TE OGH 1990/5/16 3Ob68/90

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Veröffentlicht am 16.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***-Verlag Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 9, Muthgasse 2, vertreten durch Dr. Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, und des auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Peter K***, Rechtsanwalt i. R., Wien 13, Münichreiterstraße 8, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Franz P***, Wirtschaftstreuhänder, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A*** für Hoch-, Tief- und Eisenbetonbau mbH, Wien 12, Bonygasse 49, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. Jänner 1990, GZ 17 R 265/89-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8. September 1989, GZ 38 Cg 268/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei und dem Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei die mit je S 8.649,-- (darin je S 1.441,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die von Rechtsanwalt Dr. Peter K*** vertretene Aufbaugesellschaft für Hoch-, Tief- und Eisenbetonbau mbH ersiegte gegenüber der nunmehrigen Klägerin mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13.1.1986 den Kapitalsbetrag von S 952.000 sA und S 142.958,32 an Kosten. Über Berufung der damaligen Beklagten, nunmehr klagenden Partei fällte das Oberlandesgericht Wien ein Zwischenurteil, in dem der Klagsanspruch dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannt wurde; dieses Berufungsgericht hob aber im übrigen das Ersturteil auf. Mit Urteil vom 25.3.1987 stellte der Oberste Gerichtshof zu 1 Ob 687,688/86 das Ersturteil wieder her und sprach der A*** weitere S 66.165,10 an Kosten zu. Die A*** war inzwischen am 15.12.1986 in Konkurs

gegangen und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt worden, und Dr. Peter K*** hatte am 31.12.1986 auf die Ausübung seiner Rechtsanwaltschaft verzichtet. Mit Schreiben vom 20.5.1987 forderte Dr. Peter K*** von der klagenden Partei neben dem Kapitalsbetrag auch die Bezahlung der Prozeßkosten, diese unter ausdrücklicher Anführung des § 19 a RAO an ihn. Die klagende Partei überwies den Kapitalsbetrag samt Zinsen am 24.4.1986 der Länderbank und am 5.6.1987 die Prozeßkosten von S 209.123,42 an Dr. Peter K*** persönlich. Die Länderbank machte ihrerseits von einer sicherungsweisen Abtretung der Kapitalforderung durch den Gemeinschuldner an sie vom 14.4.1986 Gebrauch. Der Masseverwalter forderte am 4.6.1987 die Freigabe dieser Forderung zugunsten der Masse. Er erreichte, daß die Länderbank nur den Kapitalsbetrag von S 952.000 weiterhin einbehielt, daß jedoch der Restbetrag freigegeben wurde. Darunter verstand der Masseverwalter neben den Zinsen auch die ersiegten Kosten, weil er nicht wußte, daß die Klägerin nur den Kapitalsbetrag an die Länderbank überwiesen hatte. Das Erstgericht bewilligte dem beklagten Masseverwalter mit Beschluß vom 30.9.1987 die Fahrnisexekution gegen die klagende Partei wegen der Kostenforderung von S 209.123,42 sA. Gegen diese Exekutionsbewilligung richtet sich die vorliegende, auf Zahlung gestützte Oppositionsklage.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht gab der Klage statt und stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest. Das Berufungsgericht bestätigte. Rechtlich folgerten die Unterinstanzen, daß das Pfandrecht des Rechtsanwaltes sich auf alle ersiegten Kosten unabhängig vom Konkurs seiner Mandantschaft beziehe. Das Pfandrecht gehe auch nicht durch die Zurücklegung der Berufsausübung durch den Rechtsanwalt unter und stehe somit auch einem "emeritierten" Rechtsanwalt zu. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zwar zulässig, weil eine Rechtsprechung zum gesetzlichen Kostenpfandrecht eines "emeritierten" Rechtsanwaltes fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.

