TE OGH 1990/5/9 2Ob43/90 (2Ob44/90)

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Veröffentlicht am 09.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*** N***, vertreten durch den Landeshauptmann Siegfried L***, Herrengasse 11-13, 1010 Wien, dieser vertreten durch Dr.Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Anton W***, Postbeamter, Hollerberg 182, 2802 Hochwolkersdorf, und 2. I*** U***- UND

S*** Aktiengesellschaft, Tegetthoffstraße 7, 1010 Wien, beide vertreten durch Dr.Leopold Hammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 283.182,05 s.A., infolge Revision der klagenden Partei und Rekurses aller Parteien gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.Dezember 1989, GZ 12 R 66/89-20, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 4.Jänner 1988, GZ 3 Cg 230/87-30, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Es wird der Revision und beiden Rekursen Folge gegeben, der angefochtene Beschluß des Berufungsgerichtes aufgehoben und dahin zu Recht erkannt, daß die Entscheidung insgesamt (unter Einbeziehung der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile) zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von S 80.954,35 samt 4 % Zinsen seit 19.10.1987 zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von S 202.227,70 samt Zinsen wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 31.399,13 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten S 2.854,46 Umsatzsteuer), die mit S 13.945,76 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 3.555,20 Barauslagen und S 1.731,76 Umsatzsteuer) und die mit S 18.464,79 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.244,13 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Alois S***, der bei der klagenden Partei als Vertragsbediensteter beschäftigt war, erlitt am 9.2.1984 bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen. Nicht strittig ist, daß den Verletzten ein Mitverschulden am Unfall von einem Viertel trifft und die beklagten Parteien für drei Viertel seines Schadens haften. Die klagende Partei begehrt, gestützt auf die Legalzession des § 41 des Niederösterreichischen Landes-Vertragsbedienstetengesetzes (LVBG) Ersatz der dem Verletzten erbrachten Leistungen. Sie brachte vor, der Verletzte hätte in der Zeit vom 9.2.1984 bis 8.8.1984 (erste Periode) seine vollen Bezüge erhalten, und zwar insgesamt S 107.177. Unter Berücksichtigung der Mitverschuldensquote von 25 % betrage der Deckungsfonds für diesen Zeitraum S 80.382,75. In der Zeit vom 9.8.1984 bis 6.2.1985 (zweite Periode) habe der Verletzte neben Leistungen der Gebietskrankenkasse 49 % seines Aktivbezuges erhalten, und zwar insgesamt S 55.872 (fiktiv hätte er in dieser Zeit S 107.492 bezogen, unter Berücksichtigung der Mitverschuldensquote S 80.619). Für die Zeit vom 9.2.1985 bis 31.7.1985 (dritte Periode) habe der Verletzte von der klagenden Partei einen Krankengeldzuschuß von S 29.999,66 erhalten. Aus dem Titel der Entgeltfortzahlung würden daher S 166.254,41 begehrt. Überdies habe der Verletzte in den Jahren 1984 und 1985 eine Urlaubsentschädigung von S 45.160 erhalten, unter Berücksichtigung der Mitverschuldensquote werden aus diesem Titel S 33.870 begehrt. Außerdem habe der Verletzte eine Abfertigung in der Höhe von S 101.712 erhalten, auch davon werden drei Viertel, somit S 76.284 begehrt. Schließlich habe er eine Sonderzahlung gemäß § 64 Abs. 6 lit. b LVBG von S 9.000 erhalten, 75 % davon machten S 6.750 aus. Die klagende Partei habe daher eine Forderung von insgesamt S 283.258,41 s.A. (richtig würde die Summe der begehrten Beträge S 283.158,41 ausmachen).

Die Beklagten wendeten ein, bei Berechnung der fiktiven Bezüge müßte vom Nettoeinkommen ausgegangen werden, Forderungen auf Abfertigung und Urlaubsentschädigung seien nicht auf die klagende Partei übergegangen. Infolge Zahlungen an Sozialversicherungsträger sei der Deckungsfonds weitgehend erschöpft.

