TE OGH 1990/5/2 1Ob515/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.05.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef K*** sen., Kaufmann, Graz, Kalvarienbergstraße 29, vertreten durch Dr. Helmut Klement, Dr. Erich Allmer und Dr. Annemarie Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1) Karl G***, Landwirt, 2) Maria G***, Landwirtin, beide Werndorf, Anwaldgasse 9, beide vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 19. September 1989, GZ 27 R 149/89-16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 8. Mai 1989, GZ 24 C 2535/88g-10, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er als Urteil zu lauten hat:

Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagten Parteien seien schuldig, jegliches Fahren und Gehen, gleichgültig mit welchem Fahrzeug, über die Grundstücke 44/2, 93/2 und 93/3, je der KG Werndorf, zu unterlassen und die Prozeßkosten zu ersetzen, dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 15.423,28 S (darin 2.453,88 S Umsatzsteuer und 700 S Barauslagen) und die mit 6.658,84 S (darin 943,14 S Umsatzsteuer und 1.000 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, den beklagten Parteien die mit 4.895,70 S (darin 565,95 S Umsatzsteuer und 1.500 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist zufolge Kaufvertrages vom 3. Oktober 1986 Eigentümer der Liegenschaft EZ 679 KG Werndorf, Gerichtsbezirk Graz, zu deren Gutsbestand ua die Weggrundstücke 44/2, 93/2 und 93/3 gehören. Im Lastenblatt dieser Liegenschaft war im Zeitpunkt des Kaufvertrages und ist einverleibt die Grunddienstbarkeit des Geh- und Fahrweges mit Fahrzeugen aller Art gemäß Pkt 3 Abs 4 des Kaufvertrages vom 5. August 1965 über die Grundstücke 44/2, 93/2 und 93/3 für EZ 483, 852 und 909. Im Grundbuch der EZ 483 KG Werndorf, welche seit 1983 (nur mehr) aus dem Grundstück 267 besteht, ist seit 1966 die Grunddienstbarkeit des Weges und seit 1977 auch die des Zufahrtsweges an der EZ 679 ersichtlich gemacht.

Die Beklagten sind ua Eigentümer der Liegenschaften

EZ 489 KG Werndorf auf Grund des Kaufvertrages vom 21. Mai 1971;

EZ 896 KG Werndorf auf Grund des Kaufvertrages vom 7. April 1982. Zum Gutsbestand der EZ 896 KG Werndorf gehören ausschließlich Grundstücke, welche von der EZ 483 KG Werndorf abgeschrieben wurden, und zwar die Grundstücke 99/4, 152/1, 153/1, 154, 155/1, 157/1 und 158/1; zum Gutsbestand der EZ 489 KG Werndorf, ua die Gste 142 und 149, welche von der EZ 483 KG Werndorf auf Grund des Kaufvertrages vom 9. August 1977 abgeschrieben wurden. Eine Ersichtlichmachung der zugunsten der herrschenden EZ 483 KG Werndorf einverleibten, oben angeführten Grunddienstbarkeit erfolgte ebensowenig wie eine Änderung der Bezeichnung des herrschenden Gutes in der dienenden EZ 679 KG Werndorf.

Der Kläger begehrt die Beklagten schuldig zu erkennen, jegliches Fahren, gleichgültig mit welchem Fahrzeug, und Gehen über die Gste 44/2, 93/2 und 93/3 der EZ 679 KG Werndorf zu unterlassen und brachte dazu im wesentlichen vor, er habe diese Liegenschaft im Vertrauen auf den Grundbuchsstand unbelastet durch die von den Beklagten behauptete Dienstbarkeit erworben. Die Beklagten seien nicht befugt, den Weg zu benützen. Einem Verbot durch ihn hätten sie sich nicht gefügt; er sei deshalb zur Unterlassungsklage genötigt. Eine allfällige Ersitzung von Wegerechten werde bestritten. Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und wendeten im wesentlichen ein, zugunsten der EZ 483 KG Werndorf bestehe eine im Kaufvertrag vom 5. August 1965 eingeräumte und verbücherte Wegeservitut. Zu den ihnen gehörigen EZ 489 und 896 KG Werndorf gehörten nach der Verbücherung der Servitut von der EZ 483 abgeschriebene Grundstücke; die Abschreibung habe den Bestand der Servitut unberührt gelassen. Dem Kläger komme der Schutz des guten Glaubens auf den Buchstand nicht zu. Trotz der fehlenden Ersichtlichmachung wäre für ihn aus dem Grundbuch ersichtlich gewesen, daß die Dienstbarkeit auf Grund des Kaufvertrages vom 5. August 1965 zu Gunsten des damaligen Gutsbestandes der EZ 483 KG Werndorf begründet worden sei und daß auch die abgeschriebenen Grundstücke als herrschendes Gut in Frage kämen. Überdies bestehe eine Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde Werndorf. Die Dienstbarkeit sei auch "offenkundig", weil der Weg in der Natur deutlich erkennbar sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es noch von folgenden Feststellungen ausging: Der Kläger habe zwei oder drei Jahre vor dem Kauf der Liegenschaft EZ 679 KG Werndorf eine etwa 100 m entfernte Liegenschaft gekauft, er habe sich aber vor dem Kauf der EZ 679 KG Werndorf nicht in der unmittelbaren Umgebung des Weges aufgehalten. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages sei dem Kläger bekannt gewesen, daß der Weg von mehreren Personen benützt werde; er habe auf Befragen vom Verkäufer der Liegenschaft die Mitteilung erhalten, daß außer den bücherlich eingetragenen Lasten weitere Rechte am Weg nicht bekannt seien; diesbezügliche Erhebungen, etwa bei der Gemeinde, habe der Kläger nicht gepflogen. Nicht bekannt gewesen seien dem Kläger die Tatsache, daß die Beklagten zwischen Kanal und Mur Liegenschaftsbesitz haben. Der Kläger habe den Beklagten mehrfach die Benützung des Weges untersagt und im Frühjahr/Sommer 1988 im Verlauf des Weges ein Tor errichtet. Rechtlich kam der Erstrichter zum Ergebnis, daß der Kläger als Erwerber der Liegenschaft EZ 679 KG Werndorf nicht verhalten gewesen sei, die Richtigkeit des Grundbuchstandes durch eigene Nachforschungen zu prüfen; eine Ausnahme bestehe nur für offenkundige Dienstbarkeiten. Wenn auch das Vorhandensein eines Weges, welcher für den Kläger erkennbar von dritten Personen benützt worden sei, grundsätzlich den guten Glauben auf die Richtigkeit des Grundbuchstandes ausschließe, sei damit für die Beklagten nichts gewonnen, weil im Grundbuch des dienenden Grundstücks die Dienstbarkeit des Fahrweges für drei Liegenschaften eingetragen und für den Kläger somit nicht erkennbar gewesen sei, daß dieser Weg überdies von nicht buchberechtigten Personen benützt werde. Daß der Kläger die Dienstbarkeit gekannt hätte, sei nicht einmal behauptet worden. Dienstbarkeiten, die nur beim herrschenden Gut, nicht aber auch beim dienenden Gut eingetragen seien, hätten keine dingliche Wirkung.

Das Berufungsgericht hob das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es sprach aus, daß der von der Aufhebung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige. Da weder die Teilung des herrschenden Grundstückes beim dienenden Grundstück noch der Bestand der Dienstbarkeit bei dem mit einer neuen Einlagezahl versehenen Trennstück ersichtlich gemacht worden sei, habe der Kläger bloß bei Berücksichtigung der Eintragungen im Hauptbuch beim Erwerb seiner Liegenschaft der Meinung sein können, diese ohne Belastung durch die Dienstbarkeit für Grundstücke der EZ 489 und EZ 896 zu erwerben, auch wenn sich aus der Urkundensammlung ergeben hätte, daß Grundstücke der Beklagten seinerzeit zum Gutsbestand der EZ 483 gehört hätten. Geschützt (iS des § 1500 ABGB) werde das Vertrauen auf die Eintragung im Hauptbuch, wobei in sämtliche Blätter Einsicht zu nehmen sei. In die Urkundensammlung müsse nicht Einsicht genommen werden, es sei denn, daß im Hauptbuch hierauf verwiesen werde oder die Einsichtnahme verkehrsüblich sei. Das Eintragungsprinzip werde aber bei "offenkundigen" Dienstbarkeiten durchbrochen. Der Erwerber der Liegenschaft sei zu Nachforschungen verpflichtet, wenn sich aus besonderen Umständen Bedenken gegen die Vollständigkeit des Grundbuches ergeben. Der Kläger hätte beim gegebenen Sachverhalt nicht von vornherein darauf vertrauen dürfen, daß der Weg tatsächlich nur von Buchberechtigten benützt werde. Es müßten daher Feststellungen nachgetragen werden, ob für ihn in der Natur erkennbar gewesen sei, daß über den Servitutsweg eine Wegverbindung mit den Grundstücken der Beklagten hergestellt werde und wie diese beschaffen sei. Wenn zugunsten der aus der EZ 483 abgeschriebenen Grundstücke eine solche offenkundige Wegeverbindung bestünde, wäre die Klage abzuweisen, weil die Beklagten diesbezüglich einen gültigen vertraglichen Benützungstitel besäßen und dem Kläger in diesem Fall Gutgläubigkeit nicht zugebilligt werden könnte. Der Übergang der Dienstbarkeitsberechtigung auf das vom herrschenden Gut abgeschriebene Grundstück erfolge außerbücherlich. Sonst wäre bei Offenkundigkeit der Wegeverbindung zu prüfen, ob eine Dienstbarkeit durch die Beklagten ersessen worden sei oder ob den Beklagten, wie behauptet, ein Benützungsrecht im Rahmen einer allenfalls der Gemeinde zustehenden Servitut als Ortsbewohner zustehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist gerechtfertigt.

Der Kläger stützt seine Unterlassungsklage als "actio negatoria" iS des § 523 ABGB zum Schutz seines Eigentums darauf, daß sich die Beklagten eine Wegeservitut anmaßen. Dabei trifft die Beweislast für das verletzte Eigentumsrecht und den Eingriff den Kläger (Petrasch in Rummel2, Rz 10 zu § 523 mwN). Beide Umstände, wofür der Kläger beweispflichtg wäre, sind unbestritten. Den Beklagten oblag dagegen der Beweis für ihr Recht zum Eingriff (SZ 43/47; Petrasch aaO). Es ist daher zu prüfen, ob die Beklagten auf Grund einer Servitut zum Begehen und Befahren der Gste 44/2, 93/2 und 93/3 des Klägers berechtigt sind.

Dienstbarkeiten oder Servituten sind dingliche, ua auf Privatrechtstitel beruhende (§ 480 ABGB), in der Regel durch Verbücherung erworbene Rechte auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache, denen - bei bejahenden Servituten - die Pflicht ihres jeweiligen Eigentümers zur Duldung dieser Nutzung gegenübersteht (Petrasch aaO, Rz 1 zu § 472). Gemäß § 481 Abs 1 ABGB kann das dingliche Recht der Dienstbarkeit an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen sind, nur durch Eintragung in diese erworben werden. Der die Dienstbarkeit begründende Akt ist die Eintragung im Lastenblatt der Einlage für das dienstbare Grundstück (SZ 45/26, SZ 44/110 ua). Durchbrochen wird das Eintragungsprinzip bei den sogenannten "offenkundigen" Dienstbarkeiten (SZ 56/105 mwN ua). Die vorliegende Dienstbarkeit des Fußsteiges und Fahrweges iS des § 492 ABGB wurde auf Grund des Kaufvertrages vom 5. August 1965 auf der dienenden, nun dem Kläger gehörigen EZ 679 KG Werndorf eingetragen und bestand unbestrittenermaßen auch zugunsten der EZ 483 als herrschendem Gut.

Servituten sind keiner Teilung fähig (§ 844 Satz 1 ABGB). Sie bestehen bei Teilung des herrschenden Gutes mangels Vereinbarung zugunsten aller Teile fort; die Dienstbarkeit darf dadurch aber nicht erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen zugute, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile (§ 844 Satz 4 und 5 ABGB). Durch die Teilung des herrschenden Gutes entstehen nicht Teilrechte, sondern eine Mehrheit selbständiger Dienstbarkeiten zugunsten der Sachteile (MietSlg 35.049; 7 Ob 587/76; Gamerith in Rummel2, Rz 7, 9 zu § 844; Hofmeister in Schwimann, § 844 ABGB Rz 7; Klang in Klang2 III 1135). Wenn nichts anderes zwischen Veräußerer und Erwerber oder zwischen Dienstbarkeitsberechtigtem und Belasteten vereinbart wird, wofür hier sowohl ein Vorbringen der Parteien wie auch Beweisergebnisse fehlen, bestehen Grunddienstbarkeiten bei Teilung des herrschenden Gutes fort und zwar auch dann, wenn keine bücherliche Übertragung stattgefunden hat (JBl 1961, 357; 5 Ob 35/89; Gamerith aaO; Hofmeister aaO; Klang aaO). Teilung iS des § 844 ABGB ist auch jede Abschreibung einzelner Bestandteile (Parzellen) eines Grundbuchskörpers iS der §§ 3 ff LTG (EvBl 1966/212), und zwar gleichgültig, ob von einem Grundbuchskörper, wie hier, ganze Grundstücke (§ 5 Abs 1 AGAG) oder Teile von Grundstücken abgetrennt werden bzw ob für das Teilstück eine neue Einlage errichtet oder dieses einem anderen Grundbuchskörper zugeschrieben wird (Hofmeister aaO). Der Übergang der Dienstbarkeitsberechtigung auf das neue herrschende Gut erfolgt außerbücherlich. Der gemäß § 7 Abs 1 Z 2, 9 AGAG, § 19 GV von Amts wegen im Gutsbestandblatt des herrschenden Grundstückes vorzunehmenden Ersichtlichmachung (JBl. 1929, 437; Hofmeister aaO), die dazu bestimmt ist, die anderwärts bestehende Eintragung aufzuzeigen, kommt keine rechtsbegründende Wirkung zu und umgekehrt kann die Unterlassung der Ersichtlichmachung keine rechtsvernichtende Wirkung haben, sie ist vielmehr materiellrechtlich ohne Bedeutung (SZ 56/11, SZ 45/26, SZ 44/110 ua; Gamerith aaO Rz 7; Klang aaO, II 561).

Gemäß § 443 ABGB werden mit dem Eigentum unbeweglicher Sachen auch die darauf haftenden bücherlich angemerkten Lasten übertragen. Wer diese Bücher nicht einsieht, haftet in allen Fällen für seine Nachlässigkeit. Das Vertrauen auf das öffentliche Buch setzt daher dessen Einsichtnahme voraus (Klang in Klang2 II 388; Gschnitzer, Österreichisches Sachenrecht2 41; Petrasch aaO Rz 1 zu § 443). Geschützt wird nur der Gutgläubige, schon Fahrlässigkeit schließt den guten Glauben aus (SZ 57/38; Gschnitzer aaO; Klang aaO). Verweist das Hauptbuch auf die Urkundensammlung, ist auch in diese Einsicht zu nehmen (SZ 28/68).

Bei der hier maßgeblichen Eintragung der Dienstbarkeit wird auf den Kaufvertrag vom 5. August 1965 Bezug genommen. Nach dem Inhalt dieses Kaufvertrages 4918/1966, der durch den Obersten Gerichtshof amtswegig vom Grundbuchsgericht beigeschafft wurde, verkaufte Eva Maria B*** als damalige Eigentümerin der Liegenschaft EZ 483 KG Werndorf drei Käufern je zu einem ideellen Drittel die Gste 45/1, 45/2, 62, 67, 93/2, 155/2, 157/2, 227/4, sowie die neu gebildeten Gste 225/2, 227/10, 227/11, 44/2, 159/5, 226/2, 93/3 und 155/3. Nach Pkt 3 Abs 4 dieses Kaufvertrages räumten die Käufer der Verkäuferin und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum der Liegenschaft EZ 483 KG Werndorf die Dienstbarkeit des Fahrweges mit Fahrzeugen aller Art und des Gehweges über die Gste 44/2, 93/2 und 93/3 ein. Aus dem Kaufvertrag hätte der Kläger demnach vorerst ersehen, daß die nun ihm gehörigen, mit der hier maßgeblichen Dienstbarkeit belasteten Gste 44/2, 93/2 und 93/3 von der nun herrschenden EZ 483 KG Werndorf abgeschrieben wurden und zugleich die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges zu Gunsten des Restbestandes der EZ 483 KG Werndorf begründet wurde (Pkt 7 a, d des Kaufvertrages).

Beim Grundbuch betreffend die KG Werndorf handelt es sich um ein auf automationsunterstützte Datenverarbeitung umgestelltes Grundbuch. Bereits durch die VO des BMJ vom 9. Februar 1981, BGBl 1981/81, wurde ua die Umstellung des Grundbuches des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz auf automationsunterstützte Datenverarbeitung angeordnet und bereits 1983, lange vor dem gegenständlichen Grundstückskauf des Klägers, war auch das Grundbuch betreffend die KG Werndorf umgestellt (vgl dazu das Verzeichnis der umgestellten KG in ImmZ 1983, 385). Das GrundbuchsumstellungsG novellierte nicht das Grundbuchsgesetz sondern schuf für die Führung des umgestellten Grundbuches vom geltenden Grundbuchsrecht abweichende spezifische Sonderbestimmungen, die allein durch die technischen Gegebenheiten bedingt sind. Diese Änderungen beschränken sich grundsätzlich auf die Behandlung des Hauptbuches, insbesondere den Vollzug von Eintragungen einschließlich ihrer Gestaltung und Ordnung, die Einsciht in das Hauptbuch und auf die Herstellung von Grundbuchsabschriften. Für das umgestellte Grundbuch gilt weiterhin der Grundsatz des § 1 GBG, daß das Grundbuch aus dem Hauptbuch und der unverändert gebliebenen Urkundensammlung besteht, das Hauptbuch aus den Grundbuchseintragungen gebildet wird und die Einlagen zur Eintragung der Grundbuchskörper und ihrer Änderungen und der sich auf die Grundbuchskörper beziehenden dinglichen Rechte und ihrer Änderungen bestimmt sind. § 2 Abs 1 GUG normiert hinsichtlich des Hauptbuches, daß dieses nur durch Speicherung der Eintragungen in einer Datenbank zu führen und mit dem Grundstücksverzeichnis des Grundsteuer- und Grenzkatasters zu verknüpfen ist. Das umgestellte Hauptbuch soll nach dem Willen des Gesetzgebers durch sofortige "Auslagerung" der gelöschten Eintragungen auf einen anderen Speicherplatz (Verzeichnis der gelöschten Eintragungen) stets übersichtlich gehalten werden. § 3 Abs 1 GUG bestimmt daher, daß zu jedem Hauptbuch ein Verzeichnis der gelöschten Eintragungen zu führen ist, in das die von der Löschung betroffenen Eintragungen zu übertragen sind. Dieses Verzeichnis steht dem Hauptbuch rechtlich gleich (Feil, Die Umstellung des Grundbuchs auf automationsunterstützte Datenverarbeitung, NZ 1981, 2 ff). Nach § 3 Abs 4 GUG sind Eintragungen, die für die Wiedergabe des aufrechten Grundbuchstandes nicht mehr von Bedeutung sind, von Amts wegen in das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen zu übertragen. Dies gilt nach § 3 Abs 4 zweiter Satz GUG ua für Eintragungen, mit denen ein Bestandteil eines Grundbuchskörpers abgeschrieben wird. Es ist daher erforderlich, auch einen Ausdruck aus dem Verzeichnis der gelöschten Eintragungen beizuschaffen, um beurteilen zu können, ob das Hauptbuch stimmt und man darauf vertrauen kann (Auer, Praktische Anmerkungen zum Grundbuchumstellungsgesetz in AnwBl 1982, 61 ff, 62; vgl. dazu auch Dittrich-Angst-Auer, Grundbuchumstellungsgesetz 9 ff). Der Kläger dürfte sich dann beim Erwerb der Liegenschaft nicht mit einer Grundbuchsabschrift oder einer Grundbuchseinsicht bei Gericht (§ 5 GUG) über den aufrechten Grundbuchstand allein zufrieden geben, sondern mußte sowohl für seine (dienende) wie auch für die herrschende Liegenschaft EZ 483 KG Werndorf die gelöschten Eintragungen einsehen, um als gutgläubig angesehen werden zu können. Aus dem durch den Obersten Gerichtshof amtswegig vom Grundbuchsgericht beigeschafften Verzeichnis der gelöschten Eintragungen betreffend die EZ 483 KG Werndorf ergibt sich die Abschreibung der nun den Gutsbestand der EZ 896 KG Werndorf bildenden Gste aus folgenden Eintragungen:

"A übertragen und/oder als Hinweis aufgenommen am 1982-11-19, 24085/1982: GST 99/4, 152/1, 153/1, 154, 155/1, 157/1, 158/1. 17 a in das HB eingetragen. ...

A übertragen und/oder als Hinweis aufgenommen am 1983-01-25, 27735/1982; 17 a 24085/1982 im Rang 18171/1981 Abschreibung Gst 99/4, 152/1, 153/1, 154, 155/1, 157/1, 158/1 nach EZ 896."

Durch Einsicht in das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen bei der herrschenden EZ 483 KG Werndorf wäre daher die Abschreibung der nun zum Gutsbestand der den Beklagten gehörigen EZ 896 KG Werndorf gehörigen Grundstücke zweifelsfrei erkennbar gewesen. Dem Kläger fehlt daher die Gutgläubigkeit.

Schon aus diesem Grund ist die Sache im Sinne der Abweisung des Unterlassungsbegehrens spruchreif, ohne daß es der von der zweiten Instanz als erforderlich angesehenen weiteren Erhebungen bedarf. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20568

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00515.9.0502.000

Dokumentnummer

JJT_19900502_OGH0002_0010OB00515_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten