TE OGH 1990/4/25 11Os29/90

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Veröffentlicht am 25.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Egon S*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.September 1989, GZ 6 e Vr 13.370/87-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Vertreters des Zollamtes Wien, Mag. Hacker, und des Verteidigers Dr. Vintschgau, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch wegen Hehlerei (I) und dem darauf beruhenden Strafausspruch und im Ausspruch über die Kostenersatzpflicht unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des § 35 Abs. 3 FinStrG (II), sowie auch in dem auf dem Finanzstrafgesetz beruhenden Teil des Strafausspruches, ebenso im Verfalls- und Wertersatzausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Egon S*** ist schuldig, vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach dem § 35 Abs. 2 FinStrG begangen wurde, an sich gebracht zu haben, indem er vom gesondert verfolgten Klaus N*** Kraftfahrzeuge, welche unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht unter rechtswidriger Inanspruchnahme des freien Vormerkverkehrs nach dem § 93 Abs. 7 ZollG zum Zweck des allfälligen Verkaufs nach Österreich gebracht worden waren, kaufte, und zwar

1. Anfang 1983 einen Personenkraftwagen Porsche 911 SC Coupü, Baujahr 1978,

2. im März oder April 1983 einen Personenkraftwagen Porsche 911, Baujahr 1983,

3.

im Mai 1983 einen Personenkraftwagen Porsche 924, Baujahr 1983,

4.

am 14.Oktober 1987 einen Personenkraftwagen Porsche 911, Baujahr 1987; strafbestimmender Wertbetrag insgesamt 519.187,60 S. Egon S*** hat hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und wird hiefür nach dem § 37 Abs. 2 FinStrG unter Anwendung des § 22 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe von 150.000 S (einhundertfünfzigtausend Schilling), im Fall der Uneinbringlichkeit 6 (sechs) Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Gemäß den §§ 19 Abs. 1 lit. b, Abs. 4, 37 Abs. 2 FinStrG wird dem Angeklagten eine (anteilsmäßige) Wertersatzstrafe von 584.837,66 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 5 (fünf) Monate Ersatzfreiheitsstrafe, auferlegt.

Gemäß dem § 23 Abs. 4 FinStrG wird die Verwahrungshaft vom 21. Oktober 1987, 11 Uhr, bis 22.Oktober 1987, 11 Uhr 45, auf diese Strafen angerechnet.

Gemäß den §§ 17 Abs. 2 lit. a, 37 Abs. 2 FinStrG wird der sichergestellte Personenkraftwagen der Marke Porsche 924, Fahrgestell-Nr. WTO ZZZ 92 ZDN 402.405 (II 3) für verfallen erklärt. Mit seiner Berufung gegen die auf dem Finanzstrafgesetz beruhenden Straf- und Wertersatzaussprüche wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.August 1940 geborene Kraftfahrzeugmechaniker Egon S*** des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 erster Fall StGB (I) und des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach dem § 35 Abs. 3 FinStrG (II) schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, von Jänner bis Mai 1983, sowie am 14. Oktober 1987, im einverständlichen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten deutschen Staatsbürger Klaus N*** in vier die aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Personenkraftwagen der Marke Porsche - von denen zwei für Egon S*** erkennbar überdies von Klaus N*** durch strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangt worden waren (I) - betreffenden Fällen durch Kauf und Übernahme dieser Beförderungsmittel, die zuvor durch Klaus N*** im freien Vormerkverkehr (§ 93 Abs. 7 ZollG) nach Österreich eingeführt wurden, ohne vorherige Durchführung eines Zollverfahrens (§ 93 Abs. 10 ZollG) vorsätzlich Eingangsabgaben im Gesamtbetrag von 519.187,60 S verkürzt zu haben, indem Klaus N*** die genannten Fahrzeuge, für die eine Abgabenbegünstigung gewährt wurde, zu einem anderen als jenem Zweck verwendete, der für die Abgabenbegünstigung zur Bedingung gemacht war, und sowohl er als auch Egon S*** es unterließen, dies dem Zollamt vor der anderweitigen Verwendung anzuzeigen (II).

Nur den Schuldspruch nach dem Finanzstrafgesetz (II) ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, sämtliche Aussprüche über die Strafen und die Wertersatzstrafe bekämpft er mit Berufung.

Das Erstgericht ging davon aus, daß Klaus N*** jeweils in der Absicht nach Österreich einreiste, die Fahrzeuge allenfalls hier zu verkaufen. Da er nicht wußte, ob es tatsächlich zu einem Ankauf durch Egon S*** kommen werde, meinte das Schöffengericht aus rechtlicher Sicht schließen zu müssen, N*** habe das formlose sicherstellungsfreie Vormerkverfahren nach dem § 93 Abs. 7 ZollG zunächst zu Recht in Anspruch genommen und sei erst nach grundsätzlicher Einigung über einen Verkauf der Fahrzeuge zur Stellung bei der Zollbehörde verpflichtet gewesen. Da der Angeklagte Egon S*** wußte, daß die von ihm übernommenen Fahrzeuge sofort dem Zollamt zu stellen gewesen wären und Klaus N*** eine entsprechende Verzollung unterlassen hatte, hafte er als Mittäter für das Finanzvergehen nach dem § 35 Abs. 3 FinStrG. Demgegenüber wird vom Beschwerdeführer im Einklang mit der Rechtsansicht des Zollamtes geltend gemacht, daß Klaus N*** für die von ihm gelenkten unverzollten ausländischen Kraftfahrzeuge nur das formelle Vormerkverfahren nach dem § 67 Abs. 1 lit. e ZollG hätte in Anspruch nehmen dürfen. Da bereits eine vollendete Hinterziehung von Eingangsabgaben durch N*** vorlag, käme nur ein Schuldspruch wegen Abgabenhehlerei in Betracht, für den es jedoch an den erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite fehle.

Rechtliche Beurteilung

Das Wesen des Tatbestandes nach dem § 35 Abs. 3 FinStrG besteht in der Benützung von Waren, für die zunächst zu Recht eine Abgabenbegünstigung in Anspruch genommen und auch gewährt wurde, zu anderen als den für die Begünstigung zur Bedingung gemachten Zwecken. Um diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall anwenden zu können, müßte Klaus N***, der seinen gewöhnlichen Wohnsitz und seinen Firmensitz im Zollausland (BRD) hatte, die Fahrzeuge jeweils in der Absicht nach Österreich gebracht haben, sie zum eigenen Gebrauch für längstens ein Jahr im Zollinland zu benützen (§ 93 Abs. 1 und 2 lit. a und Abs. 7 ZollG). Anders liegt der Fall allerdings, wenn die Beförderungsmittel - wie festgestellt - schon in Verkaufsabsicht ins Zollinland eingeführt wurden, weil damit die Grundvoraussetzung für den (stillschweigend in Anspruch genommenen und von den Zollbehörden akzeptierten) formlosen sicherstellungsfreien Eingangsvormerkverkehr gar nicht vorlagen. Für die Einbringung von Beförderungsmitteln in das Zollgebiet zum ungewissen Verkauf ist das formelle Vormerkverfahren gemäß den §§ 66, 67 Abs. 1 lit. e, Abs. 3 lit. a ZollG vorgesehen, bei welchem es einer (schriftlichen) Anmeldung, der Erteilung eines Vormerkscheines und einer Sicherstellung seitens des Zollschuldners bedarf (§ 73 ZollG). Damit zeigt sich, daß in einem solchen Fall derjenige, der dennoch gesetzwidrig den formlosen sicherstellungsfreien Vormerkverkehr in Anspruch nimmt, eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenbarungs- und Wahrheitspflicht verletzt, indem er die Anmeldung im Vormerkverfahren unterläßt und damit gegenüber dem Grenzzollposten zum Ausdruck bringt, er wolle das Kraftfahrzeug nur zu vorübergehenden Fahrten in das Zollgebiet einbringen. Dadurch wird den Zollbehörden die Möglichkeit genommen, die auf das zollamtlich nicht erfaßte (weil kraft Gesetzes vorgemerkt geltende) Kraftfahrzeug entfallende Eingangsabgabenschuld vorzuschreiben, und es wird auf diese Weise die bedingte Zollschuld zu einer unbedingten (§ 177 Abs. 3 lit. e ZollG), sodaß schon durch das Passierenlassen der Zollgrenze ohne weitere Abfertigungshandlung und die Verbringung des Beförderungsmittels in den freien Verkehr eine Verkürzung der Eingangsabgaben eingetreten ist (VerwGH 84/16/0208, 85/16/0096 und 88/16/0068 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Klaus N*** war daher - entgegen der Meinung des Erstgerichtes - nicht berechtigt, das formlose sicherstellungsfreie Vormerkverfahren gemäß dem § 93 Abs. 7 FinStrG in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt, daß er schon durch die Verbringung der im Spruch genannten Fahrzeuge über die Zollgrenze unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben bewirkte, ihm sohin das vollendete Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach dem § 35 Abs. 2 FinStrG zur Last fällt. Damit verantwortet der Angeklagte Egon S***, der diese Fahrzeuge, hinsichtlich deren eine Hinterziehung von Eingangsabgaben begangen worden war, in Kenntnis dieses Umstandes ankaufte, das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. Den Beschwerdeausführungen zuwider wurden nämlich die erforderlichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite getroffen, welche eine Subsumtion der Tat des Angeklagten Egon S*** unter den Tatbestand der vorsätzlichen Abgabenhehlerei gestatten. Wurde doch als erwiesen angenommen, daß der Angeklagte wußte, daß eine Verzollung der von ihm übernommenen Kraftfahrzeuge nicht vorgenommen worden war und er mit Klaus N*** jeweils vereinbarte, die Kraftfahrzeuge den Zollbehörden nicht zu stellen (S 355-358, 360). Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch nach § 35 Abs. 3 FinStrG sowie auch in dem auf dem Finanzstrafgesetz beruhenden Teil des Strafausspruches ebenso wie im Verfalls- und Wertersatzausspruch aufzuheben und spruchgemäß in der Sache selbst zu erkennen.

