilungsmasse gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG) wird durch die Einräumung eines Pfandrechtes für einen Unternehmenskredit zum Ausdruck gebracht (EFSlg. 57.336, 51.740; JBl. 1985, 365; 3 Ob 510/89). Maßgebender Zeitpunkt für den Umfang der Verteilungsmasse ist der der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft (EFSlg. 57.293, 51.727 uva). Zu diesem Zeitpunkt (Anfang 1986) war die Liegenschaft mit einem Höchstbetragspfandrecht zugunsten der G***, Real- und Personalkreditbank AG in der Höhe von S 910.000 belastet. Dieses Pfandrecht war ausschließlich für Zahlungen zugunsten des Geschäftsbetriebes der Antragstellerin aufgenommen worden. Mit welchem Betrag dieses Darlehen zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft aushaftete, steht nicht fest. Diese Feststellung wird nachzuholen sein. Mit diesem festzustellenden Betrag war die Liegenschaft dem Unternehmen der Antragstellerin gewidmet, somit der Aufteilung entzogen. Gleichzeitig war auch der Wertzuwachs um eben diesen Betrag geringer als S 900.000, da ein jeder die Hypothek übernehmende Käufer den aushaftenden Betrag bei Ermittlung des bar zu bezahlenden Kaufpreises berücksichtigt hätte. Grundlage für die zu ermittelnde Ausgleichszahlung wird daher der um die zum Zeitpunkt der Aufhebung der Lebensgemeinschaft bestehende Hypothekarschuld zu vermindernde Wertzuwachs sein. Davon, daß der aushaftende hypothekarisch sichergestellte Unternehmenskredit vom Verkehrswert der Liegenschaft abzuziehen sei, geht auch die Antragstellerin selbst aus, behauptete sie doch in ihrem Antrag "unter Berücksichtigung der Belastung durch Hypotheken" betrage der Verkehrswert der Liegenschaft S 2,600.000. Der Antragstellerin kann allerdings gefolgt werden, daß dieser zu ermittelnde Wertzuwachs im Verhältnis 1 : 1 zu teilen sein wird. Beide Teile waren berufstätig, sie trugen die Haushaltskosten etwa zu gleichen Teilen, die Antragstellerin versorgte auch die Kinder. Ihre finanziellen Leistungen zur Schaffung des Wertzuwachses waren allerdings bedeutend geringer als die des Antragstellers. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat die Aufteilung selbst dann zu gleichen Teilen zu erfolgen, wenn der Mann allein verdient, er also allein den Wertzuwachs finanziert, die Frau aber den Haushalt führt und die Kinder betreut (EFSlg. 57.356, 54.598, 51.752 ua; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu §§ 83, 84 EheG). Dies muß umso mehr dann gelten, wenn sich die Antragstellerin an den Kosten der Haushaltsführung beteiligte, die Kinder versorgte und einen Betrag von immerhin S 100.000 zu den Aufwendungen leistete. Mit dem Vorbringen, das eingeholte Gutachten des Sachverständigen über den Verkehrswert der Liegenschaft in Kierling wäre mangelhaft, der Antrag hätte überdies, weil vor Rechtskraft der Ehescheidung eingebracht, zurückgewiesen werden müssen, führt der Antragsgegner den allein zulässigen Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache (§ 232 Abs. 2 AußStrG) nicht aus. Im übrigen wäre die Einleitung eines Verfahrens ungeachtet bestehender Verfahrenshindernisse durch den Wegfall dieses Hindernisses während des Verfahrens saniert (EvBl. 1985/110 mwN). Es ist nur dem Rekurs des Antragsgegners Folge zu geben, der angefochtene Beschluß in seinem stattgebenden Teil aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung in diesem Umfang nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Da sowohl der Rekurs als auch die Rekursbeantwortung der Antragstellerin erfolglos blieben, hat sie die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Anmerkung

E20224

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00516.9.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19900404_OGH0002_0010OB00516_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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