TE OGH 1990/4/18 3Ob548/90

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Veröffentlicht am 18.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Kellner und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Auerspergstraße 1, 1081 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dr. Otto L***, und 2. Andrea L***, beide Trautsongasse 1, 1080 Wien, und vertreten durch Dr. Paul Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung eines Mietgegenstandes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 6.Feber 1990, GZ 41 R 915/89-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.Oktober 1989, GZ 41 C 333/89 g-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende Kommanditgesellschaft vermietete als Eigentümerin des Palais Auersperg im März 1987 den beiden Beklagten in diesem Gebäude Räumlichkeiten mit rund 195 m2 Nutzfläche für Wohn- und Bürozwecke ab dem 1.April 1987 auf unbestimmte Zeit. Im Mietvertrag wurde schriftlich vereinbart, daß die Vermieterin zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist unter anderem dann berechtigt ist, wenn sie das Palais Auersperg verkauft und den Mietern für die von ihnen aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusagt, die unter Annahme einer Amortisation in zehn Jahren der noch nicht abgelaufenen Zeit entspricht, zuzüglich S 100.000,-

Übersiedlungs- und weiterer Kosten. Dieser Auflösungsgrund wurde auch als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart.

Die klagende Eigentümerin kündigte den Beklagten das Mietverhältnis aus den Gründen des § 30 Abs 2 Z 8 und Z 13 MRG für den 31.Dezember 1989 gerichtlich auf. Sie werde die Liegenschaft an die R*** Realbesitz Aktiengesellschaft verkaufen und den Beklagten die vereinbarte Ablöse bezahlen. Die Erwerberin werde wesentliche Teile des Palais Auersperg für eigene Zwecke benötigen und erleide bei Aufrechterhaltung des Mietvertrages einen größeren Nachteil, als er den Mietern aus der Kündigung erwüchse. Die Aufkündigung wurde beiden Beklagten am 31.Mai 1989 zugestellt.

Sie erhoben rechtzeitig ihre Einwendungen. Es liege kein Kündigungsgrund vor.

Erst am 21.Juni 1989 wurde der Kaufvertrag geschlossen, mit dem die klagende Kommanditgesellschaft die Liegenschaft an die R*** Realbesitz Aktiengesellschaft veräußerte. Das Eigentum der Käuferin wurde inzwischen bücherlich einverleibt.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab, weil die klagende Partei (nicht mehr) Eigentümer der Liegenschaft sei. Überdies rechtfertige die Vereinbarung, daß der Verkauf generell als Kündigungsgrund gelte, nicht die Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG, weil nach § 30 Abs 3 MRG eine Vereinbarung rechtsunwirksam sei, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht in einem weiteren Ausmaß als nach § 30 Abs 1 und Abs 2 MRG zustehen soll, und das Bestehen von Mietverhältnissen die bereits erfolgte Veräußerung nicht hinderte.

Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die klagende Partei habe mit den Beklagten den Mietvertrag geschlossen und sei als Vermieter zur Aufkündigung legitimiert. Daß sie ihre Vermieterstellung durch Eintritt des Erwerbers im Eigentum der Liegenschaft verloren habe, hätten die Beklagten nicht vorgebracht, der Verkauf sei auch erst während der Verfahrensanhängigkeit erfolgt.