Bei der nunmehr nach dem § 37 Abs. 2 FinStrG (zweifacher Verkürzungsbetrag) neu vorzunehmenden Strafzumessung war die besondere Intensität des Vorsatzes angesichts des Tatumfangs erschwerend, während als mildernd die bisherige Unbescholtenheit in finanzstrafrechtlicher Sicht, die (nicht straflos machende) Selbstanzeige und der Umstand gewertet wurden, daß die Taten teilweise lange zurückliegen.

Unter weiterer Berücksichtigung, daß der Angeklagte die Fahrzeuge nur zum eigenen bzw. zum Gebrauch von Familienangehörigen und zu Werbezwecken benützte, und unter Bedachtnahme auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs. 3 FinStrG) konnte mit der aus dem Spruch ersichtlichen Geldstrafe das Auslangen gefunden werden. Eine bedingte Strafnachsicht erscheint allerdings im Hinblick auf die Wiederholung der Taten und aus generalpräventiven Rücksichten (§ 26 Abs. 1 FinStrG iVm § 43 Abs. 1 StGB) nicht möglich. Zu der Frage der (im Rahmen der Berufung bekämpften) Aufteilung des Wertersatzes zu gleichen Teilen auf Täter (N***) und Hehler (S***) schließt sich der Oberste Gerichtshof der Meinung des Schöffengerichts an. Da der Vorsatz auf Abgabenhinterziehung bei beiden Tatbeteiligten dem Bestreben nach einem größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil entsprang, und das tatauslösende Vorgehen des Klaus N*** durch den Umstand aufgewogen wird, daß Egon S*** den Staat, dessen Bürger er ist, schädigte, ist eine Aufteilung zugunsten dieses Angeklagten nicht gerechtfertigt. Aus Anlaß der Neubemessung dieser Unrechtsfolgen war gemäß dem § 23 Abs. 4 FinStrG die (aktenkundige und vom Erstgericht übersehene) Verwahrungshaft anzurechnen (hinsichtlich der Freiheitsstrafe wird gemäß dem § 400 Abs. 2 StPO zu verfahren sein). Der Verfallsausspruch stützt sich auf die bezogenen Gesetzesstellen im Zusammenhang mit den vom Erstgericht hiezu getroffenen Feststellungen.

Wegen des von der Teilaufhebung unberührt gebliebenen Schuldspruches wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 erster Fall StGB wurde über Egon S*** nach dem § 164 Abs. 3 StGB eine gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Unter Zugrundelegung der (im Ersturteil nicht getrennt ausgewiesenen) Strafzumessungsgründe, soweit sie sich auf diesen Schuldspruch beziehen können, ist festzuhalten, daß erschwerend nur die Wiederholung der Hehlerei, nicht aber das Zusammentreffen dieses Verbrechens mit dem Finanzvergehen gewertet werden kann, weil die Strafen ja ohnehin zu kumulieren sind (§ 22 FinStrG). Als mildernd sind das Geständnis und damit der entscheidende Beitrag zur Wahrheitsfindung und die Sicherstellung von Fahrzeugen zu werten.

Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Diesem Begehren kann aber auch unter Zugrundelegung der korrigierten Strafzumessungsgründe in Anbetracht des durch zwei (wenn auch nicht einschlägige) Vorstrafen getrübten Vorlebens und des Umstandes, daß der Angeklagte die Tat als befugter Gewerbsmann beging, nicht nähergetreten werden, weil die - überdies bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe ohnehin nahe der Strafuntergrenze von sechs Monaten ausgemessen wurde.

Es war daher der Berufung, soweit sie sich auf den Strafausspruch wegen Hehlerei bezieht, der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E20500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00029.9.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19900425_OGH0002_0110OS00029_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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