TE OGH 1990/5/16 3Ob72/90 (3Ob73/90, 3Ob1016/90)

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Veröffentlicht am 16.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei DIE G*** W*** Zeitschriftengesellschaft mbH & Co KG, Wien 16, Odoakergasse 34-36, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei R***-E***

Zeitschriftenverlagsgesellschaft mbH, Wien 5, Krongasse 6, vertreten durch Dr.Heinz Giger und Dr.Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erwirkung einer Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 23. November 1989, GZ 46 R 562,563,604,606/89-76, womit die Beschlüsse des Exekutionsgerichtes Wien vom 11.Mai 1989, 16.Mai 1989, und 19.Mai 1989, GZ 11 E 2604/89-55, -59 und -62, ganz oder teilweise abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen den Punkt V des angefochtenen Beschlusses richtet.

Im übrigen, wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben. Die Punkte III und IV des angefochtenen Beschlusses werden dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 11.5.1989 (ON 55) im Punkt 2 und jener vom 16.5.1989 (ON 59) zur Gänze wiederhergestellt werden.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Rekurse gegen diese Beschlüsse selbst zu tragen und ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 17.992,80 S (darin 2.998,80 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei auf Grund einer einstweiligen Verfügung die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung, in der Zeitschrift R***-E***, insbesondere mit dem Formular eines Abo-Schecks, dem Besteller eines R***-E***-Abonnements ein Paar

Sportschuhe gratis in Aussicht zu stellen oder Gutscheine für ein Paar Sportschuhe auszustellen oder einlösen zu lassen oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines R***-E***bonnements ein Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Außerdem wurde die Exekution zur Erwirkung eines weiteren Unterlassungsanspruchs der betreibenden Partei bewilligt. Dieser Teil der Exekutionsbewilligung wurde jedoch in der Zwischenzeit auf Grund eines Rekurses der verpflichteten Partei im Sinn der Abweisung des Exekutionsantrags abgeändert. Die betreibende Partei brachte nach Erlassung der Exekutionsbewilligung eine Vielzahl von Strafanträgen ein. In insgesamt 12 Strafanträgen aus der Zeit vom 20.4. bis 9.5.1989 (ON 40 - ON 51) brachte sie vor, daß die verpflichtete Partei an 12 verschiedenen, mit dem Datum angeführten Tagen österreichweit und im besonderen in bestimmten, mit der Anschrift bezeichneten Trafiken die Nummer 5/1989 der Zeitschrift R***-E*** habe verkaufen lassen. Darin sei im Zusammenhang mit der Bestellung eines Abonnements eine "Kontakt-Card" als Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes angeboten worden.

Das Erstgericht verhängte auf Grund des ersten Strafantrags (ON 40) über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 50.000 S und wies die übrigen Strafanträge (ON 41 - ON 51) mit der Begründung ab, daß sie die Verbreitung derselben Ausgabe der Zeitschrift wie der erste Strafantrag beträfen (ON 55).

Nach Erlassung dieses Beschlusses brachte die betreibende Partei zwei weitere Strafanträge (ON 57, 58) ein, die mit Ausnahme des (späteren) Tages des behaupteten Zuwiderhandelns dasselbe Vorbringen wie die Strafanträge ON 40 - ON 51 enthielten.

Das Erstgericht wies diese Strafanträge mit der Begründung ab, daß wegen des Verkaufes der Nr. 5/1989 der Zeitschrift schon eine Geldstrafe verhängt worden sei (ON 59).

Schließlich brachte die betreibende Partei einen weiteren Strafantrag (ON 61) ein, den sie darauf stützte, daß die verpflichtete Partei österreichweit und insbesondere in einer bestimmten Trafik die Nr. 6/1989 der Zeitschrift R***-E*** verkaufen habe lassen und daß darin im Zusammenhang mit der Bestellung eines Abonnements eine Sonnenbrille einer bestimmten Marke als Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes angeboten worden sei.

