TE OGH 1990/5/15 5Ob566/90

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Veröffentlicht am 15.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache der mj.Manuela H***, geboren am 15.Oktober 1981, in Obsorge des Großvaters Anton H***, Pensionist, Wels, Gerstnerstraße 7, infolge Revisionsrekurses des Kindes, in Unterhaltssachen vertreten durch den Magistrat der Stadt Wels, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 21.Februar 1990, GZ R 983,984/89-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 11.Oktober 1989, GZ 1 P 235/86-12, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 11.Oktober 1989, GZ 1 P 235/86-13, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses (Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 11.10.1989, ON 12) wird bestätigt. Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses wird im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 11.10.1989, ON 13, abgeändert.

Text

Begründung:

Manuela H*** wurde am 15.10.1981 außer der Ehe als Tochter des Wolfgang Anton H*** (geboren am 10.12.1958, deutscher Staatsbürger) und der Annemarie H*** (geborene U***, geboren am 21.7.1947) geboren. Die Eltern haben 1982 geheiratet. Seit der Kleinkindzeit lebt Manuela beim väterlichen Großvater Anton H***, geboren am 10.8.1934, nunmehr Pensionist, in Wels. Die Eltern leben seit etwa 1985 getrennt. Der Vater lebt in Passau, der Aufenthalt der Mutter ist nicht bekannt. Beide kümmern sich seit langer Zeit nicht mehr um Manuela. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13.3.1987, ON 8, wurde aus diesen Gründen die Obsorge den Eltern entzogen und dem väterlichen Großvater übertragen. Seit 25.6.1987 ist Manuela österreichische Staatsbürgerin (AS 41).

Hinsichtlich beider Elternteile hat der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger keine möglichen Drittschuldner in seinem Datenbestand gespeichert. Die Personaldaten des Vaters sind dort überhaupt nicht gespeichert (ON 18 bis 20). Ein Verfahren zur Schaffung eines Unterhaltstitels wurde bisher weder gegen den Vater noch gegen die Mutter eingeleitet.

Am 11.10.1989 bewilligte das Erstgericht über Antrag des Großvaters Manuela Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 2, § 6 Abs 2 Z 2 UVG für ihre Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern vom 1.9.1989 bis 31.8.1992 in der Höhe von je der Hälfte des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs 1 Buchstabe c bb 1. Fall, §§ 108 f ASVG, sohin im Betrag von zweimal 1.691 S monatlich (ON 12 und 13). In der Begründung wird lediglich angeführt, beide Elternteile seinen unbekannten Aufenthaltes und leisteten seit 1982 keinen Unterhalt.

Das Rekursgericht hob den den Vater des Kindes betreffenden erstgerichtlichen Beschluß ON 12 unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (Punkt 1); den die Mutter des Kindes betreffenden erstgerichtlichen Beschluß ON 13 änderte es dahin ab, daß Manuela ein monatlicher Unterhaltsvorschuß in der Höhe von 50 % der Hälfte des Richtsatzes, d.s. derzeit monatlich 846 S, gewährt wird (Punkt 2); der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof wurde hinsichtlich beider Punkte für zulässig erklärt. Das Rekursgericht führte zusammengefaßt aus:

Die Behauptung des Erstgerichtes, der Aufenthalt des Vaters sei seit 1986 unbekannt, sei aktenwidrig. Laut Bericht des Amtsgerichtes Passau vom 9.2.1987 konnten dem Vater unter der Anschrift Passau, Danzigerstraße 18, zwei Ladungen, zu einer gerichtlichen Einvernahme im Rechtshilfeweg zugestellt werden, auch wenn der Vater dann nicht zur Vernehmung erschien. Allerdings sei seither nicht unerhebliche Zeit verstrichen, sodaß nicht mit Sicherheit angenommen werden könne, der Vater werde dort noch immer wohnen. Das Verfahren sei daher ergänzungsbedürftig.

