TE OGH 1990/5/21 1Ob530/90

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Veröffentlicht am 21.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna P***, Pensionistin, Kühnsdorf, Mitte 29, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Martha C***, Hausfrau, Eberndorf, Bahnstraße 19, vertreten durch Dr. Heinz Napetschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Einräumung eines Grundpfandrechtes (Streitwert 1,700.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2.Oktober 1989, GZ 4 b R 48/89-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 13.März 1989, GZ 23 Cg 138/88-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Nachtrag zur Revisionsschrift wird zurückgewiesen. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 20.179,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.363,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 1.Dezember 1987 verkaufte die Klägerin ihre Liegenschaft EZ 308 KG Kühnsdorf der Beklagten. Nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages sind vom Kaufpreis von 1,800.000 S mit Vertragsunterfertigung 100.000 S bar und der Rest in Monatsraten von 10.000 S ab 1.Jänner 1988 zu bezahlen. Über eine pfandrechtliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes im Grundbuch enthält der schriftliche Vertrag nichts.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten, ihr für den noch aushaftenden Kaufpreisrest aus dem Verkauf der Liegenschaft diese als Pfand zu bestellen und ihre Einwilligung zur Einverleibung des Pfandrechtes für die Kaufpreis(rest)forderung der Klägerin im Grundbuch. Dazu brachte sie im wesentlichen vor, bei Abschluß des Kaufvertrages sei vereinbart worden, daß die Beklagte zur Sicherstellung des Kaufpreisrestes die erworbene Liegenschaft zum Pfand bestelle. Diese Nebenabrede sei nicht in die über den Kaufvertrag errichtete Urkunde aufgenommen worden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im wesentlichen vor, die Bestellung der Liegenschaft zum Pfand für den Kaufpreisrest sei nicht vereinbart worden. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf dazu im wesentlichen folgende Feststellungen: Zwischen November 1987 und 1. Dezember 1987 sei es zwischen der Klägerin und Jan C***, dem Gatten der Beklagten, zu Verhandlungen über den Verkauf der im Eigentum der Klägerin stehenden Liegenschaft gekommen. Sie hätten sich über den Kaufpreis, die Form der Entrichtung desselben und über ein Wohnungsrecht in dem auf der Liegenschaft errichteten Haus geeinigt. Die Höhe des Kaufpreises, bei dem "Schwarzgeld" eine Rolle gespielt habe könne ebensowenig festgestellt werden wie die Tatsache, ob und welche grundbücherlichen Sicherstellungen die Vertragspartner vorgesehen hätten. Mit Zustimmung der Klägerin habe Jan C*** die in der Kanzlei des Beklagtenvertreters beschäftigte Rechtsanwaltsanwärterin Dr. Renate S*** mit der Errichtung der Vertragsurkunde beauftragt, habe ihr dabei die wesentlichen Bedingungen des Kaufvertrages mitgeteilt, so unter anderem, daß der in Raten zu entrichtende Kaufpreis 1,800.000 S betrage. Ob Jan C*** der Vertragsverfasserin auch mitgeteilt habe, daß der Kaufpreis weder wertgesichert sei noch pfandrechtlich sichergestellt werde, sei nicht festzustellen. Auf Grund der von Jan C*** erhaltenen Informationen habe Dr. Renate S*** einen maschingeschriebenen Vertragsentwurf erarbeitet, in dem nur die Geburtsdaten der Parteien, die Einlagezahl der Liegenschaft, die Grundstücksbezeichnungen, der Kaufpreis, die Bewertung des Wohnungsrechtes und die Beschreibung der davon betroffenen Liegenschaftsteile gefehlt hätten. Die Verpfändung der Liegenschaft sei zwar zur Sicherung des Wohnungsrechtes, nicht aber auch zur Sicherung des Kaufpreisrestes vorgesehen gewesen. Am Nachmittag des 1. Dezember 1987 hätten sich die Klägerin, ihr Sohn Heinz P***, ihre Schwiegertochter Anna P***, die Beklagte und deren Gatte Jan C*** in der Kanzlei des Beklagtenvertreters eingefunden. Dr. Renate S*** habe mit ihnen zunächst den Inhalt des Vertragsentwurfes erörtert, indem sie diesen Punkt für Punkt vorgelesen und Ergänzungen eingefügt habe. Die von ihr aufgeworfenen Fragen einer Wertsicherung und einer pfandrechtlichen Sicherstellung des Kaufpreisrestes seien von der Klägerin und Jan C*** mit der Begründung verneint worden, daß dies nicht vereinbart sei. Bei der Verlesung des Punktes über die Verbücherung des Wohnungsrechtes habe Jan C*** eingewendet, daß er dieses nicht eingetragen haben wolle, doch habe die Vertragsverfasserin aus Gründen der Sicherstellung der Klägerin auf diesem Vertragspunkt bestanden. Sodann habe die Vertragsverfasserin das Konzept in ein Nebenzimmer zum Reinschreiben gebracht und in der Folge je eine Ausfertigung des Vertrages der Klägerin, der Beklagten und Heinz P*** überreicht. Während die Beklagte ihrem Gatten den Text laut vorgelesen habe, habe die Klägerin den Vertrag für sich durchgelesen, die einzelnen Punkte erfaßt und festgestellt, daß alles nach ihren Wünschen im Vertrag stehe. Die Klägerin habe ihr Einverständnis zum Vertragstext erklärt und eine Durchschrift ausgefolgt erhalten, die sie mit nach Hause genommen habe. Noch am selben Tag sei der Kaufvertrag von den Streitteilen vor einem Notar unterfertigt worden.

