TE OGH 1990/4/4 9ObS5/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Müller und Ferdinand Rodinger als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Werner S***, Arbeiter, Altnagelberg, Dangelsiedlung 154, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann und Dr. Helmut Paul, Rechtsanwälte in Krems, wider die beklagte Partei A*** V***, Wien 4., Schwindgasse 5, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Insolvenzausfallgeld (25.648,57 S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Dezember 1989, GZ 31 Rs 246/89-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. Juni 1989, GZ 12 Cgs 502/89-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Gemäß § 6 Abs 1 IESG ist der Antrag auf Insolvenzausfallgeld bei sonstigem Ausschluß binnen vier Monaten ab Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 1 Abs 1 bzw binnen vier Monaten ab Kenntnis von dem Beschluß nach § 1 Abs 1 Z 3 bis 7 IESG zu stellen. Diese Frist beginnt neuerlich zu laufen, wenn hinsichtlich von Ansprüchen nach § 1 Abs 2 ein Gerichtsverfahren bis längstens zum Ablauf der Frist nach dem ersten Satz anhängig gemacht wird, mit der rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens (§ 6 Abs 1 Z 4 IESG). Der von der Revision vertretenen Auffassung, die fristverlängernde Wirkung komme bereits der Anmeldung der Forderung im Konkurs zu, kann nicht gefolgt werden. Mit einem solchen Ergebnis ist der Wortlaut des § 6 Abs 1 Z 4 IESG nicht vereinbar, der auf die Einleitung eines Verfahrens (das ist eines Prozesses, Holler ZAS 1987, 147 ff Ä152Ü) abstellt. Die Forderungsanmeldung in einem bereits anhängigen Konkursverfahren erfüllt diese Voraussetzung nicht. Bei einer solchen Interpretation würde im übrigen § 6 Abs 1 erster Satz weitgehend seines Inhalts entkleidet. Gemäß § 1 Abs 5 IESG besteht der Anspruch auf Insolvenzausfallgeld in Fällen, in denen der gesicherte Anspruch auf Grund der insolvenzrechtlichen Vorschriften im eröffneten Konkurs (Ausgleichsverfahren) angemeldet werden kann, nur dann, wenn der gesicherte Anspruch als Forderung in einem Insolvenzverfahren angemeldet wurde. Die Anmeldung im Konkurs- bzw Ausgleichsverfahren ist hier daher eine Voraussetzung für die Geltendmachung von gesicherten Ansprüchen aus Arbeitsverhältnissen nach dem IESG. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle werden aber Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erhoben. Folgte man der von der klagenden Partei gewünschten Auslegung, so käme in all diesen Fällen die viermonatige Frist ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zur Anwendung. Gegen ein solches Ergebnis spricht aber, daß der Gesetzgeber grundsätzlich von der Geltung der im § 6 Abs 1 erster Satz IESG normierten Frist ausgeht, wogegen den in den folgenden Z 1 bis 6 geregelten Fällen nur ein Ausnahmscharakter zukommt. Dies ist mit einer - im übrigen auch durch den Wortlaut der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 4 nicht gedeckten - Interpretation, die einer Ausdehnung des Anwendungsbereiches dieser Norm auf die überwiegende Zahl von Fällen gleichkäme, nicht vereinbar.

Auch dadurch, daß der Kläger bereits vor Konkurseröffnung eine Klage gegen das gemeinschuldnerische Unternehmen erhoben hat, ist der Tatbestand des § 6 Abs 1 Z 4 IESG nicht erfüllt. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß nur eine Klageerhebung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - dem stünde die Fortsetzung eines bereits zuvor eingeleiteten Rechtsstreites nach Bestreitung der Forderung durch den Masseverwalter gleich - die Unterbrechung des Fristablaufes bewirkt. Bereits aus der Diktion der Einleitung des zweiten Satzes des § 6 Abs 1 IESG "die Frist

beginnt n e u e r l i c h zu laufen" ergibt sich, daß die Frist grundsätzlich mit der Eröffnung des Konkursverfahrens bzw einem gleichgestellten Tatbestand zu laufen beginnt und die in den Z 1 bis 6 bestimmten Sachverhalte eine Unterbrechung des Fristlaufes bewirken. Legte man die Bestimmungen in dem von der klagenden Partei gewünschten Sinn aus, so würde die Frist im Fall eines bereits vor Konkurseröffnung eingeleiteten Verfahrens gar nicht zu laufen beginnen; es würde vielmehr ein Hinausschieben des Fristbeginnes bewirkt werden. Ein solches Ergebnis kann aber aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden. Die Anwendung des § 6 Abs 1 Z 4 IESG hat zur Voraussetzung, daß nach Beginn der im ersten Satz leg cit bestimmten Frist ein Verfahren eingeleitet bzw fortgesetzt wird. Zweck der Norm ist es, dem Anspruchsberechtigten die Möglichkeit zu geben, seine Ansprüche in diesem Gerichtsverfahren prüfen zu lassen, an dessen Ergebnis das Arbeitsamt bei Beurteilung seiner Ansprüche sodann gebunden ist; dadurch soll die Doppelgeleisigkeit der Prüfung einerseits durch das Arbeitsamt und anderseits durch das Gericht im anhängigen Verfahren verhindert werden, die im Fall der Abweisung des Begehrens durch das Arbeitsamt bei späterer positiver Entscheidung des Gerichtes ein Wiederaufnahmsverfahren (Schwarz-Holler-Holzer, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 170) erforderlich machen würde. Diese Problematik kann aber nur auftreten, wenn nach Konkurseröffnung ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, das die Feststellung der Ansprüche des Arbeitnehmers zum Gegenstand hat. Hat der Arbeitnehmer seine Ansprüche bereits vor Konkurseröffnung klageweise geltend gemacht und wurde das durch die Konkurseröffnung unterbrochene Verfahren im weiteren nicht fortgesetzt, sondern die Ansprüche vom Masseverwalter (wenn auch nach ursprünglicher Bestreitung) im Konkursverfahren anerkannt, so unterscheidet sich der Fall im konkursrechtlichen Bereich nicht von einem solchen, in dem zuvor ein Rechtsstreit nicht anhängig war. Es hat ausschließlich die Bestimmung des § 6 Abs 1 erster Satz Anwendung zu finden. Die dort normierte Frist, der auch der Antrag auf Ersatz der mit der Geltendmachung der Forderung verbundenen Kosten unterlag, war aber im Zeitpunkt ab Antragstellung bereits abgelaufen.

Die Nachsicht der Rechtsfolgen der Fristversäumung (Härteklausel des § 6 Abs 2 IESG) wurde weder geltend gemacht noch wird die Revision hierauf gestützt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch sind Anhaltspunkte für solche Gründe aus dem Akt erkennbar.

Anmerkung

E20746

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBS00005.9.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19900404_OGH0002_009OBS00005_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten