TE OGH 1990/5/8 4Ob527/90 (4Ob528/90, 4Ob529/90)

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Veröffentlicht am 08.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 26. November 1970 geborenen Karl M*** infolge Revisionsrekurses des Karl M*** und seiner Eltern Josef und Stefanie M***, Landwirte, Trasdorf 31, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 4. Oktober 1989, GZ R 576-578/89-73, womit der Rekurs gegen Punkt I des Beschlusses des Bezirksgerichtes Tulln vom 3. Juli 1989, GZ P 43/84-62 zurückgewiesen und den Rekursen gegen Punkt II des Beschlusses des Bezirksgerichtes Tulln vom 3. Juli 1989, GZ P 43/84-62, sowie die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Tulln vom 4. September 1989, GZ P 43/84-68 und 69, nicht Folge gegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I. Mit Punkt I des Beschlusses vom 3.7.1989 (ON 62) genehmigte das Pflegschaftsgericht den zwischen dem Minderjährigen als Geschenknehmer und Stefan H*** als Geschenkgeber über die Liegenschaft EZ 324 Grundbuch Trasdorf am 20.10.1986 geschlossenen Schenkungsvertrag sowie den zwischen dem Minderjährigen (vertreten durch den Kollisionskurator Dr. Walter Z***) und Josef P*** am 23.5.1989 über dieselbe Liegenschaft geschlossenen Kaufvertrag. Mit dem angefochtenen, noch weitere Rechtsmittel erledigenden Beschluß wies das Rekursgericht den von den Eltern des Minderjährigen, Josef und Stefanie M***, sowie von dem am 26.11.1989 volljährig gewordenen Minderjährigen selbst gegen Punkt I des Beschlusses des Erstgerichtes vom 3.7.1989 erhobenen Rekurs mit der Begründung zurück, daß die Rechtsgeschäfte über die genannte Liegenschaft durch die Bestellung eines Kollisionskurators aus dem Aufgabenbereich der gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen ausgeschieden seien.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den Eltern des Minderjährigen und auch vom Minderjährigen selbst - das Rechtsmittel wurde von ihm allerdings nicht unterfertigt - erhobene Revisionsrekurs ist verspätet. Der angefochtene Beschluß wurde den Eltern des Minderjährigen und dem Minderjährigen selbst am 27.11.1989, dem Kollisionskurator am 28.11.1989, zugestellt. Der an das Rekursgericht gerichtete Revisionsrekurs wurde am 11.12.1989 zur Post gegeben; er ist am 13.12.1989 beim Erstgericht eingelangt.

Auch im Außerstreitverfahren sind Rekurse und Revisionsrekurse gegen die Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz beim Erstgericht einzubringen; ein nicht unmittelbar beim Erstgericht eingebrachter Revisionsrekurs muß daher, um rechtzeitig zu sein, noch innerhalb der Rekursfrist beim Erstgericht einlangen (EvBl. 1961/153; NZ 1965, 29; EvBl. 1976/11; EFSlg. 37.298 uva). Das war hier nicht der Fall.

Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG bleibt es zwar dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auch nach verstrichener Frist auf Rekurse in denjenigen Fällen Rücksicht zu nehmen, in denen sich die Verfügung ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt; dabei ist "Dritter" jede am Verfahren beteiligte, vom Rechtsmittelwerber verschiedene Person (SZ 18/121; SZ 23/99). Durch die Genehmigung des Schenkungsvertrages und des Kaufvertrages haben aber bereits der Schenker und der Käufer - also "Dritte" - Rechte erworben, so daß auf den verspäteten Revisionsrekurs nicht mehr Bedacht genommen werden kann. Daran ändert sich auch dadurch nichts, daß der Minderjährige am 26.11.1989, also nach der Entscheidung des Rekursgerichtes, aber noch vor deren Zustellung an ihn, volljährig geworden ist. Mit dem Eintritt der Volljährigkeit erlischt zwar die Pflegschaft über einen Minderjährigen (vgl. EFSlg. 51.370 = RPFlSlgA 7669). Das Pflegschaftsgericht hat danach einen von einem Vertreter des Minderjährigen geschlossenen Vertrag nicht mehr zu genehmigen, weil es von diesem Zeitpunkt an ausschließlich Sache des Volljährigen ist, selbst den Zustand schwebender Unwirksamkeit zu beenden (EvBl. 1971/106; EFSlg. 22.449). Hat jedoch das Rekursgericht bereits im Sinne der Genehmigung des schwebend unwirksamen Vertrages entschieden, dann muß der nach diesem Zeitpunkt volljährig gewordene Pflegebefohlene diese Entscheidung rechtzeitig anfechten, weil sie sonst rechtskräftig wird. Das vorliegende Rechtsmittel ist daher, soweit es von den Eltern Karl M*** erhoben wurde, auch unzulässig, weil sie zu seiner Einbringung nicht mehr legitimiert waren (EvBl. 1963/200). Das verspätete Rechtsmittel des Volljährigen konnte aber an der Rechtskraft der zweitinstanzlichen Entscheidung nichts mehr ändern.