Der Aufenthalt der Mutter sowie deren Lebensverhältnisse seien völlig unbekannt. In einem solchen Fall sei die Einleitung eines Verfahrens zum Zweck der Schaffung eines Unterhaltstitels von vornherein aussichtslos, sodaß die Voraussetzungen des § 4 Z 2 UVG für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen vorlägen. Im Falle der Bevorschussung des anteiligen Unterhaltsanspruches gegen beide Elternteile nach dieser Gesetzesstelle sei aber der im § 6 Abs 2 UVG genannte Betrag anteilig auf beide Elternteile aufzuteilen, wobei mangels anderer Anhaltspunkte von einem gleich hohen Anspruch gegen jeden Elternteil auszugehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Kindes ist teilweise berechtigt.

1.) Zu Punkt 1 des rekursgerichtlichen Beschlusses:

Die Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zur Frage, ob Voraussetzung einer Unterhaltsvorschußgewährung nach § 4 Z 2 UVG die erfolglose Einleitung eines Unterhaltsfestsetzungsverfahrens sei, ist nicht einheitlich (vgl. zuletzt EFSlg 57.462 und 57.464). Gemäß § 4 Z 2 UVG idF der Novelle 1980 BGBl. 278 sind Unterhaltsvorschüsse unter anderem auch dann zu gewähren, wenn die Festsetzung des Unterhaltsbeitrags überhaupt aus Gründen auf Seite des Unterhaltsschuldners nicht gelingt, außer dieser ist nach seinen Kräften offenbar zu einer Unterhaltsleistung nicht imstande. Nach den Gesetzesmaterialien sollte das Wort "gelingen" unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß nur auf objektive Umstände abzustellen ist; es sollte genügen, daß der Unterhaltsanspruch nicht bemessen werden kann; ob hinter dem Verhalten des Unterhaltsschuldners allenfalls Absicht oder Fahrlässigkeit steht, sollte unerheblich sein; Vorschüsse sollten gewährt werden, wenn der Unterhaltsschuldner unbekannten Aufenthaltes ist oder Ungewißheit über seine Lebensverhältnisse herrscht (Ent-Hopf; UVG-Ergänzungsband 11 f; Knoll, Kommentar zum UVG Rz 3, 4 und 7 zu § 4 Z 2 und 3). Eine Vorschußgewährung nach § 4 Z 2 UVG setzt demnach nicht zwingend ein versuchtes Unterhaltsfestsetzungsverfahren voraus, wenn gemäß § 11 Abs 2 UVG nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden kann, daß nach den Umständen des Falles aus Gründen auf Seite des Unterhaltsschuldners eine Unterhaltsfestsetzung nicht gelingen kann (Knoll aaO Rz 10 zu § 4 Z 2 und 3; vgl. auch § 4 Z 1 UVG, der auf die Aussichtslosigkeit einer Exekutionsführung abstellt). Wenn das Rekursgericht der Ansicht ist, daß es zur Beurteilung dieser Frage (hier des Aufenthaltes des Vaters) noch einer Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen bedarf, so kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß nach den Berichten des Amtsgerichtes Passau ON 17 und 22 sowohl der erstgerichtliche Beschluß als auch der rekursgerichtliche Beschluß dem Vater unter der Anschrift Passau, Milchgasse 11, zugestellt werden konnte, und zwar ersterer durch Niederlegung beim Postamt 1, letzterer durch Aushändigung an die zur Familie gehörende erwachsene Hausgenossin Anne-Maria H***.

Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses war daher zu bestätigen.

2.) Zu Punkt 2 des rekursgerichtlichen Beschlusses:

Das Unterhaltsvorschußgesetz und die Materialien hiezu greifen die Bevorschussung von mehr als einem Unterhaltsanspruch zugleich nicht ausdrücklich auf, schließen sie aber auch nicht aus; eine ausdrückliche Aussage, ob die Obergrenzen des § 6 UVG nur für die Einzelbevorschussung oder für die Gesamtvorschußsituation gelten, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (Knoll aaO Rz 11 zu § 1). Die Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zu dieser Frage ist nicht einheitlich.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vertritt die Ansicht, daß eine Zusammenrechnung mehrerer Unterhaltsvorschüsse und deren Begrenzung mit dem Richtsatz nicht stattzufinden habe, die im § 6 Abs 1 UVG normierte Obergrenze gelte für jede gesonderte Bevorschussung bis zur vollen Höhe (EVSlg. 49.080; EFSlg 57.486 = RPflSlgA 7843). Wenn § 6 Abs 1 UVG eine Limitierung der Vorschüsse mit dem Richtsatz vorsieht, werde dabei offenbar von dem Normalfall ausgegangen, daß sich das Kind bei einem Elternteil befindet, der seiner Unterhaltspflicht durch dessen Betreuung nachkommt, daher zu keiner Geldalimentation verpflichtet ist, und der andere Teil seinen Unterhalt in Geld zu erbringen hat. Die auf diese Unterhaltspflicht bewilligten Vorschüsse sollten im Sinne des § 6 Abs 1 UVG limitiert sein. Liege eine Geldunterhaltsverpflichtung auch des anderen Elternteils vor, so könne - bei gegebenen Voraussetzungen - auch diese bevorschußt werden, und zwar wieder bis zu vollen Obergrenze des Richtsatzes. Jede andere Lösung würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, daß ein Kind, welches die Betreuung durch einen Elternteil in dessen Haushalt entbehren muß, wodurch ein Pflegeaufwand bei Dritten notwendig wird, finanziell schlechter gestellt wäre als ein anderes. Dieses hätte neben der Unterhaltsleistung des betreuenden Elternteils die vollen Unterhaltsvorschüsse auf den Geldalimentationsanspruch gegenüber dem anderen Teil, während sich ein solches in Drittpflege unter Umständen die Vorschüsse kürzen lassen müßte, und damit für die mit der Drittpflege verbundenen Aufwendungen, die letztlich aus den dem Kind zur Verfügung stehenden Unterhaltsmitteln bestritten werden müßten, nicht gesorgt wäre. Offen bliebe dann auch die Frage, zugunsten welchen Elternteils die Kürzung vorzunehmen wäre.

Knoll (aaO Rz 11 zu § 1, Rz 2 zu § 6) schließt sich der Ansicht des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien an. Soweit etwa § 1 UVG auf den "gesetzlichen Unterhalt" Bezug nehme, § 2 Abs 1 und 2 UVG von einem "Anspruch" auf Vorschüsse spreche und schließlich § 3 Z 1 UVG "den gesetzlichen Unterhaltsanspruch" anführe, habe die verwendete Einzahl ihren Grund in der Begriffsbezogenheit des Ausdruckes. Auch ließen sich vom Zweck her kaum Argumente finden, die gegen die Bevorschussung mehrerer Unterhaltsansprüche gleichzeitig sprechen könnten. Das vor allem in den §§ 2 bis 4 UVG betont scharfe Abstellen auf die speziell notleidend gewordene Unterhaltsverpflichtung lasse keinen Raum für die Schlußfolgerung, daß § 6 UVG auch die Gesamtvorschußsituation im Auge haben solle.

§ 6 UVG begrenze also den Vorschuß zu der speziell notleidend gewordenen Unterhaltsverpflichtung gegen einen bestimmten Unterhaltspflichtigen, nicht aber den Gesamtunterhalt, der nach den §§ 140, 141 ABGB einem Kind zustehen könne.

Das Rekursgericht begründet seine abweichende Meinung wie folgt:

Aus der Wortinterpretation der §§ 1, 3 bis 7 UVG ergebe sich, daß der Gesetzgeber den gesetzlichen, in Geld bestehenden Unterhaltsanspruch von Kindern bevorschussen wolle. Daß er auch ein Entgelt für obsorgeberechtigte Pflegeeltern vom Vorschuß umfaßt haben wolle (der Unterhaltsanspruch bestehe nicht nur in Geld, sondern auch in persönlichen Leistungen), könne diesen Gesetzesstellen nicht entnommen werden. Für den Fall, daß die ziffernmäßige Bestimmung dieses gesetzlichen Unterhaltsanspruches scheitere, habe der Gesetzgeber sodann in den §§ 4 Z 2, 6 Abs 2 UVG (nur diese Gesetzesstellen seien hier relevant) den der Höhe nach nicht bestimmbaren gesetzlichen Unterhaltsanspruch pauschaliert und festgelegt, daß einem solchen Kind je nach Lebensalter ein bestimmter Bruchteil des ASVG-Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen zukommen solle. Dieser Hinweis auf die Halbwaisenpension sei ein weiteres Indiz dafür, daß eben nur der gesetzliche, in Geld bestehende Unterhaltsanspruch bevorschußt werden solle, weil hier der Gesetzgeber ausdrücklich auf Halbwaisen Bezug nehme, die über die aus der Obsorge entspringenden Leistungen des anderen Elternteils verfügen könnten. Eine Interpretation dahin, daß 1. der Unterhaltsanspruch auch über den in Geld bestehenden Anspruchsteil hinaus bevorschußt werden sollte, und 2. die Höhe des in § 6 Abs 2 UVG normierten Richtsatzes überschritten werden dürfe, sei demnach nicht möglich. Im Falle der Überschreitung des Richtsatzes des § 6 Abs 2 UVG bestünden auch Bedenken gegen die Verfassungskonformität einer solchen Regelung (Gleichheitsgrundsatz). Hier wären insbesondere auch folgende atypische Fälle denkbar:

I. Im vorliegenden Fall würde das Kind dann, wenn es für den Unterhaltsanspruch gegen jeden nur anteilig unterhaltspflichtigen Elternteil (§ 140 ABGB) den vollen Vorschuß nach § 6 Abs 2 UVG, allerdings der Höhe nach endgültig nach § 6 Abs 1 UVG begrenzt, erhält, insgesamt bekommen: a) bis 6 Jahre 50 %, b) bis 14 Jahre 100 %, c) über 14 Jahre ebenfalls 100 %.

II. Ein Kind, dessen Eltern verstorben sind, lebt bei Pflegeeltern; die Großeltern leben, sind jedoch unbekannten (möglicherweise ausländischen) Aufenthaltes: In diesem Fall würden dem Kind in konsequenter Verfolgung der Rechtsprechung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien unabhängig vom Alter immer 100 % des Halbwaisenpensions-Richtsatzes gebühren, weil auch im Alter von bis zu 6 Jahren vier Vorschüsse in der Höhe von je 25 % zu gewähren wären.

III. Für den Fall, daß die Unterhaltspflichten der Großeltern neben jenen der Eltern bestehen, würden insgesamt 6 Vorschüsse gebühren, sodaß das Kind unabhängig vom Alter immer 100 % der Halbwaisenpension erhalten würde.

Bereits diese Fallkonstruktionen zeigten deutlich auf, daß die Höhe des Richtsatzvorschusses immer nur davon abhängig wäre, wie viele nicht leistungsbereite Unterhaltspflichtige vorhanden sind, wobei hier zusätzlich zu differenzieren wäre, ob eine Unterhaltsfestsetzung gelingen kann oder nicht. Je nachdem, wie viele Unterhaltspflichtige rein zufällig vorhanden wären und gegen wie viele rein zufällig ein Unterhaltsfestsetzungsverfahren nicht gelingt, würde sich dann die Summe der Vorschüsse verändern. Ein Kind, das über möglichst viele Unterhaltspflichtige verfügt, deren Lebensverhältnisse zudem möglichst unbekannt sind, wäre demnach erheblich besser gestellt als ein Kind, das etwa bei einem obsorgeberechtigten Elternteil lebt und nur gesetzliche Unterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil hat. Eine solche Differenzierung sei ohne jegliche sachliche Rechtfertigung und daher auch gleichheitswidrig, sodaß eine solche Gesetzesauslegung auch dem Grundsatz der verfassungskonformen Interpretation widersprechen würde.