Die klagende Partei habe sich in der Aufkündigung auf den vereinbarten Kündigungsgrund berufen (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG) und angeführt, sie werde das Palais Auersperg verkaufen. Sie habe auch erst nach Zustellung der Aufkündigung den Vertrag über den Verkauf geschlossen und sich im Verfahren darauf berufen, dieser vereinbarte Kündigungsgrund sei nach der Einbringung der Aufkündigung eingetreten. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung sei der Kündigungsgrund noch nicht vorgelegen, weil erst der Verkauf des Palais als wichtiger Kündigungsgrund gelten sollte. Wollte man die Vereinbarung so verstehen, daß schon die Verkaufsabsicht als Kündigungsgrund gelte, so sei die Vereinbarung nach § 30 Abs 3 MRG rechtsunwirksam, weil das Berufungsgericht entgegen der Ansicht des Obersten Gerichtshofes den Verkauf des Hauses nicht als iSd § 30 Abs 2 Z 13 MRG wirksam zu vereinbarenden Kündigungsgrund anerkenne. Die in den Entscheidungen MietSlg 35.382/36, ImmZ 1989, 153 sowie ImmZ 1989, 154 vertretene Rechtsmeinung führe zur Beseitigung des fundamentalen Grundsatzes des Kündigungsschutzes zugunsten des durch die soziale Sondergesetzgebung überwundenen altliberalen Gedankens "Kauf bricht Miete". Es bestehe kein gerechtfertigtes Anliegen des Vermieters, bei Veräußerung der Liegenschaft einen höheren Preis zu erzielen, indem er sich die Beendigung unter Kündigungsschutz stehender Mietverhältnisse für den Fall der Liegenschaftsveräußerung durch schriftliche Vereinbarung eines Kündigungsgrundes im Mietvertrag sichere. Wegen dieser abweichenden rechtlichen Beurteilung seien die Voraussetzungen für die ordentliche Revision (§ 502 Abs 1 ZPO idF WGN) gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes fehlt es aber an dieser Voraussetzung. Gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung über die Kündigung in der unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeit hängt von der vom Berufungsgericht behandelten Rechtsfrage, ob der Verkauf eines im 18.Jahrhundert erbauten Palais rechtswirksam iSd § 30 Abs 2 Z 13 MRG als wichtiger und bedeutsamer Kündigungsgrund im Mietvertrag vereinbart werden konnte, nicht ab:

Nach dem insoweits klaren Wortsinn der Vereinbarung sollte der Verkauf des Palais den Kündigungsgrund abgeben. Die klagende Partei hat sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, im Prozeß darauf berufen, daß dieser Kündigungsgrund eitnrat, als der Kaufvertrag geschlossen wurde. Der Abschluß des Kaufvertrages liegt aber nach der Zustellung der Aufkündigung an die beklagten Hauptmieter. Es stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO idF WGN dar, daß für das Vorliegen des behaupteten Kündigungsgrundes der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an den Gegner maßgeblich ist. Insoweit sind Lehre und Rechtsprechung einheitlich (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 26 zu § 33 MRG;

Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 33 MRG; EvBl 1965/89;

MietSlg 35.388 ua). Auch im Falle der Entscheidung MietSlg 35.382/36 erfolgte die Aufkündigung erst am Tag nach Abschluß des Kaufvertrages des Wohnhauses, im Falle der Entscheidung ImmZ 1989, 154 sogar erst durch den neuen Eigentümer. (Daß dort die Veräußerung der Liegenschaft in Betracht gezogen war, bezog sich auf die Zeit der Vereinbarung und nicht der Kündigung.) Da es im maßgebenden Zeitpunkt am Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG fehlte, könnte selbst eine nach Zustellung der Aufkündigung erfolgte Verwirklichung des Kündigungsgrundes, die jedenfalls nicht vor dem Abschluß des Kaufvertrages am 21.Juni 1989 eingetreten sein konnte, nicht zur Wirksamerklärung der Aufkündigung aus diesem Grund führen. Auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG, der schon daran scheitert, daß das Bestandobjekt auch für Bürozwecke vermietet wurde und nur ein Eigenbedarf der künftigen Käuferin geltend gemacht wurde, bei der jedenfalls § 30 Abs 3 Satz 2 MRG zum Tragen käme, ist die klagende Partei schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurückgekommen.

Die Aufhebung der Aufkündigung und die Abweisung des auf Räumung des Bestandobjektes gerichteten Begehrens hatte also schon deshalb zu erfolgen, weil zur Zeit der Zustellung der Aufkündigung der Verkauf der Liegenschaft noch nicht wirksam zustande gekommen war. Daß aber die bloße Verkaufsabsicht, möge sie auch in das Stadium vor Vertragsabschluß gekommen sein, nicht einmal nach der Vereinbarung den Kündigungsgrund erfüllt, folgt schon daran, daß es sonst der Vermieterin - unterstellt man sonst die Zulässigkeit der Vereinbarung dieses Kündigungsgrundes - möglich wäre, die Kündigungsschutzbestimmungen dadurch zu unterlaufen, daß sie nach erfolgreicher Kündigung ihre Verkaufsabsicht aufgibt. Überdies würde es an der nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG erforderlichen Schriftform mangeln, weil Verkaufsabsicht im Mietvertrag nicht als Kündigungsgrund vereinbart wurde.

Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Sie haben deshalb keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung ungeeigneten Rechtmittelschrift (§§ 40 und 50 ZPO).

Anmerkung

E20594

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00548.9.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19900418_OGH0002_0030OB00548_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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