§ 19 a RAO räumt dem Rechtsanwalt, der die Partei zuletzt vertreten hat, ein gesetzliches Pfandrecht an deren Kostenersatzforderung aus gerichtlichem Zuspruch oder vergleichsweiser Zusage ein. Nach Abs. 4 leg. cit. kann die zum Kostenersatz verpflichtete Partei die Kosten jederzeit an den pfandberechtigten Anwalt und, so lange dieser die Bezahlung nicht an ihn gefordert hat, auch an die Partei wirksam bezahlen. Vor der Beschlußfassung des Nationalrates über diese Gesetzesbestimmung wurde immer wieder die Frage erwogen, ob nicht ein direktes Recht des Anwaltes an den zugesprochenen Kosten gegen die unterlegene Partei festgesetzt werden solle (vgl. Lohsing, österreichisches Anwaltsrecht, 280 mwN). Dies führte zur Einfügung des letzten Halbsatzes des Abs. 4 leg. cit. im Justizausschuß und damit zu einer Ergänzung der Regierungsvorlage (298 BlgNR 3. GP, 47 und 338 der BlgNR 3. GP, 7). Durch diese Ergänzung sollte eine doppelte Exekutionsführung vermieden, dem Anwalt jedoch weitestgehende Sicherheit für seine Kostenforderung geboten werden. Der Gesetzgeber war sich dabei bewußt, daß durch diese Formulierung der Pfandnatur einigermaßen nahegetreten wird. Demnach entsteht das gesetzliche Pfandrecht des letztvertretenden Rechtsanwaltes mit dem Kostenzuspruch an seine Partei. Im Gegensatz zur sonst für das Pfandrecht geltenden Regelung nach den §§ 459 ff ABGB erhält der Rechtsanwalt mit der Geltendmachung seines Pfandrechtes gegenüber dem kostenersatzpflichtigen Gegner, das ist die Zahlungsaufforderung an diesen, bereits das Recht auf Einzug seiner Forderung. Voraussetzung für die Kostenersatzforderung der Partei und damit auch für das Pfandrecht des Rechtsanwaltes nach § 19 a RAO ist die rechtzeitige und dem Gesetz entsprechende Vorlage eines Kostenverzeichnisses vor Verfahrensschluß (§ 54 Abs. 1 ZPO). Mit ihr erwächst dem Rechtsanwalt ein Anwartschaftsrecht auf sein Pfandrecht. Es ist nur mehr durch die gerichtliche Kostenbestimmung, die sich auf den Zeitpunkt der Vorlage des Kostenverzeichnisses zu beziehen hat, abhängig. Dem Revisionswerber ist zwar zuzugestehen, daß der "emeritierte" Rechtsanwalt mangels einer Vertretungsbefugnis keine neuen Pfandrechte an Kostenersatzforderungen für spätere Leistungen erwerben kann; für die bis zur Zurücklegung seiner Anwaltsbefugnis verzeichneten Kosten hat er aber wirksam Anwartschaftsrechte auf Pfandrechte nach § 19 a RAO erworben, die mit den Kostenzuspruch realisiert werden und nicht durch die Zurücklegung der Anwartschaftsbefugnis untergegangen sind. Der Antrag auf Zahlung nach § 19 Abs. 4 RAO an den Rechtsanwalt ist zufolge des erworbenen Pfandrechtes nicht mehr von der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte abhängig.

Da Dr. Peter K*** im Zeitpunkt der Verfassung der Revisionsschrift samt Kostenverzeichnis noch in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen war, konnte daher sein darauf folgender Übertritt in den Ruhestand zu keinem Untergang seines Anwartschaftsrechtes an der strittigen Kostenersatzforderung führen. Er hat mit dem Kostenzuspruch durch den Obersten Gerichtshof ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung der Gemeinschuldnerin erworben, das er durch entsprechende Zahlungsaufforderung realisiert hat.

Nicht bekämpft wird vom Revisionswerber die nunmehr in der Judikatur einhellig vertretene Auffassung, daß das Pfandrecht des Rechtsanwaltes nach § 19 a RAO selbst nach Konkurseröffnung entstehen kann und zu einem Absonderungsrecht führt (SZ 53/133 mwN). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20934

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00068.9.0516.000

Dokumentnummer

JJT_19900516_OGH0002_0030OB00068_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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