In rechtlicher Hinsicht schloß der Erstricher daraus, daß nach dem Inhalt des schriftlichen Vertrages eine Verbücherung des Kaufpreisrestes nicht vereinbart worden sei und dies dem tatsächlichen Parteiwillen entsprochen habe. Selbst wenn die Klägerin den Willen gehabt habe, den Kaufpreisrest auf der Liegenschaft pfandrechtlich sicherzustellen, habe sie dadurch, daß sie durch fast vier Monate hindurch keinen Einwand gegen den anderslautenden Vertragstext, der mit ihr Punkt für Punkt erörtert worden sei und den sie vor Unterfertigung durchgelesen habe, erhoben habe, zumindestens im nachhinein ihr Einverständnis mit dem Fehlen einer Vertragsbestimmung über die pfandrechtliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes gezeigt (§ 863 ABGB).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteige. Es legte seiner Entscheidung in den maßgeblichen Punkten den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt zugrunde, insbesondere daß eine Willenseinigung zwischen den Streitteilen über die pfandrechtliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes nicht zustande gekommen sei. Ob im Schweigen der Klägerin ein Verzicht auf eine mündlich vereinbarte pfandrechtliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes zu erblicken wäre, könne dahingestellt bleiben, weil eine solche Vereinbarung von der diesbezüglich beweispflichtigen Klägerin nicht nachgewiesen worden sei. Der Berufungshinweis auf einen Geschäftsirrtum der Klägerin müsse am Neuerungsverbot scheitern.

Die Klägerin hat am 22.Februar 1990, somit nach Ablauf der Frist des § 505 Abs 2 ZPO einen die Revision ergänzenden Schriftsatz mit einer Ausfertigung der Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 29.Dezember 1989 eingebracht. Da nach Ablauf der Revisionsfrist eine Ergänzung der Rechtsmittelschrift jedenfalls unzulässig ist, ist dieser Schriftsatz zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Soweit in der Rechtsrüge der Revision auf den Inhalt der Berufung als eines anderen Schriftsatzes verwiesen wird, verstößt dies gegen die Vorschrift des § 506 Abs 1 Z 2 ZPO; in diesem Umfang ist das Rechtsmittel schon deshalb unbeachtlich (SZ 45/4, SZ 23/89 uva). Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache iS des § 503 Z 4 ZPO ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Klägerin von der erstgerichtlichen Urteilsannahme, daß nach dem Inhalt des schriftlichen Vertrages eine Verbücherung des Kaufpreisrestes nicht vereinbart worden sei und dies dem tatsächlichen Parteiwillen entsprochen habe, in unzulässiger Weise abweicht. Der Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO ist nur dann zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, wenn in ihm, ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, aufgezeigt wird, daß der zweiten Instanz bei Beurteilung dieses Sachverhaltes ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. Es ist daher unerheblich, ob die Klägerin einen Grund gehabt hätte, auf eine pfandrechtliche Sicherstellung zu verzichten, ob der Vertragsentwurf mit der Vertragsurkunde ident ist und ob die Klägerin zu vertrauensselig gewesen ist. Schon die Rechtsrüge der Berufung wendete sich in Wahrheit nur dagegen, daß ein konkludentes Verhalten der Klägerin nicht vorliege.

Erstmals in der Berufung wurde die Behauptung aufgestellt, die Klägerin habe im Zeitpunkt der Unterfertigung des Vertrages geglaubt, daß der Vertrag gleich abgeschlossen werde wie jener vor 10 Jahren, den damals ebenfalls der Beklagtenvertreter errichtet habe und in dem die nunmehr monierten Mängel nicht aufgeschienen seien. Wenn die Klägerin dazu ihre eigene Aussage in der Verhandlungstagsatzung vom 28.März (richtig: Februar) 1989 ins Treffen führt, so übersieht sie dabei, daß nach herrschender Auffassung ein Vorbringen durch ein Beweismittel, etwa eine Parteiaussage, nicht ersetzt werden kann (SZ 44/164, SZ 39/8). Die weitere Behauptung, die Klägerin sei immer davon ausgegangen, daß der Kaufpreisrest sichergestellt werde und es zu einer Indexvereinbarung komme, ist feststellungswidrig.

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E20569

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00530.9.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19900521_OGH0002_0010OB00530_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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