II. Nachdem der Beschluß des Erstgerichtes, mit dem Dr. Walter Z*** zum Kollisionskurator zur Vertretung des Minderjährigen im Verfahren zur Genehmigung des erwähnten Schenkungsvertrages und zur anschließenden Verwertung der Liegenschaft EZ 324 KG Trasdorf (ON 34) rechtskräftig geworden war, beantragte der Minderjährige die "Ablehnung" des Kollisionskurators mit der Begründung, daß die vom Kollisionskurator verfolgte Verwertungsabsicht nicht in seinem Interesse liege (ON 50 a).

Mit Punkt II des Beschlusses vom 3.7.1989 (ON 62) wies das Erstgericht diesen Antrag ab. Die Bestellung des Kollisionskurators sei rechtskräftig; die vom Minderjährigen angeführten Gründe könnten seine Enthebung nicht rechtfertigen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß des Erstgerichtes. Der Minderjährige habe in seinem Ablehnungsantrag ausschließlich Umstände geltend gemacht, die bereits im Verfahren zur Bestellung des Kollisionskurators zu überprüfen gewesen währen; einer neuerlichen Erörterung dieser Einwände stehe die Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses entgegen.

Der gegen diesen Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Mit der rechtskräftigen Genehmigung der Verwertung der Liegenschaft EZ 324 KG Trasdorf ist die im Bestellungsbeschluß umschriebene Aufgabe des Kollisionskurators endgültig erledigt worden. Eine Enthebung des Kollisionskurators hätte jetzt keine praktische Bedeutung mehr, weil dadurch die rechtskräftige pflegschaftsbehördliche Genehmigung der vom Kollisionskurator vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht mehr beseitigt werden könnte. Auch im Außerstreitverfahren führt der Mangel einer Beschwer zur Zurückweisung des Rechtsmittels (NZ 1970, 182).

III. Am 7.8.1989 beantragten der Minderjährige und seine Eltern, dem Minderjährigen einen Rechtsanwalt im Rahmen der Verfahrenshilfe zu bestellen. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab (ON 68). Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Auch der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig. Gemäß Art VIII § 3 Abs 1 VerfahrenshilfeG 1973 BGBl 569 gilt § 528 Abs 1 Satz 1 ZPO (idF vor der WGN 1989 BGBl 343) im Außerstreitverfahren sinngemäß. Gemäß § 528 Abs 1 Z 3 ZPO sind aber Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über die Verfahrenshilfe unzulässig.

IV. Nachdem die Bestellung des Kollisionskurators rechtskräftig geworden und ein gegen den Bestätigungsbeschluß des Rekursgerichtes erhobener Rekurs vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 15.11.1989 (ON 47) zurückgewiesen worden war, erhoben der Minderjährige und seine Eltern neuerlich einen Rekurs gegen den Beschluß ON 34.

Das Erstgericht wies diesen (neuerlichen) Rekurs zurück (ON 69). Da sich die Grundlagen für die Entscheidung nicht geändert hätten, sei der Bestellungsbeschluß nicht nur formell sondern auch materiell rechtskräftig.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von den Eltern des Minderjährigen erhobenen Rekurs nicht Folge. Mit der Erhebung des - vom Obersten Gerichtshof als verspätet

zurückgewiesenen - Revisionsrekurs hätten die Eltern ihr Rechtsmittelrecht gegen den Bestätigungsbeschluß der zweiten Instanz (ON 37) bereits verbraucht; ein weiteres Rechtsmittel sei nicht mehr zulässig.

Auch der gegen diesen Teil der angefochtenen Entscheidung erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Das vorliegende Rechtsmittel richtet sich neuerlich gegen die Bestellung des Kollisionskurators. Da jedoch der Kollisionskurator seine Tätigkeit, mit der er vom Erstgericht betraut worden war, bereits abgeschlossen hat, treffen auch hier die oben zu II. angestellten Überlegungen zu. Der Schenkungsvertrag und der im Anschluß daran abgeschlossene Kaufvertrag sind bereits rechtskräftig pflegschaftsbehördlich genehmigt worden; die Beseitigung des Bestellungsbeschlusses könnte daher nicht mehr die Wirkung haben, daß auch noch Folgebeschlüsse beseitigt werden könnten. Der Frage, ob die Bestellung eines Kollisionskurators erforderlich war, kommt somit in diesem Verfahrensstadium gleichfalls nur noch theoretische Bedeutung zu. Auch im Umfang dieser Anfechtung mangelt es daher den Rechtsmittelwerbern an der erforderlichen Beschwer.

Anmerkung

E20623

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00527.9.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19900508_OGH0002_0040OB00527_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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