TE OGH 1990/4/5 7Ob557/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei mj. Waltraud H***, geboren am 10. März 1976, Wien 10, Otto Probststraße 3/4/7, vertreten durch das Bezirksjugendamt für den 10.Bezirk, Wien 10, Van der Nüll-Gasse 20, gegen den Gegner der gefährdeten Partei Walter H***, Weinbauer, Wien 19, Rathstraße 15, wegen vorläufigen Unterhalts (§ 382 a EO), infolge Rekurses des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 16. November 1989, GZ 47 R 717/89-52, womit der Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Döbling vom 1.September 1989, GZ 7 P 14/87-42, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Der Akt wird dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, eine Gleichschrift des Rekurses ON 43 an das Bezirksjugendamt für den 10.Bezirk zur allfälligen Erstattung einer Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zuzustellen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der mj. Waltraud ist geschieden. Die Obsorge für das Kind steht der Mutter zu.

Am 7.7.1989 beantragte das Bezirksjugendamt für den 10.Bezirk als Sachwalter des Kindes iS des § 212 Abs 2 ABGB, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.500,-- ab dem 1.7.1989 zu verpflichten. Mit dem am 29.8.1989 eingelangten Antrag wurde gemäß § 382 a EO ein vorläufiger Unterhalt von monatlich S 1.200,-- begehrt.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrages von S 1.200,-- beginnend mit 1.7.1989.

Der Vater bekämpft diese einstweilige Verfügung mit Rekurs. Die zweite Instanz wies den Rekurs zurück. Der Vater habe sein Rechtsmittel nur in einfacher Ausfertigung überreicht, wiewohl vorliegend gemäß § 402 EO die Bestimmung des § 521 a ZPO sinngemäß zur Anwendung komme, wonach eine Gleichschrift des Rekurses (oder eine Abschrift des sie ersetzenden Protokolls) dem Gegner des Rekurswerbers zuzustellen sei, der innerhalb einer Frist von 14 Tagen beim Erstgericht eine Rekursbeantwortung anbringen könne. Das Erstgericht habe eine Ablichtung des Rekurses hergestellt und sie dem Vater zur Unterfertigung zugestellt. Der Vater sei jedoch dem Auftrag nicht nachgekommen und habe auch die ihm übersandte Ablichtung nicht zurückgestellt. Er habe deshalb dem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen, so daß sein Rechtsmittel als zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung nicht geeignet zurückzuweisen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Vaters ist berechtigt.

Die mit dem Bundesgesetz vom 15.12.1987, BGBl. Nr.645, eingefügten Bestimmungen des § 382 a EO über die Gewährung vorläufigen Unterhalts an einen Minderjährigen aus Anlaß eines anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Unterhaltsbemessungsverfahrens sind zwar wesensmäßig eine Angelegenheit des Verfahrens außer Streitsachen, fallen aber als neue Form einer einstweiligen Verfügung bezüglich aller Verfahrensfragen unter die für diese geltenden Bestimmungen der Exekutionsordnung. Es gilt für sie deshalb auch § 402 EO, nach dessen Abs 1 dann, wenn das Verfahren einen Rekurs gegen einen Beschluß über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat, der § 521 a der ZPO sinngemäß anzuwenden ist, es sei denn, es handelt sich um einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, und der Gegner der gefährdeten Partei wurde zu dem Antrag noch nicht einvernommen. Nach § 521 a ZPO aber ist die Rekursschrift oder eine Abschrift des sie ersetzenden Protokolls dem Gegner des Rekurswerbers zuzustellen, der binnen einer Frist von 14 Tagen (§ 402 Abs 1 letzter Satz EO) ab der Zustellung des Rekurses beim Erstgericht eine Rekursbeantwortung anbringen kann.

Im vorliegenden Verfahren wurde der Antrag auf Gewährung vorläufigen Unterhalts bewilligt; die Ausnahme von der Anwendung des § 521 a ZPO ist daher nicht gegeben.

Dies hat aber noch nicht zur Folge, daß der Rechtsmittelwerber unter den vom Rekursgericht dargestellten Folgen (vgl. hiezu auch Fasching II 542) gehalten ist, eine ihm zur Unterfertigung übermittelte Kopie seines Rechtsmittels zu unterfertigen oder zumindest ohne Unterfertigung wieder zurückzustellen. Wie die zweite Instanz in dem angefochtenen Beschluß selbst hervorhebt, wurde mit Art.XII Z 2 der WGN 1989 (insoweit nach Art.XLI Z 1 der WGN 1989 mit dem 1.8.1989 in Kraft getreten) § 89 Abs 2 des GOG dahin geändert, daß anstelle weiterer Ausfertigungen einer Eingabe Ablichtungen der ersten Ausfertigung angeschlossen werden können. Dies bedeutet, daß nur das Original der Eingabe unterschrieben werden muß (888 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP, 48) und nicht, wie zuvor, jede Gleichschrift eines Schriftsatzes (Fasching II 534). Es war daher verfehlt, die amtlich hergestellte Kopie des Rechtsmittels (vgl. hiezu Fasching, Lehrbuch2 Rz 512) - die der gefährdeten Partei bzw. deren Sachwalter zur allfälligen Erstattung einer Rekursbeantwortung zuzustellen gewesen wäre - dem Rekurswerber zur Unterfertigung zu übermitteln. Aus der Unterlassung der Zurückstellung der Kopie - sei es mit, sei es ohne Unterfertigung - kann deshalb dem Rekurswerber kein Nachteil erwachsen.

Es war daher aus diesem Grund dem Rekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Bemerkt sei, daß der Oberste Gerichtshof im Hinblick darauf, daß die Gewährung vorläufigen Unterhalts an einen Minderjährigen wesensmäßig eine Angelegenheit des Verfahrens außer Streitsachen ist, in der Entscheidung 6 Ob 679/88 (ÖAmtsVmd 1989, 46, mit Anm. von Gamerith; JBl 1989, 118) den Standpunkt vertreten hat, schriftliche Rekurse gegen eine Entscheidung über die Bewilligung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 a EO müßten entgegen der - nach § 402 Abs 2 und § 78 EO anzuwendenden - Bestimmung des § 520 Abs 1, letzter Halbsatz, ZPO nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Dieser Ansicht, der sich der erkennende Senat anschließt, ist offensichtlich auch das Rekursgericht gefolgt, da es eine entsprechende Verbesserung des vom Vater selbst verfaßten Rekurses (der nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen ist) nicht veranlaßt hat.

Anmerkung

E20693

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00557.9.0405.000

Dokumentnummer

JJT_19900405_OGH0002_0070OB00557_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten