TE OGH 1990/4/24 10ObS125/90

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Veröffentlicht am 24.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl.-Ing. Walter Holzer (AG) und Mag. Karl Dirschmied (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hikmet C***, Hilfsarbeiter, 1030 Wien, Hainburgerstraße 46/6, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** U***, 1203 Wien, Webergasse 4, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Jänner 1990, GZ 31 Rs 285/89-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18. September 1989, GZ 13 Cgs 2/89-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 16.9.1987 hatte die beklagte Partei die dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 12.12.1985 bisher gewährte vorläufige Versehrtenrente von 30 vH der Vollrente gemäß § 99 ASVG ab 1.11.1987 entzogen und überdies ausgesprochen, daß ein Anspruch auf Dauerrente nicht besteht. Die vom Kläger dagegen erhobene Klage mit dem Begehren auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente als Dauerrente wurde vom Arbeits- und Sozialgericht Wien mit Urteil vom 21.1.1988, 13 Cgs 1257/87-11, rechtskräftig abgewiesen. Dieses Verfahren ergab, daß die festgestellten Unfallfolgen bei Berücksichtigung der Funktionseinschränkungen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers von wenigstens 20 vH seit dem 1.11.1987 nicht mehr zur Folge hatten.

Mit dem nunmehrigen Bescheid vom 22.12.1988 wies die beklagte Partei den vom Kläger am 16.11.1988 neuerlich gestellten Antrag auf Wiedergewährung einer Rente wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalles gemäß § 183 ASVG ab. Das dagegen erhobene, auf die Gewährung einer Versehrtenrente von 30 vH gerichtete Klagebegehren wurde vom Erstgericht abermals abgewiesen, weil das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit weniger als 10 vH betrage. Das Berufungsgericht gab der vom Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung nicht Folge. Der Kläger habe den Nachweis dafür, daß seit dem Zeitpunkt der Entziehung eine wesentliche Änderung im Sinne des § 183 Abs. 1 ASVG eingetreten sei, nicht erbracht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber bemängelt letztlich nur die Einschätzung der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit durch die Vorinstanzen mit weniger als 10 vH unter Hinweis darauf, daß ihm seinerzeit eine vorläufige Versehrtenrente von 30 vH der Vollrente gewährt wurde. Dabei übersieht er offenbar, daß die mit Bescheid vom 16.9.1987 ausgesprochene Entziehung der vorläufigen Versehrtenrente Gegenstand des mit rechtskräftigem Urteil erledigten Verfahrens 13 Cgs 1257/87 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien war; dort wurde - wie oben dargestellt - das Bestehen einer Erwerbsminderung in rentenfähigem Ausmaß (§ 203 Abs. 1 ASVG) seit dem 1.11.1987 verneint und über das Begehren auf Gewährung einer Dauerrente ab diesem Zeitpunkt ohne Bindung an die im Bescheid über die Gewährung einer vorläufigen Rente erfolgte Einschätzung (vgl. SSV-NF 3/18 mwN) rechtskräftig entschieden. Die nunmehr angestrebte Wiedergewährung der Versehrtenrente als Dauerrente setzt gemäß § 183 Abs. 1 ASVG eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gegenüber den im Verfahren 13 Cgs 1257/87 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien festgestellten, voraus.

Die Vorinstanzen haben eine solche Änderung verneint und auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens eine nicht rentenbegründende Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 10 vH angenommen. Folgt das Gericht einem medizinischen Sachverständigengutachten und legt es dessen Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit seinen Feststellungen zu Grunde, so stellt dies einen Akt der irrevisiblen Beweiswürdigung dar (SSV-NF 3/19). Diese sogenannte medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit bildet im allgmeinen auch die Grundlage für deren rechtliche Einschätzung, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen hievon unter besonderen Umständen nicht geboten ist (SSV-NF 1/46 uva, neuerdings 10 Ob S 309/89 =

SSV-NF 3/128 - in Druck). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist damit auf die eingeschränkten Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt ausreichend Bedacht genommen.

Auf den Umstand, daß der Kläger den vorliegenden Antrag vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der letzten gerichtlichen Entscheidung einbrachte und ob hiefür die Voraussetzungen vorlagen (§ 362 Abs. 1 ASVG, § 68 ASGG), braucht nicht eingegangen zu werden, weil die beklagte Partei den Antrag nicht zurückgewiesen, sondern sachlich behandelt hat.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit b ASGG (SSV-NF 1/19, 2/26, 2/27 ua).

Anmerkung

E20802

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00125.9.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19900424_OGH0002_010OBS00125_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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