Aus diesen Erwägungen sei im Fall der Bevorschussung des anteiligen Unterhaltsanspruches gegen beide Elternteile nach § 4 Z 2 UVG der in § 6 Abs 2 UVG genannte Betrag anteilig auf beide Elternteile aufzuteilen, wobei mangels anderer Anhaltspunkte von einem gleich hohen Anspruch gegen jeden Elternteil auszugehen sei. Diese Interpretation sei zudem wegen des Übergangs der Unterhaltsforderung auf den Bund und der bestehenden Rückzahlungspflicht der Unterhaltsschuldner gegenüber dem Bund geboten (§§ 28 bis 33 UVG). Die Gewährung des doppelten Vorschusses nach § 6 Abs 2 UVG würde also nicht nur in zufälliger, nicht beeinflußbarer Weise den betroffenen Kinderkreis bevorzugen, sondern auch die betroffenen Elternteile benachteiligen, zumal der eine keinen Einfluß auf das Verhalten des anderen habe und jeder von der Höhe des Vorschusses in Ansehung seiner Rückzahlungspflicht belastet werde.

Der Oberste Gerichtshof hält die Argumente des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien und der diesem folgenden Lehre für überzeugender als die Erwägungen des Rekursgerichtes. Das Abstellen auf die speziell notleidend gewordene Unterhaltsverpflichtung auch in Fällen, in denen gleichzeitig Unterhaltsvorschüsse auf die Unterhaltsverpflichtungen mehrerer Unterhaltsschuldner gewährt werden - welche Gegebenheit dagegen spricht, daß § 6 Abs 1 UVG oder § 6 Abs 2 UVG die Gesamtvorschußsituation im Auge habe -, ist schon deshalb geboten, weil - wie der gegenständliche Fall zeigt - im Zeitpunkt der Entscheidung das weitere rechtliche Schicksal des Vorschußgewährungsbeschlusses noch nicht abgesehen werden kann. Der Umstand, daß § 6 Abs 1 UVG die Titelvorschüsse mit dem Richtsatz für pensionsberechtigte Halbwaisen und § 6 Abs 2 UVG die Richtsatzvorschüsse mit einem je nach dem Alter des unterhaltsberechtigten Kindes verschieden großen Bruchteil dieses Richtsatzes begrenzt, läßt darauf schließen, daß der Gesetzgeber von dem Normalfall ausgegangen ist, daß sich das Kind bei einem Elternteil befindet, der seiner Unterhaltspflicht durch dessen Betreuung nachkommt, und daß daher die Obergrenzen des § 6 UVG im Falle der Geldunterhaltspflicht beider Elternteile - durchaus sachgerecht - für jeden von ihnen in voller Höhe gelten sollen. In dieselbe Richtung weist § 7 Abs 3 UVG, wonach Vorschüsse nicht deshalb versagt werden dürfen, weil die Unterhaltspflicht eines sonst Unterhaltspflichtigen besteht. Der Möglichkeit, daß es bei dieser Gesetzesauslegung im Falle der Gewährung von Vorschüssen auf die Unterhaltsverpflichtungen mehrerer Unterhaltsschuldner insgesamt zur Gewährung von Unterhaltsvorschüssen kommen könnte, die die Bedürfnisse des Kindes übersteigen, kann nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes durch teilweise Versagung oder Herabsetzung der Vorschüsse in analoger Anwendung des § 7 Abs 1 Z 2 UVG (iVm § 19 Abs 1 UVG) begegnet werden. Die Interessen der rückzahlungspflichtigen Unterhaltsschuldner werden durch die Bestimmungen der §§ 28 bis 33 UVG ausreichend gewahrt. Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses war daher im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses ON 13 abzuändern.

Anmerkung

E21187

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00566.9.0515.000

Dokumentnummer

JJT_19900515_OGH0002_0050OB00566_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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