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 120.822,20 samt 4 % Zinsen seit 19.10.1987 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 162.436,21 s.A. wurde abgewiesen. Aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ist folgendes hervorzuheben:

In der ersten Periode bezahlte die klagende Partei dem Verletzten seine Bezüge in vollem Ausmaß weiter. Der Bruttobezug machte in dieser Zeit S 107.188,40 aus. Abzüglich der Sozialversicherung von S 16.185,70, des Wohnbauförderungsbeitrages von S 462,60, der Arbeiterkammerumlage von S 462,60 und der Lohnsteuer von S 12.136,90 ergibt sich ein Nettoeinkommen von S 77.940,60. Für die zweite Periode leistete die beklagte Partei dem Verletzten 49 % der Aktivbezüge, und zwar S 52.744,70, abzüglich Lohnsteuer von S 3.512, somit S 49.232,70 netto. In der dritten Periode erhielt der Verletzte von der klagenden Partei einen Krankengeldzuschuß von S 29.923,30. Bei voller Dienstverrichtung hätte der Verletzte in der zweiten und dritten Periode insgesamt S 215.746,10 brutto erhalten, abzüglich der Sozialversicherung von S 33.233,50, des Wohnbauförderungsbeitrages und der Arbeiterkammerumlage von je S 929,80 und der Lohnsteuer von S 26.130,60 hätte sich ein Nettobezug von S 154.522,40 ergeben. Die zweitbeklagte Partei bezahlte an Sozialversicherungsträger S 46.922,40 und S 14.747,04 (voller Ersatz für das an den Verletzten bezahlte Familien- und Krankengeld für die zweite Periode) sowie S 70.833 (für Versehrtenrente und Invaliditätspension für die Zeit vom 1.2.1985 bis 31.7.1985).

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die klagende Partei könne nur das verlangen, was dem Verletzten auf Grund schadenersatzrechtlicher Ansprüche zustünde. Der mittelbare Schaden, der die klagende Partei durch den Unfall treffe, nämlich Abfindung und Urlaubsentschädigung, könne nicht verlangt werden. Nach ständiger Rechtsprechung sei auch beim Verdienstentgang vom Nettoschaden auszugehen, wobei Steuern und Abgaben, die durch die Schadenersatzleistung erst entstünden, zu berücksichtigen seien. Der Deckungsfonds für die erste Periode betrage S 58.455,45 (drei Viertel des Nettobezuges) zuzüglich S 3.000 Lohnsteuer, somit S 61.455,45. Der Deckungsfonds für die zweite Periode errechne sich mit 75 % des Nettobezuges von S 74.030, also S 55.552,50 zuzüglich S 2.000 Lohnsteuer. Der Deckungsfonds für die dritte Periode betrage 75 % von S 80.492 zuzüglich S 3.000 Lohnsteuer, somit S 63.369. Die an die Sozialversicherungsträger geleisteten Zahlungen könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im selben Verfahren geltend gemacht worden wären. Es könne nicht dem Gutdünken des Versicherers überlassen werden, welche Legalzessionare welche Beträge bekommen. Es scheine unbillig, wenn der klagenden Partei mehr als 75 % (wie es dem Mitverschuldensanteil entspreche) zugesprochen würden. Die klagende Partei habe daher Anspruch auf S 61.455,45 für die erste Periode, auf S 36.924 für die zweite Periode und S 22.442,75 für die dritte Periode, insgesamt somit auf S 120.822,20.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge. Das Ersturteil, welches im abweisenden Teil mit S 7.698,90 und im stattgebenden Teil mit S 61.455,45 je samt 4 % Zinsen seit 19.10.1987 als unangefochten unberührt blieb, wurde im abweisenden Teil im Ausmaß von S 78.376,95 samt 4 % Zinsen seit 19.10.1987 als Teilurteil bestätigt und im stattgebenden Teil im Ausmaß von S 59.366,75 samt 4 % Zinsen seit 19.10.1987 als Teilurteil dahin abgeändert, daß auch dieses Begehren abgewiesen wurde. Im weiteren abweisenden Teil im Ausmaß von S 76.284 samt Zinsen hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes auf.

Das Gericht zweiter Instanz führte aus, § 41 LVBG bestimme, daß nur dann, wenn der Vertragsbedienstete wegen des vorübergehenden oder dauernden Verlustes seiner Dienstfähigkeit nach anderen gesetzlichen Bestimmungen Schadenersatz beanspruchen kann, dieser Anspruch auf das Land in jenem Umfang übergeht, in dem es an den Vertragsbediensteten Leistungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zu erbringen hat. Diese Vorschrift unterscheide sich von der Legalzessionsbestimmung des § 332 Abs. 1 ASVG lediglich insofern, als nach der erstgenannten Bestimmung Dienstgeber und Legalzessionar in einer Person zusammenfielen. In übrigen seien die Bestimmungen nahezu inhaltsgleich, sodaß die zu § 332 Abs. 1 ASVG entwickelte Judikatur auch hier Anwendung finden könne. Danach trete der Forderungsübergang nur dann und insoweit ein, als den erbrachten Sozialleistungen (hier Leistungen des Landes) entsprechende Forderungen des Verletzten nach Schadenersatzrecht gegenüberstünden (Grundsatz der kongruenten Deckung). Habe Alois S*** auch nach seiner Kündigung mit Ablauf des 31.7.1985 einen unfallsbedingten Verdienstentgang, so stehe ihm auch für diese Zeit ein entsprechender Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger zu. Nach der Rechtsprechung diene die Abfertigung neben anderen Zielsetzungen unter anderem dazu, Vorsorge für die infolge der Lösung des Arbeitsverhältnisses drohende Arbeitslosigkeit sowie eine Überbrückung für die durch den Verlust des Arbeitsplatzes bedingte Schmälerung des Einkommens zu bieten. Dem Grundsatz der kongruenten Deckung wäre somit bei der Abfertigung Rechnung getragen, falls Alois S*** nach seiner Kündigung tatsächlich einen Verdienstentgang erlitten hätte. Hierüber und vor allem über dessen Höhe fehlten jedoch Feststellungen, weshalb die angefochtene Entscheidung insofern mangelhaft geblieben sei. Für die von der klagenden Partei dem Alois S*** gewährte Urlaubsentschädigung finde sich jedoch kein kongruenter Deckungsfonds, weil aus dem Grund der mangelnden Konsumierbarkeit seines Urlaubs dem Alois S*** kein Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger zustehe. Die begehrte Sonderzahlung von S 9.000 sei in dieser Abfertigung bereits enthalten, es bestehe keinerlei Begründung für die weitere Geltendmachung dieses Betrages. Nach ständiger Rechtsprechung errechne sich der dem Geschädigten zu ersetzende Verdienstentgang grundsätzlich nach dem Nettoverdienst. Für die Heranziehung der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung bei Errechnung des Deckungsfonds bestehe daher keinerlei Veranlassung. Es entspreche zwar der ständigen Rechtsprechung, daß konkurrierende Ersatzansprüche anderer Sozialversicherungsträger nur dann Berücksichtigung finden könnten, wenn diese weiteren Ansprüche im selben Verfahren geltend gemacht würden; weiter sei aber auch ausgesprochen worden, daß die Gesamthaftung des Schädigers immer durch den Deckungsfonds begrenzt sei und er darüber hinaus keinem weiteren Versicherungsträger Leistungen zu erbringen habe. Gegenüber weiteren Versicherungsträgern, die sich auf eine zu ihren Gunsten eingetretene Legalzession beriefen, könne der Schädiger einwenden, daß der Deckungsfonds infolge früherer Leistungen gemindert oder weggefallen sei. Haben daher die Beklagten bereits an Sozialversicherungsträger Leistungen erbracht, deren Berechtigung und ziffernmäßige Richtigkeit nicht bestritten sei, haben diese Leistungen bei Ermittlung des Deckungsfonds auch dann Berücksichtigung zu finden, wenn diese von den Sozialversicherungsträgern weder im selben Verfahren noch vielleicht überhaupt gerichtlich geltend gemacht wurden. Die festgestellten Zahlungen an Sozialversicherungsträger machten S 132.502,44 aus. Damit sei der für die zweite und dritte Periode bestehende Deckungsfonds bei weitem ausgeschöpft.

Die klagende Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Bestätigung der Abweisung im Ausmaß von S 71.626,95 s.A. und der Abänderung im Ausmaß von S 59.366,75 s.A. mit Revision. Außerdem ficht sie den Aufhebungsbeschluß mit Rekurs an.

Die beklagten Parteien bekämpfen ebenfalls den Aufhebungsbeschluß.

Die beklagten Parteien beantragen, der Revision und dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Alle Rechtsmittel sind berechtigt.

Zu den Rechtsmitteln der klagenden Partei:

Mit Recht wendet sich die klagende Partei gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung seien für die Berechnung des Deckungsfonds nicht zu berücksichtigen. Richtig ist zwar, daß nach ständiger Rechtsprechung dem Verletzten der Nettoverdienstentgang zu ersetzen ist (SZ 33/50; ZVR 1984/90 uva.). Dies entspricht auch der Lehre (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 25 zu § 1325; Koziol2 II 133). Nach Lehre und Rechtsprechung hat der Geschädigte aber auch Anspruch auf Ersatz der Kosten freiwilliger Weiterversicherung in der Sozialversicherung (Reischauer aaO Rz 40; Koziol aaO 131; ZVR 1964/44; ZVR 1966/62; ZVR 1969/117; ZVR 1976/207). Der Verletzte hätte daher den Nettoverdienstentgang zuzüglich der davon zu entrichtenden Steuer und überdies den Ersatz der Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in der Sozialversicherung beanspruchen können. Die Ansprüche auf Ersatz von Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung in der Sozialversicherung stellen aber eine kongruente Deckung hinsichtlich der von der klagenden Partei bezahlten Dienstnehmeranteile dar. Die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht angeführte Entscheidung ZVR 1984/90 steht damit nicht im Widerspruch. Dort wurde ein Anspruch der Verletzten auf Bezahlung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile unter Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verneint. Das Berufungsgericht hatte einen derartigen Anspruch aber mit der (im veröffentlichten Teil der Entscheidung nicht enthaltenen) Begründung abgelehnt, die Klägerin beziehe bereits eine Pension und könne daher keine Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung verlangen. Im vorliegenden Fall kann dies aber erst für die Zeit ab 1.2.1985 Anwendung finden, weil der Verletzte erst ab diesem Zeitpunkt eine Pension bezieht. Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 51 zu § 1325 meint, der Oberste Gerichtshof habe in zwei Entscheidungen nicht auf die Sozialversicherungsbeiträge Bedacht genommen, und zwar in ZVR 1984/90 und ZVR 1984/204. Auch in der zuletzt angeführten nur teilweise veröffentlichten Entscheidung wurde derartiges aber nicht ausgesprochen. Dort hatten die Vorinstanzen dem Kläger einen in einem Gesamtbetrag festgestellten Bruttoverdienstentgang zugesprochen und der Oberste Gerichtshof hob diesen Zuspruch zur Verfahrensergänzung auf.

Soweit sich die klagende Partei gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes wendet, die an Sozialversicherungsträger geleisteten Beträge minderten den Deckungsfonds, kann ihr nicht gefolgt werden. Der Hinweis auf die Entscheidung 2 Ob 16/81, nach welcher konkurrierende Ersatzansprüche von Sozialversicherungsträgern nur Berücksichtigung finden könnten, wenn sie im gleichen Verfahren geltend gemacht wurden, ist nicht zielführend, denn dieser Entscheidung lag (ebenso wie der Entscheidung ZVR 1971/260) ein Fall zugrunde, in welchem derartige Ansprüche weder geltend gemacht noch befriedigt worden waren. In 2 Ob 16/81 wurde aber ebenso wie in SZ 53/114 ausgeführt, der Beklagte könne gegenüber Versicherungsträgern, die sich auf eine Legalzession berufen, einwenden, der Deckungsfonds sei infolge an einen anderen Sozialversicherungsträger erbrachte Leistungen gemindert oder weggefallen. Daß die Leistungen auf Grund gerichtlicher Geltendmachung anderer Sozialversicherungsträger erbracht wurden, ist nicht notwendig. Erforderlich ist nur, daß die befriedigten Forderungen der Sozialversicherungsträger berechtigt waren. Daß dies der Fall war, bestreitet aber auch die klagende Partei nicht. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht die an Sozialversicherungsträger erbrachten Leistungen vom Deckungsfonds abgezogen.

Zum Rekurs der Beklagten:

Bekämpft werden die Ausführungen des Berufungsgerichtes, dem Grundsatz der kongruenten Deckung wäre bei der Abfertigung Rechnung getragen, falls der Verletzte nach seiner Kündigung tatsächlich einen Verdienstentgang erlitten hätte. Dazu ist folgendes zu erwägen:

Der Forderungsübergang nach § 41 LVBG tritt nur dann und insoweit ein, als den erbrachten Leistungen entsprechende Forderungen des Verletzten nach Schadenersatzrecht gegenüberstehen (vgl. die zu der im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 332 ASVG ergangenen Entscheidungen SZ 28/150, SZ 58/78 uva.). Erforderlich ist, daß der Schadenersatzanspruch des Verletzten mit den erbrachten Leistungen nicht nur der Art nach, sondern auch zeitlich übereinstimmt (SZ 51/57, SZ 56/137). Der Gesetzgeber räumte dem Dienstnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses aus verschiedenen Gründen einen Anspruch auf Abfertigung ein (vgl. Martinek-Schwarz, AngG 443; Steininger in ZAS 1967/177). Es kommt jedenfalls auch der Gedanke zum Ausdruck, daß der Dienstnehmer etwas erhält, das er sich durch seine bisherige Tätigkeit "schon verdient" hat (vgl. Steininger aaO 178). Der Oberste Gerichtshof lehnt es daher in ständiger Rechtsprechung auch ab, dem Verletzten, der Verdienstentgang geltend macht, eine Abfertigung als Vorteil anzurechnen (ZAS 1967/28; SZ 34/115; 8 Ob 4/86 ua.). Der Verletzte hat also einen unabhängig von einer Abfertigung bestehenden Anspruch auf Ersatz des Verdienstentganges und daher bildet auch ein allfälliger Anspruch des Verletzten auf Ersatz eines Verdienstentganges für die Zeit nach Auflösung des Dienstverhältnisses keine kongruente Deckung für die von der klagenden Partei geleistete Abfertigung. Aus diesem Grund ist die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung nicht erforderlich.

Der klagenden Partei steht daher folgender Anspruch zu:

Für die erste Periode gebühren außer dem vom Erstgericht zugesprochenen Betrag von S 61.455,45 von den in dieser Periode bezahlten Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (S 16.185,70) drei Viertel, somit S 12.139,27. In der zweiten Periode sind zu den vom Erstgericht errechneten Deckungsfonds von S 57.552,50 von den in der Zeit vom 9.8.1984 bis 31.1.1985 fiktiv zu bezahlenden Sozialversicherungsbeiträgen von S 15.302,10 noch drei Viertel hinzuzuzählen, das sind S 11.476,57. Der Deckungsfonds für die zweite Periode beträgt somit S 69.029,07. Davon sind die in dieser Periode an Sozialversicherungsträger erbrachten Leistungen von zusammen S 61.669,44 abzuziehen, sodaß für die zweite Periode ein Anspruch auf S 7.359,63 besteht.

Ab 1.2.1985 bezieht der Verletzte eine Versehrtenrente und eine Invaliditätspension. Er hätte daher (wie oben ausgeführt) keinen Anspruch auf Ersatz der Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung gehabt, es bleibt also bei dem vom Erstgericht ermittelten Deckungsfonds von S 29.923,30. Da die zweitbeklagte Partei höhere Beiträge an Sozialversicherungsträger bezahlte, steht der klagenden Partei für diese Periode keine Forderung zu.

Insgesamt besteht das Klagebegehren daher mit einem Betrag von S 80.954,35 (S 61.455,45 plus S 12.139,27 plus S 7.359,63) samt 4 % Zinsen seit 19.10.1967 zu Recht. Das Mehrbegehren war abzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 43 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO. Dabei war davon auszugehen, daß die klagende Partei in erster Instanz mit etwa 29 % ihres Begehrens obsiegte, mit 71 % aber unterlegen ist, sodaß die beklagten Parteien Anspruch auf Ersatz von 42 % ihrer Kosten haben (Barauslagen wurden für das Verfahren erster Instanz nicht verzeichnet).

In zweiter Instanz erreichte die klagende Partei mit ihrer Berufung, daß ein weiterer Betrag von S 12.139,27 als berechtigt angesehen wurde, die beklagten Parteien bekämpften hingegen den Zuspruch eines Betrages von S 52.007,12 mit Erfolg. Die klagende Partei obsiegte mit ihrer Berufung, mit der die Abweisung von S 154.787,31 bekämpft worden war, daher mit etwa 8 %, unterlag aber mit etwa 92 % und daher hat sie den beklagten Parteien 84 % der Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen (Barauslagen hat die klagende Partei nicht verzeichnet). Die beklagte Partei hatte den Zuspruch von S 59.366,75 mit Berufung bekämpft, obsiegte also mit etwa 88 % und unterlag mit 12 %, sodaß sie Anspruch auf Ersatz von 76 % ihrer Kosten sowie von 88 % der Barauslagen (§ 43 Abs. 1 letzter Satz ZPO) für die Berufung und die Berufungsverhandlung (in dieser wurde nur über die Berufung der beklagten Parteien verhandelt) hat.

In dritter Instanz betrug das Rechtsmittelinteresse der klagenden Partei S 207.277,70. Davon obsiegte sie mit S 12.139,27, also mit etwa 6 %, die beklagten Parteien haben daher Anspruch auf 88 % der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung. Der Rekurs der beklagten Parteien war zur Gänze erfolgreich, hiefür gebührt daher voller Kostenersatz.

Anmerkung

E21360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00043.9.0509.000

Dokumentnummer

JJT_19900509_OGH0002_0020OB00043_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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