TE OGH 1990/5/16 3Ob59/90

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Veröffentlicht am 16.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Brigitte G***, Hilfsarbeiterin, Köglerstraße 7, 4070 Eferding, vertreten durch Dr. Josef Broinger ua, Rechtsanwälte in Eferding, wider die verpflichtete Partei Adolf G***, Arbeiter, Köglerstraße 11, 4070 Eferding, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 200.000,-- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 7. März 1990, GZ. R 52/90-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Eferding vom 22. Dezember 1989, GZ. E 2122/89-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten dieses Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit gerichtlichem Vergleich vom 21. Dezember 1988 regelten die Parteien die vermögensrechtlichen Ansprüche für den Fall der Scheidung ihrer Ehe dahin, daß die Frau ihre halben, mit Wohnungseigentum am Haus 1 W 2 und am Haus 1 Garage 1 verbundenen Mindestanteile an der Liegenschaft EZ 995 KG 45005 Eferding an den Mann übertrug und in die bücherliche Einverleibung seines Eigentums einwilligte, womit er durch Vereinigung mit seinen halben Mindestanteilen Eigentümer der Mindestanteile werde, während der Mann sich verpflichtete an die Frau spätestens am 30. September 1989 S 200.000,-- Ausgleichszahlung zu leisten. Ihre Ehe wurde am 21. Dezember 1988 nach § 55a EheG geschieden.

Zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Geldforderung und von Kosten begehrt die Frau die Pfändung des dem Mann nach dem Vergleich zustehenden Anspruches auf Erwerb des bücherlichen Eigentums an den beiden Mindestanteilen B-LNr 4 und B-LNr 17 und die Verwertung dieses Vermögensrechtes durch die ihr zu erteilende Ermächtigung, den gepfändeten Anspruch im Namen des Verpflichteten geltend zu machen und dazu die Einverleibung seines Eigentums an den beiden halben Mindestanteilen zu erwirken.

Das Erstgericht wies diesen Exekutionsantrag ab. Nach rechtskräftiger Scheidung könne gemeinsames Ehegattenwohnungseigentum nicht mehr begründet werden, der Verwertung stünden die §§ 8 und 11 WEG entgegen.

Das Rekursgericht bewilligte die beantragte Pfändung des Vermögensrechtes, verbot dem Verpflichteten jede Verfügung darüber und behielt die Entscheidung über den Verwertungsantrag vor. Es erklärte den (ordentlichen) Revisionsrekurs für zulässig. Die betreibende und die verpflichtete Partei hätten im Scheidungsvergleich ihre Miteigentumsgemeinschaft am Mindestanteil und gemeinsamen Wohnungseigentum nach § 11 Abs 1 WG durch Übertragung der halben Anteile der Frau auf den Mann aufgehoben. Dem Verpflichteten stehe aus dem Vergleich der obligatorische Anspruch auf Übereignung der halben Mindestanteile der betreibenden Partei zu, nachdem die Übergabe und Übernahme in seinen Besitz schon mit dem 31. Dezember 1988 erfolgte. Die Unteilbarkeit des Mindestanteiles und die Verpflichtung zur Aufhebung des Ehegattenwohnungseigentums bei Scheidung der Ehe stünden der beantragten Exekution nicht entgegen. Die betreibende Partei wolle damit erreichen, daß sie anstelle des Verpflichteten die Verbücherung der im Vergleich erfolgten Übertragung der halben Mindestanteile zu seinen Gunsten erwirke, um dann auf die ganzen Mindestanteile die Einverleibung des Zwangspfandrechtes für ihre vollstreckbare Geldforderung erreichen zu können. Der materiellrechtliche Anspruch des Erwerbers aus der nachehelichen Vermögensaufteilung sei zur Hereinbringung von Geldforderungen nach den §§ 331 ff EO in Exekution zu ziehen, weil nach der Übergabe eine Exekution nach § 325 oder § 328 Abs 1 EO nicht möglich sei, mangels Verbücherung aber die Exekution auf das unbewegliche Vermögen scheitern müsse.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen abändernden Beschluß erhobene Revisionsrekurs des Verpflichteten ist nicht berechtigt.

Soweit überblickbar, hat der Oberste Gerichtshof zu der Frage der Exekutionsführung zur Hereinbringung von Geldforderungen in Fällen, in denen bücherlich Ehegattenwohnungseigentum besteht, ein Ehegatte nach Scheidung der Ehe aber bereits den Anspruch auf Einverleibung seines Eigentums am halben Mindestanteil des anderen Ehegatten besitzt, eine Verbücherung jedoch aussteht, noch nicht Stellung bezogen.

Mit dem WEG BGBl 1975/417 wurde der Forderung nach der Möglichkeit gemeinsamer Begründung von Wohnungseigentum durch Ehegatten Rechnung getragen und im § 8 Abs 1 WEG der Grundsatz der Unteilbarkeit des mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils zugunsten der Begründung des gemeinsamen Wohnungseigentums von Ehegatten durchbrochen. Ehegatten, die das Wohnungseigentum gemeinsam erwerben, müssen Eigentümer je eines halben Mindestanteils sein; die Anteile am Mindestanteil dürfen nicht verschieden belastet sein (und werden). Durch das gemeinsame Wohnungseigentum von Ehegatten werden ihre Anteile am Mindestanteil so verbunden, daß sie auf Dauer des Bestehens gemeinsamen Wohnungseigentums nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen (§ 9 Abs 1 und § 9 Abs 2 Satz 1 WEG). Die Ausnahme von der Unteilbarkeit des Mindestanteils durch Miteigentum der Ehegatten am Mindestanteil je zur Hälfte erforderte Regelungen für die Zeit nach Beendigung der Ehe durch Tod (§ 10 WEG) oder Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung (§ 11 WEG) und der Exekutionsführung auf den im Miteigentum stehenden Mindestanteil (§ 9 Abs 2 WEG). Hat der betreibende Gläubiger einen Exekutionstitel gegen beide Ehegatten, so ist das unbewegliche Vermögen wie sonst ein Liegenschaftsanteil der Exekution unterworfen, nur müssen die Anteile am Mindestanteil gleich belastet werden. Besteht aber der Titel nur gegen einen der Ehegatten, so ist die Exekution nur im Weg des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig; der andere Ehegatte, gegen den kein Titel besteht, ist Beteiligter des Exekutionsverfahrens, er kann Rechtsmittel wie der Verpflichtete und gegen die Exekution Widerspruch nach § 37 EO erheben, wenn ihm die Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses und zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt dient (§ 9 Abs 2 WEG). Wird die Ehe geschieden, so haben die bisherigen Ehegatten ihre Miteigentumsgemeinschaft am Mindestanteil und gemeinsamen Wohnungseigentum aufzuheben (§ 11 Abs 1 WEG). Der geteilte Mindestanteil ist wieder in Alleineigentum am Mindestanteil überzuführen. Dies kann auf Grund vertraglicher Einigung der bisherigen Ehegatten geschehen (Meinhart, WEG 1975, 98; Faistenberger-Barta-Call, WEG, Rz 5 zu § 11), so wie hier auf Grund der Anordnung des § 55a Abs 2 EheG die Ehegatten in dem vor Gericht geschlossenen Vergleich vereinbarten, daß das Wohnungseigentumsobjekt auf den Mann als Alleineigentümer übergeht. Die Beschränkung der Exekutionsführung durch § 9 Abs 2 WEG trifft nur auf den Regelfall zu, daß der Gläubiger eines Ehegatten auf die verbundenen halben Mindestanteile beider Ehegatten während ihres aufrechten Miteigentums zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung greift, steht aber der Exekutionsführung nach den §§ 331 ff EO auf das Vermögensrecht des verpflichteten Ehegatten dann nicht entgegen, wenn dieser bereits den Anspruch auf Übertragung des Eigentums am halben Mindestanteil des anderen durch Vertrag - allenfalls auch richterliche Entscheidung im Verfahren zur nachehelichen Aufteilung des Vermögens - erworben hat. Das Gesetz sieht im § 9 Abs 2 WEG für die Zwangsvollstreckung in gemeinsames Wohnungseigentum von Ehegatten, wenn nur gegen einen von ihnen ein Exekutionstitel vorliegt, nur die eine Vollstreckungsart der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums und Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils unter der selbstverständlichen und daher unausgesprochenen Voraussetzung vor, daß auf das gemeinsame Wohnungseigentum Exekution geführt wird (Faistenberger-Barta-Call, WEG, Rz 43 zu § 9). Nur die gesonderte Verwertung der Anteile der Ehegatten am Mindestanteil sollte unzulässig sein und daher der gesamte Mindestanteil ausschließlich durch Versteigerung verwertet werden können, die an die Regeln der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung anzugleichen ist (Faistenberger-Barta-Call, WEG, Rz 55 zu § 9).

Kann aber zur Hereinbringung vollstreckbarer Geldforderungen auf den gesamten Mindestanteil jede Art der Realexekution stattfinden, also etwa auch die zwangsweise Pfandrechtsbegründung und die Zwangsverwaltung, so ist es der betreibenden Partei auch erlaubt, im Wege der Exekution nach §§ 331 ff EO die Vereinigung der geteilten Mindestanteile durch Pfändung und Verwertung des darauf gerichteten vermögensrechtlichen Anspruches des Verpflichteten als Vorbereitung zu der erst dann zulässigen exekutiven Einverleibung des Pfandrechts auf den gesamten Mindestanteil zu erwirken.

Ist wegen der schon erfolgten Übergabe der unbeweglichen Sache die Exekution nach den §§ 325 und 328 Abs 1 EO versagt, so kann der dem Verpflichteten zustehende materiellrechtliche Anspruch nach den §§ 331 ff EO in Exekution gezogen werden. Die Verwertung erfolgt durch Ermächtigung der betreibenden Partei nach § 333 EO zur Geltendmachung des Gesamtrechtes, also auch des Anspruchs auf bücherliche Einverleibung des Eigentums. Mit dem Gesuch um Eigentumseinverleibung kann der Gläubiger dann den Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung zur Hereinbringung seiner Geldforderung auf den gesamten Mindestanteil verbinden (Heller-Berger-Stix 2465; SZ 57/74; MietSlg. 38.854/58 ua). Die Bewilligung der Anspruchspfändung erfolgte somit zu Recht. Die betreibende Partei kann, wenn ihr eine Exekution offen steht, weder auf ein Grundbuchsansuchen um Verbücherung noch auf die für den Revisionsrekurswerber nachteiligere schärfere Zwangsversteigerung nach § 9 Abs 2 WEG verwiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20936

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00059.9.0516.000

Dokumentnummer

JJT_19900516_OGH0002_0030OB00059_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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