Das Erstgericht wies auch diesen Strafantrag ab (ON 62). Das Rekursgericht gab den Rekursen der betreibenden Partei gegen diese Beschlüsse des Erstgerichtes Folge und verhängte über die verpflichtete Partei wegen des in den Strafanträgen ON 41 - ON 51 einerseits und ON 57 und ON 58 andererseits sowie wegen des im Strafantrag ON 61 angeführten "Zuwiderhandelns gegen die einstweilige Verfügung" eine Geldstrafe von jeweils einmal 50.000 S. Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und daß der Rekurs gegen diese Entscheidungen nicht zulässig sei. Im Sinn der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 70,71/89 sei für jeden Tag, an dem der Betrieb der Zeitschrift fortgesetzt und für den dies geltend gemacht worden sei, ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot anzunehmen. Der von der verpflichteten Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig, soweit er sich gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über den Strafantrag ON 61 richtet (§ 78 EO iVm § 528 a und § 510 Abs 3 ZPO jeweils in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989). Im übrigen ist er zulässig, weil das Rekursgericht nicht entsprechend auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Bedacht nahm, wonach bei einer Exekution zur Erwirkung einer Duldung oder Unterlassung eine Strafe nur verhängt werden darf, wenn sich aus dem Strafantrag konkret und schlüssig ergibt, daß der Verpflichtete der Exekutionsbewilligung zuwidergehandelt hat (MGA EO12 § 355/69), und er ist auch berechtigt. Ist dem Verpflichteten nach dem Inhalt der Exekutionsbewilligung das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren eines Gratisgeschenkes nur geringen Wertes verboten, so muß der Exekutionsantrag auch Angaben enthalten, aus denen geschlossen werden kann, daß die als Gratisgeschenk angebotene, angekündigte oder gewährte Sache nicht nur geringen Wert hat. Etwas anderes gilt zufolge § 78 EO iVm § 269 ZPO nur, wenn die angeführte Tatsache offenkundig ist. Die Meinung des Rekursgerichtes, es genüge, daß der Wert der Sache nicht von vornherein als geringfügig anzusehen sei, widerspricht der bezogenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Die Bedeutung und der Wert einer "Kontakt-Card" sind bei Gericht nicht allgemein bekannt und daher nicht offenkundig, weshalb die betreibende Partei hiezu in ihren Strafanträgen ein Vorbringen hätte erstatten müssen. Da sie dies unterließ, waren die Strafanträge, die sie auf das Anbieten einer "Kontakt-Card" stützte, nicht schlüssig und es durfte wegen dieses Verhaltens der verpflichteten Partei eine Geldstrafe nicht verhängt werden. Dies führt zur Wiederherstellung der hierüber ergangenen Beschlüsse des Erstgerichtes, obwohl dessen Begründung, wie schon das Rekursgericht richtig erkannte, mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 70,71/89 = WBl 1989,

343) nicht im Einklang steht.

Rechtliche Beurteilung

Soweit das Rekursgericht den Strafanträgen ON 41 bis ON 51 stattgab, weicht seine Entscheidung überdies auch von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, wonach über mehrere unerledigte Strafanträge gemeinsam zu entscheiden ist, wobei für alle den Strafanträgen zugrundeliegenden Zuwiderhandlungen nur eine gemeinsame Strafe verhängt werden darf (EvBl 1982/19; ÖBl 1983, 171; RPflSlgE 1986/54). Dieser Rechtsprechung lag allerdings § 359 Abs 1 EO idF vor der WGN 1989 zugrunde. Da hier aber gemäß Art XLI Z 5 der Novelle hier noch diese Fassung maßgebend ist, muß nicht erörtert werden, ob die neue Fassung der angeführten Bestimmung in dem behandelten Punkt eine Änderung brachte (vgl JAB 991 BlgNR 17.GP 69). Das Erstgericht hatte über die Strafanträge ON 40 - ON 51, die zur Zeit seiner Entscheidung noch nicht erledigt waren, gemeinsam zu entscheiden und hat dies auch getan. Das Rekursgericht übersah, daß das Erstgericht auf Grund des Strafantrags ON 40 die damals höchstzulässige Geldstrafe verhängt hatte, weshalb auf Grund der Strafanträge ON 41 - ON 51 nicht neuerlich eine Geldstrafe hätte verhängt werden dürfen.

Der Ausspruch über die Rekurskosten der betreibenden Partei beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO, jener über die Kosten des Revisionsrekurses der verpflichteten Partei auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20614

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00072.9.0516.000

Dokumentnummer

JJT_19900516_OGH0002_0030OB00072_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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